Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Dieter Waldmann und Mag. Günter Köstelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria R***, Angestellte, Wien 23., Anton Krieger-Gasse 173, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Ernst R***, Gartenbauunternehmer, Wien 23., Anton Krieger-Gasse 173, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 459.167,89 S brutto sA und 22.245,-- S netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Juli 1987, GZ 32 Ra 55/87-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 1. Dezember 1986, GZ 10 Cr 221/85-23 (10 Cga 221/85 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind in aufrechter Ehe verheiratet; ein Ehescheidungsverfahren ist anhängig. Die Klägerin war in der Zeit vom 2.11.1972 bis 30.6.1985 im Betrieb des Beklagten angestellt; ihr monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 46.300 S. Sie wurde vom Beklagten am 29.3.1985 fristgerecht zum 30.6.1985 gekündigt, dienstfrei gestellt und aufgefordert, ihren Resturlaub von 22 Werktagen zu konsumieren. Dies war ihr mit Rücksicht auf ihre schulpflichtige Tochter aber nicht möglich. Die Gehälter für Mai und Juni 1985, die aliquoten Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung und Abfertigung wurden an sie nicht gezahlt. Die Klägerin nahm deshalb am 6.11.1985 einen mit 10,5 % p.a. verzinslichen Bankkredit über einen Betrag von 100.000 S auf. Unter Berücksichtigung der in der Zeit vom 1.7.1984 bis 30.6.1985 geleisteten Überstunden bezog die Klägerin in dieser Zeit ein monatliches Durchschnittseinkommen von
62.495 S. Mit Antrag vom 11.3.1985 begehrte die Klägerin die Durchführung des Jahresausgleiches für 1984. Der Jahresausgleich ergab ein Guthaben für die Klägerin von 22.245 S. Dieser Betrag wurde der Klägerin nicht ausgezahlt, sondern zu einem späteren Zeitpunkt vom Beklagten an das Finanzamt rücküberwiesen. Die Klägerin begehrt einen Betrag von 22.245 S netto sA als Guthaben aus dem Jahresausgleich sowie 459.167,89 S brutto sA an restlichem Entgelt, Sonderzahlungen und Abfertigung. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Er bestritt die geltend gemachten Forderungen dem Grunde und der Höhe nach und wendete eine Gegenforderung von 607.486,81 S ein. Die Klägerin habe in den Jahren 1983 bis 1985 Überstundenentgelt bezogen, ohne tatsächlich Überstunden geleistet zu haben. Hieraus resultiere ein Rückforderungsanspruch von 445.433,59 S brutto. Einen Betrag von 69.149,60 S habe die Klägerin für private Einkäufe dem Betrieb entnommen. Einen Betrag von 15.000 S habe sie von einem ihrem Sohn gehörigen Sparbuch behoben. Sie habe im Firmeneigentum stehende Teppiche im Wert von 56.300 S an sich genommen. Überdies habe sie ein Firmenfahrzeug nicht zurückgestellt, woraus eine Forderung von 37.603,58 S resultiere.
