TE OGH 1988/4/27 8Ob57/87

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Veröffentlicht am 27.04.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Ulrike U***, Hausfrau, Tiergartenstraße 35 e, 6020 Innsbruck, 2) mj. Doris U***, geboren am 20. Mai 1981, ebendort wohnhaft, und

3) Thomas U***, Schüler, An-der-Lan-Straße 18, 6020 Innsbruck, alle vertreten durch Dr. Robert Schuler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien

1) I*** U*** UND S***,

Tegetthoffstraße 7, 1011 Wien, 2) Brigitte N***, Unternehmerin, Kranebitter Alle 97, 6020 Innsbruck, und 3) Friedrich S***, Kraftfahrer, Versuchsfeld 1, 6074 Rinn, alle vertreten durch Dr. Heinz Bauer und Dr. Harald E. Hummel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 1) Zahlung von S 1,025.687,05 s.A., Leistung einer monatlichen Rente von S 11.794,20 vom 1. November 1983 bis 15. Dezember 2013 und Feststellung (S 61.000,--), 2) Zahlung von S 36.217,23 s.A. und Feststellung (S 61.000,--) und 3) Zahlung von S 36.217,23 s.A. und Feststellung (S 61.000,--), Revisionsstreitwert S 379.039,76, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7. November 1986, GZ 6 R 131/86-30, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Dezember 1985, GZ 5 Cg 619/83-23, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird im Umfang des Abspruches über das Kapitalbegehren der Erstklägerin gegenüber allen drei Beklagten und über das Rentenbegehren der Erstklägerin gegenüber dem Drittbeklagten bestätigt.

Im Umfang der Stattgebung des Rentenbegehrens der Erstklägerin gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten mit einem Betrag von monatlich S 5.966,-- und der die Erstklägerin betreffenden Kostenentscheidungen werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

Günther U***, der Ehegatte der Erstklägerin und Vater der Zweitklägerin und des Drittklägers, wurde am 13. Juli 1981 in Innsbruck bei einem vom Drittbeklagten als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen T 20.394 verschuldeten Verkehrsunfall getötet. Die Zweitbeklagte ist der Halter, die Erstbeklagte der Haftpflichtversicherer dieses LKW. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten gegenüber den Klägern ist dem Grunde nach unbestritten. Im vorliegenden Rechtsstreit machten die Kläger Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall geltend. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr ein Anspruch der Erstklägerin auf Ersatz von Unterhaltsentgang im Sinne des § 1327 ABGB. Aus diesem Rechtsgrund begehrte die Erstklägerin die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 325.729,80 s.A. (Unterhaltsentgang für die Zeit vom 13. Juli 1981 bis 31. Oktober 1983) und zur Zahlung einer monatlichen Rente von S 11.794,20 ab 1. November 1983 bis 15. Dezember 2013, wobei die Zahlungsverpflichtung der Erst- und der Zweitbeklagten in Ansehung dieser Rente beschränkt sei mit der Deckungssumme und der Hinlänglichkeit des zum Unfallszeitpunkt hinsichtlich des LKW mit dem Kennzeichen T 20.394 zwischen der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages. Die Erstklägerin brachte dazu im wesentlichen vor, daß ihr infolge des Todes ihres Ehegatten unter Berücksichtigung der von ihm an sie erbrachten Unterhaltsleistungen, der gleichbleibenden fixen Kosten des Haushaltes und der ihr zukommenden Witwenpension vom Unfall bis zum 31. Dezember 1981 ein monatlicher Unterhaltsentgang von S 12.046,80 und seither ein solcher von S 11.794,20 entstanden sei. Die Beklagten bestritten den von der Erstklägerin behaupteten Unterhaltsentgang.

Das Erstgericht sprach der Erstklägerin aus dem Titel des Unterhaltsentganges den verlangten Kapitalbetrag von S 325.729,80 s.A. und ab dem 1. November 1983 bis 15. Dezember 2013 die verlangte monatliche Rente von S 11.794,20 zu, wobei es die Zahlungsverpflichtung der Erst- und der Zweitbeklagten hinsichtlich dieser Rentenleistung entsprechend dem Urteilsantrag der Erstklägerin mit der Deckungssumme und der Hinlänglichkeit des zum Unfallszeitpunkt hinsichtlich des LKW mit dem Kennzeichen T 20.394 zwischen der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages beschränkte.

