TE OGH 1988/5/10 10ObS114/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Vesely und Monika Fischer in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hilmi A***, Pensionist, YU-38423 Brodosavce, vertreten durch Emin E***, Hilfsarbeiter, 1150 Wien, Avedikstraße 2/37, dieser vertreten durch Dipl.Dolm.Dr. Johann Zivic, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei V*** DER Ö***

E***, 1061 Wien, Linke Wienzeile 48, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Kinderzuschüssen zur Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Februar 1988, GZ. 32 Rs 240/87-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30. Jänner 1987, GZ. 24 Cgs 2031/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

In dem nach der Bestätigung der den Antrag aufnehmenden jugoslawischen Stelle bei ihr erstmals am 6.11.1981 gestellten Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension aus der österreichischen Pensionsversicherung, ausgefertigt auf dem Abkommensformblatt OBR. JA-15/1, sind unter Punkt 13 die für Vornamen, Zunamen, Geburtsdaten, Art des Kindschaftsverhältnisses und Daten der Geburtsurkunden vorgesehenen Zeilen der nach Kindern, für welche der Kinderzuschuß beantragt wird, gestellten Fragen durchgestrichen. Aus diesem vom jugoslawischen Versicherungsträger am 21.8.1985 an die P*** DER A***

übermittelten, dort am 28.8.1985 eingelangten und am 25.9.1985 der zuständigen V*** DER Ö*** E***

abgetretenen Pensionsantrag ergibt sich nicht der geringste Hinweis darauf, daß auch ein Kinderzuschuß geltend gemacht wurde. Mit Bescheid vom 31.1.1986 anerkannte die beklagte Partei auf Grund des Antrages vom 6.11.1981 den Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension nach § 254 Abs 1 Z 1 ASVG iVm dem österreichisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen, setzte den Pensionsbeginn mit 27.7.1982, die Bemessungsgrundlage mit 9.433 S und die Höhe der österreichischen Teilpension ab 27.7.1982 und ab dem 1.1. der Folgejahre bis 1986 ohne Kinderzuschuß fest. Am 10.4.1986 langte bei der beklagten Partei ein Schreiben der Ehegattin des Klägers vom 4.4.1986 ein, in dem diese darauf hinwies, daß dem Kläger zur Pension eine "Kinderzulage" zustehen würde. Dem beigelegten Formblatt Beih 102 der FLD für Wien, NÖ und Bgld, ausgestellt am 12.3.1986, ist zu entnehmen, daß der Kläger folgende eheliche, nicht verheiratete Kinder hat:

Esmere, geb 28.11.1965,

Muzafere, geb 23.3.1969,

Hazer, geb 25.2.1971,

Minevere, geb 9.12.1972,

Elamije, geb 24.4.1975,

Anamsere, geb 12.1.1980,

Fadile, geb 8.4.1982.

Die beklagte Partei übermittelte diese Familienstandsbescheinigung dem Finanzamt Linz und wertete die Eingabe vom 4.4.1986 als Antrag auf Kinderzuschuß.

Mit Änderungsbescheid vom 27.4.1987 gewährte die beklagte Partei dem Kläger auf Grund seines Antrages vom 4.4.1986 zu der mit Bescheid vom 31.1.1986 zuerkannten Invaliditätspension für die Kinder A*** Muzafere, Hazer, Minevere, Elamije, Anamsere und Fadile nach § 262 ASVG einen Kinderzuschuß, und zwar nach § 97 Abs 2 ASVG ab 4.1.1986, für Muzafere allerdings nur bis 31.3.1987. Gleichzeitig setzte die beklagte Partei das Ausmaß der monatlichen Pension und des Kinderzuschusses ab 4.1.1986, 1.1.1987 und 1.4.1987 fest.

Mit Schreiben vom 27.4.1987 teilte die beklagte Partei dem Kläger mit, daß für Esmere kein Kinderzuschuß gewährt werden könne, weil dieses Kind bereits am 28.11.1983 das 18.Lebensjahr vollendet habe.

