Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing. Heinz-Peter B*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 22.Mai 1987, GZ 10 b Vr 669/84-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Witt zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und dem Angeklagten die über ihn verhängte Geldstrafe gemäß dem § 26 Abs. 1 FinStrG (in Verbindung mit dem § 43 Abs. 1 StGB) unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.Februar 1945 geborene (ehemalige Firmengesellschafter und nunmehrige) Angestellte Ing. Heinz-Peter B*** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit vom 10.März 1981 bis 10.Februar 1984 in Krems an der Donau als Geschäftsführer der Firma B*** KG vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, und zwar
1. für das Jahr 1981 in der Höhe von 426.441 S durch Nichtabgabe von Voranmeldungen und Nichtleistung von Vorauszahlungen,
2. für das Jahr 1982 in der Höhe von 566.043 S durch Angabe zu geringer Umsätze und Geltendmachung zu hoher Vorsteuern und
3. für das Jahr 1983 in der Höhe von 208.686 S durch Nichtabgabe von Voranmeldungen und Nichtleistung von Vorauszahlungen, insgesamt somit Verkürzungen im Betrag von 1,201.170 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten zu haben. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen gründete der (auch noch anderweitig unternehmerisch tätig gewesene) Angeklagte am 1. Jänner 1976 (als Komplementär) gemeinsam mit seiner Ehefrau Edeltraud (Rufname: Edda - AS 9) B*** (als Kommanditistin) die (anfänglich auf den Betrieb von gastronomischen Unternehmen beschränkte) Firma Ing. Heinz-Peter B*** KG (laut finanzbehördlicher Kurzfassung des Firmenwortlauts: B*** KG). Ab 1981 entschloß sich der Angeklagte als Geschäftsführer des Unternehmens, die betriebliche Buchhaltung und die Erstellung der Steuererklärungen gegenüber dem Finanzamt (statt wie bis dahin durch einen Steuerberater) selbst zu besorgen (AS 340). In Kenntnis der gesetzlichen Frist für die Voranmeldung und Vorauszahlung der Umsatzsteuer von einem Monat und zehn Tagen nach Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums beging er in der Folge die im Spruch des angefochtenen Urteils konkretisierten Tathandlungen mit dem "Vorsatz, sich durch die wiederkehrende Unterlassung von Umsatzsteuervoranmeldungen Geld zu ersparen bzw. durch die Abgabe unrichtiger Erklärungen Geldmittel zu verschaffen" (AS 356). In Ausführung dieses vorgefaßten, auf wissentliche Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer abzielenden Willensentschlusses erstattete er im Jahr 1981 keine Umsatzsteuervoranmeldungen, weil "nach seinen Aufzeichnungen immer Zahllasten herauskamen, er diese aber nicht bezahlen konnte oder wollte" (AS 340). Im Jahr 1982 gab der Angeklagte nur für die Monate Jänner bis September Umsatzsteuervoranmeldungen ab, in denen er jeweils die Traglast zu gering und die Vorsteuer zu hoch auswies und solcherart beim Finanzamt zu Unrecht Gutschriften erwirkte, über die er zu seinen Gunsten verfügte. Dabei wußte er, daß er mit Ausnahme des Monats März 1982, für welchen Zeitraum er durch unrichtige Angaben über die Höhe der Vorsteuer eine um 144.546 S (AS 341) zu hohe Abgabengutschrift geltend machte, "bei wahrheitsgemäßer Deklarierung jeweils Vorauszahlungen hätte leisten müssen". Dies gilt auch für die Monate Oktober bis Dezember 1982, für welche Zeiträume der Angeklagte erneut keine Umsatzsteuervoranmeldungen legte (AS 340, 341; § 33 Abs. 3 lit. d FinStrG). Auch im Jahr 1983 gab der Angeklagte keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (AS 351, 353), weil er "keine Umsatzsteuer (im Sinn von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer) zahlen wollte". Auch in diesem Zusammenhang wußte er, daß sich - mit Ausnahme der Monate Jänner und Dezember - aus seiner Buchhaltung jeweils Zahllasten ergaben (AS 341).