Dazu stellte das Erstgericht im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Günther U*** bewohnte mit der Erstklägerin und der Zweitklägerin eine ihm gehörende Eigentumswohnung, deren Anschaffung er teilweise durch Darlehen finanziert hatte und die nach seinem Tod im Rahmen eines Erübereinkommens in das Alleineigentum der Erstklägerin überging. Zum Zeitpunkt des Todes des Günther U*** hafteten Darlehen in Höhe von insgesamt S 632.153,01 aus. An Rückzahlungsraten mußten halbjährlich je S 34.000,-- und S 1.800,--, monatlich somit S 5.966,66, bezahlt werden. Diese Rückzahlungen leistete Günther U*** aus seinem Einkommen; die Erstklägerin bezog selbst keine Einkünfte. Günther U*** war Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Firma C*** GmbH. Er bezog dafür ein Geschäftsführergehalt von monatlich durchschnittlich S 18.750,-- netto. Darüber hinaus war er als Lagerhalter der Firma Vinzenz W*** angestellt und bezog daraus ein durchschnittliches Monatseinkommen von S 11.303,--. In der Zeit vom 1. Jänner 1981 bis zum Todestag des Günther U*** erzielte die Firma C*** GmbH einen Gewinn von S 141.000,--. Dieser Gewinn entsprach auch den in früheren Jahren erzielten Gewinnen. Er ist um die Körperschafts- und Einkommenssteuer zu kürzen. Nach Abzug dieser Steuern verbleiben 30 %. Daraus errechnet sich ein monatlicher Gewinn nach Abzug der Unkosten und Steuern von monatlich S 6.500,--. Aus dem Gewinn dieses Unternehmens wurden für Günther U*** Versicherungsprämien von monatlich S 4.295,-- bezahlt. Er entnahm aus den Einkünften dieses Unternehmens im Todesjahr monatlich weitere S 12.815,--, die aber nur teilweise durch den bereits erwähnten wirtschaftlichen Gewinn abgedeckt waren. Die Fixkosten der Familie des Verstorbenen für Betriebskosten der Wohnung, Telefon, Strom und Rundfunk betrugen monatlich S 3.530,--. Günther U*** war für den am 10. Oktober 1966 geborenen Drittkläger, einen Sohn aus erster Ehe, der bei seiner Mutter wohnte, unterhaltspflichtig.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die regelmäßigen monatlichen Aufwendungen für die Eigentumswohnung, auch zum Zweck der Abstattung des Kaufpreises, Unterhaltscharakter hätten, da die Eigentumswohnung dem Wohnbedürfnis der Familie des Getöteten, somit auch der Erstklägerin und der Zweitklägerin, gedient habe. Diese Aufwendungen seien bei der Berechnung des der Erstklägerin entgangenen Unterhalts zu berücksichtigen. Bei diesem sei von einem monatlichen Nettoeinkommen des Getöteten von S 32.258,-- auszugehen. Hievon seien die Fixkosten von S 3.530,-- und die Darlehensrückzahlung von S 5.966,-- abzuziehen, sodaß sich ein Konsumanteil von S 22.762,-- ergebe. Der Anteil der Erstklägerin an diesem Einkommen sei unter Berücksichtigung der Sorgepflicht für zwei Kinder mit 35 % anzusetzen. Auf die Erstklägerin entfalle damit ein Konsumanteil von S 7.966,70, zu dem die Fixkosten von S 3.530,-- und S 5.966,-- wieder hinzuzurechnen seien, was einen monatlichen Betrag von S 17.462,70 ergebe. Dieser Betrag sei um die Witwenpension der Erstklägerin zu kürzen, sodaß sich für die Zeit bis 31. Dezember 1981 ein Differenzbetrag von S 12.604,50 und ab 1. Jänner 1982 ein Differenzbetrag von S 12.321,90 ergebe. Beide Beträge lägen geringfügig über dem von der Erstklägerin begehrten Unterhaltsentgang.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde in Ansehung eines Teiles des der Erstklägerin zugesprochenen Unterhaltsentganges von den Beklagten mit Berufung bekämpft.

Diesem Rechtsmittel gab das Berufungsgericht mit dem

angefochtenen Urteil keine Folge.

Es stellte zusätzlich fest, daß Günther U*** sehr

bescheiden lebte. Die meisten Ausgaben für ihn (wie etwa die Anschaffung von Kleidung und den Einkauf des Essens) besorgte die Erstklägerin. Vor dem Tod des Günther U*** wurde ein beträchtlicher Teil seines Einkommens für Anschaffungen für die Wohnung verwendet. Zum Zeitpunkt seines Todes waren noch nicht alle diesbezüglichen Rechnungen bezahlt.

