TE OGH 1988/4/12 4Ob14/88

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Veröffentlicht am 12.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** A***, Wien 9., Spitalgasse 31, vertreten durch

Dr. Johannes Hintermayr und Dr. Michael Krüger, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei W***, Drogerie und Reformhaus Gesellschaft mbH & Co KG, Linz, Stockhofstraße 8, vertreten durch Dr. Helmut Werthner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 270.000 S), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2. Oktober 1987, GZ 5 R 54/87-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. Februar 1987, GZ 7 Cg 117/86-16, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben, wohl aber jener der klagenden Partei.

Das angefochtene Urteil wird im Veröffentlichungsausspruch abgeändert und im übrigen mit der Maßgabe bestätigt, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist bei Exekution schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Teeprodukte mit Hinweisen wie "regt Herz und Kreislauf an", "macht munter", "wassertreibend", "verdauungsfördernd";

Sirups mit Hinweisen "bei Grippe, Schnupfen, Heiserkeit";

Roßkastanien und Kräuterelixiere mit Hinweisen auf "Venenschwäche", "Krampfadern", "Durchblutungsstörungen", zu bewerben, sofern nicht der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz gemäß § 9 Abs. 3 LMG die von der beklagten Partei für bestimmte Produkte verwendeten gesundheitsbezogenen Angaben mit Bescheid zugelassen hat.

Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den Spruch dieses Urteils binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei mit Fettdruckumrandung und Fettdrucküberschrift sowie gesperrt geschriebenen Prozeßparteien im redaktionellen Teil einer Samstagausgabe der periodischen Druckschrift "O.Ö.Nachrichten" veröffentlichen zu lassen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 70.257,78 S bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 6.093,13 S Umsatzsteuer und 3.233,33 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zweck des klagenden Vereines ist die Wahrung und Förderung der Interessen des Apothekerstandes; er befaßt sich daher unter anderem nach § 3 Abs. 2 lit. k seiner Satzung mit der Verfolgung von Ansprüchen nach dem UWG. Die Beklagte betreibt eine Drogerie. Am 21. und 22. Februar 1986 warb die Beklagte in den Auslagen ihres Reformhauses in Linz, Stockhofstraße 8-30, für Matetee mit den Hinweisen: "Regt Herz und Kreislauf an", "Macht munter", "Wassertreibend", "Verdauungsfördernd", für "Tannini-Sirup" mit dem Hinweis "bei Grippe, Schnupfen, Heiserkeit" und für Lungauer Roßkastanien, Beinwell-Kräuterelixier und Scharfgarbentonicum mit Hinweisen auf "Venenschwäche, Krampfadern, Durchblutungsstörungen". Mit Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz vom 18. Juni 1979 wurde für das Produkt "Tannini-Sirup" die Aussage "Bewährtes Hausmittel bei Husten" und mit Bescheid desselben Ministeriums vom 18. September 1978 für das Produkt "Tannenkraft" die gesundheitsbezogene Angabe "Bei Husten und Heiserkeit bewährt" zugelassen (§ 9 Abs. 3 LMG).

Mit der Behauptung, die Beklagte verstoße mit der geschilderten Werbung gegen § 59 Abs. 1 ArzneimittelG, BGBl. 1983/185 (AMG) oder gegen § 9 LebensmittelG (LMG) begehrt der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Teeprodukte, Sirups, Roßkastanien und Kräuterelixiere mit den oben wiedergegebenen Hinweisen zu bewerben. Nach seinem "Eventualbegehren" (ON 13 und 15) soll in das Verbot in bezug auf Teeprodukte und Sirups die Einschränkung aufgenommen werden, daß es nur dann zu gelten habe, sofern nicht die von der Beklagten verwendete gesundheitsbezogene Angabe durch einen Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz (§ 9 Abs. 3 LMG) gedeckt sei. Außerdem stellt der Kläger ein Veröffentlichungsbegehren mit der Begründung, es liege im Interesse der Allgemeinheit, die unlauteren Wettbewerbshandlungen der Beklagten in aller Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage zu unterrichten. Die Stockhofstraße sei eine belebte Geschäftsstraße, so daß ein unbegrenzter Personenkreis die beanstandete Werbung wahrgenommen habe; die Beklagte werbe auch in anderen Filialen für ihre Waren mit gesundheitsbezogenen Angaben.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die von ihr beworbenen Produkte seien Lebensmittel, deren Verkauf auch Drogisten erlaubt sei. Da für sie bestimmte gesundheitsbezogene Angaben durch Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz zugelassen worden seien, müsse ihr zumindest guter Glaube zugebilligt werden. Dem Kläger fehle die Klagelegitimation, weil zwischen Apothekern und Drogisten kein Wettbewerb bei Lebensmitteln bestehe. Keines der beworbenen Produkte sei als Arzneispezialität zugelassen worden; sie dürften daher nach § 11 AMG auch nicht von einer Apotheke in den Verkehr gebracht werden. Das Klagebegehren sei zu allgemein gefaßt, das Eventualbegehren unschlüssig (ON 12 und 15 S 86 ff).

