TE OGH 1988/5/5 6Ob551/88

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Veröffentlicht am 05.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gislinde K***, Angestellte, Währingerstraße 14/7, 1090 Wien, vertreten durch Dr. Alfred Holzberger, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Erich K***, Angestellter, Greinergasse 45/3, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge von Revisionsrekursen beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 21. Dezember 1987, GZ 43 R 742/87-64, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. September 1987, GZ 4 F 9/85-56, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes richten, zurückgewiesen. Im übrigen wird ihnen nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung:

Die am 16. September 1965 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 4. Juli 1985 aus gleichteiligem Verschulden geschieden. An diesem Tage wurde auch die eheliche Gemeinschaft aufgehoben. Der Ehe entstammen zwei bereits volljährige Söhne. Die Ehewohnung in der Ebendorferstraße 10/14, 1010 Wien, wurde von den Parteien nach der Ehescheidung verlassen.

Die Antragstellerin beantragte zuletzt - nach Einigung über die Aufteilung von Einrichtungsgegenständen - eine Ausgleichszahlung von 780.000 S.

Der Antragsgegner sprach sich gegen diesen Aufteilungsvorschlag aus und begehrte seinerseits eine Ausgleichszahlung von 100.000 S. Das Erstgericht hat 1) die Einrichtung der Ehewohnung in der Ebendorferstraße 10/14, 1010 Wien, und des Hauses in Wolfsgraben, Himmelallee 12, mit Ausnahme bestimmter näher bezeichneter Gegenstände, die der Antragstellerin überlassen wurden, dem Antragsgegner ins Eigentum zugewiesen und 2) den Antragsgegner zu einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin in Höhe von 200.000 S binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Beschlusses verhalten. Es traf nachstehende Feststellungen:

Die Antragstellerin war im Zeitpunkt der Eheschließung als Grafikerin angestellt. Bis Oktober 1965 bezog sie ein monatliches Nettogehalt von 2.174 S und ab November 1965 bis Juni 1966 als Halbtagsbeschäftigte ein solches von 1.307 S. Nach der Geburt des ersten Sohnes erhielt sie vom 31. Mai bis 5. September 1966 ein Wochengeld von 218 S. Ab April 1966 bezog die Antragstellerin bis 28. September 1967 Arbeitslosengeld und nach der Geburt des zweiten Kindes wiederum Wochengeld. 1967 und 1968 erhielt sie neuerlich Arbeitslosengeld von monatlich 500 S. Ab 1980 war sie als Grafikerin selbständig tätig und erzielte dabei 1980 ein Einkommen von 40.000 S, 1981 von 64.800 S, 1982 von 31.000 S, 1983 von 9.000 S und 1984 von 60.000 S jeweils brutto.

Anläßlich der Eheschließung erhielt die Antragstellerin Hochzeitsgeschenke und während der Dauer der Ehe von ihrem Vater auch Geldzuwendungen von 10.000 S bis 20.000 S, die für den Ausbau des Bungalows in Wolfsgraben verwendet wurden, sowie Einrichtungsgegenstände, die im Wochenendhaus Verwendung fanden. Die Antragstellerin hat ihr Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Familie verwendet und während der Ehe keine Ersparnisse angelegt. Sie ist derzeit Angestellte eines Universitätsinstitutes, verdient monatlich 8.000 S bis 9.000 S netto und ist außerdem noch als selbständige Grafikerin mit einem Bruttomonatseinkommen von 3.000 S tätig.