Seinen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Ziffern 5, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) bekämpft der Beschwerdeführer den erstgerichtlichen Tatsachenausspruch darüber, daß er in der Zeit vom 10. März 1981 bis 10.Februar 1984 durch Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen (im Jahr 1981 und ab Oktober 1982) bzw. durch unrichtige Angaben in den Umsatzsteuervoranmeldungen (für die Monate Jänner bis September 1982) Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkte, als unzureichend begründet. Die Urteilsfeststellung, wonach er "und die von ihm repräsentierten Firmen" ab 1977 unfähig waren, bei redlicher Gebarung alle fälligen Verbindlichkeiten innerhalb angemessener Frist zu begleichen (AS 339), finde (in den Beweisergebnissen) keine Deckung, weil er in zwei gegen ihn abgeführten Finanzstrafverfahren rechtskräftig freigesprochen worden sei. Da sich der Angeklagte dahingehend verantwortete, jeweils nach vereinbarten Entgelten "versteuert" zu haben, hätte das Erstgericht die bezüglichen Vereinbarungen überprüfen müssen. So sei beispielsweise ein Leasingvertrag mit der Firma S*** Leasing GesmbH wegen teilweise sittenwidrigen Inhalts nachträglich aufgehoben worden. Mangels entsprechender Beweisaufnahme erweise sich auch der dem angefochtenen Schuldspruch zugrundeliegende Vorwurf, der Angeklagte habe für das Jahr 1982 durch Angabe zu geringer Umsätze und Geltendmachung zu hoher Vorsteuern "Umsatzsteuer überhaupt nicht bezahlt", als unzureichend begründet.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesem Vorbringen stellt der Beschwerdeführer nicht auf den entscheidungswesentlichen Urteilssachverhalt und das hiefür maßgebliche Begründungssubstrat ab. Zunächst findet das relevierte Leasinggeschäft mit der Firma S*** Leasing GesmbH im angefochtenen Urteil bloß illustrativ Erwähnung, nämlich im Zusammenhang mit der - nicht auf den (erst 1981 einsetzenden) Tatzeitraum beschränkten - Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte schon seit 1977 Verträge über teure Sachgüter abschloß, die (Anlage-)Güter sofort gebrauchte und in der Folge das von ihm zu leistende Entgelt im Verhandlungs- oder Prozeßwege herabdrückte (AS 346). Demgemäß ist es unerheblich, aus welchem Grund die Firma S*** Leasing GesmbH - allenfalls nach Aufhebung des ursprünglichen Leasingvertrages - ihre Forderung für rückständige Leasingraten für die Zeit von 1977 bis 1979 von 440.000 S im Vergleichswege auf 200.000 S reduzierte. Die Urteilsannahme hinwieder, wonach der Angeklagte und die von ihm repräsentierten Firmen seit 1977 nicht imstande waren, "die zahlreichen Gläubiger in angemessener Zeit zu befriedigen" (AS 339; 347), begründete das Erstgericht (vom Beschwerdeführer unbeachtet) mit dem Hinweis auf die zahlreichen anhängigen Exekutions- und Zivilverfahren, das Gutachten des Sachverständigen Dkfm. Dr. Johann R*** im Verfahren AZ 9 E Vr 580/82 (später 9 a E Vr 45/85) des Kreisgerichtes Krems an der Donau (vgl. AS 277 ff des bezüglichen Gerichtsaktes) und den Umstand, daß der Angeklagte im bezeichneten Verfahren im Rahmen seiner Verantwortung in bezug auf die ein Kanalräumfahrzeug betreffenden Leasingraten (Leasingvertrag mit der Firma S*** Leasing GesmbH) ausdrücklich zugestand, daß "von Anfang an klar war, daß die Leasingraten unter Umständen nicht pünktlich aufgebracht werden können" (vgl. S 12, 13 des HV-Protokolls vom 5.Juni 1984, S 36, 37 dA 9 a E Vr 45/85 