TE OGH 1988/4/20 3Ob2/87

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Veröffentlicht am 20.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***

M*** registrierte Genossenschaft mbH, Hauptstraße 12, 2232 Deutsch Wagram, vertreten durch Dr. Johannes Blume ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V*** BM A*** Gesellschaft mbH in Liquidation, Falkestraße 6, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Walter Schuppich ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unzulässigkeit der Exekution (Streitwert S 395.158,75), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgerichtes vom 4. September 1986, GZ 1 a R 209/86-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Schrems vom 24. März 1986, GZ C 5/86-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.036,65 (darin S 1.185,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei erwarb in der zu E 1104/84 des Erstgerichtes wider die verpflichtete Partei Gertrude A*** Gesellschaft mbH zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung von S 395.158,75 sA geführten Fahrnisexekution ein richterliches Pfandrecht an den Gegenständen PZ 1 Allradtraktor Holder Cultitrac, PZ 2 Allradtraktor Holder Cultitrac, PZ 3 Allradtraktor Holder Cultitrac mit Schaufel, PZ 4 Sumpfbagger Kaiser, PZ 7 Förderband Mang und PZ 12 Einachskipper.

Die klagende Bank ist Rechtsnachfolgerin der R***

D*** reg GenmbH, kurz als Bank bezeichnet. Sie begehrt mit der Klage nach § 37 EO die Unzulässigkeit der Exekution, weil die Bank die Finanzierung des Kaufpreises übernommen und das Vorbehaltseigentum an den Gegenständen erworben habe. An den durch die Exekution betroffenen Arbeitsgeräten stehe der klagenden Partei daher ein Recht zu, welches die Vornahme der Exekution unzulässig mache. Sie hat den Gegenstand mit S 395.158,75 bewertet. Die beklagte Gläubigerin beantragte, das Exszindierungsbegehren abzuweisen.

Das Erstgericht erklärte die Vornahme der Exekution auf die bezeichneten Pfandgegenstände für unzulässig und stellte fest:

Siegfried A*** hat seine Ehefrau Gertrude A***, die im Geschäftsverkehr unter den Bezeichnungen "A*** Gertrude 3943 Schrems Gewinnung und Erzeugung von Torf, Moorerde, Erdsubstraten aller Art und biologischen Düngemitteln", "A*** Torfgewinnung 3943 Schrems", "Torfwerke A***" und "Samen A*** 1090 Wien, Währinger Gürtel 166" ein Torfgewinnungsunternehmen betrieb, vertreten, als für sie bei der R*** L*** G*** GmbH und der G***

L*** Kommanditgesellschaft in der Zeit von August 1980 bis Jänner 1981 die strittigen Arbeitsmaschinen auf Kredit angekauft wurden. Siegfried A*** nahm im eigenen Namen bei der Bank zur Finanzierung des Ankaufs durch seine Ehefrau am 23. März 1981 einen Abstattungskredit in Anspruch und verpfändete in seinem Eigentum stehende Liegenschaften. Die Bank vereinbarte mit den Verkäufern der Arbeitsgeräte, daß ihr der Eigentumsvorbehalt abgetreten werde. Aus dem an Siegfried A*** gewährten Kredit wurden die Kaufpreise für die Maschinen zur Gänze bezahlt und Siegfried A*** bestätigte auf den Vertragsurkunden, daß er die Abtretung des Eigentumsvorbehalts zur Kenntnis genommen habe.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, daß Gertrude A*** durch ihren Ehemann als Machthaber die Maschinen unter Eigentumsvorbehalt gekauft habe, daß aber Siegfried A*** nicht als ihr Vertreter auftrat, als er bei der Bank Kredit zur Abstattung der Kaufpreise in Anspruch nahm. Es liege eine Verknüpfung im Sinne eines "dreipersonalen" Schuldverhältnisses zwischen den Verkäufern, der Bank und Siegfried A*** vor, wonach letzterer die Bank anwies, den Verkäufern auf seine Rechnung den Kaufpreis zu bezahlen, und die Verkäufer anwies, das vorbehaltene Eigentum auf seine Rechnung der Bank zu übertragen und diese, das Eigentum als von ihm übertragen zu übernehmen. Siegfried A*** habe von den Verkäufern durch die Zahlung der Kaufpreise mit dem von der Bank in Anspruch genommenen Kredit die offenen Kaufpreisforderungen eingelöst und das ihm übertragene Vorbehaltseigentum der Bank zur Sicherung übertragen. Auf seine Anweisung sei das vorbehaltene Eigentum unmittelbar von den Verkäufern auf die Bank übergegangen. Dieser Eigentumsübergang sei wirksam erfolgt und stehe der Exekutionsführung auf die im Vorbehaltseigentum der klagenden Partei stehenden Pfandgegenstände zur Hereinbringung der Forderung der beklagten Partei gegen die Gertrude A*** GmbH entgegen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes bis auf eine Abänderung im Kostenpunkt. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteigt.