Rechtlich führte das Berufungsgericht, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes und den von ihm getroffenen zusätzlichen Feststellungen, im wesentlichen aus, Rückzahlungsraten für eine Eigentumswohnung, die der Befriedigung der Wohnbedürfnisse der Familienmitglieder diene, seien Unterhaltsleistungen, die nach § 1327 ABGB zu ersetzen seien. Auch die Bildung von Rücklagen zugunsten von Familienmitgliedern sei als Unterhaltsleistung zu betrachten. Die Anschaffung von Realwerten und die Tilgungsraten hiezu könnten Rücklagenbildungen zur Versorgung von Familienmitgliedern sein, weshalb es nicht darauf ankomme, ob sie der Befriedigung der Wohnungsbedürfnisse der Familienmitglieder dienten. Der Erstklägerin stehe daher der Ersatz der Rückzahlungsraten für die Eigentumswohnung zu.

Allerdings könnten die Rückzahlungsraten nur bis zur Abzahlung der Darlehensschuld Berücksichtigung finden. Die Beklagten hätten jedoch in erster Instanz keine Einwendungen in der Richtung gemacht, wann hier eine Änderung der Verhältnisse durch Wegfall der Rückzahlungsraten eintreten werde. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, daß der Wegfall der Rückzahlungsraten nicht einfach dazu führen würde, daß vom Rentenanspruch der Erstklägerin ein Betrag von S 5.966,-- abzuziehen wäre. Die Rückzahlungsraten müßten in Übernahme der Berechnungsmethode des Erstgerichtes auch bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Konsumanteil außer Betracht bleiben. Dies führe letztlich dazu, daß der Minderbetrag durch Wegfall der Rückzahlungsraten sich mit lediglich S 3.350,20 monatlich auswirke. Hiebei hätte auch der Umstand Berücksichtigung zu finden, daß beim Wegfall der Rückzahlungsraten anzunehmen sei, daß der Verstorbene die Unterhaltsleistungen für seine Familie im Hinblick auf den Wegfall dieser laufenden Ausgabe entsprechend erhöht hätte. Der Wegfall der Rückzahlungsraten hätte im Hinblick auf den sparsamen Lebenswandel des Günther U*** dazu geführt, daß er den weitaus überwiegenden Teil seines freiwerdenden Einkommens der Familie gewidmet hätte.

Im übrigen seien künftige Entwicklungen nur insoweit zu berücksichtigen, als für ihren Eintritt hinlängliche Anhaltspunkte vorhanden seien. Dies gelte insbesondere für die in der Berechnung des Erstgerichtes enthaltenen Fixkosten, wie sie sich bis zu dem Zeitpunkt und ab dem Zeitpunkt entwickeln würden, ab dem die Rückzahlungsraten wegfielen. Das Erstgericht habe daher mit Recht auf die Änderung der künftigen Entwicklung zum Zeitpunkt des Wegfalles der Rückzahlungsraten noch nicht Bedacht genommen. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen es aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß im (die Erstklägerin betreffenden) Leistungszuspruch ein Betrag von S 164.263,76 sowie ein über S 5.798,20 hinausgehender Rentenzuspruch, sohin S 5.966,-- pro Monat beginnend mit 1. November 1983 abgewiesen wird".

Die Erstklägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nur teilweise berechtigt. Die Beklagten wenden sich in ihrer Rechtsrüge zu Unrecht gegen die Berücksichtigung der monatlichen Darlehensrückzahlungen von S 5.966,-- im Rahmen der fixen Haushaltskosten bei Ermittlung des Unterhaltsentganges der Erstklägerin.

Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (2 Ob 273/69; ZVR 1971/102; MietSlg. 27.237 ua) den Standpunkt, daß es im Ergebnis gleichgültig ist, ob für eine Wohnung Mietzins oder eine langfristige Kostenabstattung geleistet werden muß. Wenn der Getötete das angemessene Wohnbedürfnis seiner Familie durch den Erwerb einer Eigentumswohnung befriedigte, sind daher auch die zur Anschaffung der Eigentumswohnung zu leistenden Annuitäten als fixe Haushaltskosten zu berücksichtigen. Davon abzugehen bieten die Revisionsausführungen keinen Anlaß. Bereits in der in ZVR 1971/102 veröffentlichten Entscheidung, auf deren ausführliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, wurde dargelegt, daß die mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung notwendigerweise verbundene Vermögensbildung der Berücksichtigung der für die Anschaffung zu leistenden Annuitäten im Rahmen der fixen Haushaltskosten bei Ermittlung des Unterhaltsentganges der Hinterbliebenen im Sinne des § 1327 ABGB nicht entgegensteht. Daß im vorliegenden Fall die vom Getöteten für die angeschaffte Eigentumswohnung aufgewendeten Kosten den für die Deckung des angemessenen Wohnbedürfnisses seiner Familie erforderlichen Aufwand überstiegen hätten, wurde nicht einmal behauptet. Es begegnet auch keinen Bedenken, die in den für die Anschaffung der Eigentumswohnung zu leistenden Annuitäten gelegenen fixen Haushaltskosten zur Gänze bei Ermittlung des Unterhaltsentganges der Erstklägerin zu berücksichtigen, weil sie diese Kosten nunmehr allein zu tragen hat (8 Ob 149/79; 8 Ob 143, 144/80 ua). Zutreffend haben daher die Vorinstanzen die festgestellten monatlichen Rückzahlungsraten für die Anschaffung der Eigentumswohnung bei Ermittlung des Unterhaltsentganges der Erstklägerin im Rahmen der fixen Haushaltskosten berücksichtigt.