iVm den S 346, 347 des vorliegenden Aktes). Der - vom Erstgericht im übrigen ohnedies berücksichtigte (AS 349) - Umstand, daß zwei gegen den Angeklagten eingeleitete Finanzstrafverfahren (mangels Erweisbarkeit vorsätzlichen Handelns) eingestellt wurden (Straflisten-Nr. 106/79 bzw. 28/82 des Finanzamtes Krems an der Donau), bleibt dem Beschwerdevorbringen zuwider in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. In Ansehung der auf das Jahr 1982 entfallenden Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer (Punkt 2. des Urteilssatzes) setzt sich der Beschwerdeführer darüber hinweg, daß sich das angefochtene Urteil (im betragsmäßig eingeschränkten Umfang der für den Angeklagten günstigeren rechtskräftigen Steuerbescheide) auf das Gutachten des Buchsachverständigen Dr. H*** stützt (AS 353, 354), das - unbeschadet der firmeninternen Bruttobuchungen (AS 193) - (im Sinn der in der Mängelrüge reklamierten Verantwortung des Angeklagten) von einer Versteuerung "nach vereinbarten Entgelten" unter Mitberücksichtigung sämtlicher belegter Vereinbarungen ausgeht (AS 195, 213 iVm AS 304). Darnach unterließ der Angeklagte aber in der Zeit vom Jänner bis September 1982 nicht nur jedwede Umsatzsteuervorauszahlung, sondern verfügte darüber hinaus durch überhöhte Geltendmachung von Vorsteuern über finanzbehördlich festgesetzte, tatsächlich jedoch nicht gegebene Guthaben zu seinen Gunsten (AS 340). Von formell mangelhafter Begründung entscheidungswesentlicher Tatsachenfeststellungen kann sohin auch in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Vollständigkeitshalber ist hinzuzufügen, daß eine Überprüfung (nach den Verfahrensergebnissen nicht indizierter) für die Umsatzsteuerbemessung bedeutsamer Vereinbarungen vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung nicht beantragt wurde.
Insgesamt stellt sich das Vorbringen zur Mängelrüge mithin als unzulässiger und daher unbeachtlicher Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung dar.
Den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer in der erstgerichtlichen Verneinung einer strafbefreienden Wirkung seiner Selbstanzeigen vom 7. Dezember 1983 und 14.Februar 1984.
Nach dem (gemäß dem § 2 Abs. 1 letzter Satz Finanzstrafgesetz-Novelle 1985 auf die in Rede stehenden Tathandlungen rückwirkend anzuwendenden) § 29 Abs. 1 FinStrG in der mit 1.Jänner 1986 in Kraft getretenen Fassung der Finanzstrafgesetz-Novelle 1985 (BGBl. vom 13.Jänner 1985, Nr. 571) wird, wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat (den Fall der Betretung auf frischer Tat ausgenommen), insoweit straffrei, als er seine Verfehlung der zur Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften zuständigen Behörde oder einer sachlich zuständigen Finanzstrafbehörde darlegt (Selbstanzeige). War mit der Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offengelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger schuldet oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, den Abgaben- oder Monopolvorschriften entsprechend entrichtet werden. Werden für die Entrichtung Zahlungserleichterungen gewährt, so darf der Zahlungsaufschub zwei Jahre nicht überschreiten; diese Frist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige ... zu laufen (§ 29 Abs. 2 FinStrG). Gemäß § 29 Abs. 3 lit. c FinStrG tritt Straffreiheit nicht ein, wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anläßlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird.
Nach den für die Problematik strafbefreiender Selbstanzeige maßgeblichen Urteilsannahmen gab der Angeklagte (als Geschäftsführer der Firma B*** KG) am 23.November 1983 beim Finanzamt eine den Tatsachen entsprechende Umsatzsteuer-(Jahres-)erklärung für 1981 ab und erstattete am 7.Dezember 1983 Selbstanzeige, von der unter anderem auch die Umsatzsteuer für 1981 in der Höhe von 426.441 S erfaßt war. Gleichzeitig ersuchte er um Zahlungserleichterungen, die ihm (auf Grund einer Berufung gegen die ursprüngliche Abweisung seines Gesuches) für den gesamten fälligen, auch andere Steuern und Abgaben enthaltenden Steuerrückstand in Form jeweils exakt terminisierter Ratenzahlungen bewilligt wurden (AS 342, 343). Am 8.Februar 1984 meldete Finanzoberkommissär Wilhelm H*** bei der Ehefrau des Angeklagten eine Umsatzsteuernachschau für die noch nicht abgeschlossenen Jadre 1982 und 1983 an. Am folgenden Tag suchte er die Büroräumlichkeiten "des Angeklagten" (richtig: der Firma B*** KG) auf und forderte von der dort anwesenden Edeltraud (Edda) B*** die Vorlage der Buchhaltungsunterlagen. Die Ehefrau des Angeklagten erklärte sich dazu außerstande und verwies den Finanzbeamten an den Steuerberater B***. In dessen Büro wurden Finanzoberkommissär H*** schließlich eine Belegsammlung und die Originalseiten des Durchschreibekassabuches vorgelegt, nicht aber die Durchschriften der Umsatzsteuervoranmeldungen und die entsprechenden Vorsteueraufzeichnungen. Auf Grund der seitens der Angestellten des Steuerberaters erhaltenen Mitteilung, daß die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vom Steuerberater, sondern vom Steuerpflichtigen selbst erstellt wurden, urgierte Finanzoberkommissär H*** am 13. und 14.Februar 1984 telefonisch die Vorlage der Unterlagen im Büro des Angeklagten. Daraufhin wurde er am 14.Februar 1984 gegen 10.00 Uhr voV Steuerberater Günther B*** aufgesucht. Dieser erstattete für den Angeklagten Selbstanzeige bezüglich der Umsatzsteuer 1982 und 1983, die in der Folge zur bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuer für 1982 in der Höhe von 566.043 S und für 1983 (in Stattgebung einer vom Angeklagten gegen den bezüglichen Steuerbescheid ergriffenen Berufung) in der Höhe von 208.686 S führte (AS 344, 345). In der Folge brachte der Angeklagte zum Teil rechtzeitig, zum Teil nicht mindestens acht Tage vor dem Fälligkeitstag einer bewilligten Rate weitere Ansuchcn um Zahlungserleichterungen ein, die ihm - unbeschadet des mit der verspäteten Einbringung von Ansuchen um modifizierte Raten grundsätzlich verbundenen
Terminverlustes - immer wieder bewilligt wurden (§ 230 Abs. 3 und Abs. 4 BAO). Von dem gesamten - durch eine weitere Selbstanzeige vom 10. August 1984 in Ansehung von Dienstnehmerabgaben für die Jahre 1980 bis 1984 über insgesamt 624.171 S noch angewachsenen (AS 344) - Steuerrückstand, in dem an Umsatzsteuer für die Jahre 1981 bis 1983 1,201.170 S enthalten war (AS 342), hat der Angeklagte bis 2.August 1985 lediglich 1,183.000 S, sohin "nicht einmal die Summe der entzogenen Umsatzsteuer" bezahlt (AS 357). Bei dieser Sachlage unterlief aber dem Erstgericht dem Beschwerdestandpunkt zuwider kein Rechtsirrtum, wenn es die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeigen vom 7.Dezember 1983 und vom 14.Februar 1984 verneinte:
Ausgehend von der (im Beschwerdevorbringen übergangenen) Urteilsfeststellung, daß der (mit langfristiger Zahlungsunfähigkeit konfrontierte - AS 338) Angeklagte ersichtlich im Rahmen eines auf unrechtmäßige Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausgerichteten Gesamtkonzeptes (AS 339) mit dem Vorsatz handelte, durch wiederkehrende Unterlassung von Umsatzsteuervoranmeldungen Umsatzsteuer zu hinterziehen (AS 356), und im konkreten Fall auch die weiteren Voraussetzungen rechtlicher Handlungseinheit durch Fortsetzungszusammenhang vorliegen (Gleichartigkeit der Einzelakte und des davon betroffenen Rechtsgutes, erkennbarer zeitlicher Zusammenhang), der Angeklagte mithin das fortgesetzte Delikt der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zu verantworten hat, war die auf Umsatzsteuervorauszahlungen bloß für das Jahr 1981 beschränkte Selbstanzeige vom 7.Dezember 1983 unbeschadet ihrer Rechtzeitigkeit (§ 29 Abs. 3 FinStrG) und der selbst im Fall des Zusammentreffens gleichartiger Einzeltaten grundsätzlich auch bloß für einzelne Deliktshandlungen denkbaren Wirksamkeit (§ 29 Abs. 1 FinStrG: "insoweit") mangels Offenlegung aller für die Feststellung der (bis dahin insgesamt verwirklichten) Abgabenverkürzung bedeutsamen Umstände (§ 29 Abs. 2 FinStrG) nicht geeignet, Straffreiheit des Angeklagten zu bewirken. Denn bei einem in Fortsetzungszusammenhang verübten Finanzvergehen tritt Straffreiheit nur ein, wenn hinsichtlich sämtlicher Teilhandlungen die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Kommentar zum FinStrG, Entscheidungsgruppe 5 zu § 29; ebenso 11 Os 5/84). Auf den konkreten Fall übertragen bedeutet dies, daß Straffreiheit des Angeklagten nur dann eingetreten wäre, wenn es der Behörde nach Lage des Falles auf Grund der Selbstanzeige auch für die bis Dezember 1983 bewirkte Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer ohne Verzug möglich gewesen wäre, sofort eine richtige Entscheidung über den gesamten bis dahin verkürzten Abgabenanspruch zu treffen. Gerade in dieser Beziehung war aber die Selbstanzeige vom 7.Dezember 1983 unvollständig. Dieser Mangel wurde auch durch die anläßlich der finanzbehördlichen Umsatzsteuernachschau (§ 144 Abs. 2 BAO) am 14. Februar 1984 für den Angeklagten vom Steuerberater erstattete Selbstanzeige in bezug auf Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Jahre 1982 und 1983 nicht saniert, weil diese Anzeige nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wurde (§ 29 Abs. 3 lit. c FinStrG) und solcherart (wie schon vom Erstgericht zutreffend erkannt) verspätet war. Die dem Beschwerdevorbringen zuwider am 8.Februar 1984 der Firma B*** KG angekündigte Umsatzsteuernachschau hat am 9.Februar 1984 mit der von Finanzoberkommissär H*** in den Büroräumlichkeiten des Unternehmens gegenüber der dort anwesenden Kommanditistin Edeltraud (Edda) B*** ausgesprochenen Aufforderung zur Herausgabe der Buchhaltungsunterlagen bzw. mit der Wiederholung dieser Aufforderung am selben Tag in den Büroräumlichkeiten des vom Angeklagten bevollmächtigten (AS 342) Steuerberaters B*** und der Vorlage der Belegsammlung sowie der Originalseiten des Durchschreibekassabuches begonnen (VwGH 19.November 1963, 95/61 - Sammlung NF 2.975). Die von dem genannten Steuerberater für den Angeklagten erst am 14. Februar 1984 erstattete Selbstanzeige entsprach demgemäß nicht der im § 29 Abs. 3 lit. c FinStrG normierten, als Ausnahmebestimmung restriktiv auszulegenden zeitlichen Voraussetzung, wonach Straffreiheit nur eintritt, wenn die Selbstanzeige objektiv bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird. Eine Gleichsetzung des Beginnes der Amtshandlung mit jenem Zeitpunkt, in dem der Täter von der Amtshandlung erstmals persönlich Kenntnis erlangt, findet dem Beschwerdestandpunkt zuwider im Gesetz keine Deckung (vgl. 12 Os 169/84). Eine derartig ausdehnende Gesetzesauslegung würde im übrigen auch zu dem gesetzlichen Intentionen widerstreitenden Ergebnis führen, daß der Täter (etwa durch gezielte Abwesenheit vom Betrieb) den Beginn einer Amtshandlung und damit die zeitlichen Schranken (noch) rechtzeitiger Selbstanzeige willkürlich selbst bestimmen könnte (vgl. erneut VwGH 19.November 1963, 95/61). Da der Selbstanzeige des Angeklagten aus den dargelegten Erwägungen schon mangels entsprechender Rechtzeitigkeit eine strafbefreiende Wirkung im Sinn des § 29 FinStrG versagt bleibt, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, inwieweit das teilweise Nachreichen von Unterlagen und der Mangel an einer mit der Selbstanzeige verbundenen Abgabenentrichtung bzw. an einem ausdrücklichen neuerlichen Stundungsansuchen (vgl. AS 91 und 345) den im § 29 Abs. 2 FinStrG normierten Voraussetzungen des in Rede stehenden Strafaufhebungsgrundes widerspricht.