TE OGH 1988/5/3 15Os45/88

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Veröffentlicht am 03.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hermann Z*** und Gerald G*** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (unter Ausnützung einer Amtsstellung im Sinn des § 313 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16.Juni 1987, GZ 4 b Vr 8954/85-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufungen wird der Akt an das Oberlandesgericht Wien übermittelt (§ 285 i StPO nF).

Text

Gründe:

Mit dem (auch Teilfreisprüche enthaltenden) angefochtenen Urteil wurden Hermann Z*** und Gerald G*** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (unter Ausnützung einer Amtsstellung im Sinn des § 313 StGB) schuldig erkannt. Darnach haben sie am 15.Mai 1985 in Wien als Sicherheitswachebeamte im bewußten und gewollten Zusammenwirken Leo Q*** vorsätzlich am Körper derart verletzt, daß die Tat bei dem Genannten schwere multiple Prellungen des Brustkorbes, der Oberarme, des linken Unterarmes und des Rückens zur Folge hatte, indem Z*** ihm mehrere Schläge mit dem Gummiknüppel gegen die Arme, den Brustkorb und den Rücken versetzte sowie G*** zumindest dabeistand und die Mißhandlungen zuließ (§ 2 StGB).

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten, in einer gemeinsamen Rechtsmittelschrift ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten gegen dieses Urteil lassen eine prozeßordnungsgemäße Darstellung der geltend gemachten Gründe vermissen. Der Konstatierung des der Tat vorangegangenen Geschehens dahin, daß Q*** vom Angeklagten Z*** festgenommen wurde, vorerst mit den Angeklagten ein Stück mitging und ihnen erst dann einen Stoß versetzte (US 6, 8), halten beide Beschwerdeführer mit der Mängelrüge (Z 5) entgegen, es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß ein Festgenommener in Anwesenheit eines einzigen Beamten "lammfromm" sei und erst im Beisein eines zweiten, wobei ihm seine Unterlegenheit völlig klar sein müsse, renitent werde.

Jener Einwand geht aber schon deswegen ins Leere, weil das Erstgericht mit den bemängelten Urteilspassagen gar nicht festgestellt hat, daß die in Rede stehende Verhaftung "bei Anwesenheit" bloß eines einzigen Beamten vorgenommen wurde, sondern lediglich klarstellte, daß es (ohnedies in Anwesenheit beider Angeklagten) Z*** war, der die Festnahme aussprach. Im Bestreben, eine Rechtfertigung seines späteren Tatverhaltens daraus abzuleiten, daß er dabei in Ausübung einer "Dienst- und Standespflicht" (ersichtlich gemeint nur: seiner Dienstpflicht) gehandelt habe, hinwieder stellt der Angeklagte Z*** ausschließlich darauf ab, daß Q*** äußerst renitent war und daß sich - womit er im Ergebnis einen dahingehenden Feststellungsmangel moniert - eine Aufforderung, dieses Verhalten einzustellen, als wirkungslos erwiesen habe; außerdem habe er zur Tatzeit (gemeint wohl: zumindest) berechtigterweise die Meinung vertreten können, daß die Verwendung des Gummiknüppels gerechtfertigt sei, sodaß er die "subjektive Tatseite" des ihm angelasteten Vergehens nicht verwirklicht habe (Z 9 lit a, inhaltlich indessen durchwegs lit b). Auch dabei geht er indessen nicht von dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt aus, indem er alle jene entscheidungswesentlichen Feststellungen übergeht, wonach der Angeklagte G*** und er dem wesentlich älteren Festgenommenen, der sich zudem in einem reduzierten Allgemeinzustand befand, körperlich bei weitem überlegen waren; wonach er den Waffengebrauch vorher nicht androhte; wonach er auf Q*** selbst dann noch mit dem Gummiknüppel einschlug, als sich der Genannte, in gebückter Haltung im Gebüsch hockend und die Arme vor den Kopf haltend, also in auswegloser Situation, nur mehr vor den Schlägen zu schützen suchte; und wonach beide Angeklagten deshalb nicht von der ihnen durch ihre physische Überlegenheit gebotenen Möglichkeit, den ihnen vorerst Entkommenen durch die Anwendung ihrer Körperkraft zu überwältigen, Gebrauch machten, sondern Z*** ihn wie dargestellt mit Verletzungsvorsatz traktierte, während es G*** mit dem gleichen Ziel unterließ, dagegen einzuschreiten, weil sie ihn aus Zorn über sein Verhalten gleichsam dafür bestrafen und züchtigen wollten (US 6 bis 11).

Mit diesen Ausführungen bringt er daher den nunmehr geltend gemachten Nichtigkeitsgrund, der nur durch einen Vergleich des gesamten maßgebenden Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten materiellen Recht prozeßordnungsgemäß aufgezeigt werden kann, nicht zu einer dem Gesetz entsprechenden Darstellung.

Demnach sei nur der Vollständigkeit halber klargestellt, daß bei dem festgestellten tatsächlichen Geschehensablauf von einem nach § 4 WaffGebrG gerechtfertigten Waffengebrauch (Z 9 lit b) schon mangels dessen vorheriger Androhung, jedenfalls aber im Hinblick auf die den Angeklagten geboten gewesene Möglichkeit, den renitenten Festgenommenen nach dessen Flucht durch die Anwendung von Körperkraft unter Kontrolle zu halten, keine Rede sein kann; daß die festgestellte Vorsätzlichkeit der Verletzung des Tatopfers, also die Verwirklichung der subjektiven Tatseite des § 83 Abs 1 StGB (Z 9 lit a), durch die (behauptete) Annahme einer Rechtfertigung des Waffengebrauchs gar nicht berührt würde; und daß insoweit auch eine (darnach im Ergebnis reklamierte) Entschuldigung (Z 9 lit b) wegen eines darauf bezogenen Rechtsirrtums (§ 9 Abs 1 StGB) nicht in Betracht kommt, weil letzterer dem Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage mit Rücksicht auf seine berufliche Ausbildung auf jeden Fall vorzuwerfen wäre (§ 9 Abs 2 StGB).

Ebenso setzt sich der Angeklagte G*** mit seinem Standpunkt, er habe weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand des in Rede stehenden Vergehens verwirklicht (Z 9 lit a), weil er erst nach der Beendigung des Waffengebrauchs durch Z*** unmittelbar am Tatort eingetroffen sei und deshalb gar nicht mehr die Möglichkeit gehabt habe einzugreifen, und weil er überdies bei seinem Eintreffen nicht habe feststellen können, ob dieser Waffengebrauch dem Gesetz entsprochen habe oder nicht, über die gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 7 bis 12) einfach hinweg. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E14111

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00045.88.0503.000

Dokumentnummer

JJT_19880503_OGH0002_0150OS00045_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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