Das Gericht zweiter Instanz traf ergänzend die folgenden Feststellungen:

Am 24. März 1981 schloß die Bank mit den beiden Verkäufern der unter Eigentumsvorbehalt an Gertrude A*** verkauften Arbeitsmaschinen einen Vertrag über die "Abtretung des Eigentumsvorbehaltes", worin festgehalten ist, daß die Bank dem als Käufer bezeichneten Siegfried A*** am 23. März 1981 ein Darlehen von S 3,000.000,- gewährte, daß auf die dem "Käufer" verkauften Maschinen Kaufpreisforderungen unbeglichen sind und daß die Bank im Einvernehmen mit dem "Käufer" im Sinne des § 1422 ABGB die Kaufpreisforderung einlösen werde, womit gleichzeitig alle Nebenrechte, insbesondere das vorbehaltene Eigentum an den Kaufgegenständen auf die Bank übergehen. Die Verkäufer bestätigten, daß der Käufer den Kaufgegenstand übernommen und den Eigentumsvorbehalt anerkannt hat, daß sie durch die Zahlung seitens der Bank vollständig befriedigt sind, und Siegfried A*** unterfertigte die Erklärung, daß er die Vereinbarung zur Kenntnis genommen hat, den Kaufgegenstand ab der Einlösung der Kaufpreisforderung ausschließlich im Namen der Bank innehaben wird und diese beauftragt, den Kreditbetrag zur Einlösung der offenen Kaufpreisforderung zu verwenden.

Das Berufungsgericht billigte zwar nicht die rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht, weil es an einer Vertragsbeziehung zwischen den Verkäufern und Siegfried A*** mangle. Mit ihnen habe er nur als Machthaber seiner Ehefrau Gertrude A*** kontrahiert. Durch die Abtretungsverträge vom 24. März 1981 werde aber die Verbindung der beiden Rechtsgeschäfte (Kauf der Geräte und Darlehen zur Kreditfinanzierung) hergestellt und es sei daher nicht in unzulässiger Weise ein Nebenrecht der Kaufpreisforderung (Vorbehalt des Eigentums) von dieser losgelöst der Bank zur Besicherung ihrer Darlehensforderung übertragen worden. Der Eigentumsvorbehalt sei ein Nebenrecht der Kaufpreisforderung, das mit ihrer Einlösung auf den Einlösenden übergehe, ohne daß es eines Übergabeaktes bedürfe. Die Bank habe mit den Verträgen vom 24. März 1981 im eigenen Namen nach der Übergabe der Kaufgegenstände an die Käuferin die noch offenen Kaufpreisforderungen der Verkäufer als Schuld, für die sie nicht haftete, eingelöst und sich die Übertragung auch des vorbehaltenen Eigentums bedungen. Daran habe der Käufer nicht mitzuwirken. Es schade nicht, daß in den Verträgen Siegfried A*** als Käufer genannt sei. Die Bank habe mit Deckung durch den Auftrag ihres Vertragspartners Siegfried A*** im eigenen Namen als mittelbarer Stellvertreter auf Rechnung des Siegfried A*** gehandelt und sei damit Gläubigerin der Kaufpreisforderungen und bis zu deren Abstattung Trägerin des Vorbehaltseigentums an den gepfändeten Maschinen geworden. Sie sei daher zur Exszindierung berechtigt.

Auf die in der Berufungsbeantwortung der klagenden Partei gegen die Tatsachenfeststellungen erhobenen Rügen brauche nicht eingegangen werden.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes liegt die auf Grund der Bewertung durch das Berufungsgericht bei dem in Ansehung aller Pfandgegenstände einheitlichen Vorgang nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässige Revision der beklagten Partei wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor.

