TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/22 2001/14/0037

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Veröffentlicht am 22.09.2005
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §44 Abs2;
BAO §45 Abs2;
BAO §45a;
BAO §92;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Peter Stromberger, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Johann-Offner-Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 29. Jänner 2001, Zl. AO 130/1-8/00, betreffend Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage des § 44 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem beschwerdeführenden Verein Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2000 beantragte der Beschwerdeführer, ein nach seiner Satzung der Förderung und Ausübung des Körpersportes dienender Verein, eine Ausnahmegenehmigung gemäß "§ 44 Abs. 2 bzw. § 45a BAO" für die von ihm betriebene Kantine, rückwirkend ab 1. Jänner 1994. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass der Verein die Einnahmen aus der Kantine dringend für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes der Kampfmannschaft und für Nachwuchsförderung benötige. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass er ein gemeinnütziger Sportverein (Traditionsverein, Gründungsjahr 1931) sei, und er ohne Gewährung der Ausnahmegenehmigung in Zukunft nicht in der Lage wäre, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Es werde daher um die entsprechende Ausnahmegenehmigung ersucht, welche "in weiterer Folge eine Befreiung unserer Kantinenumsätze von der Umsatzsteuerpflicht" bewirke.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Lehre (Stoll, BAO-Kommentar, Seite 487, zweiter Absatz, sowie Kohler/Quantschnigg/Wiesner, Die Besteuerung der Vereine8, Seite 111 f) vertrete die Ansicht, dass die Finanzlandesdirektion mit einem auf § 44 Abs. 2 BAO gestützten Ausnahmebescheid über die Grenzen der in den einzelnen Abgabenvorschriften enthaltenen Begünstigungen - wie im gegenständlichen Fall begehrt - grundsätzlich nur in besonders gelagerten Einzelfällen hinausgehen könne. Ein derartig "besonders gelagerter Einzelfall" liege nach den beiden zitierten Literaturstellen nur hinsichtlich eines solchen Betriebes vor, der keinerlei Wettbewerbswirkungen entfalte. Hievon könne in Bezug auf den vom vorliegenden Antrag umfassten Gewerbebetrieb bereits auf Grund seines Gegenstandes (Gastgewerbebetrieb) keine Rede sein. Der Beschwerdeführer erbringe im Rahmen des vorliegenden Gewerbebetriebes Leistungen (in den Streitjahren Umsätze zwischen rund S 910.000,-- und rund S 570.000,--), die auch von anderen in örtlicher Nahebeziehung zu diesem Gewerbebetrieb stehenden Betrieben erbracht würden. Eine (teilweise oder gänzliche) Nichtbesteuerung des gegenständlichen Gewerbebetriebes würde somit evident zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der beschwerdeführende Verein betont, dass sein Begehren auf Ausnahmegenehmigung "gemäß § 44 Abs. 2 bzw. § 45a BAO" im Wesentlichen darauf gerichtet gewesen sei, von der Geltendmachung der Abgabepflicht "insbesondere in den Fällen des § 44 Abs. 1" ganz abzusehen.

Die belangte Behörde ist in Verweisung u.a. auf Stoll, BAO, Kommentar, 487, - zu Recht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 2001, 98/14/0006) - davon ausgegangen, dass eine Ausnahmegenehmigung in Form einer vollen Befreiung von den durch die einen begünstigungsschädlichen Gewerbebetrieb darstellende Kantine verursachten Abgaben nur in besonders gelagerten Einzelfällen und dann in Betracht kommt, wenn ansonsten der begünstigte Zweck nicht erreichbar wäre und Wettbewerbsbenachteiligungen für nicht begünstigte Körperschaften nicht zu befürchten seien. Vom Fehlen einer Wettbewerbsbenachteiligung könne beim gegenständlichen Gewerbebetrieb aber schon auf Grund seines Gegenstandes, eines Gastgewerbebetriebes, keine Rede sein.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, apodiktisch zu behaupten, der Kantinenbetrieb erbringe Leistungen, welche auch von anderen in örtlicher Nahebeziehung zu diesem Gewerbebetrieb stehenden Betrieben erbracht würden. Die belangte Behörde zeigt nämlich nicht auf, auf welche dem Beschwerdeführer zur Wahrung des Parteiengehörs auch zugänglich gemachte Ermittlungsergebnisse sich ihre diesbezügliche Annahme stützt. Mit seinem Vorbringen, tatsächlich bestünde durch den Betrieb der Kantine des Beschwerdeführers keine wie immer geartete Wettbewerbsverzerrung zu anderen in örtlicher Nahebeziehung stehenden Gewerbebetrieben, zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz der zutreffend gerügten Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt in einem ausschließlich auf die Erwirkung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren zwar der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. etwa das hg Erkenntnis vom 25. Februar 2004, 2003/13/0117). Dies bedeutet aber nicht, dass der Beschwerdeführer in einem Antrag, über welchen die Behörde mit erst- und letztinstanzlichem Bescheid abzusprechen hat, von sich aus das Fehlen einzelner, von Lehre und Rechtsprechung als negative Voraussetzungen entwickelter Sachverhaltselemente darzutun hat.