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Auf Grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes folgerte er rechtlich, daß es sich bei sämtlichen umstrittenen Produkten nach den Angaben über ihren Zweck um Arzneimittel handle. Durch die Bewerbung dieser Produkte mit gesundheitsbezogenen Angaben habe die Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen. Wegen des unmißverständlichen Wortlautes des § 1 AMG sei dieser Verstoß der Beklagten auch subjektiv vorwerfbar, zumal sie sich auf die von ihr herangezogenen Bescheide des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz, die teils andere Produkte und teils andere Aussagen beträfen, nicht berufen könne. Die ausgesprochenen Verbote seien nicht zu weit gefaßt; eine gewisse allgemeine Fassung des Begehrens sei notwendig, um künftige Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Der Kläger sei zur Klageführung jedenfalls berechtigt, weil die Verfolgung von Ansprüchen nach dem UWG zu seinem Verbandszweck gehöre. Auch das Veröffentlichungsbegehren sei berechtigt, weil ein Interesse der Allgemeinheit bestehe, über die unlauteren Wettbewerbshandlungen der Beklagten informiert zu werden. Es dürfe nicht übersehen werden, daß die Beklagte schon einmal wegen wettbewerbswidriger Handlungen in einem ähnlich gelagerten Fall verurteilt worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren, wies aber das Veröffentlichungsbegehren ab und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, der von der Bestätigung betroffene Wert 60.000 S und der gesamte Streitwert 300.000 S übersteige. Es befand das Verfahren erster Instanz für mängelfrei und führte rechtlich aus:

Die Sachlegitimation des Klägers sei zu bejahen, weil durch die beanstandete Werbung der Beklagten unmittelbar die Interessen seiner Mtiglieder betroffen würden. Das Wettbewerbsverhältnis habe nicht die Identität der vertriebenen Produkte zur Voraussetzung, sondern die Gleichheit der angesprochenen Verkehrskreise. Auch in Apotheken würden Medikamente und Produkte verkauft, die jene Wirkungen erzielten, die die Beklagte ihren Produkten zugeschrieben habe. Bei den von der Beklagten vertriebenen mehrfach erwähnten Produkten handle es sich auf Grund der Zweckbestimmungsangaben um Arzneimittel. Der Beklagten sei allerdings auf Grund des Bescheides des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 18. Juni 1979 der gute Glaube darüber zuzubilligen, daß Tannini-Sirup ein Lebensmittel sei; für diesen Sirup sei jedoch nur die Aussage "Bewährtes Hausmittel bei Husten" zugelassen worden, nicht aber die von der Beklagten gemachte Aussage "Bei Grippe, Schnupfen, Heiserkeit". Diese gesundheitsbezogenen Aussagen verstießen somit jedenfalls gegen § 9 Abs. 1 lit. a LMG. Die ausgesprochenen Verbote seien nicht zu weit gefaßt. Die Beklagten hätten nämlich in erster Instanz nicht dargetan, daß sie zur Werbung für Tees und Sirups unter Verwendung der gebrauchten Ausdrücke berechtigt seien. Nach ihrem eigenen Vorbringen seien für Fencheltee nur gesundheitsbezogene Angaben anderen Inhaltes zulässig. Daß es sich bei dem Produkt "Tannenkraft", für das die gesundheitsbezogene Angabe "Bei Husten und Heiserkeit bewährt" zugelassen worden sei, um einen Sirup handle, sei nicht erwiesen, weshalb auch gegen die Aufnahme des Wortes "Heiserkeit" in den Urteilsspruch keine Bedenken bestünden. Mit Recht sei daher dem Unterlassungsbegehren stattgegeben worden.

