Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof.Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mathias W*** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mathias W*** und Johann Walter M*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht sowie über die Beschwerde des Angeklagten W*** gegen den Beschluß auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht vom 9. März 1988, GZ 8 Vr 487/87-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Gemäß § 285 i StPO werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zur Entscheidung über die Berufungen sowie über die Beschwerde des Angeklagten W*** zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die durch die Nichtigkeitsbeschwerden verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurden Mathias W*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und Johann Walter M*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie in Munderfing mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten Anna F*** unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, zahlungsfähige und zahlungswillige Käufer zu sein, darüber hinaus W*** durch die Behauptung, von der Salzburger Landesregierung einen Kredit zu erhalten, und M*** durch die Behauptung, aus einer Erbschaft 800.000 S zu erhalten, zur Ausfolgung von Tischlereimaschinen verleitet, wodurch Anna F*** einen 100.000 S (gemeint: 500.000 S) übersteigenden Schaden erlitt, und zwar
I. W*** allein am 12., 16. und 22. Februar sowie am 5.März und am 18.April 1987 (in fünf Angriffen) zur Ausfolgung von Tischlereimaschinen im Gesamtwert von 428.570,40 S sowie
II. W*** und M*** im bewußten und gewollten Zusammenwirken am
3. und 23. März sowie 1. und 18. April 1987 (in fünf Angriffen) zur Ausfolgung (weiterer) Tischlereimaschinen im Gesamtwert von 400.539,60 S.
Rechtliche Beurteilung
Die Angeklagten bekämpfen dieses Urteil mit gesondert ausgeführten, jeweils auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden und mit Berufungen; gegen den gemeinsam mit dem Urteil ergangenen Beschluß auf Widerruf einer dem Angeklagten W*** mit einem Urteil vom 21. März 1985 gewährten bedingten Strafnachsicht (§ 494 a Abs 1 Z 4, Abs 3 StPO) meldete dieser Beschwerde an (S 150), führte dieses Rechtsmittel aber nicht aus.
Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu. Die Behauptung in der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten W***, im angefochtenen Urteil seien die "Tatsachen" (einer Täuschung der Geschädigten) "nicht erwähnt", ist unzutreffend. Dazu genügt es, auf die Tatsachenfeststellungen US 6 und 7 und die ausführliche Beweiswürdigung hiezu US 9 ff zu verweisen.
Mit jenem Teil der Aussage der Zeugin F***, wonach
der Angeklagte W*** bei wiederholten früheren Geschäften immer bar bezahlt habe (S 147), mußte sich das Schöffengericht entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht befassen, denn diese Geschäfte wurden nach der Aussage der Zeugin in Jahren 1977 bis 1979 getätigt, lagen mithin rund acht Jahre und noch länger vor den nunmehrigen Tathandlungen, und stehen der Annahme, daß der Beschwerdeführer bei seiner nunmehrigen finanziellen Situation betrügerisch handelte, nicht entgegen.
Die Beschwerdebehauptung, daß der Angeklagte W*** "unverhofft" in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, läßt sich nicht einmal aus seiner eigenen Verantwortung in der Hauptverhandlung oder im Vorverfahren ableiten, in der er betont hatte, seit vielen Jahren mit hohen Schulden belastet zu sein (S 120) und hinsichtlich seiner - diese Schulden gar nicht abdeckenden - Außenstände zum wesentlichen Teil schon 1986 "umgefallen" zu sein (S 126), wozu noch kommt, daß sich das Schöffengericht mit der Behauptung, Außenstände zu haben, ohnedies beschäftigte, diese aber als völlig unglaubwürdig ablehnte (US 11).
Die weitere Beschwerdebehauptung, der Angeklagte W*** habe zum Zeitpunkt "des Kaufes" (gemeint: zu den Zeitpunkten der Käufe) "über größere Barmittel verfügen" können, ist gleichfalls weder durch seine Verantwortung noch durch sonstige Verfahrensergebnisse gedeckt. Das Schöffengericht war nicht verpflichtet, sich antizipatorisch mit einer derartigen, erst im Rechtsmittelverfahren - als unzulässige und somit unbeachtliche Neuerung erhobenen - Behauptung auseinanderzusetzen. Die Tatsache nachträglicher Zahlungen an die Geschädigte, auf die der Beschwerdeführer W*** weiters verweist, wurde vom Erstgericht keineswegs übersehen (siehe US 16). Eine beweiswürdigende Auseinandersetzung damit war aber nicht erforderlich, weil diese Zahlungen nach dem Inhalt der in der Hauptverhandlung verlesenen Anzeige (S 63 iVm S 149) erst nach wiederholten Versuchen der Geschädigten, Schadloshaltung zu erlangen, und nach der darauf erfolgten Strafanzeige geleistet wurde, somit ersichtlich nichts anderes darstellen, als eine nachträgliche teilweise Schadensgutmachung, die allein im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen ist.
Auch die Mängelrüge des Angeklagten M*** ist unberechtigt. Er übersieht bei seinen Ausführungen darüber, daß er schon gegenüber der Geschädigten sein Zahlungsversprechen vom Eingang des Realisats aus einer Erbschaft abhängig gemacht und demgemäß jene über seine (derzeitige) Zahlungsunfähigkeit nicht getäuscht habe, daß das Schöffengericht auch eine Täuschung über seine mangelnde Zahlungswilligkeit konstatierte, die es logisch und empirisch einwandfrei, daraus ableitete, daß er die Geschäfte nicht - wie er der Geschädigten gegenüber fälschlich vorgegeben hatte - abschloß, um selbst eine Tischlerei zu eröffnen, sondern um dem Mitangeklagten W*** die Verfügungsgewalt über weitere Tischlereimaschinen zum sofortigen Weiterverkauf zu ermöglichen und demgemäß bei den Tathandlungen gar nicht gewillt war, diese selbst aus der zu erwartenden Erbschaft zu bezahlen.
Gegen diese Konstatierung der mangelnden Zahlungswilligkeit vermag aber der Beschwerdeführer außer der Behauptung, es handle sich bei der Frage des Verbleibs der gekauften Maschinen um "irrelevante Begleitumstände", nichts vorzubringen. Damit ist er aber keinesfalls im Recht. Aus der sofortigen Überlassung der Maschinen an den Mitangeklagten W*** konnte das Schöffengericht sehr wohl den Schluß ableiten, daß der Angeklagte M*** von vornherein nicht gewillt war, aus einem zu erwartenden Erbschaftsrealisat, mithin aus eigenen Mitteln, zu zahlen. Steht aber bereits - mängelfrei begründet - die Tatsache der in Betrugsabsicht erfolgten Täuschung über die Zahlungswilligkeit fest, dann erübrigt es sich auf die Frage einzugehen, ob die Geschädigte vom Beschwerdeführer auch noch zusätzlich über seine Zahlungsfähigkeit getäuscht wurde.
Keiner der beiden Beschwerdeführer vermag sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a) - vom Angeklagten W*** wurden hiezu überhaupt keine gesonderten Ausführungen gemacht - darzustellen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren aus den angeführten Gründen schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).
Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen und die (bloß angemeldete) Beschwerde gegen den in sachlichem Zusammenhang mit dem Strafausspruch stehenden Widerrufsbeschluß (§ 285 i StPO iVm § 494 a Abs 5 StPO).
Anmerkung
E17857European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00062.88.0503.000Dokumentnummer
JJT_19880503_OGH0002_0150OS00062_8800000_000