Wenn die Beklagten in ihrer Rechtsrüge weiter darzutun versuchen, daß diese fixen Haushaltskosten für die Ermittlung der Höhe der der Erstklägerin gebührenden Unterhaltsentgangsrente jedenfalls ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu berücksichtigen seien, in dem die für die Anschaffung der Eigentumswohnung eingegangenen Verbindlichkeiten vollständig gedeckt seien, ist ihnen zu entgegnen, daß nach Lehre und ständiger Rechtsprechung (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 24 zu § 1327; ZVR 1979/43; EFSlg. 36.233; EFSlg. 48.679 ua) bei der Bemessung von Unterhaltsentgangsrenten grundsätzlich von den gegenwärtigen Verhältnissen auszugehen ist und künftige Entwicklungen nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie schon in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt mit Sicherheit oder zumindest mit entsprechender Wahrscheinlichkeit überblickt werden können. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten im Verfahren erster Instanz keinerlei Behauptungen darüber aufgestellt, wann der Getötete bei normalem Verlauf der Dinge die für die Anschaffung der Eigentumswohnung eingegangenen Verbindlichkeiten zur Gänze erfüllt hätte (aus der Höhe der aushaftenden Verbindlichkeiten im Zeitpunkt seines Todes und der Höhe der von ihm geleisteten Rückzahlungen läßt sich dies keinesfalls mit Sicherheit ableiten) und welchen Einfluß dies auf die Alimentierung der Erstklägerin gehabt hätte. Es handelt sich hier im Sinne obiger Rechtsausführungen um künftige Entwicklungen, die durchaus noch nicht mit Sicherheit überblickt werden können. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen bei der Ermittlung des Unterhaltsentganges der Erstklägerin darauf nicht Bedacht genommen; es wird vielmehr Sache der Beklagten sein, gegebenenfalls unter Aufstellung entsprechender Tatsachenbehauptungen eine entsprechende Herabsetzung der der Erstklägerin zugesprochenen Unterhaltsentgangsrente anzustreben (siehe dazu Reischauer aaO Rz 26 zu § 1327 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Das angefochtene Urteil war daher im Umfang des Abspruches über das Kapitalbegehren der Erstklägerin gegenüber allen drei Beklagten und über das Rentenbegehren der Erstklägerin gegenüber dem Drittbeklagten zu bestätigen.

Im Umfang der Stattgebung des Rentenbegehrens der Erstklägerin gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten mußte es hingegen, soweit es von den Beklagten angefochten wurde - also im Umfang des Zuspruches von monatlichen Beträgen von S 5.966,-- -, ebenso wie die Entscheidung des Erstgerichtes aufgehoben werden.

Die Erstklägerin begehrte die Verurteilung der Erst- und der Zweitbeklagten zur Zahlung der von ihr verlangten Rente unter Beschränkung der Zahlungsverpflichtung dieser beiden Beklagten "mit der Deckungssumme und der Hinlänglichkeit des zum Unfallszeitpunkt hinsichtlich des LKW mit dem Kennzeichen T 20.394 zwischen der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages"; in dieser Form haben beide Vorinstanzen dem gegen die Erst- und die Zweitbeklagte gerichteten Rentenbegehren stattgegeben.