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage fällt es auch nicht entscheidend ins Gewicht, daß dem Erstgericht insoweit ein (vom Beschwerdeführer nicht gerügter) Rechtsirrtum unterlief, als es den Ausschluß strafaufhebender Wirkung auch damit begründete, daß der Angeklagte die der Abgabenverkürzung entsprechende, in der Folge gestundete Steuerschuld nicht innerhalb "der Jahresfrist" des § 29 Abs. 2 FinStrG entrichtete (AS 344; 357). Die in § 29 Abs. 2 FinStrG normierte Höchstfrist für Zahlungsaufschübe wurde nämlich, wie bereits dargetan, durch die am 1.Jänner 1986 in Kraft getretene Finanzstrafgesetz-Novelle 1985, BGBl. 571, von einem Jahr auf zwei Jahre erhöht, wobei die Neufassung dieser Gesetzesbestimmung nach der Übergangsregelung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Finanzstrafgesetz-Novelle 1985) - als für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung gegenüber der alten Rechtslage
günstiger - rückwirkend gilt.
Als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt erweist sich schließlich die (nicht am Urteilssachverhalt orientierte) Subsumtionsrüge (Z 10), mit der der Angeklagte die Beurteilung der von ihm für das Jahr 1982 durch Angabe zu geringer Umsätze und Geltendmachung zu hoher Vorsteuern bewirkten Abgabenverkürzung in der Höhe von 566.043 S (in Abweichung vom Schuldspruch nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG) als Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 1 FinStrG anstrebt. Der Beschwerdeführer läßt in diesem Zusammenhang nämlich unberücksichtigt, daß der Tatbestand nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eine Beeinträchtigung der Umsatzsteuer im Voranmeldungs- und Vorauszahlungsstadium pönalisiert und mit dem durch eine Verkürzung der Umsatzsteuer für den jeweiligen Veranlagungszeitraum (§ 20 Abs. 1 UStG: ein Kalenderjahr) gekennzeichneten Finanzvergehen nach dem § 33 Abs. 1 FinStrG infolge Verschiedenheit von Tathandlung, Tatobjekt und Schutzobjekt in (echte) Realkonkurrenz treten kann (vgl. unter anderem SSt. 53/10). Die Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (iVm dem § 33 Abs. 3 lit. d FinStrG) war aber nach Lage des Falles bereits mit der monatlichen Geltendmachung zu hoher Abgabengutschriften verwirklicht (LSK 1978/319), eine allenfalls nach dem § 33 Abs. 1 FinStrG zu beurteilende Verkürzung an bescheidmäßig festzusetzender Umsatzsteuer für das Jahr 1982 kommt vorliegend aber nach den (auch insoweit aktentreuen - AS 82) Urteilsfeststellungen nicht in Betracht, weil die Selbstanzeige vom 14. Februar 1984 betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1982 wahrheitsgemäße Angaben enthielt und in der Folge zur korrespondierenden Festsetzung der Umsatzsteuer für 1982 mit 566.043 S führte.
Der Vollständigkeit halber ist letztlich hinzuzufügen, daß sich die vom Erstgericht bei der Abgrenzung des Tatzeitraums unterlassene Ausgliederung der Voranmeldungszeiträume für Jänner 1983 und Dezember 1983, für welche Monate infolge entsprechender Abgabenguthaben keine Zahllasten bestanden (AS 341) und ein gemäß dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG tatbestandsmäßiges Handeln mithin ausscheidet, im Ergebnis für den Angeklagten nicht nachteilig auswirkt: Ergibt sich doch aus der Gesamtheit des angefochtenen Urteils unmißverständlich, daß sich der (davon unberührte) inkriminierte Verkürzungsbetrag von insgesamt 1,201.170 S ausschließlich auf urteilsmäßig erfaßte Voranmeldungsmonate bezieht, in denen Zahllasten des Angeklagten aktuell waren.