Der Antragsgegner verdiente im Zeitpunkt der Eheschließung als Angestellter monatlich 3.491 S brutto. Am 1. Jänner 1968 erhöhte sich sein monatliches Gehalt auf brutto 4.264 S und am 1 Jänner 1969 auf 6.750 S. 1980 wurde der Antragsgegner vom Ö*** angestellt und bezog ab 1982 ein monatliches Einkommen von 16.000 S "mehr oder weniger". Derzeit erzielt er ein monatliches Nettoeinkommen von 20.000 S. Er leistet für beide Söhne Unterhalt. Er hat ebenso wie die Antragstellerin sein Einkommen der Familie als Wirtschaftsgeld zur Verfügung gestellt. Aus dem gemeinsamen Einkommen finanzierten die Eheleute ihre Urlaube, die Anschaffung von Kraftfahrzeugen sowie den Hausbau in Wolfsgraben. Auch der Antragsgegner konnte mit Ausnahme einer Lebensversicherung und eines Bausparvertrages, der 1981 auf seinen Bruder übertragen wurde, keine Ersparnisse bilden. 1962 schenkte ihm sein Vater einen Geldbetrag von 10.000 S, mit dem der Antragsgegner einen Zwölftelanteil des Hauses am Mittersteig 16, 1050 Wien, erwarb. Diesen Hausanteil verkaufte er am 28. Juli 1967 um 186.000 S. Mit Vertrag vom 14. März 1968 kaufte der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 307 KG Wolfsgraben um 99.000 S. Den Kaufpreis finanzierte er mit dem Erlös aus dem Verkauf des Hausanteiles. Er hat die Liegenschaft demnach mit finanziellen Mitteln erworben, die allein von ihm und noch aus der Zeit vor der Eheschließung herrührten. Auf dieser Liegenschaft errichtete der Antragsgegner einen Bungalow. Er wurde dabei von seinem Vater unterstützt, der ihm Baumaterial zur Verfügung stellte. Seine Großeltern steuerten 20.000 S bei. Die Pläne für den Bungalow zeichnete sein Bruder. Die Antragstellerin hat beim Hausbau allerdings mitgeholfen und die Geldzuwendungen ihres Vaters zur Verfügung gestellt. Der maßgebliche Beitrag rührt jedoch vom Antragsgegner und dessen Familie her. Die Liegenschaft in Wolfsgraben ist 1.074 m2 groß. Das Grundstück ist derzeit 460.000 S wert. Der Wert des darauf errichteten Gebäudes ist mit 325.000 S anzunehmen, der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft beträgt daher 785.000 S.

Die vom Antragsgegner abgeschlossene Lebensversicherung hatte zum 30. Juni 1985 einen Rückkaufswert von 60.737 S. Die Sparbücher des Antragsgegners weisen nur geringfügige Einlagen auf. Die während der Ehe angelegte Gold- und Münzsammlung ist den Söhnen gewidmet und steht in deren Eigentum. Der Antragsgegner verfügte im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft über einen PKW Marke Fiat Panda mit einem Zeitwert von 38.000 S, wogegen der PKW der Antragstellerin zu ihrem Gewerbebetrieb gehört. Der gehobene Lebensstandard der Parteien während der Ehe war unter anderem deshalb finanzierbar, weil ihnen der Vater des Antragsgegners die Ehewohnung bittleihweise zur Verfügung gestellt hatte. Der Antragsgegner hat einen Schrank, ein Kanapee, zwei Fauteuils, einen Tisch, einen Auszugtisch, sechs Sessel und eine Anrichte in die Ehe mitgebracht und diese Einrichtungsgegenstände im Laufe der folgenden zwei Jahre umgetauscht. Die eingetauschten Möbel verblieben nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft im Verfügungsbereich des Antragsgegners. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, Verteilungsmasse seien Ersparnisse von 760 S, ein Bungalow im Wert von 325.000 S, der PKW des Antragsgegners im Wert von 38.000 S sowie der Rückkaufswert der Lebensversicherung im Betrag von 60.737 S. Der Wert der Gesamtaufteilungsmasse betrage daher 424.497 S. Der Wert des Grundstückes, auf dem sich der Bungalow befinde (460.000 S), sei hingegen auszuscheiden, weil das Grundstück aus Mitteln angeschafft worden sei, die der Antragsgegner bereits vor der Eheschließung erworben habe. Ebenso seien jene Einrichtungsgegenstände, die der Antragsgegner in die Ehe mitgebracht bzw. gegen Möbel ausgetauscht habe, die er in die Ehe eingebracht habe (Wert 30.300 S), nicht der Aufteilung zu unterziehen. Der PKW der Antragstellerin sei deshalb nicht in die Aufteilungsmasse einzubeziehen, weil er zu ihrem Gewerbebtrieb gehöre. Beide Streitteile seien während der Zeit aufrechter ehelicher Gemeinschaft berufstätig gewesen. Die Antragstellerin habe den Haushalt geführt und die Kinder betreut, weshalb ihr Beitrag zur Vermögensbildung trotz geringerer Einkünfte als gleichwertig anzusehen sei. Allerdings hätten Angehörige der Familie des Antragsgegners Baumaterial zur Verfügung gestellt, die Baupläne gezeichnet und den Parteien auch die Ehewohnung unentgeltlich überlassen und so zur Vermögensbildung der Parteien maßgeblich beigetragen. Es sei daher der Antragstellerin nicht ganz die Hälfte des der Aufteilung unterworfenen Vermögens zuzusprechen. Die mit 200.000 S bemessene Ausgleichszahlung sei dem Antragsgegner zumutbar, da er die erforderlichen Mittel am Kreditmarkt jederzeit auftreiben und die Liegenschaft als Sicherheit anbieten könne. Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluß und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und meinte in rechtlicher Hinsicht, nach Lehre und Rechtsprechung seien auch jene Vermögenswerte, die an die Stelle von Sachen träten, welche ein Ehegatte in die Ehe eingebracht habe und die während der ehelichen Gemeinschaft veräußert würden, sofern noch abgrenzbar, von einer Verteilung auszunehmen. Der Aufteilung unterliege nämlich nur das Vermögen, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen, zu dessen Erwerb sie also während der Ehe beigetragen hätten. Das Erstgericht habe festgestellt, jene Mittel, aus welchen das Grundstück in Wolfsgraben angeschafft worden sei, stammten zumindest ausreichend abgrenzbar aus dem Erlös jenes Hausanteiles, den der Antragsgegner in die Ehe bereits eingebracht habe. Welcher Wert diesem Hausanteil bei der Eheschließung beizumessen gewesen sei, sei unerheblich. Sei eine Sache nämlich von der Aufteilung ausgenommen, so erfasse diese Ausnahme die Sache selbst und nicht bloß den Wert, den sie zu welchem Zeitpunkt auch immer gehabt habe. Soweit die Antragstellerin argumentiere, daß das Haus in Wolfsgraben zumindest während der Sommerzeit Ehewohnung gewesen sei und schon deshalb in die Aufteilung einzubeziehen gewesen wäre, sei ihr entgegenzuhalten, daß nicht auch das Grundstück, auf welchem das Gebäude mit der Ehewohnung errichtet sei, allein schon deshalb in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sei.

