Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Winkelschreibereisache gegen Cornelius T***, 6710 Nenzing, Heimat 8, vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, infolge Revisionsrekurses des Cornelius T***, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 26. Juni 1987, GZ 1 b R 97/87-52, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 21. Mai 1987, GZ 1 Nc 1/86-48, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Vorarlberger Rechtsanwaltskammer stellte mit dem am 7. Jänner 1986 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz den Antrag auf Einleitung des Verfahrens gegen Cornelius T*** wegen Winkelschreiberei, da T*** 34 Grundbuchssachen verfaßt und eingereicht habe. Cornelius T*** mache es zu seinem Geschäftsbetrieb, Rechtsurkunden - ohne hiezu befugt zu sein - zu verfassen. Cornelius T*** bekannte sich der Winkelschreiberei nicht schuldig.
Mit Entscheidung vom 20. August 1986 stellte das Erstgericht das mit Beschluß vom 9. Jänner 1986 gegen Cornelius T*** wegen des Verdachtes der Winkelschreiberei eingeleitete Verfahren ein. Er stellte fest, der Beschuldigte habe insgesamt fünf Grundbuchseingaben (TZ 5740/85, 6908/85, 6984/85, 7699/85 und 9280/85) innerhalb eines halben Jahres verfaßt. Zwei Eingaben seien unentgeltlich erfolgt und hinsichtlich der weiteren drei sei es zweifelhaft, ob der Beschuldigte hiefür ein Entgelt bezogen habe. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß aus den drei Grundbuchseingaben, hinsichtlich derer zweifelhaft sei, ob der Beschuldigte hiefür ein Entgelt bezogen hat, noch nicht auf eine gewinnsüchtige Absicht des Beschuldigten geschlossen werden könne; dies auch unter Bedachtnahme darauf, daß Cornelius T*** im Jahre 1983 als Winkelschreiber verurteilt worden sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Ein Rechtskraftvorbehalt wurde nicht beigesetzt. Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes von Cornelius T*** erhobene Rekurs wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 28. Oktober 1986, 2 Ob 675/86, als unzulässig zurückgewiesen. Am 30. September 1986 brachte der Präsident des Landesgerichtes Feldkirch dem Vorsteher des Bezirksgerichtes Feldkirch Schriftstücke zur Kenntnis, aus denen sich der Verdacht ergebe, daß Cornelius T*** sich weiterhin als Winkelschreiber betätige. Das Erstgericht hat diesbezüglich das Verfahren zu 1 Nc 44/86 geführt und auch den Beschuldigten hiezu vernommen. Eine Verständigung des im Verfahren 1 Nc 44/86 nicht ausgewiesenen nunmehrigen Vertreters Dr. H*** erfolgte nicht.
Im zweiten Rechtsgang bezog das Erstgericht das Verfahren 1 Nc 44/86 in das Verfahren 1 Nc 1/86 ein und erkannte Cornelius T*** für schuldig, sich, ohne hiezu berechtigt zu sein, "es im Jahre 1985 zumindest in fünf verschiedenen Fällen zu seinem Geschäftsbetrieb gemacht zu haben, für fremde Parteien in gewinnsüchtiger Absicht Grundbuchsgesuche zu verfassen". Er habe hiedurch das Vergehen nach § 1 b der JWV vom 8. Juni 1857/114 betreffend die Behandlung von Winkelschreiberei begangen und es werde über ihn gemäß § 3 dieser Verordnung eine Geldstrafe in Höhe von 13.000 S verhängt. Das Erstgericht übernahm die im Verfahren 1 Nc 1/86 im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen über die Tätigkeit des Cornelius T*** als Winkelschreiber im Jahre 1985, wonach er zumindest die fünf Grundbuchsgesuche TZ 5740/85, TZ 6908/85, TZ 6984/85, TZ 7699/85 und TZ 9280/85 für fremde Personen verfaßt habe. Hinsichtlich der Fakten im Verfahren 1 Nc 44/86 stellte es fest, es sei kein sicherer Beweis dafür erbracht worden, daß der Kaufvertrag vom 12. August 1986 und der Dienstbarkeitsvertrag von Cornelius T*** verfaßt worden seien. Die Vereinbarung vom 18. August 1986 sei von Cornelius T*** selbst verfaßt worden, er habe weiters zugegeben, daß er die Kaufabrede selbst geschrieben habe. Das Gericht müsse davon ausgehen, daß Cornelius T*** auch diese Kaufabrede nicht nur geschrieben, sondern auch selbst verfaßt habe.