In der gegen den Änderungsbescheid und auch gegen das als Bescheid zu wertende Schreiben über die Ablehnung der Gewährung des Kinderzuschusses für Esmere gerichteten Klage bekämpfte der Kläger die Nichtgewährung des Kinderzuschusses auch für die Zeit vom 27.7.1982 bis 3.1.1986, für Esmere nur bis 28.11.1983 und beantragte, den Kinderzuschuß im gesetzlichen Ausmaß auch für die genannten Zeiträume zu gewähren.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei, zu der mit Bescheid vom 31.1.1986 zuerkannten Invaliditätspension für die Kinder A*** Muzafere, Hazer, Minivere (richtig Minevere), Elamija, Anemsere (richtig Anamsere) und Fadile ab 4.1.1986 (den Kinderzuschuß) zu gewähren, für Muzafere allerdings nur bis 31.3.1987. Das weitere Begehren wies es ab. Es stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Inhalt des Pensionsaktes und insbesondere fest, daß sich daraus vor dem Schreiben vom 4.4.1986 kein Anhaltspunkt auf Kinder des Klägers ergab. Daraus zog das Erstgericht den rechtlichen Schluß, daß der Kinderzuschuß wegen des auch diesbezüglich geltenden Antragsprinzipes nach § 97 Abs 2 ASVG erst ab 4.1.1986 gebühre. Das Berufungsgericht gab der gegen den abweisenden Teil des erstgerichtlichen Urteils gerichteten, wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht der ersten Instanz und meinte, § 97 Abs 2 ASVG schließe als lex specialis die Anwendung des § 101 ASVG, die zu einer Nachzahlung für einen längeren Zeitraum als drei Monate führen würde, aus.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Nach § 361 Abs 1 Z 1 ASVG sind die Leistungsansprüche von den

Versicherungsträgern ......in der Pensionsversicherung auf Antrag

festzustellen. Nach Abs 3 leg cit hat der Antragsteller die zur

Feststellung des geltend gemachten Anspruches erforderlichen

Urkunden......beizubringen. Zu den Leistungen aus den

Versicherungsfällen des Alters und der Invalidität gebührt nach

§ 262 Abs 1 ASVG für jedes Kind (§ 252) ein Kinderzuschuß. Über das

vollendete 18.Lebensjahr wird der Kinderzuschuß nur auf besonderen

Antrag gewährt. Die Erhöhung einer Pension aus der

Pensionsversicherung......wird nach § 97 Abs 1 ASVG mit dem

Zeitpunkt der Anmeldung des Anspruches wirksam. Die Erhöhung von Pensionen infolge Zuerkennung von Kinderzuschüssen sowie die Weitergewährung von Kinderzuschüssen ist jedoch nach § 97 Abs 2 ASVG auch längstens bis zu drei Monaten vor der Anmeldung zu gewähren. Ergibt sich nachträglich, daß eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde, so ist nach § 101 ASVG mit Wirkung vom Tage der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen.

Aus den zitierten Bestimmungen - mit Ausnahme des § 101 ASVG - ist abzuleiten, daß für die Feststellung von Leistungsansprüchen in der Pensionsversicherung das Antragsprinzip gilt, eine Leistungsgewährung daher nur auf Grund eines Antrages zulässig ist. Im Sinne sozialer Rechtsanwendung ist ein Antrag im Zweifel zugunsten des Versicherten auszulegen. Die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrages läßt sich allerdings auch aus dem Grundsatz sozialer Rechtsanwendung nicht ableiten (Oberndorfer in Tomandl SV-System 3.ErgLfg 679 mwH).

Da es sich bei den Kinderzuschüssen - ähnlich wie bei den Hilflosenzuschüssen - nicht um Pensionsbestandteile im engeren, sondern im weiteren Sinne handelt (Teschner in Tomandl aaO 404), gilt das Antragsprinzip auch für sie. Wenn § 262 Abs 1 letzter Satz ASVG nur für einen Kinderzuschuß über das vollendete 18.Lebensjahr einen besonderen Antrag vorschreibt, läßt dies nicht den Schluß zu, daß die Kinderzuschüsse für jüngere Kinder von Amts wegen zu gewähren wären. Wenn auch kein formeller Antrag erforderlich ist, müssen solche Kinderzuschüsse beim Pensionsversicherungsträger zumindest so angemeldet werden, daß er darüber ein Ermittlungsverfahren einleiten und einen Bescheid erlassen kann. Ohne eine solche Anmeldung des Anspruches auf einen Kinderzuschuß kann die diesbezügliche Pensionserhöhung nicht wirksam werden und wird der Pensionsversicherungsträger auch nicht leistungspflichtig (vgl. Schrammel in Tomandl aaO 146).

Da von einer Anmeldung des Anspruches des Klägers auf Kinderzuschüsse zur Invaliditätspension vor dem 4.4.1986 überhaupt keine Rede sein kann, fehlt es an dieser für eine diesbezügliche Leistungspflicht der beklagten Partei für vor dem 4.1.1986 liegende Zeiträume notwendigen formellen Voraussetzung.

Weil die Invaliditätspension deshalb im ursprünglichen Gewährungsbescheid nicht zu Unrecht ohne Kinderzuschüsse bemessen wurde, ist auch die Anwendung des § 101 ASVG ausgeschlossen. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E14517

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00114.88.0510.000

Dokumentnummer

JJT_19880510_OGH0002_010OBS00114_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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