Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karin H***, Angestellte, Siebensterngasse 15, 1070 Wien, vertreten durch Dr.Anton Pokorny, Dr.Franz Withoff, Dr.Stefan Petrofsky, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz Alexander S***, Geschäftsführer, Währingerstaße 3, 1090 Wien, vertreten durch Dr.Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 75.000 s.A. und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16.Dezember 1987, GZ 3 R 190/87-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Juni 1987, GZ 15 Cg 35/87-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte betrieb mit einem anderen Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei welcher die Klägerin als Sekretärin beschäftigt war. Am 23.August 1985 wurde die Klägerin während der Arbeitszeit im Büro der Gesellschaft vom Hund des Beklagten in die Hand gebissen.
Die Klägerin begehrt Schmerzengeld in der Höhe von S 60.000 und einen Betrag von S 15.000 für eine Haushaltshilfe; außerdem stellt sie ein Feststellungsbegehren.
Der Beklagte wendete unter anderem ein, es komme ihm die Haftungsbefreiung des § 333 Abs 1 ASVG zustatten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Hinweis auf § 333 Abs 1 ASVG ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige, und erklärte die Revision für zulässig. Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern, hilfsweise es aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens führt die Klägerin aus, es hätten nähere Feststellungen darüber getroffen werden müssen, wie es zum Hundebiß gekommen sei, nämlich, ob sich die Klägerin einer Gefahr ausgesetzt habe, die ihrer betrieblichen Tätigkeit und ihrem Aufgabenbereich nicht entsprochen habe und damit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Klägerin und ihrer die Versicherung begründenden Beschäftigung nicht mehr gegeben gewesen sei. Die Klägerin macht damit lediglich Feststellungsmängel geltend, zu welchen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung Stellung zu nehmen ist.
Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, daß durch § 333 Abs 1 ASVG alle sich aus einem Arbeitsunfall ergebenden Schadenersatzansprüche, soweit sie Personenschäden betreffen und sich gegen den Dienstgeber oder die ihm Gleichgestellten richten, abschließend geregelt und damit alle anderen Haftungsgründe, insbesondere auch die Bestimmungen des ABGB, ausgeschlossen werden (ZVR 1974/146; ZVR 1982/365; 9 Ob A 83/87 uva). Diese Haftungseinschränkung bezieht sich auf alle Schadenersatzansprüche, auch auf Schmerzengeld (SZ 30/37; ZVR 1971/200; 9 Ob A 83/87 ua). Handelt es sich um einen Arbeitsunfall, ist daher - abgesehen von vorsätzlicher Verursachung des Schadens - auch ein Ersatzanspruch nach § 1320 ABGB gegen den Dienstgeber wegen eines Personenschadens ausgeschlossen. Die Revisionsausführungen, daß zumindest dem Feststellungsbegehren hätte stattgegeben werden müssen, sind daher unverständlich, denn für den Fall, daß § 333 Abs 1 ASVG einem Leistungsbegehren entgegensteht, ist auch ein Begehren auf Feststellung der Haftung für künftige Schäden nicht berechtigt. Ob der Beklagte der Klägerin Heilungskosten ersetzte, ist ohne Bedeutung; ein konstitutives Anerkenntnis, das einen eigenen Rechtsgrund bilden würde, wurde nicht behauptet.
Da nach § 333 Abs 1 ASVG der Dienstgeber nur bei Vorsatz haftet, sind auch die Revisionsausführungen darüber, der Hund habe schon früher zweimal Personen gebissen, der Beklagte habe die Verwahrung vernachlässigt, nicht zielführend. Daß es sich beim Beklagten, der einer der beiden Gesellschafter jener Gesellschaft bürgerlichen Rechts war, bei welcher die Klägerin als Sekretärin tätig war, um ihren Dienstgeber handelte, bestreitet die Klägerin in der Revision nicht mehr (vgl. SVSlg. 6343).
Zu prüfen ist daher nur, ob es sich bei dem Unfall, aus welchem die Klägerin ihre Schadenersatzansprüche ableitet, um einen Arbeitsunfall handelte. Gemäß § 175 Abs 1 ASVG sind Arbeitsunfälle Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen (ArbSlg. 8627, 9123, 9562; ZVR 1982/365; 9 Ob S 8,9/87 ua). Die Klägerin wurde bei Ausübung ihrer Tätigkeit als Sekretärin im Büro während der Arbeitszeit vom Hund des Beklagten gebissen, sie kam nur durch ihre Berufstätigkeit mit dem Hund ihres Dienstgebers in Berührung. Der im § 175 Abs 1 ASVG geforderte Zusammenhang zu ihrer Beschäftigung besteht daher (vgl. JBl 1960, 497). Dafür, daß die Klägerin, als sie vom Hund gebissen wurde, Handlungen vornahm, die nicht mehr betrieblichen Zwecken dienten (vgl. ArbSlg. 9123 ua), hat das Verfahren keinerlei Anhaltspunkt ergeben. Derartiges wurde nicht behauptet und daher bildet der Umstand, daß nicht näher feststeht, wie es zum Hundebiß gekommen ist, keinen Feststellungsmangel.
Der Klägerin steht daher auf Grund der Bestimmung des § 333 Abs 1 ASVG kein Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten zu, weshalb ihrer Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E14144European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00037.88.0427.000Dokumentnummer
JJT_19880427_OGH0002_0020OB00037_8800000_000