TE OGH 1988/5/17 2Ob686/87 (2Ob687/87)

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Veröffentlicht am 17.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adelheid W***, geborene P***, Geschäftsfrau, 6430 Ötztal-Bahnhof, Bahnhofstraße 12, vertreten durch Dr. Ernst Offer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Friedrich P***, 6020 Innsbruck, Layrstraße 2, vertreten durch die erbserklärten Erben 1. Klaus B***, Hotel- und Gastgewerbeassistent, Botanikerstraße 23, 6020 Innsbruck, 2. Karoline K***, geborene B***, Hausfrau, 6130 Pillberg Nr. 114, 3. Helene B***, Bankangestellte, Höttinger Au 41, 6020 Innsbruck, alle vertreten durch Dr. Klaus Gürtler, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen S 4,092.333,-- s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 17. September 1987, GZ 1 R 167/87-25, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Mai 1987, GZ 11 Cg 538/86-9, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs ON 28 wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs ON 27 wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerberin hat die Kosten dieses Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin macht gegenüber der beklagten Verlassenschaft Pflichtteilsansprüche geltend und begehrt, daß bei deren Berechnung ua. auch die vom Erblasser der Erbin Karoline K***, geborene B***, geschenkte Liegenschaft EZ 96 KG Heiligkreuz berücksichtigt werde.

Die beklagte Verlassenschaft beantragte die Klagsabweisung. Mit Schriftsatz ON 6 erklärte die erbserklärte Erbin Karoline K***, die gemeinsam mit den beiden anderen erbserklärten Erben die beklagte Verlassenschaft vertritt und eine eigene Klagebeantwortung erstattete, dem Rechtsstreit auf Seiten der beklagten Partei als Nebenintervenientin beizutreten. Sie stellte den Antrag, die Nebenintervention zuzulassen, und brachte zu deren Begründung vor, nicht nur als Miterbin, sondern auch als Geschenknehmerin der Liegenschaft EZ 96 KG Heiligkreuz ein Interesse daran zu haben, daß diese Liegenschaft nicht in die Berechnung des Pflichtteiles der Klägerin einbezogen und daß das Klagebegehren daher abgewiesen werde. Die Klägerin beantragte sinngemäß die Zurückweisung der Nebenintervention.

Das Erstgericht wies die Vertreterbestellung und die Klagebeantwortung der Karoline K*** und ebenso ihren Antrag, sie als Nebenintervenientin zuzulassen, zurück. Zur Begründung führte es aus, Karoline K*** sei allein zur Vertretung des Nachlasses nicht befugt und die in § 17 ZPO aufgestellte Voraussetzung des Beitrittes des Nebenintervenienten in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit sei nicht erfüllt, weil gemäß § 547 ABGB die erbserklärten Erben den Erblasser vorstellten und hier die durch die drei erbserklärten Erben, zu welchen auch Karoline K*** gehöre, vertretene Verlassenschaft als beklagte Partei der klagenden Partei gegenüberstehe.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hob die erstgerichtlichen Beschlüsse auf. Es hielt die Erstattung getrennter Klagebeantwortungen für zulässig und wies das Erstgericht an, über den Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention der Karoline K*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung neuerlich zu entscheiden. Hiezu vertrat es die Rechtsansicht, der Nachlaß habe bis zur Einantwortung ein selbständiges rechtliches Schicksal und sei parteifähig, so daß er bis dahin selbst klagen und auch geklagt werden könne. Aus diesem Grunde sei die Pflichtteilsklage vor der Einantwortung auch nicht gegen die erbserklärten Erben, sondern gegen den Nachlaß zu richten. Im Hinblick auf das gegenständliche Klagsvorbringen, nach welchem die Einbeziehung der vom Erblasser an Karoline K*** verschenkten Liegenschaft in die Pflichtteilsberechnungsgrundlage beantragt werde, könne ein rechtliches Interesse der Karoline K*** am Obsiegen der beklagten Partei im vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 17 Abs 1 ZPO nicht von vornherein verneint werden. Da Karoline K*** in ihrem Antrag auf Zulassung als Nebenintervenientin ein Tatsachenvorbringen erstattet habe, aus welchem sich ein rechtliches Interesse ableiten lasse, die Klägerin aber die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt habe, müsse gemäß der zwingenden Bestimmung des § 18 Abs 2 ZPO über den Antrag auf Zulassung der Nebenintervention somit vom Erstgericht zunächst mündlich verhandelt und könne erst danach über diesen Antrag entschieden werden. Gegen die rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschlüsse wenden sich die Rekurse der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidungen im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Beschlüsse, hilfsweise auf Zurückweisung der Nebenintervention bzw. auf Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und Rückverweisung an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung. Bei Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Rekurse ist von der Bestimmung des § 527 Abs 2 ZPO auszugehen, nach welcher Aufhebungsbeschlüsse des Rekursgerichtes, die dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auftragen, nur dann angefochten werden können, wenn das Rekursgericht einen Rechtskraftvorbehalt aussprach. Solche Aussprüche hat das Rekursgericht hier nicht vorgenommen. Die Rechtsmittelwerberin meint, es handle sich bei den Aufhebungsbeschlüssen in Wahrheit um solche abändernder Natur, so daß die Bestimmung des § 527 Abs 2 ZPO nicht anwendbar sei. Richtig ist, daß im Sinne der Lehre und ständigen Rechtsprechung die Rechtsmittelzulässigkeit nicht nach § 527 Abs 2 ZPO zu beurteilen ist, wenn der scheinbar aufhebende Beschluß in Wahrheit eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung darstellt. Eine derartige Abänderung ist gegeben, wenn in der Kassation des erstgerichtlichen Beschlusses zugleich auch schon die abschließende Entscheidung über den Parteiantrag liegt (8 Ob 531/80), sodaß über den bisherigen Entscheidungsgegenstand nicht mehr abzusprechen ist, weil dies inhaltlich schon durch den Beschluß des Rekursgerichtes geschah (SZ 12/17; 3 Ob 160/65, 6 Ob 272/66).