Soweit der Beschwerdeführer meint, bei dem von ihm unterhaltenen Kantinenbetrieb handle es sich "von der Art und den Einnahmen her" um einen Bestandteil des Vereines, ohne den der Vereinszweck nicht erreicht werden könne, bzw. die gegenständliche Kantine stelle einen zur Erreichung des gemeinnützigen Zweckes unentbehrlichen Hilfsbetrieb dar, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Verwirklichung der Vereinszwecke, nämlich die Förderung und Ausübung des Körpersportes nicht notwendig an den Betrieb einer Kantine gebunden ist. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben zitierten Erkenntnis vom 30. Oktober 2001 zum Ausdruck gebracht, dass ein unentbehrlicher Hilfsbetrieb nur dann vorliegt, wenn er im begünstigten Zweck Deckung findet, also in einem sachlichen Zusammenhang mit diesem Zweck steht. Ein Betrieb, der nur als Geldbeschaffungsquelle für die Erfüllung des begünstigten Zweckes dient, kann hingegen nicht als unentbehrlicher Hilfsbetrieb angesehen werden.

Nicht nachvollziehbar ist der Beschwerdevorwurf, die bescheiderlassende Behörde habe auf § 45a BAO nicht "ausreichend Bedacht genommen, wenngleich sie selbst auf der letzten Seite ihrer Entscheidung die Leistungen der Beschwerdeführerin auflistet, wobei in den Jahren 1997 und 1998 die versteuerbaren Beträge unter der Grenze von S 500.000,-- liegen", schon aus folgendem Grund: Gemäß § 45a BAO gilt unter bestimmten Voraussetzungen (in den Streitjahren bei Umsätzen von weniger als S 500.000,--) unbeschadet der Ermächtigung des § 44 Abs. 2 eine Bewilligung im Sinne der letztgenannten Bestimmung insoweit als erteilt, als die Abgabepflicht unter anderem des von der Körperschaft betriebenen Gewerbebetriebes zwar bestehen bleibt, die Begünstigungen der Körperschaft auf abgabenrechtlichem Gebiet jedoch (bei Zutreffen einer weiteren Voraussetzung) nicht berührt werden. Abgesehen davon, dass die angeführte Umsatzgrenze im Beschwerdefall nach der "Auflistung" im angefochtenen Bescheid (bei Addition der dem Normalsteuersatz und dem begünstigten Steuersatz unterliegenden Umsätze) entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Vereines auch in den Jahren 1997 und 1998 jeweils überschritten wurde, bedurfte eine allfällige fiktive Ausnahmebewilligung im Sinne des § 45a BAO keines Ausspruches in Bescheidform.

Der beschwerdeführende Verein betont in der Beschwerde, sein dem Antrag vom 10. Februar 2000 zu Grunde liegendes Begehren sei darauf gerichtet gewesen, von der Geltendmachung der Abgabepflicht "insbesondere in den Fällen des § 44 Abs. 1" ganz abzusehen. Vor dem Hintergrund, dass der Antrag selbst auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung "gem. § 44 Abs. 2 ...BAO" lautete, § 44 Abs. 2 leg. cit aber auch von einem teilweisen Absehen von der Abgabepflicht spricht, sei aber darauf hingewiesen, dass einer dem Antrag zumindest teilweisen Stattgebung etwa im Umfang des Grundsatzes des § 45a BAO, somit insoweit, dass die Abgabepflicht hinsichtlich des begünstigungsschädlichen Gewerbebetriebes zwar bestehen bleibt, die Begünstigungen der Körperschaft auf abgabenrechtlichem Gebiet jedoch nicht berührt werden (vgl. insbesondere § 23 KStG), weder S 500.000,-- übersteigende Umsätze noch allfällige Wettbewerbsverzerrungen des Gewerbebetriebes entgegenstehen. Der angefochtene Bescheid enthält daher auch keine Begründung dafür, weshalb dem Antrag nicht im aufgezeigten Umfang teilweise stattgegeben, sondern er im vollen Umfang abgewiesen wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist und die Entrichtung einer Beilagengebühr zusätzlich zur Beschwerdegebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG nicht vorgesehen ist.

Wien, am 22. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001140037.X00

Im RIS seit

31.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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