Entgegen den Behauptungen des Antragsgegners habe das Erstgericht aber auch nicht festgestellt, daß das Haus ausschließlich aus dem nach dem Grunderwerb verbleibenden Überschuß des Verkaufserlöses errichtet worden sei, sondern lediglich, daß der Antragsgegner selbst daran gearbeitet habe und von seinem Vater, seinem Bruder und seinen Großeltern dabei unterstützt worden sei. Aber auch die Antragstellerin habe mitgeholfen und Geldzuwendungen ihres Vaters zur Verfügung gestellt. Wohl sei der Überschuß aus dem Verkaufserlös - "plakativ gesprochen" - in das Haus geflossen, doch könne von einer ausreichenden Abgrenzbarkeit keine Rede sein. Das Haus bzw. dessen Wert sei deshalb in die Verteilungsmasse einzubeziehen, auf die genannten Umstände sei dagegen bei der Aufteilung nach Billigkeit besonders Bedacht zu nehmen. Bezüglich des Hausrates berufe sich die Antragstellerin auf § 82 Abs. 2 EheG und meine, der Hausrat sei gleichsam als Gesamtsache zu betrachten. Entgegen dieser Ansicht sei bei jedem einzelnen Gegenstand zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 bzw. Abs. 2 EheG vorlägen. Die Antragstellerin sei zu Unrecht der Auffassung, auf die Benützung einzelner dieser Stücke zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse angewiesen zu sein. Mit Schwind sei ihr zu entgegnen, daß es heute wohl kaum vorstellbar sei, die Übertragung von Hausrat von einem auf den anderen Ehegatten wäre zur Sicherung dessen Lebensbedürfnisse unerläßlich. Dem Rekursantrag der Antragstellerin sei zu entnehmen, daß nur die geschätzten Möbel einzubeziehen seien. Diese seien aber - wie schon dargelegt - von der Aufteilung überhaupt ausgenommen. Daß die Weiterbenützung gerade dieser Gegenstände eine existentielle Frage sei, könne nicht ernsthaft angenommen werden. Es handle sich um eine Wohnzimmereinrichtung und damit durchwegs um Gegenstände, deren Wiederbeschaffung jederzeit möglich sei.

Der Antragsgegner wolle nur den halben Rückkaufswert der Lebensversicherung einbezogen wissen und führe hiezu ins Treffen, es handle sich um eine Erlebens-/Ablebensversicherung und es sei daher angesichts seines Alters viel eher zu erwarten, daß die Versicherungssumme den Begünstigten im Ablebensfall, nämlich den beiden Söhnen, zugute kommen werde. Darauf komme es aber nicht an. Maßgeblich sei vielmehr, daß der Rückkaufswert dieser Versicherung schon jetzt einen Vermögenswert darstelle. Der Antragsteller meine weiters, daß auch der PkW der Antragstellerin zu berücksichtigen sei. Das Erstgericht habe aber festgestellt, daß der PKW zum Gewerbebetrieb der Antragstellerin gehöre. Damit unterliege er nicht der Aufteilung, auch wenn die Antragstellerin aus diesem Unternehmen nur ein "geringes Zubrot" erziele oder gar einen Verlust erwirtschaften sollte. Der Antragsgegner rüge als Mangelhaftigkeit des Verfahrens, es sei auf seinen Einwand, daß "das tatsächliche Verschulden" an der Ehescheidung die Antragstellerin treffe, weil sie in den letzten Jahren ehewidrige Beziehungen aufgenommen und deshalb aus der Ehe gestrebt habe, nicht eingegangen worden sei. Wohl dürfe das Verschulden am Scheitern einer Ehe nicht gänzlich außer Betracht bleiben, doch komme dem nur untergeordnete Bedeutung zu. Das Verschulden an der Ehescheidung sei nur soweit zu berücksichtigen, als es für die vermögensrechtliche Entwicklung der Ehe bedeutsam gewesen sei (zB Verschwendungssucht u.ä.). Derartiges lasse sich aus dem Vorbringen des Antragsgegners aber nicht ableiten, der es im übrigen geflissentlich unterlasse, auf den Verschuldensausspruch hinzuweisen.

Demnach seien der Wert des Grundstückes, die Möbel und der PKW der Antragstellerin in die Verteilungsmasse nicht einzubeziehen, wohl aber der Wert des Hauses. Der Hinweis der Antragstellerin, sie sei berufstätig gewesen und habe darüber hinaus Haushalt und Kinder versorgt, ihr Beitrag sei daher insgesamt gewichtiger als jener des Antragsgegners gewesen, sei nicht von der Hand zu weisen. Das gelte aber nicht für das Haus, zumal in dessen Wert auch die vom Antragsgegner eingebrachten Mittel, wenngleich nicht mehr in abgrenzbarer Form enthalten seien. Das sei deshalb von Bedeutung, weil der Wert dieses Hauses etwa drei Viertel der Hauptverteilungsmasse darstelle. Eine Ausgleichszahlung von 200.000 S sei daher angemessen. Der Antragsgegner meine weiters, zu einer Darlehensaufnahme zur Bestreitung der Ausgleichszahlungen wirtschaftlich nicht in der Lage zu sein, und begehre daher Ratenbewilligung. Unter Bedachtnahme auf sein Einkommen sei aber nicht erkennbar, warum er zur Aufnahme eines Darlehens nicht imstande sein sollte. Die Liegenschaft sei unbelastet und daher eine taugliche Sicherheit für den Kreditgeber. Eine vierwöchige Frist zur Aufnahme eines Darlehens erscheine durchaus ausreichend.

Rechtliche Beurteilung

Die von beiden Parteien gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhobenen Revisionsrekurse sind, soweit sie gegen den Ausspruch über die Verfahrenskosten gerichtet sind, unzulässig (EFSlg. 52.939 uva), und im übrigen Umfang nicht berechtigt.

Während die Antragstellerin eine Erhöhung der Ausgleichszahlung auf insgesamt 457.398 S anstrebt, begehrt der Antragsgegner deren Herabsetzung auf - ratenweise zu entrichtende - 70.000 S.

A) zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Nach wie vor beharrt die Rechtsmittelwerberin auf ihrem Standpunkt, in die Aufteilungsmasse sei nicht nur das Gebäude, sondern auch das Grundstück in Wolfsgraben miteinzubeziehen. Soweit sie in diesem Zusammenhang der Sache nach den sachenrechtlichen Grundsatz "superficies solo cedit" ins Treffen führt, übersieht sie, daß ihr die Bedachtnahme auf diese Zweifelsregel selbst zum Nachteil gereichte, weil danach das Gebäude das rechtliche Schicksal von Grund und Boden teilt (vgl. § 297 ABGB), dessen Eigentümer aber unbestrittenermaßen der Antragsgegner ist. Da jedoch im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG die eheliche Errungenschaft aufgeteilt werden soll (§ 82 Abs. 1 Z 1 EheG; EFSlg. 51.730 uva), sind von den Ehepartnern getätigte wertsteigende Aufwendungen auf eine Liegenschaft selbst dann bei der Aufteilung zu berücksichtigen, wenn die Liegenschaft gemäß § 82 Abs. 1 Z 1 EheG der Aufteilung nicht unterliegt (EFSlg. 51.732 uva). Das Erstgericht hat festgestellt (ON 56, S 6 = AS 196), daß die Liegenschaft in Wolfsgraben aus dem Erlös eines Hausanteiles in Wien-Margareten, den der Antragsgegner bereits vor der Eheschließung erworben hatte und der daher gemäß § 82 Abs. 1 Z 1 EheG von der Aufteilung auszunehmen gewesen wäre, angeschafft wurde. Nach Lehre und Rechtsprechung (EFSlg. 51.731, 48.918, 48.919, 48.920 uva; vgl. Bydlinski in Schwind-FS 39; Honsell in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/78, 175; Schwind, EheR2, 314) unterliegen auch Gegenstände, die zwar - wie im vorliegenden Fall der Grund in Wolfsgraben - erst während der ehelichen Gemeinschaft, jedoch aus von einem Ehegatten eingebrachten Mitteln erworben wurden, der ehelichen Aufteilung nicht. Soweit die Antragstellerin die erstinstanzliche Feststellung über die Herkunft der zur Anschaffung der Liegenschaft verwendeten Mittel bekämpft, genügt der Hinweis, daß den Parteien des Aufteilungsverfahrens die Anfechtung der Tatfrage mit einem nach § 232 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittel verwehrt ist (EFSlg. 52.928, 52.929 uva). Die Antragstellerin rügt weiters, daß die Vorinstanzen trotz entsprechender Antragstellung keine Feststellungen über die Steigerung des Wertes des Hausanteiles in Wien-Margareten getroffen hätten, obschon die Erträge eines in die Ehe eingebrachten Vermögensbestandteiles in die Aufteilungsmasse fielen. Dem ist entgegenzuhalten, daß Wertzuwächse, die unabhängig von Beiträgen der Ehegatten zwar während der ehelichen Gemeinschaft entstanden, aber auf Aufwendungen vor der Eheschließung - hier den Ankauf des Liegenschaftsanteiles aus einem dem Antragsgegner von seinem Vater geschenkten Geldbetrag - zurückzuführen sind, aus der Aufteilung ausscheiden (EFSlg. 51.733 ua). Der behauptete Feststellungsmangel ist daher zu verneinen.

Soweit sich die Antragstellerin durch die Bewertung der beiderseitigen Beiträge beschwert erachtet, übersieht sie, daß die Vorinstanzen die Beiträge ohnedies als gleichwertig beurteilt haben. Sie haben die Ausgleichszahlung nur deshalb mit etwas weniger als der Hälfte des Wertes der Aufteilungsmasse ausgemessen, weil sie den Beitrag des Antragsgegners zur Errichtung des Hauses in Wolfsgraben, das den wesentlichen Bestandteil der Aufteilungsmasse bildet, in Anbetracht des Überschusses aus dem Verkaufserlös des Hausanteiles und des Umstandes, daß die maßgeblichen Leistungen vom Antragsgegner und seinen Angehörigen herrührten, bedeutend höher bewertet haben als jenen der Antragstellerin. Da zusätzliche Beiträge eines Ehegatten gesonderte Berücksichtigung finden müssen (EFSlg. 51.766 ua) und feststeht, daß der Antragsgegner zur Schaffung des wesentlichen Teiles des ehelichen Gebrauchsvermögens durch besonderen Arbeitseinsatz und Beisteuerung von Mitteln, die an sich gar nicht der Aufteilung unterlegen wären, in besonderer Weise beigetragen hat, kann auch unter Bedachtnahme auf Billigkeitsgrundsätze in der betragsmäßigen Aufteilung durch die Vorinstanzen, die geringfügig von der rein rechnerischen Halbierung zum Vorteil des Antragsgegners abweicht, keine Fehlbeurteilung gefunden werden.

Auch die zur Aufteilung des Hausrates ins Treffen geführten Argumente sind nicht stichhältig. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 56/193; EvBl. 1984/82; SZ 54/79) erscheint angesichts der Möglichkeit, nahezu alle für den Hausrat erforderlichen Gegenstände wieder zu beschaffen, die Wirksamkeit der Ausnahmeregel des § 82 Abs. 2 EheG in bezug auf den Hausrat derzeit in Frage gestellt. Darüberhinaus strebt die Antragstellerin auch gar nicht die Zuweisung von Hausratsgegenständen (soweit sie ihr nicht ohnehin überlassen wurden), an, was aber wohl erforderlich wäre, wenn sie - was wiederum Anspruchsvoraussetzung wäre - zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse auf deren Weiterbenützung angewiesen wäre. Sie begehrt vielmehr hiefür eine Aufstockung der Ausgleichszahlung, die aber schon deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil diese Gegenstände nach den erstinstanzlichen Feststellungen (ON 56, S 8 = AS 198) durch Eintausch gegen vom Antragsgegner in die Ehe eingebrachte Einrichtungsgegenstände erworben wurden, sodaß sie dem schon dargelegten Surrogationsprinzip (vgl. SZ 53/52 ua) zufolge von der Aufteilung gemäß § 82 Abs. 1 Z 1 EheG auszuscheiden sind.

B) Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Nach wie vor behauptet dieser, der Überschuß aus dem Erlös des verkauften Hausanteiles in Wien-Margareten sei "abgrenzbar" in den Hausbau "übergegangen". Dementgegen haben die Vorinstanzen nicht festgestellt, daß der Überschuß derart konkret weiterverfolgt werden könnte, daß ein Teil der Errungenschaft unmittelbar auf ihn zurückzuführen wäre. Das Erstgericht hat im Gegenteil dem Sinne nach festgestellt (ON 56, S 6 = AS 196), daß der Hausbau in Wolfsgraben aus dem gemeinsamen Einkommen der Parteien finanziert worden sei. Zutreffend haben die Vorinstanzen diesen Überschuß daher nur als zusätzlichen Beitrag des Antragsgegners zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens gewertet.

Auch den Ausführungen des Antragsgegners, nach statistischer Wahrscheinlichkeit werde die Lebensversicherung nicht mehr ihm, sondern seinen beiden Söhnen als Begünstigtün zugute kommen, kann nicht beigepflichtet werden. Maßgeblich ist der Wert der Lebensversicherung im Aufteilungszeitpunkt. Dieser kommt im Rückkaufswert, zu dem die Versicherung im jeweiligen Zeitpunkt realisiert werden kann, zum Ausdruck. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend den vollen Rückkaufswert in die Aufteilungsmasse einbezogen.

Auch im Revisionsrekurs erachtet sich der Antragsgegner noch dadurch beschwert, daß wohl sein, nicht aber auch das Fahrzeug der Antragstellerin der Aufteilung unterworfen werde. Das Erstgericht hat festgestellt, daß der PKW der Antragstellerin zu ihrem Gewerbebetrieb gehört (ON 56, S 8 = AS 198), sodaß er gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG auszuscheiden ist. Daran könnte - was aber gar nicht feststeht - der Umstand nichts ändern, daß die Antragstellerin ihr Fahrzeug in einem gewissen Ausmaß auch für private Zwecke benützt. Nach wie vor beharrt der Antragsgegner auf seinem Standpunkt, es wäre festzustellen gewesen, daß die Antragstellerin ehewidrige Beziehungen aufgenommen und daher schon längere Zeit vor der Ehescheidung aus der Ehe gedrängt hätte. Ganz abgesehen davon, daß dem Verschulden an der Ehescheidung - zumal in bezug auf die Ausmessung der Ausgleichszahlung - nur untergeordnete Bedeutung zukommen kann (vgl. EFSlg. 51.755 uva), kann das Verschulden an der Ehescheidung im allgemeinen nur soweit berücksichtigt werden, als es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der ehelichen Gemeinschaft von Bedeutung war (EFSlg. 51.762 ua). Es hat aber weder der Antragsgegner selbst vorgebracht, daß die Vermögenslage der Eheleute durch die behaupteten Eheverfehlungen beeinflußt worden wäre, noch kann dies sonst den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen entnommen werden.

Auch die ratenweise Abstattung der Ausgleichszahlung haben die Vorinstanzen zu Recht abgelehnt. Der Antragsgegner ist bei seinem von den Vorinstanzen festgestellten Einkommen jederzeit in der Lage, einen zur Aufbringung der Mittel für die Ausgleichszahlung aufgenommenen Kredit in angemessener Frist zurückzuzahlen. Die unbelastete Liegenschaft in Wolfsgraben, die dem Antragsgegner verblieben ist, bietet für den Kredit auch eine ausreichende Sicherheit.

Beiden Revisionsrekursen war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

Anmerkung

E14446

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00551.88.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19880505_OGH0002_0060OB00551_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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