Das Erstgericht sprach mit Teilurteil aus, daß die Klagsforderung mit 22.245 S netto und 425.258,57 S brutto zu Recht, die auf die Behauptung von zu Unrecht bezogenen Überstundenentgelt gegründete Gegenforderung von 445.433,59 S brutto hingegen nicht zu Recht bestehe und verpflichtet den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 22.245 S netto sA sowie 425.258,57 S brutto sA. Dabei legte es seiner Entscheidung über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus zugrunde, es sei nicht erwiesen, daß die Klägerin in den Jahren 1983, 1984 und 1985 Überstunden zu Unrecht verrechnet habe.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß ausgehend von der festgestellten Höhe des Einkommens der Klägerin die erhobenen Ansprüche im zuerkannten Ausmaß zu Recht bestünden, während der Gegenforderung des Beklagten, die dieser daraus abgeleitet habe, daß die Klägerin zu Unrecht Entgelt für Überstunden bezogen habe, keine Berechtigung zukomme.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge; es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm nach teilweiser Beweisergänzung die Feststellungen des Erstgerichtes und bejahte die Zulässigkeit der Fällung des Teilurteiles. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die eingewendete Gegenforderung bis zum Betrag der Klagsforderung für berechtigt erkannt und das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber läßt die Entscheidung über die Klageforderung unbekämpft und wendet sich ausschließlich dagegen, daß seine Gegenforderung nicht als zu Recht bestehend erkannt wurde. Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Aus der Fassung der Bestimmung des § 381 ZPO, insbesonders aus der Wortfolge "ohne genügende Gründe" ergibt sich, daß das Gesetz an die Verpflichtung der Partei zum Erscheinen vor Gericht zur Ablegung der Aussage strenge Anforderungen stellt. Es ist nicht bloß darauf abzustellen, ob eine entsprechende Entschuldigung erfolgt, sondern auch zu prüfen, ob die vorgetragenen Gründe unter Berücksichtigung der der Partei obliegenden Verpflichtung, alles vorzukehren, um einen klaglosen und verzögerungsfreien Ablauf des Verfahrens sicherzustellen, das Nichterscheinen rechtfertigen. Die Inanspruchnahme durch die regelmäßige Berufsarbeit allein ist kein hinreichender Grund für das Ausbleiben von der Parteienvernehmung. Nur Hindernisse, die außerhalb des üblichen Ablaufes der beruflichen Tätigkeit liegen, können das Nichterscheinen ausreichend begründen. Die Ladung zur Berufungsverhandlung wurde dem Beklagten mehr als 14 Tage vor dem Termin zugestellt. Daß dieser Verhandlungstermin auf einen Freitag fiel, an dem die Lohnauszahlung vorzunehmen war, stand bereits zu diesem Zeitpunkt fest. Abgesehen davon, daß der Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, für eine Vertretung vorzusorgen oder auch die Lohnauszahlung trotz Wahrnehmung des Termins selbst vorzunehmen, hätte die Möglichkeit bestanden, bereits unmittelbar nach Zustellung der Ladung die Hinderungsgründe mitzuteilen und eine kurzfristige Verlegung der Berufungsverhandlung zu beantragen. Der Beklagte ist bereits dem Termin zur Parteienvernehmung in der mündlichen Streitverhandlung am 1.12.1986 vor dem Erstgericht ferngeblieben; sein Nichterscheinen wurde von seinem Vertreter pauschal mit wichtigen beruflichen Terminen begründet, ohne daß eine nähere Spezifizierung erfolgt wäre. Dem Berufungsgericht ist daher kein Verfahrensmangel unterlaufen, wenn es unter diesen Umständen von der Vernehmung des Beklagten wegen Verschleppungsabsicht Abstand nahm.
Auch soweit der Revisionswerber ausführt, es seien wesentliche Fragen an die Klägerin vom Erstgericht nicht zugelassen worden, kommt der Mängelrüge keine Berechtigung zu. Die Klägerin wurde vom Berufungsgericht ergänzend vernommen, so daß die Möglichkeit bestanden hätte, die vom Beklagten für wesentlich erachteten Fragen an die Klägerin zu stellen. Eine solche Fragestellung ist jedoch nicht erfolgt.
Die Überstundenaufzeichnungen standen dem Beklagten in Ablichtung zu Verfügung. Die Übereinstimmung dieser Ablichtungen mit dem Original wurde zugestanden. Es ist nicht erkennbar, welche anderen Erkenntnisse aus den Originalen hätten gewonnen werden können.
Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, es sei nicht erwiesen, daß die Klägerin in den Jahren 1983 bis 1985 Überstunden verrechnet habe, ohne die Überstunden tatsächlich geleistet zu haben. Soweit der Revisionswerber die Richtigkeit dieser aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens getroffenen Feststellungen in Zweifel zieht, bekämpft er in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung. Ein Eingehen auf diese Ausführungen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Bei den Erörterungen des Berufungsgerichtes im Zusammenhang mit § 68 EStG handelt es sich nicht um Tatsachenfeststellungen, sondern um bloße - für die Entscheidung überflüssige und überdies irreführende - Vermutungen. Das Berufungsgericht hat hieraus rechtliche Schlüsse ohnehin nicht abgeleitet.
Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes nicht auf der Grundlage der Feststellungen bekämpft wird, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, sodaß eine Überprüfung der Rechtsfragen nicht stattzufinden hat.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 392 Abs 2 ZPO.
Anmerkung
E14023European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00040.88.0413.000Dokumentnummer
JJT_19880413_OGH0002_009OBA00040_8800000_000