Das Veröffentlichungsbegehren sei jedoch nicht berechtigt. Der Kläger habe zwar behauptet, daß die Stockhofstraße in Linz eine belebte Geschäftsstraße sei und daß die Beklagte auch in anderen Filialen gleichartige gesundheitsbezogene Angaben mache; dieses Vorbringen sei aber nicht ausreichend konkretisiert worden. Ein Veröffentlichungsanspruch bestehe in aller Regel dann nicht, wenn eine wettbewerbswidrige Äußerung nur gegenüber wenigen Personen gefallen und nicht wahrscheinlich sei, daß sie über diesen Kreis hinausgedrungen sei. Zur Aufklärung der Personen, die am 21. und 22. Februar 1986 die verbotenen Werbemaßnahmen beobachten konnten, sei aber die Veröffentlichung des Urteils nicht erforderlich. Gegen den abändernden Ausspruch des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das Ersturteil in Ansehung des Veröffentlichungsausspruches wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Den bestätigenden Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz bekämpft die Beklagte mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Beide Parteien beantragten, der Revision ihres Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt. Die Beklagte hält weiterhin an ihrer Auffassung fest, daß die Produkte, deren Bewerbung ihr vorgeworfen werde, Lebensmittel und nicht Arzneimittel seien. Matetee werde nach wie vor als Ernährungs- und Genußmittel getrunken; Lungauer Roßkastanie sei vom Hersteller als aromatisierter Wein angemeldet worden; das dem Beinwell Kräuterelixier und dem Schafgarbentonicum ähnliche Produkt "Galama Tonicum" sei als Lebensmittel zugelassen worden. Sie habe daher zumindest in gutem Glauben gehandelt. Bei den beanstandeten Werbeaussagen handle es sich um vom Verbot des § 9 Abs. 1 lit. a LMG ausgenommene wahrheitsgemäße Angaben über allgemein verständliche Eigenschaften und Wirkungen. Dem kann nicht gefolgt werden. Auch wenn es sich bei den genannten Produkten um Lebensmittel (Nahrungs- und Genußmittel) im Sinne des § 2 LMG handeln sollte, die auch dann, wenn auf sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AMG zutreffen, doch keine Arzneimittel sind (§ 1 Abs. 3 Z 1 AMG), ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch berechtigt. Der Kläger hat nämlich nicht begehrt, der Beklagten, die keine Apotheke betreibt, den Vertrieb der mehrfach genannten Produkte nach § 59 Abs. 1 AMG, sondern den Gebrauch bestimmter gesundheitsbezogener Angaben (§ 9 Abs. 1 lit. a LMG) zu untersagen. Nach der letztgenannten Gesetzesstelle ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken. Diese Voraussetzungen treffen auf die vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten zu. Von dem Verbot sollen zwar allgemein verständliche, wahrheitsgemäße Angaben ausgenommen sein, die in der Anpreisung von Lebensmitteln oft verwendet werden, wie schmackhaft, bekömmlich, leicht verdaulich, erfrischend, belebend, anregend, appetitanregend, süß, sauer und dgl. (Brustbauer-Jesionek-Petuely-Wrabetz, Das Lebensmittelgesetz 1975, 52). Die Angaben der Beklagten gehen jedoch über derartige allgemein gehaltene Anpreisungen hinaus, wenn sie die Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen, wie Kreislaufschwäche ("regt Herz und Kreislauf an") und/oder niedrigen Blutdruck ("macht munter"), mangelhafte Funktion der Niere ("wassertreibend") und der Verdauungsorgane ("verdauungsfördernd"), verspricht und bei manchen Produkten sogar ausdrücklich auf jene Krankheiten hinweist, die damit geheilt werden sollen ("bei Grippe, Schnupfen, Heiserkeit"; "Venenschwäche", "Krampfadern", "Durchblutungsstörungen"). Auch die Behauptung, der Matetee "macht munter", geht - jedenfalls im Zusammenhang mit den anderen Hinweisen - über die Anpreisung eines Lebensmittels als erfrischend oder belebend hinaus.

Da für keines der mehrfach aufgezählten Produkte eine der beanstandeten Werbeaussagen mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umwelt für zulässig erklärt worden ist (§ 9 Abs. 3 LMG), kann sich die Beklagte auch nicht auf ihren guten Glauben berufen.

Daß sie aber dann, wenn die von ihr angebotenen Produkte Arzneimittel sein sollten, zu ihrer Bewerbung nicht berechtigt wäre, zieht die Beklagte selbst nicht in Zweifel.