Zur Rechtsfrage vertrat das Erstgericht die Ansicht, insgesamt ergebe sich, daß Conelius T*** sieben Grundbuchseingaben verfaßt habe. Eine solche Anzahl rechtfertige im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Winkelschreiber den Schluß, daß Cornelius T*** in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt habe, wenn auch nicht sicher bewiesen werden konnte, daß er dafür ein Entgelt erhalten habe. Hinsichtlich der Geldstrafe stellte das Erstgericht fest, daß Cornelius T*** ein monatliches Nettoeinkommen von über 16.000 S habe. Es treffe ihn offensichtlich auch keine besondere Sorgepflicht für seine Ehegattin, die ein eigenes Realitätenbüro betreibe. Die Geldstrafe von 13.000 S erscheine daher angemessen. Infolge Rekurses des Cornelius T*** änderte das Gericht zweiter Instanz den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß Cornelius T***, Rechtspfleger i.P., 6710 Nenzing, Am Rain 8, in den Monaten August und September 1985, ohne von der zuständigen Behörde dazu berechtigt zu sein, es zu seinem Geschäftsbetrieb gemacht habe, in gewinnsüchtiger Absicht Rechtsurkunden und gerichtliche Eingaben in Grundbuchsachen für Parteien zu verfassen und als deren Bevollmächtigter bei Gericht zu überreichen (TZ 6908, 6984 und 7694, alle Bezirksgericht Feldkirch).
Er habe hiedurch die Übertretung der Winkelschreiberei nach § 1 b der Verordnung des Justizministeriums vom 8. Juni 1857, RGBl. Nr. 114, betreffend die Behandlung der Winkelschreiber, begangen. Gemäß § 3 dieser Verordnung werde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen verhängt. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, verneinte das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes sowie eines Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens und billigte im Ergebnis auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes hinsichtlich des Schuldspruches. Mit Rücksicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Cornelius T*** sowie dessen Sorgepflichten erachtete es eine Geldstrafe von 10.000 S für angemessen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Cornelius T*** mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Einstellung des Verfahrens wegen Verdachtes der Winkelschreiberei; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und überdies angeregt, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung des Art. IV Z 5 EGZPO, der Bestimmungen der JMV vom 8. Juni 1857, RGBl. 114, betreffend die Behandlung der Winkelschreiber, sowie des Art. IX Abs 1 Z 4 EGVG auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu beantragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung (EvBl 1965/368, AnwBl. 1975, 451, 2 Ob 675/86 ua) gelten im Verfahren wegen Winkelschreiberei für Rekurse gegen Beschlüsse jeder Art die Bestimmungen der §§ 514 bis 528 ZPO.
Gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig, soweit dadurch der angefochtene erstgerichtliche Beschluß bestätigt worden ist (§ 502 Abs 3 ZPO). Durch das Klammerzitat des § 502 Abs 3 ZPO wird klargestellt, daß nunmehr auch der nur teilweise bestätigende Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz in seinem bestätigenden Teil keiner Anfechtung unterliegt (SZ 56/165, ÖBl 1985, 23 ua). Unabhängig vom Wert des Streitgegenstandes ist damit im Umfang jeder, auch nur einer teilweise bestätigenden Entscheidung des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs ausgeschlossen (SZ 56/165 ua). Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes im Schuldausspruch und hinsichtlich der Verhängung einer Geldstrafe von 10.000 S bestätigt und nur hinsichtlich der darüber hinaus verhängten Geldstrafe von 3.000 S abgeändert hat, war der nur gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Cornelius T*** unzulässig; daran vermochte auch der für den Obersten Gerichtshof nicht bindende Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses (§§ 526 Abs 3, 500 Abs 3 ZPO) nichts zu ändern. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E13931European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00631.87.0427.000Dokumentnummer
JJT_19880427_OGH0002_0020OB00631_8700000_000