TE OGH 1988/4/21 8Ob542/88

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Veröffentlicht am 21.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Angelika R***, Schülerin, 9020 Klagenfurt, Seegasse 33/4, vertreten durch den Vater Manfred R***, Mittelschulprofessor, 9020 Klagenfurt, Seegasse 33/4, dieser vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Heide S***, Sekretärin, 1020 Wien,

Wehlistraße 176/6/33, vertreten durch Dr. Hans Rabl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12. Oktober 1987, GZ 42 R 413/87-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. März 1987, GZ 36 C 1941/86-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Es wird der angefochtene Beschluß als nichtig und der erstgerichtliche Beschluß insoweit aufgehoben, als er die Klage zurückweist.

Die Rechtssache wird an das Bezirksgericht Klagenfurt als zuständiges Außerstreitgericht überwiesen.

Text

Begründung:

Die am 30. Jänner 1970 geborene, von ihrem Vater vertretene Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage die Verurteilung der Beklagten, ihrer Mutter, zur Herausgabe von Kleidungsstücken, Schulbüchern, Schallplatten, einer Stereoanlage usw. und begründet dieses Begehren damit, daß diese Gegenstände im Eigentum der mj. Klägerin stünden und die Beklagte trotz mehrfachen Ersuchens die Ausfolgung derselben verweigere. Die Klägerin habe bis zum 12. Mai 1986 bei der Beklagten gewohnt und dieser seien damals auch die elterlichen Rechte zugestanden. Nunmehr wohne sei bei ihrem Vater in Klagenfurt, an welchen inzwischen die Elternrechte übertragen worden seien. Die Beklagte könne sich von ihrer Herausgabepflicht durch Zahlung eines Geldbetrages von S 21.000,-- befreien.

Die Beklagte wendete Nichtigkeit des Verfahrens mangels pflegschaftsbehördlicher Genehmigung der Klagsführung ein und beantragte schließlich die Zurückweisung der Klage. Das Erstgericht setzte der Klägerin zur Vorlage eines Beschlusses über die pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Klagsführung eine vierwöchige Frist, hob nach derem fruchtlosen Verstreichen das Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Das Rekursgericht gab dem von der Klägerin gegen die erstgerichtliche Entscheidung erhobenen Rekurs Folge, hob diese auf und wies das Erstgericht an, das Verfahren fortzusetzen. Es sprach aus, daß gegen seine Entscheidung der Rekurs gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. In der Sache vertrat es die Ansicht, die Klägerin bedürfe zur Führung dieses Rechtsstreites, der nur dasjenige betreffe, worüber sie auf Grund der Anordnungen der §§ 151, 246 und 247 ABGB frei verfügen könne, gemäß § 2 ZPO nicht der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters. Überdies handle es sich um eine dem ordentlichen Wirtschaftsbetrieb zuzurechnende Vermögensangelegenheit, sodaß auch aus diesem Grund eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Klagsführung der durch ihren Vater vertretenen Klägerin nicht erforderlich sei.

In ihrem Revisionsrekurs macht die Beklagte Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses mangels besonderer Ermächtigung der mj. Klägerin zur Klagsführung sowie wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges geltend und beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß das Verfahren ab Klagszustellung als nichtig aufgehoben, bzw. die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in ihrer zulässigen (§ 521 a Abs 1 Z 3 ZPO) Rekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Über Auftrag des Obersten Gerichtshofes, die angefochtene Entscheidung berichtigend dahin zu ergänzen, ob der Wert des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, den Betrag von S 15.000,-- übersteigt (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO, §§ 527 Abs 1, 528 Abs 1 und 2 ZPO), sprach das Rekursgericht mit Beschluß vom 23. März 1983 aus, daß dieser Wert den Betrag von S 15.000,-- übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch gerechtfertigt. Der Oberste Gerichtshof hat in den von der Rekurswerberin zutreffend zitierten Entscheidungen SZ 50/17 und JBl 1985, 53, ebenso auch schon in der Entscheidung EvBl 1953/142 ausgesprochen, daß die Gründe, aus welchen das Judikat 237 Alimentationsansprüche pflegebefohlener Kinder gegen ihre Eltern in das Außerstreitverfahren verwiesen hat, auch in dem Fall, daß dem Kind ein ihm nach dem Gesetz gebührendes Vermögen - Geldbeträge, Kleidungs- und Gebrauchsgegenstände usw. - von einem Elternteil vorenthalten werden, den Rechtsweg für den diesbezüglichen Herausgabeanspruch als ausgeschlossen erscheinen lassen. Dabei wurde auf die Pflicht des Pflegschaftsgerichtes zur amtswegigen Wahrnehmung der Ansprüche des Pflegebefohlenen (§§ 149 f aF ABGB) gegenüber dem vermögensverwaltenden Vater und zum Einschreiten bei Mißbrauch der väterlichen Gewalt (§ 178 aF ABGB) hingewiesen und der Standpunkt vertreten, daß das Vorenthalten eines dem mj. Kindes nach dem Gesetze zukommenden Vermögens durch einen Elternteil einem Mißbrauch der väterlichen Gewalt und einer Nichterfüllung der mit dieser Gewalt verbundenen Pflichten gleichkommt.

Die nunmehr geltenden Bestimmungen des § 149 Abs 1 ABGB über die Sorgfaltspflicht der Eltern bei der Verwaltung des Vermögens ihrer mj. Kinder und des § 176 ABGB über die vom Gericht zu treffenden nötigen Verfügungen bei Mißbrauch der elterlichen Rechte, haben an den in den vorgenannten Entscheidungen für die Beurteilung maßgeblichen Gesichtspunkten grundsätzlich nichts geändert. Somit besteht aber kein Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Demgemäß ist für den vorliegenden Herausgabeanspruch der Klägerin gegenüber ihrer Mutter der Rechtsweg unzulässig; dieser Anspruch ist im Außerstreitverfahren bei dem gemäß § 109 Abs 1 JN zuständigen Pflegschaftsgericht geltend zu machen. In diesem Sinne war der angefochtene Beschluß als nichtig (§ 477 Z 6 ZPO) und der erstgerichtliche Beschluß, soweit er die Klage zurückwies, aufzuheben und die Rechtssache gemäß § 44 Abs 1 JN an das zuständige Pflegschaftsgericht - die Pflegschaftssache wird zu 3 P 28/87 des Bezirksgerichtes Klagenfurt geführt - zu überweisen.

Anmerkung

E14005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00542.88.0421.000

Dokumentnummer

JJT_19880421_OGH0002_0080OB00542_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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