Keiner näheren Begründung bedarf es auch, daß die Beklagte in der Absicht gehandelt hat, sich mit ihrer Gesetzesverletzung auf Kosten ihrer Mitbewerber einen Vorsprung zu verschaffen; sie hat damit gegen § 1 UWG verstoßen.

Soweit die Beklagte weiterhin dem Kläger die Berechtigung abspricht, gegen sie den vorliegenden Anspruch geltend zu machen, kann ihr gleichfalls nicht zugestimmt werden.

Unterlassungsansprüche nach (u.a.) § 1 UWG können auch von Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen geltend gemacht werden, soweit diese Vereinigungen Interessen vertreten, die durch die Handlung berührt werden (§ 14 UWG). Daß die Beklagte mit ihren Behauptungen, von ihr angebotene Produkte könnten krankhafte Zustände heilen oder lindern, die Interessen der vom Kläger vertretenen Apotheker berührt, liegt auf der Hand, bietet doch die Beklagte damit Alternativen zu denselben Zwecken dienenden Medikamenten, wie sie in Apotheken vertrieben werden. Zutreffend hat schon das Gericht zweiter Instanz hervorgehoben, daß das Wettbewerbsverhältnis nicht die Identität der vertriebenen Produkte, sondern die Gleichheit der angesprochenen Verkehrskreise zur Voraussetzung hat (vgl. SZ 43/195; SZ 54/77). Die Aktivlegitimation des Klägers ist daher unabhängig davon zu bejahen, ob die von der Beklagten angebotenen Produkte Lebens- oder Arzneimittel sind und ob es sich dabei allenfalls um nicht zugelassene Arzneispezialitäten (§ 11 AMG) handelt. Schließlich macht die Beklagte geltend, der Unterlassungsausspruch sei zu weit gefaßt; werde ihr etwa die Bewerbung von Teeprodukten mit Hinweisen wie "verdauungsfördernd" untersagt, dann könnte gegen sie auch dann Exekution geführt werden, wenn sie einen Fencheltee mit der erlaubten (§ 9 Abs. 3 LMG) gesundheitsbezogenen Angabe "lindernd bei Verdauungsproblemen" angekündigt haben sollte. Da die Entscheidung darüber, ob ein konkretes Verhalten der Beklagten dem Unterlassungsurteil zuwiderlaufe, nicht in das Exekutionsverfahren verlagert werden dürfe, sei das vom Kläger gestellte Hauptbegehren nicht ausreichend bestimmt und wäre daher abzuweisen.

Diesen Ausführungen ist nur insoweit zu folgen, als es im Interesse der Klarheit zweckmäßig erscheint, schon in den Spruch den - sich allerdings bereits aus den Gründen

ergebenden - einschränkenden Hinweis auf § 9 Abs. 3 LMG aufzunehmen. Wird nämlich der Beklagten eine Werbebehauptung mit der Begründung verboten, sie verstoße gegen § 9 LMG und damit gleichzeitig gegen § 1 UWG, dann folgt daraus, daß die Verwendung solcher gesundheitsbezogener Angaben, die vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz mit Bescheid zugelassen wurden (§ 9 Abs. 3 LMG) und demnach nicht gegen § 9 LMG verstoßen, nicht gesetz- und damit auch nicht sittenwidrig ist; in jedem Fall wäre dann - selbst wenn es sich bei den beworbenen Produkten in Wahrheit um Arzneimittel handelte - der Beklagten guter Glaube zuzubilligen. Durch die - vom Kläger mit seinem "Eventualbegehren" angestrebte - Einschränkung des Unterlassungsgebots dahin, daß es nicht zu gelten habe, sofern die gesundheitsbezogene Angabe durch einen Bescheid nach § 9 Abs. 3 LMG gedeckt ist, ändert sich jedoch - entgegen der Meinung der Beklagten - nichts daran, daß es im Exekutionsverfahren nicht Sache des Betreibenden ist, in seinem Exekutionsantrag das Nichtvorliegen einer solchen Ausnahme darzutun, sondern der Verpflichtete geltend machen muß, daß er dem Exekutionstitel nicht zuwidergehandelt habe (§ 36 Abs. 1 Z 1 EO). Der Zusatz bedeutet daher keine Teilabweisung des Klagebegehrens, sondern bloß eine deutlichere Fassung des Spruches. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Unterlassungsausspruch zu bestätigen, jedoch mit der Maßgabe, daß in den Spruch die erwähnte Klarstellung aufgenommen wurde. Dabei war - abweichend vom "Eventualbegehren" des Klägers - diese Einschränkung nicht nur in Ansehung der Teeprodukte und Sirups, sondern auch der Roßkastanien und der Kräuterelixiere zu machen, weil die Beklagte auch dann nicht gegen das Unterlassungsgebot verstieße, wenn sie Roßkastanien oder Kräuterelixiere mit solchen Angaben bewerben sollte, die der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz mit Bescheid gemäß § 9 Abs. 3 LMG dafür genehmigt hat.

II. Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Daß die Beklagte am 21. und 22. Februar 1986 in den Auslagen ihres Reformhauses in Linz, Stockhofstraße 8-30, die beanstandeten Werbeankündigungen sichtbar angebracht hatte, ist nicht strittig. Darüber aber, ob es sich bei der Stockhofstraße - wie der Kläger behauptet - um eine belebte Geschäftsstraße handelt und ob die Beklagte gleiche Angaben auch in anderen Filialen gemacht hat, fehlen Feststellungen. Da aber schon der unbestrittene Sachverhalt zur Beurteilung des Veröffentlichungsbegehrens ausreicht, ist auf die vom Kläger geltend gemachte Mangelhaftigkeit nicht einzugehen. Die Urteilsveröffentlichung (§ 25 Abs. 4 UWG) soll eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtigstellen und verhindern, daß diese Meinung weiter um sich greift. Sie dient der Aufklärung des Publikums über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen läßt (ÖBl. 1986, 68 uva), und soll vor allem einer weiteren Verbreitung unrichtiger Ansichten entgegenwirken (ÖBl. 1980, 73 ua). Auf Urteilsveröffentlichung ist demnach in der Regel zu erkennen, wenn die Rechtsverletzung einem größeren Kreis von Personen bekannt geworden ist (ÖBl. 1981, 159). Andererseits ist aber die Urteilsveröffentlichung abzulehnen, wenn eine wettbewerbswidrige Äußerung nur gegenüber wenigen Personen gefallen und gleichzeitig nicht wahrscheinlich ist, daß sie über diesen Kreis hinausgedrungen ist (ÖBl. 1980, 73 mwN).

Wendet man diese Grundsätze hier an, dann muß dem Veröffentlichungsbegehren des Klägers Berechtigung zuerkannt werden. Auch wenn die Stockhofstraße nicht besonders belebt sein sollte, muß doch angenommen werden, daß ein unbestimmter, keinesfalls ganz unbedeutender Personenkreis die Werbebehauptungen der Beklagten in der Auslage ihres Reformhauses gesehen, gelesen, teilweise anderen Personen mitgeteilt und selbst im Gedächtnis behalten hat. Zur Aufklärung dieser Personen darüber, daß sich die Beklagte mit den beanstandeten Angaben über das Gesetz hinweggesetzt hat, ist die vom Kläger begehrte Veröffentlichung des Urteils in einer oberösterreichischen Zeitung durchaus geeignet. Daß von dieser Veröffentlichung auch solche Personen Kenntnis erlangen, die die Werbeangaben der Beklagten nicht gekannt haben, ist ebenso unvermeidlich wie der Umstand, daß nicht alle mit der Werbung der Beklagten in Berührung gekommenen Personen die Urteilsveröffentlichung lesen werden.

Es war daher der Revision des Klägers dahin Folge zu geben, daß der Veröffentlichungsausspruch des Erstrichters wiederhergestellt wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich für den Abschnitt bis zur Klageeinschränkung ON 11 auf § 43 Abs. 2 ZPO, sonst auf § 41 ZPO. Dabei war auf die Erledigung des vom Kläger gegen die erstrichterliche Kostenentscheidung erhobenen Rekurses durch die zweite Instanz Bedacht zu nehmen, gleichzeitig aber im Hinblick auf die Wiederherstellung des Ersturteiles in der Hauptsache die Bemessungsgrundlage von 270.000 S heranzuziehen; dies ergibt den Kostenbetrag von 40.044,35 S (darin 3.482,82 S Umsatzsteuer und 1.733,33 S Barauslagen). Für das Rechtsmittelverfahren waren dem Kläger die vollen Kosten nach §§ 41, 50 ZPO zuzusprechen.

Anmerkung

E14661

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00014.88.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19880412_OGH0002_0040OB00014_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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