TE OGH 1988/5/5 6Ob567/88

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Veröffentlicht am 05.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach der am 8. September 1980 gestorbenen Josefa R***, zuletzt Pensionistin in Wien 1., Kramergasse 9/1, infolge Revisionsrekurses der Verlassenschaft nach Ilse K***, zuletzt zahnärztliche Assistentin in Wien 12., Spittelbreitengasse 46/1/10, vertreten durch die erbserklärten Erben a) Therese M***, Pensionistin, Wien 1., Kramergasse 9, b) Johann K***, Angestellter, Wien 18., Sternwartestraße 84, c) Dr. Franz K***, öffentlicher Notar in Großgerungs, Linzerstraße 3, die beiden erstgenannten Erben vertreten durch den Drittgenannten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 25. Februar 1988, GZ 43 R 103/88-95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. Jänner 1988, GZ 7 A 694/80-91, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Eine Schwester und die Tochter einer vorverstorbenen Schwester der Erblasserin haben durch einen gemeinsamen Erbenvertreter "auf Grund des Gesetzes je zur Hälfte des gesamten Nachlasses die bedingten Erbserklärungen" abgegeben. Das Abhandlungsgericht hat diese Erklärungen zu Gericht angenommen. Die Nichte der Erblasserin ist nachverstorben. Hierauf erklärte zunächst die Schwester der Erblasserin, "im Hinblick auf das Ableben ... nunmehr auf Grund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung" abzugeben. Diese Erklärung wiederholte die Schwester der Erblasserin in einem gemeinsam mit der Verlassenschaft nach der nachverstorbenen Nichte verfaßten Eingabe, in der beide Einschreiter übereinstimmend behaupteten, die Erben nach der erbserklärten Nichte hätten in der Abhandlung deren Nachlasses erklärt, das gesetzliche Erbrecht der nachverstorbenen Nichte nach ihrer Tante nicht geltend zu machen und auf die Ausstellung einer Einantwortungsurkunde ausdrücklich zu verzichten. Daraus folgerten die Einschreiter, die Schwester der Erblasserin sei damit als alleinige Erbin berufen.

Das Abhandlungsgericht hat die Erklärungen der Verlassenschaft nach der nachverstorbenen Nichte, das gesetzliche Erbrecht nicht in Anspruch zu nehmen und auf die "Erlassung" einer Einantwortungsurkunde zu verzichten, nicht zu Gericht angenommen. Das Rekursgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Gleichzeitig hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß über die in die Rekursschrift hilfsweise aufgenommenen Erklärungen über eine von den angenommenen Erbserklärungen abweichende Quotenteilung zur Einantwortung (1/100 der Verlassenschaft nach der nachverstorbenen Nichte gegenüber 99/100 der Schwester der Erblasserin) zunächst das Gericht erster Instanz zu entscheiden haben werde. Der Oberste Gerichtshof hat den Rekurs der Verlassenschaft nach der nachverstorbenen Nichte der Erblasserin gegen die bestätigende Rekursentscheidung zurückgewiesen (6 Ob 699/86 = ON 76; auf die Sachverhaltsdarstellung in diesem Beschluß kann im übrigen verwiesen werden).

Das Abhandlungsgericht hat die in die Rekursschrift aufgenommenen neuerlichen Erbserklärungen zurückgewiesen. Dazu vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die im § 806 ABGB normierte Unwiderruflichkeit der Erbserklärung auch eine Einschränkung der in Anspruch genommenen Erbquoten, vor allen dann, wenn die Einschränkung der Quote praktisch einem Verzicht gleichkäme, unzulässig mache.

Der von der Verlassenschaft nach der nachverstorbenen Nichte erhobenen Vorstellung hat das Abhandlungsgericht nicht stattgegeben. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der von der Verlassenschaft nach der nachverstorbenen Nichte wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit und Nichtigkeit erhobene Revisionsrekurs ist mangels schlüssiger Ausführung eines der genannten Anfechtungsgründe zurückzuweisen.

