TE OGH 1988/4/26 10Ob509/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Firma K*** & H***, Elektrotechnik, 6900 Bregenz, Quellenstraße 20-22, 2.) Firma Josef H***, Bauunternehmen, 6900 Bregenz, Mariahilferstraße 34, 3.) Firma Heinz L***, Zimmerei, 6971 Hard, Steinlochstraße 4, 4.) Firma "R***" Helmut G*** GmbH & Co KG, 6850 Dornbirn, Schwefel 68, 5.) Firma R*** & Co Metallbau, 6751 Braz, Arlbergstraße 110, 6.) Firma Fridolin E***, Bauunternehmen, 6900 Bregenz, Sandgrubenweg 32,

7.) Firma Manfred G***, Fensterbau, 6890 Lustenau, Rheindorferstraße 37, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1.) Kurt D***, Kaufmann, 6922 Wolfurt, Neudorfstraße 4, vertreten durch Dr. Sepp Manhart, Rechtsanwalt in Bregenz, 2.) Dr. Hansjörg K***, Rechtsanwalt, 6900 Bregenz, Römerstraße 2, 3.) Oskar Z***, Kaufmann, 6922 Wolfurt, Grenzstraße 36, vertreten durch Dr. Norbert Kohler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 2,037.453,11 S sNg, infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 17. Feber 1988, GZ 4 R 41/88-32, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. Dezember 1987, GZ 11 Cg 35/87-25, ersatzlos aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund aufgetragen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit dem Drittbeklagten am 13. April 1987 zugestelltem, mittels ZPForm 25 ausgefertigtem schriftlichem Beschluß wurde u.a. dem Drittbeklagten aufgetragen, die beiliegende Klage binnen vier Wochen nach Zustellung dieser Beschlußausfertigung schriftlich zu beantworten. Das erwähnte ZPForm enthält u.a. wichtige Hinweise auf den Anwaltszwang, die Versäumungsfolgen und die Beigebung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe.

Der Drittbeklagte beantragte vor Ablauf der Klagebeantwortungsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts. Der Bescheid, mit dem Rechtsanwalt Dr. Norbert K*** zu seinem Vertreter bestellt wurde, wurde dem Drittbeklagten am 26. Mai 1987 zugestellt. In der diesem Rechtsanwalt am 27. Mai 1987 zugestellten Bescheidausfertigung war der Name des beigegebenen Vertreters nicht eingesetzt.

Da der Drittbeklagte keine Klagebeantwortung überreichte, erließ das Erstgericht gegen ihn auf Antrag der klagenden Parteien am 5. August 1987 ein klagestattgebendes Versäumungsurteil, das seinem Vertreter am 27. August 1987 zugestellt wurde.

Gegen dieses Versäumungsurteil erhob der Drittbeklagte am 10. September 1987 rechtzeitig einen die Klagebeantwortung enthaltenden Widerspruch.

Das Erstgericht wies den Widerspruch im wesentlichen mit der Begründung zurück, daß der Drittbeklagte seit dem neuerlichen Beginn der Klagebeantwortungsfrist durch den Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe vertreten gewesen und daher einem bei der ersten Tagsatzung rechtsanwaltlich vertretenen Beklagten zu vergleichen sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Drittbeklagten Folge, hob den den Widerspruch zurückweisenden Beschluß auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von diesem Zurückweisungsgrund auf und erklärte die Rekurskosten zu weiteren Verfahrenskosten. Es berief sich auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, nach der § 398 Abs. 1 Satz 3 ZPO so zu verstehen sei, daß der Widerspruch dem Beklagten, der die Klagebeantwortung nicht rechtzeitig überreicht habe, nur dann nicht zustehe, wenn eine erste Tagsatzung stattgefunden habe, bei der er durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei. Die einschränkende Auslegung der zitierten Gesetzesstelle durch das Erstgericht sei schon in der E (des Oberlandesgerichtes Graz) EvBl. 1986/87 abgelehnt worden.

Gegen diesen inhaltlich abändernden Beschluß richtet sich der rechtzeitige und wegen Vorliegens der Voraussetzung des § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO nach § 528 Abs. 2 leg. cit. zulässige Revisionsrekurs der klagenden Parteien mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wieder herzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

Entgegen der Meinung der klagenden Parteien ist ein Beklagter, der vor Ablauf der Frist, innerhalb deren er auf Grund eines schriftlichen Auftrages nach § 243 Abs. 4 ZPO die Klage zu beantworten hätte, die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes beantragt hat, ab der Zustellung des Bescheides, mit dem der Rechtsanwalt bestellt wurde, nicht einem Beklagten gleichzustellen, der schon bei der ersten Tagsatzung durch einen Rechtsanwalt vertreten war und dem daher nach § 398 Abs. 1 Satz 3 ZPO gegen ein nach dieser Gesetzesstelle erlassenes Versäumungsurteil kein Widerspruch zusteht. Ein solcher Beklagter steht vielmehr einem Beklagten gleich, der bei der ersten Tagsatzung nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, dem bei dieser Tagsatzung mündlich die Beantwortung der Klage aufgetragen wurde, und dem nach innerhalb der dafür gesetzten Frist gestelltem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts ein solcher bestellt wurde.

Daß auch einem solchen Beklagten noch ein Widerspruch zusteht, hat der Oberste Gerichtshof in der E JBl. 1985, 686 mit dem klaren Wortlaut des § 398 Abs. 1 Satz 3 ZPO und damit begründet, daß § 73 Abs. 2 ZPO mit der Einräumung des Widerspruchsrechtes nichts zu tun habe.

Das Oberlandesgericht Graz hat daher in seiner E EvBl. 1986/87 mit zusätzlichen zutreffenden Argumenten die vom erkennenden Senat gebilligte Rechtsmeinung vertreten, daß der Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil nach § 398 Abs. 1 ZPO stets zulässig ist, wenn der mündliche oder schriftliche Auftrag zur Klagebeantwortung nicht schon einem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beklagten erteilt wurde.

Das gilt auch dann, wenn es zwischen dem Beklagten und dem ihm nachträglich bestellten Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe während der Klagebeantwortungsfrist zu einer Kontaktaufnahme gekommen ist. Zu ihrer Kritik an der schon in mehreren veröffentlichten Entscheidungen erfolgten Auslegung des § 398 Abs. 1 Satz 3 ZPO durch den Obersten Gerichtshof seien die Rechtsmittelwerber noch auf die Ausführungen Reindls in JBl. 1985, 764 zu den Besprechungen der E JBl. 1984, 560 = RdW 1985, 12 durch Mayr in JBl. 1984, 561 und Rechberger in RdW 1985, 5 hingewiesen, wonach der Gesetzgeber den dem § 398 Abs. 1 ZPO angefügten 3. Satz ganz bewußt nicht in dem Sinn einschränken habe wollen, wie ihn die genannten Glossatoren (und nunmehr die Rechtsmittelwerber) interpretieren wollen. Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 und 52 Abs. 1 ZPO, weil es sich bei den Kosten des erfolglosen Revisionsrekurses der klagenden Parteien nicht um Kosten im Sinne des § 397 a Abs. 4 ZPO handelt.

Anmerkung

E14279

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0100OB00509.88.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19880426_OGH0002_0100OB00509_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten