Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Juliane W***, Hausfrau,
Triesterstraße 166/2/2/7, 1232 Wien, vertreten durch Dr. Karl Arlamovsky, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Peter W***, Bediensteter der Wiener Verkehrsbetriebe,
Favoritenstraße 9, 1040 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Weber, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 21. Jänner 1988, GZ 47 R 978/87-49, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 14. September 1987, GZ 5 F 1/85-41, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die vom Rekursgericht getroffene Kostenentscheidung richtet, zurückgewiesen. Im übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner an Kosten des Verfahrens über den Revisionsrekurs einen Betrag von S 2.000,-- (darin Umsatzsteuer von S 181,82, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die im Jahr 1974 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8. Mai 1983 aus dem Verschulden des Antragsgegners geschieden. Der Ehe entstammen zwei Kinder, geboren 1975 und 1979, die sich bei der Mutter befinden.
Mit ihrem am 5. Juli 1983 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte die Antragstellerin die Übertragung des Eigentumsrechtes an der Ehewohnung in Wien 23, Triesterstraße 166, an sie gegen eine angemessene Ausgleichszahlung. Es handle sich um eine Eigentumswohnung, die noch vor der Ehe vom Antragsgegner angeschafft worden sei. Im November 1982 habe der Antragsgegner diese Wohnung verlassen, während die Antragstellerin mit den beiden ehelichen Kindern weiterhin dort wohne. Der Antragsgegner sei als Bediensteter der Wiener Verkehrsbetriebe in der Lage, sich eine Gemeindewohnung oder Dienstwohnung zu beschaffen, während die Antragstellerin mit den beiden Kindern auf diese Wohnung angewiesen sei. Am 25. April 1985 (ON 11) schlossen die Streitteile einen Vergleich, in dem sich die Antragstellerin verpflichtete, die Ehewohnung bis 31. Mai 1985 dem Antragsgegner geräumt zu übergeben und in dem der Antragsgegner das Alleineigentum der Antragstellerin an sämtlichen im Kinderzimmer und im Wohnzimmer befindlichen Einrichtungsgegenständen anerkannte und sich zu deren Herausgabe bei Räumung verpflichtete. Es handelte sich dabei im einzelnen um einen Wohnzimmerschrank, eine Sitzgarnitur mit Tisch, eine Anrichte, ein TV-Gerät Marke Ingelen, 2 Kinderbetten, einen Kinderzimmerwandverbau und einen dreitürigen Kasten. Mit einem am 28. Oktober 1986 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz (ON 19 a) zog die Antragstellerin den Antrag auf Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung zurück, hielt aber den Antrag auf Ausgleichszahlung aufrecht. Am 21. Jänner 1987 (ON 22) konkretisierte sie ihren Antrag auf Leistung einer Ausgleichszahlung in Höhe von S 50.000,-- und brachte dazu vor, daß sie sich an den monatlichen Rückzahlungen für die Ehewohnung zur Hälfte beteiligt habe; überdies habe sie Investitionen in der Ehewohnung mitfinanziert. Am 4. März 1987 (ON 30) dehnte die Antragstellerin ihr Begehren auf S 100.000,-- Ausgleichszahlung aus. Der Antragsgegner habe nur die Zahlungen für die Wohnung bestritten, alle übrigen Kosten habe die Antragstellerin getragen. Am 2. Juli 1987 (ON 39) stellte die Antragstellerin "unter Rückziehung der Teilrückziehung" ihres die Ehewohnung betreffenden ursprünglichen Antrages neuerlich den Antrag, das Eigentum an der Ehewohnung doch an sie zu übertragen.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des die Ehewohnung betreffenden Begehrens der Antragstellerin und wendete ein, daß er diese Eigentumswohnung vor der Eheschließung angeschafft habe. Er sei bereit, der Antragstellerin ein Wohnrecht solange einzuräumen, bis sie eine Ersatzwohnung gefunden habe. Die begehrte Ausgleichszahlung für die allenfalls von der Antragstellerin mitfinanzierten Einrichtungsgegenstände sei nicht gerechtfertigt, weil mit dem Vergleich vom 25. April 1985 die Aufteilung der Einrichtungsgegenstände bereits stattgefunden habe. Das Erstgericht wies den Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin ab (Punkt 1) und trug ihr auf, die eheliche Wohnung Zug um Zug gegen Nachweis der Beziehbarkeit ihrer Wohnung in 1230 Wien, Breitenfurterstraße 380-404/22/8, durch den Antragsgegner binnen 14 Tagen geräumt von eigenen Fahrnissen dem Antragsgegner zu übergeben (Punkt 2). Sämtliche in der Ehewohnung befindlichen Fahrnisse mit Ausnahme der im Vergleich vom 25. April 1985 genannten Gegenstände wies es dem Antragsgegner zu (Punkt 3). Schließlich wurde der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 75.000,-- binnen 4 Wochen zu leisten und ihr einen Kostenbeitrag von S 10.000,-- zu bezahlen (Punkt 4). Das Erstgericht traf Feststellungen über die Beitragsleistungen beider Streitteile während aufrechter Ehe, deren Wiedergabe im einzelnen unterbleiben kann. Es beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich im wesentlichen dahin, daß die Antragstellerin ein dringendes Wohnbedürfnis an der Ehewohnung nicht nachweisen habe können, weshalb ihr Antrag auf Zuteilung dieser Wohnung abzuweisen sei. Infolge der Verzögerung der Fertigstellung ihrer Wohnung sei ihr zuzubilligen, bis zu deren Beziehbarkeit in der ehemaligen Ehewohnung zu verbleiben. Die Antragstellerin habe während aufrechter Ehe sowohl persönliche als auch finanzielle Leistungen in dieser Wohnung investiert, weshalb eine Ausgleichszahlung angemessen erscheine. Bei deren Bemessung sei das Wohl der beiden ehelichen Kinder ebenso wie der Beitrag der Antragstellerin bezüglich der Haushaltsführung, der Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder, der sonstige eheliche Beistand und das Tragen der Kosten des täglichen Lebens zu berücksichtigen.
Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde nur in ihrem Punkt 4 (Ausgleichszahlung) vom Antragsgegner mit Rekurs bekämpft. Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß diesem Rechtsmittel Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes in ihrem Punkt 4 dahin ab, daß es das Begehren der Antragstellerin, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen, abwies und aussprach, daß die Antragstellerin ihre Verfahrenskosten erster Instanz selbst zu tragen habe. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, gemäß § 82 Abs. 1 EheG unterlägen Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht habe, nicht der Aufteilung. Nach § 82 Abs. 2 EheG sei die Ehewohnung in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie zwar von einem Ehegatten in die Ehe eingebracht, der andere Ehegatte aber auf die Weiterbenützung der Ehewohnung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen sei.
Die Antragstellerin gestehe selbst zu, daß für sie kein dringendes Wohnbedürfnis an der ehemaligen Ehewohnung bestehe. Die ehemalige eheliche Eigentumswohnung, die vom Antragsgegner in die Ehe eingebracht worden sei, falle daher gemäß § 82 EheG nicht in die Aufteilung. Die Antragstellerin könne daher hinsichtlich der ehemaligen Ehewohnung keine Ausgleichszahlung begehren. Soweit die Antragstellerin für die von ihr mitfinanzierten Einrichtungsgegenstände eine Ausgleichszahlung verlange, sei darauf hinzuweisen, daß ihr laut Vergleich vom 25. April 1985 die im Wohnzimmer und im Kinderzimmer befindlichen Einrichtungsgegenstände zugewiesen worden seien und der Wert der restlichen Einrichtungsgegenstände nach dem Sachverständigengutachten ON 37 nur S 14.000,-- betrage. Es sei daher davon auszugehen, daß die beiden Streitteile die Einrichtungsgegenstände schon angemessen aufgeteilt hätten, weshalb auch aus diesem Titel kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung mehr gegeben sei.
Aus den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich, daß abgesehen von den Einrichtungsgegenständen, die bereits angemessen verteilt worden seien, keine weiteren Gegenstände der Aufteilung unterlägen. Die Ehewohnung gehöre nicht zur Aufteilungsmasse. Damit bestünden keine Diskrepanzen im Aufteilungsergebnis, die durch eine Ausgleichszahlung zu egalisieren wären.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß ihr eine Ausgleichszahlung von S 75.000,-- und ein Kostenbeitrag in der Höhe von S 10.000,-- zugesprochen werde.
Der Antragsgegner hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Soweit sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen die vom Rekursgericht getroffene Kostenentscheidung richtet, ist er als unzulässig zurückzuweisen. Durch die Vorschrift des § 232 Abs. 2 AußStrG wurde kein Weg zur Anfechtung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz eröffnet (EFSlg. 39.915, 44.806, 52.939 uva). Im übrigen ist der Revisionsrekurs unberechtigt.