Die klagende Partei beantragt, das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Nach den der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zugrunde zu legenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen hatte sich Siegfried A*** zwar gegenüber den Verkäufern der für das Torfgewinnungsunternehmen erworbenen Maschinen als Vertreter seiner Ehefrau Gertrude A***, auf deren Namen die Gewerbeberechtigung lief, zu erkennen gegeben, er hatte allerdings die Geschäfte geführt und sich der Bank gegenüber als Käufer ausgegeben, das Darlehen in Anspruch genommen und die Bank beauftragt, die Valuta den Verkäufern zur Einlösung der offenen Kaufpreisforderungen zu übermitteln. Es besteht kein Zweifel, daß nach dem Urkundeninhalt die Zahlung der Kreditvaluta durch die Bank im eigenen Namen, wenn auch auf spätere Rechnung des Siegfried A*** oder der Käuferin Gertrude A*** erfolgte. Daß sich die Bank nur zur Zahlung verpflichtete, aber die Leistung an die Verkäufer, die sich das Eigentum an den Kaufgegenständen bis zu ihrer vollständigen Bezahlung vorbehalten hatten, nicht tatsächlich erbrachte, ist eine Unterstellung, die nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Daß Siegfried A*** persönlich und nicht für die Inhaberin der Gewerbeberechtigung den Kredit der Bank in Anspruch nahm, spielt deshalb keine Rolle, weil er bei der Unterfertigung der Vertragsurkunden zugleich als Kreditnehmer der Bank, aber auch als für das Kaufgeschäft bevollmächtigter Vertreter seiner Ehefrau Gertrude A*** auftrat. Zur abschließenden rechtlichen Beurteilung des Exszindierungsanspruches der klagenden Partei ist es nicht erforderlich zu prüfen, ob es zu den vom Erstgericht angenommenen Anweisungen kam, ob die Vollmacht der Gertrude A*** auch ihre Vertretung bei dem Finanzierungsgeschäft mit der Bank deckte, ob sie nicht etwa überhaupt nur als Strohmann Inhaberin der Gewerbeberechtigung war und Siegfried A*** der wahre Geschäftsherr, der den bei den Verkäufern auf Kredit und unter Eigentumsvorbehalt getätigten Kauf durch Inanspruchnahme des Kredits der Bank zu finanzieren suchte, und ob die Bank tatsächlich als indirekter Stellvertreter des Siegfried A*** die Kaufpreisforderungen der Verkäufer einlöste und das vorbehaltene Eigentum übertragen erhielt, wovon das Berufungsgericht ausging. Es kann sogar offen bleiben, wem die Bank nach vollständiger Abstattung des Kaufpreises das ihr von den Verkäufern übertragene Eigentum weiterzugeben hätte, nämlich dem Siegfried A***, der das Darlehen zur Abstattung des Kaufpreises in Anspruch genommen hatte und zur Rückzahlung verpflichtet gewesen wäre, oder der Gertrude A***, die den Kaufpreis an sich zu leisten gehabt hätte.

Es steht nämlich jedenfalls fest, daß sich die Verkäufer der zugunsten der beklagten Partei exekutiv gepfändeten beweglichen Sachen das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten hatten und daß dieses Eigentum nicht etwa auf die Käuferin Gertrude A*** überging - überhaupt unerörtert ist, wie die Sachen an die Gertrude A*** GmbH gelangten -, sondern ausdrücklich von den Eigentümern, die dazu legitimiert waren, in Verbindung mit der Einlösung der Kaufpreisforderung gegen Zahlung des Kaufpreisrestes durch die Bank an diese übertragen wurde. Ob Schuldner der Kaufpreisforderung die Käuferin Gertrude A*** oder der Kreditnehmer Siegfried A***, der sich bei der Unterfertigung der Vertragsurkunden vom 24. März 1981 als "Käufer" ausgab, war, blieb für die Bank bedeutungslos, weil ihr neben der eingelösten Kaufpreisforderung die Ansprüche aus dem Kreditvertrag zustanden. Die Übertragung des vorbehaltenen Eigentums durch den Käufer an die finanzierende Bank ist eine im Rahmen der Konsumfinanzierung übliche Form des drittfinanzierten Kaufes (Bydlinski in Klang2 IV/2 386; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 67 zu § 1063). Sie reicht als Grundlage für den Erwerb des vorbehaltenen Eigentums der klagenden Partei aus, weil ihr und nicht etwa Siegfried A*** im Zuge der Einlösung der Kaufpreisforderung das vorbehaltene Eigentum verschafft wurde und nicht hervorgekommen ist, daß der Kaufpreis für die einzelnen Geräte seither der Bank zur Gänze abgestattet wurde. Die klagende Partei ist daher zum Widerspruch (§ 37 EO) gegen den Zugriff der beklagten Partei auf die von deren Exekution betroffenen Gegenstände als Vorbehaltseigentümer berechtigt (Heller-Berger-Stix 460; Aicher aaO Rz 66; EvBl 1959/100 ua). Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E13948

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00002.87.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19880420_OGH0002_0030OB00002_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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