Die beiden nach ihrem eigenen Vorbringen und der gesamten Aktenlage einzigen nach der gesetzlichen Erbfolgeordnung berufenen Seitenverwandten, eine Schwester und die Tochter einer vorverstorbenen Schwester der Erblasserin, haben fünf Wochen nach dem Erbfall durch einen gemeinsamen Erbenvertreter bedingte Erbserklärungen aus dem Berufungsgrund des Gesetzes zu je einer Hälfte des Nachlasses abgegeben. Die ausdrücklich in Anspruch genommenen Erbquoten entsprechen nach dem von den Erbansprechern behaupteten Zusammentreffen ihrer gesetzlichen Erbansprüche den gesetzlichen Erbanteilen.

Für die sechs Jahre nach dem Erbfall aufeinander abgestimmten Erklärungen einer Änderung der in Anspruch genommenen Erbquoten fehlt es - von der Erklärung eines (teilweisen) Abstehens von der Erbserklärung abgesehen - an jedem erkennbaren Rechtsgrund. Die Beteiligten sind offensichtlich bestrebt, das Ergebnis einer wirtschaftlichen Einigung unter Vermeidung eines unter ihnen abzuschließenden Rechtsgeschäftes bloß durch Reflexwirkung zu erreichen. In diesem Sinne sind die aufeinander abgestimmten Erklärungen als Einheit zu verstehen (und stellen damit auch eine inhaltliche Abänderung der Erklärung der Schwester der Erblasserin auf Erweiterung ihrer Erbserklärung auf den gesamten Nachlaß dar). Wesentlich ist für die Erledigung des von der Verlassenschaft nach der verstorbenen Nichte der Erblasserin ergriffenen Rechtsmittels nur die Einschränkung der bereits zu Gericht angenommenen Erbserklärung zur Hälfte des Nachlasses auf eine Quote von 1 %.

Die Vorinstanzen haben aus dem Wortlaut des § 806 ABGB, demzufolge der Erbe seine gerichtliche Erbserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die unbedingte abändern und sich die Rechtswohltat des Inventars vorbehalten kann, der Sache nach gefolgert, daß jede Änderung einer gerichtlichen Erbserklärung, die zu einer Verminderung der Erbenhaftung des Erbansprechers führen könnte, ausgeschlossen sei, daher auch eine nachträgliche Einschränkung der in Anspruch genommenen Erbquote.

Dieser tragenden Begründung der angefochtenen Entscheidung weist die Rechtsmittelwerberin keinen Verstoß gegen anerkannte Regeln der Gesetzesauslegung oder gegen die Denkgesetze nach. Die Rechtsmittelwerberin versucht, der von ihr bekämpften Auslegung des § 806 ABGB eine eigene Auslegung gegenüberzustellen, ohne schlüssig eine offenkundige Unvertretbarkeit der von den Vorinstanzen vertretenen Gesetzesauslegung darlegen zu können, zumal die Folgerung auf eine unveränderte Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern mit der Regelung des § 821 ABGB schwer vereinbar ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin hat ihre Motive für die von ihr erklärte quotenmäßige Einschränkung ihrer Erbserklärung nicht offengelegt. Der Umstand, daß die Miterben Jahre nach Abgabe ihrer Erbserklärungen zufolge besserer Übersicht über den Stand der Verlassenschaft eine von den gesetzlichen Erbquoten abweichende Quotenaufteilung als angemessener erachten, ist vom Rekursgericht ohne augenfälligen Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung, die Auslegungsregeln und die Denkgesetze nicht als triftiger Grund dafür angesehen worden, von dem aus § 806 ABGB abgeleiteten Grundsatz des Ausschlusses einer qualitativen oder quantitativen Beschränkung einer gerichtlichen Erbserklärung allenfalls eine Ausnahme zu machen. Die gerügte Aktenwidrigkeit betrifft keinen für die Begründung der angefochtenen Entscheidung erheblichen Teil des Rekursvorbringens. Worin eine Nichtigkeit gelegen sein soll, kann den Rechtsmittelausführungen nich entnommen werden.

Mangels schlüssiger Ausführung eines im § 16 Abs. 1 AußStrG genannten Anfechtungsgrundes war der Rekurs gegen die bestätigende Rekursentscheidung zurückzuweisen.

Anmerkung

E14218

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00567.88.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19880505_OGH0002_0060OB00567_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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