TE OGH 1988/4/21 12Os45/88

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Veröffentlicht am 21.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Friedrich, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manickam S*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19.November 1987, GZ 8 Vr 2954/87-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem im Schuldspruch zu Punkt 1) des Urteilssatzes enthaltenen Ausspruch, der Angeklagte habe die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge das Fünfundzwanzigfache der großen Menge ausmacht, und in der darauf beruhenden Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG sowie weiters gemäß § 289 StPO im Schuldspruch zu Punkt 2) des Urteilssatzes (wegen des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels) und demgemäß auch in den auf § 12 Abs. 3 SGG und auf § 35 Abs. 4 FinStrG beruhenden Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der maledivianische Staatsbürger Manickam S*** (zu 1) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und (zu 2) des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach §§ "15 StGB" (richtig: 13 FinStrG), 35 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er am 10.September 1987 in Graz-Thalerhof (zu 1) anläßlich seiner Einreise mit dem Flugzeug von Zürich mit Zwischenlandung in Wien-Schwechat den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache einer großen Menge übersteigenden Menge, nämlich ca 2.120 Gramm Heroin (enthaltend 559,7 Gramm Heroinbase), welches sich in einem Seesack befand und in Österreich in Verkehr gesetzt werden sollte, eingeführt;

(zu 2) anläßlich der zu 1) beschriebenen Handlung eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich die angeführten 2.120 Gramm Heroin im Wert von 1,484.000 S, den Zollorganen vorsätzlich unter Verletzung seiner zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen versucht, indem er das Suchtgift in einem doppelten Boden seines Seesackes tarnte (strafbestimmender Wertbetrag 555.652 S).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer (nominell) auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, der Sache nach jedoch die Z 10 der zitierten Gesetzesstelle relevierenden Nichtigkeitsbeschwerde, die allein gegen die Annahme der Qualifikation des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG gerichtet ist und in welcher gerügt wird, daß das Erstgericht keine Feststellungen darüber getroffen habe, ob sein Vorsatz auf die Begehung des Suchtgiftverbrechens mit Beziehung auf eine übergroße Suchtgiftmenge gerichtet gewesen ist.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

§ 12 Abs. 3 Z 3 SGG normiert, bezogen auf den Grundtatbestand des § 12 Abs. 1 SGG, eine Deliktsqualifikation. Als solche kann sie dem Täter daher nur dann angelastet werden, wenn sich sein (zumindest bedingter) Vorsatz (auch) darauf bezogen hat, das Suchtgiftverbrechen mit Beziehung auf eine übergroße Suchtgiftmenge zu begehen (vgl Leukauf-Steininger Strafrechtliche Nebengesetze2 2. ErgH 1985, 53). In dieser Hinsicht enthält jedoch das angefochtene Urteil, wie die Beschwerde im Ergebnis zutreffend einwendet, keine Feststellungen. Den Urteilskonstatierungen zufolge hat der Beschwerdeführer aufgrund der ihm vor seinem Abflug aus Kalkutta erteilten Information (zwar) gewußt, daß sich in dem von ihm nach Graz zu befördernden Seesack Heroin befindet (S 127, 128 d.A), wobei ihm für den Transport 2.000 US-Dollar versprochen wurden. Daraus (allein) folgt aber nicht, daß es der Beschwerdeführer (zumindest) ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, nicht nur eine große, sondern (darüber hinaus) eine übergroße Menge Heroin (im Sinn des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG) zur Beförderung übernommen zu haben. Auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen kann somit nicht verläßlich beurteilt werden, ob sich der Tätervorsatz (auch) auf den strafsatzändernden Umstand des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG bezogen hat.

Dieser von der Beschwerde zu Recht geltend gemachte Feststellungsmangel zwingt zur Kassierung des bekämpften Ausspruchs und der darauf beruhenden Tatbeurteilung nach der in Rede stehenden Qualifikationsnorm (§ 285 e StPO), wobei darüber hinaus (gemäß § 289 StPO) auch der Schuldspruch zu Punkt 2) des Urteilssatzes (wegen des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels) aufzuheben war, zumal dann, wenn im erneuerten Verfahren die Qualifikation des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG nicht angenommen werden sollte, die Bestimmung des § 24 a SGG zum Tragen käme.

Bemerkt wird, daß im Finanzstrafverfahren die Strafbarkeit des Versuchs in einer eigenen Bestimmung (§ 13 FinStrG) geregelt ist, weshalb die Bezugnahme auf § 15 StGB (S 125, 129 d.A) verfehlt war, und daß für den Fall des Zusammentreffens eines Finanzvergehens mit einer strafbaren Handlung anderer Art nicht § 28 StGB, sondern § 22 FinStrG gilt, wobei der Umstand, daß dem Täter ein Finanzvergehen und eine strafbare Handlung anderer Art zur Last liegt, im Hinblick auf das Gebot des § 22 Abs. 1 FinStrG keinen eigenen Erschwerungsgrund darstellt (so aber S 129 d.A).

Anmerkung

E13897

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00045.88.0421.000

Dokumentnummer

JJT_19880421_OGH0002_0120OS00045_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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