Die mithin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 33 Abs. 5 FinStrG unter Bedachtnahme auf den § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG eine Geldstrafe von 400.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend, daß die Tat durch einen längeren Zeitraum und teilweise betrügerisch verübt wurde, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und die letztlich gänzliche Bezahlung der urteilsgegenständlichen Abgabenschuld. Eine bedingte Nachsicht der (schon mit Rücksicht auf die nunmehr unselbständige Erwerbstätigkeit des Angeklagten gegenüber dem Ausspruch einer Freiheitsstrafe für sachgerecht erachteten) Geldstrafe lehnte das Erstgericht sinngemäß mit der Begründung ab, daß diesfalls in Anbetracht des mit der tatgegenständlichen Inanspruchnahme öffentlicher Gelder verbundenen materiellen Tatertrags in Form von Zinsengewinnen jedweder Strafzweck unerreicht bliebe.
Allein den unbedingten Ausspruch der Geldstrafe bekämpft der Angeklagte mit seiner Berufung, in deren Ausführung er die Anwendbarkeit des § 26 Abs. 1 FinStrG im wesentlichen mit der Argumentation für sich in Anspruch nimmt, das Erstgericht habe die teilweise betrügerische Tatbegehung zu Unrecht als erschwerend gewertet, demgegenüber den Milderungsgrund eines "zumindest teilweisen" Geständnisses sowie den Umstand unberücksichtigt gelassen, daß der Tatertrag nicht ihm persönlich, sondern der Firma B*** KG zugeflossen sei.
Der Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Zwar wertete das Erstgericht dem Berufungsstandpunkt zuwider die teils betrügerische Deliktsverwirklichung nach dem § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zutreffend als erschwerend, weil der Tatbestand dieses Finanzvergehens nicht notwendigerweise Tatmodalitäten voraussetzt, die gleichzeitig sämtlichen Kriterien strafbaren Betruges entsprechen. Auch unter dem Gesichtspunkt, daß der tatbedingte wirtschaftliche Vorteil dem Angeklagten nicht unmittelbar persönlich, sondern auf dem Umweg über ein (ihm und seiner Ehefrau gehörendes) Unternehmen zufloß, erweist sich der Grad der Täterschuld, der nicht nur die Grundlage der Strafbemessung (§ 23 Abs. 1 FinStrG), sondern auch eine maßgebliche Beurteilungskomponente für den Ausspruch der bedingten Strafnachsicht darstellt (§ 43 Abs. 1 StGB), als nicht geringer. Mit jenem (sinngemäß zu Recht reklamierten) Beitrag zur Wahrheitsfindung, der den Selbstanzeigen des bisher unbescholtenen Angeklagten zuzuordnen ist, der umfassenden nachträglichen Abdeckung der tatgegenständlichen Verkürzungsbeträge und dem zwischenzeitigen Rückzug von selbständigen unternehmerischen Aktivitäten liegen jedoch Umstände vor, die die Gewährung der angestrebten bedingten Strafnachsicht aus der Sicht der Täterperson rechtfertigen. Unter Mitberücksichtigung, daß die (bereits länger als vier Jahre zurückliegenden) Tathandlungen im Licht eines wirtschaftlich niedergehenden Unternehmens zu sehen sind und ihr Unwert schon in Anbetracht der (unabhängig von Tatdetails absolut) beträchtlichen Strafhöhe auch bei bloßer Androhung des Strafübels hinreichend zum Ausdruck kommt, erweist sich eine bedingte Strafnachsicht nach Lage des Falles auch aus generalpräventiver Sicht als vertretbar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E14058European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00144.87.0510.000Dokumentnummer
JJT_19880510_OGH0002_0110OS00144_8700000_000