Die Antragstellerin verkennt in ihren Rechtsmittelausführungen das Wesen der Ausgleichszahlung im Sinne des § 94 Abs. 1 EheG. Danach hat das Gericht, soweit eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach den Bestimmungen der §§ 83 ff EheG nicht erzielt werden kann, einem Ehegatten eine billige Ausgleichszahlung an den anderen aufzuerlegen. Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens ist nach den Grundsätzen der §§ 83 ff EheG unter tunlichster Vermeidung eines Geldausgleiches vorzunehmen. Nur soweit nach der Art der Teilungsmasse die nach der Billigkeit gebotene Aufteilung real nicht durchführbar ist, soll ein Ausgleich durch Geldzahlung bewirkt werden. Eine Ausgleichszahlung nach § 94 Abs. 1 EheG kommt somit nur dann in Betracht, wenn die reale Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zu einem für einen Ehegatten unbilligen Ergebnis führt (JBl. 1982, 212; RZ 1983/16; EFSlg. 43.797, 51.818 uva). Keinesfalls kann aber die in dieser Gesetzesstelle geregelte Ausgleichszahlung dazu dienen, Vermögensnachteile eines Ehegatten, die nicht durch die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens herbeigeführt werden, auszugleichen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß im vorliegenden Fall die Ehewohnung nicht der Aufteilungsmasse zuzurechnen ist, ist, ohne daß auf die im § 82 Abs. 2 EheG normierten Voraussetzungen einzugehen wäre, jedenfalls schon deswegen zutreffend, weil die Antragstellerin ihren ursprünglich innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG gestellten Aufteilungsantrag hinsichtlich der Ehewohnung zurückzog (ON 19 a) und ihn erst am 2. Juli 1987 (ON 39), also lange nach Ablauf der im § 95 EheG normierten Jahresfrist, neuerlich stellte. Damit ist der von der Antragstellerin hinsichtlich der Ehewohnung letztlich gestellte Aufteilungsantrag im Sinne dieser Gesetzesstelle verfristet; er war daher schon aus diesem Grund jedenfalls abzuweisen (SZ 54/166; SZ 55/192 uva).
Ist somit die Ehewohung nicht Gegenstand des Aufteilungsverfahrens, dann kommt der Zuspruch einer Ausgleichszahlung nach § 94 Abs. 1 EheG aus Gründen, die die Rechtsverhältnisse an dieser Wohnung betreffen, nicht in Betracht.
Wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, wurden im Rahmen des vorliegenden Aufteilungsverfahrens nur die Rechtsverhältnisse an den Einrichtungsgegenständen in der Weise geregelt, daß sich die Parteien im Vergleich vom 25. April 1985 (ON 11) dahin einigten, daß die im Wohnzimmer und im Kinderzimmer befindlichen Einrichtungsgegenstände im Alleineigentum der Antragstellerin zu verbleiben haben, während das Erstgericht mit dem in Rechtskraft erwachsenen Punkt 3 seiner Entscheidung dem Antragsgegner die übrigen in der ehelichen Wohnung befindlichen Fahrnisse zuwies. Der Wert der dem Antragsgegner zugewiesenen Fahrnisse beträgt nach dem Gutachten des Sachverständigen Ferdinand B*** (ON 37) S 14.000,--. Daß der Wert der nach dem geschlossenen Vergleich im Alleineigentum der Antragstellerin verbleibenden Einrichtungsgegenstände wesentlich geringer wäre, ergibt sich aus den Verfahrensergebnissen nicht und wird auch im Rechtsmittel der Antragstellerin nicht behauptet. Es ergibt sich auch aus den Verfahrensergebnissen und den Rechtsmittelausführungen der Antragstellerin kein Anhaltspunkt dafür, daß ihr Beitrag zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Sinne des § 83 Abs. 1 EheG wesentlich höher zu veranschlagen wäre als der des Antragsgegners. Unter diesen Umständen hat das Rekursgericht durchaus zutreffend erkannt, daß kein Anlaß dafür besteht, dem Antragsgegner im Sinne des § 94 Abs. 1 EheG die Leistung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin aufzuerlegen.
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin muß daher, soweit er sich gegen die Verweigerung einer Ausgleichszahlung durch das Rekursgericht richtet, ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens über den Revisionsrekurs beruht auf § 234 AußStrG. Es entspricht der Billigkeit, daß die Antragstellerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen hat. Der Antragsgegner hat zwar in seiner Rekursbeantwortung die teilweise Unzulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels nicht geltend gemacht, im übrigen aber die Rechtsmittelausführungen der Antragstellerin erfolgreich bekämpft. Es entspricht daher der Billigkeit, der Antragstellerin den Ersatz eines angemessenen Teiles der Kosten der Rekursbeantwortung des Antragsgegners aufzuerlegen.
Anmerkung
E14380European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00541.88.0510.000Dokumentnummer
JJT_19880510_OGH0002_0020OB00541_8800000_000