Dazu ist zunächst auszuführen, daß nach allgemeinen Beweislastregeln jede Partei verpflichtet ist, die ihr günstigen rechtlich erheblichen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen. Es hat daher auch grundsätzlich der beklagte Haftpflichtige die für ihn günstigen Tatsachen, aus denen sich eine Beschränkung seiner Haftung ergibt, zu behaupten und zu beweisen. Derartige Tatsachenbehauptungen haben die Erst- und die Zweitbeklagte in Ansehung der von der Erstklägerin verlangten Rente in Bezug auf eine bestimmte Beschränkung ihrer Haftung bisher nicht aufgestellt. Dies hindert die Erstklägerin nicht, selbst einer allfälligen Haftungsbeschränkung der Haftpflichtigen in ihrem Klagebegehren entsprechend Rechnung zu tragen und ihren Schadenersatzanspruch entsprechend zu kürzen, um einer teilweisen Klagsabweisung auf Grund von Einwendungen der beklagten Haftpflichtigen vorzubeugen. Der von der Erstklägerin dem gegen die Erst- und die Zweitbeklagte gerichteten Rentenbegehren beigefügten Beschränkung (Einschränkung ihrer Zahlungsverpflichtung mit der Deckungssumme und der Hinlänglichkeit des Haftpflichtversicherungsvertrages über den LKW der Zweitbeklagten) kann daher nicht jede Behauptung für das Klagebegehren abgesprochen werden; allerdings macht sie in Wahrheit das Rentenbegehren unbestimmt.

Bei dem Erfordernis der Bestimmtheit des Klagebegehrens als Voraussetzung für einen tauglichen Exekutionstitel handelt es sich um eine prozessuale Klagsvoraussetzung, deren Vorhandensein von Amts wegen auch noch im Rechtsmittelverfahren zu prüfen ist. Bei einer Leistungsklage muß das Begehren gemäß § 226 ZPO bestimmt bezeichnen, welche Leistung begehrt wird. Mit dem auf Leistung eines ziffernmäßig bestimmten Betrages unter Beschränkung der Zahlungsverpflichtung der Leistungspflichtigen im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages gerichteten Begehren wird der Leistungsgegenstand nicht bestimmt bezeichnet, weil damit nicht der geforderte volle Betrag, sondern unter Umständen ein Weniger, nämlich ein durch das Zulangen der vertraglichen Versicherungssumme begrenzter Betrag, begehrt wird, wobei diese Beschränkung nicht für eine Zwangsvollstreckung hinreichend bestimmt ist und somit den zu schaffenden Exekutionstitel unbestimmt und unvollstreckbar macht. Die Unbestimmtheit oder Undeutlichkeit des Begehrens rechtfertigt nicht die sofortige Klagsabweisung; der Richter hat vielmehr in Erfüllung seiner Prozeßleitungspflicht nach § 182 ZPO auch einen anwaltlich vertretenen Kläger zu einer Präzisierung seines Klagebegehrens aufzufordern. Pflicht des Gerichtes ist es aber nur, auf die Behebung des mangelhaften Urteilsbegehrens hinzuwirken und dem Kläger die Verbesserung seines Begehrens aufzutragen. Sache des anwaltlich vertretenen Klägers ist es, dem Klagebegehren eine entsprechende bestimmte Form zu geben (ZVR 1987/93 mwN uva).

Unter diesen Umständen mußten im Umfang der Stattgebung des gegen die Erst- und die Zweitbeklagte gerichteten Rentenbegehrens, soweit sie in der Revision angefochten wurde, im Sinne des § 510 Abs 1 ZPO die Urteile beider Vorinstanzen aufgehoben werden. In diesem Umfang war die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Das Erstgericht wird der Erstklägerin Gelegenheit zu geben haben, im Sinne obiger Ausführungen auch gegen die Erst- und die Zweitbeklagte ein ziffernmäßig bestimmtes Rentenbegehren zu stellen, wozu bereits ausreichen würde, daß die Erstklägerin die bisherige Einschränkung bezüglich der Zahlungsverpflichtung der Erst- und der Zweitbeklagten fallen läßt. Sollten sich die Erst- und die Zweitbeklagte auf eine Beschränkung der sie treffenden Verpflichtung zur Leistung der verlangten Rente an die Erstklägerin berufen, dann wird es ihre Sache sein, die entsprechenden Tatsachen zu behaupten und im Fall ihrer Bestreitung unter Beweis zu stellen. Gewiß steht es der Erstklägerin frei, einem solchen Einwand durch eine entsprechende Einschränkung ihres Rentenbegehrens Rechnung zu tragen. Dies kann aber nur in der Form erfolgen, daß sie nach wie vor ein bestimmtes Leistungsbegehren stellt; ein unbestimmtes Leistungsbegehren, das trotz Erfüllung der Prozeßleitungspflicht des Gerichtes nicht präzisiert wird, müßte letztlich erfolglos bleiben. Es war daher in teilweiser Stattgebung der Revision der Beklagten wie im Spruch zu entscheiden.

Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 und Abs 2 ZPO.

Anmerkung

E13854

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00057.87.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19880427_OGH0002_0080OB00057_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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