In diesem Sinne ist hier der rekursgerichtliche Beschluß, in welchem über die Frage der Zulässigkeit der Nebenintervention nicht in einer endgültigen und bindenden Weise abgesprochen, sondern vom Rekursgericht dem Erstgericht die mündliche Verhandlung hierüber aufgetragen wurde, nicht abändernder Natur, denn die Frage der Zulässigkeit der Nebenintervention blieb weiterhin offen und das Erstgericht hat über diesen Parteienantrag neuerlich zu entscheiden. Der Rekurs ON 28 ist somit mangels eines vom Rekursgericht beigesetzten Rechtskraftvorbehaltes gemäß § 527 Abs 2 ZPO unzulässig und war daher zurückzuweisen.

Der Beschluß, mit welchem das Rekursgericht über die erstgerichtliche Zurückweisung der Vertreterbestellung und Klagebeantwortung der Karoline K*** entschieden hat, stellt dagegen im Sinne der obenstehenden Ausführungen einen solchen abändernder Natur dar, zumal diesbezüglich vom Rekursgericht abschließend entschieden wurde. Der gegen diesen Beschluß gerichtete Rekurs ist somit zulässig. Er ist aber nicht gerechtfertigt. Die Rekurswerberin verweist darauf, daß als beklagte Partei die Verlassenschaft nach Friedrich P*** gelte und diese von den drei erbserklärten Erben gemeinsam vertreten werde, diesen Erben selbst aber keine Parteistellung zukomme. Demgemäß sei die Klagebeantwortung der Miterbin Karoline K*** - diese hat inzwischen den Vertreter der beiden anderen Erben zu ihrer Vertretung im vorliegenden Verfahren bevollmächtigt - unzulässig.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:

Der Umstand, daß die erbserklärten Erben im Sinne der Bestimmung des § 547 ABGB hinsichtlich der Erbschaft den Erblasser vorstellen und nach Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses in den von und gegen diesen geführten Rechtsstreitigkeiten als Vertreter desselben auftreten, macht sie in solchen Rechtsstreitigkeiten nicht auch selbst zur Prozeßpartei. Erst mit der Einantwortung hört der Nachlaß zu bestehen auf und die Erben treten an seine Stelle (1 Ob 783/81), also auch anstelle des Nachlasses in einen Rechtsstreit ein (NZ 1970/175; SZ 46/27 uva). Wird vor der Einantwortung ein Rechtsstreit gegen den Nachlaß eingeleitet, so bilden die ihn vertretenden mehreren erbserklärten Erben keine Streitgenossenschaft im Sinne der Prozeßordnung, weil diese ja ihre Parteistellung voraussetzen würde. Einer von einem der mehreren erbserklärten Erben erstatteten Klagebeantwortung wird jedoch, wie der Oberste Gerichtshof in der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung SZ 34/188 ausgesprochen hat, Wirkung auch zugunsten der anderen bestreitenden Miterben zuerkannt. Zur Vermeidung von Säumnisfolgen für den Nachlaß kann daher jedes erbserklärte Mitglied der Erbengemeinschaft einschreiten und muß demgemäß auch als berechtigt gelten, eine der beklagten Verlassenschaft aufgetragene Klagebeantwortung zu erstatten. Somit haftet dem angefochtenen Beschluß kein Rechtsirrtum an. Dem Rekurs ON 27 war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E14381

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00686.87.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19880517_OGH0002_0020OB00686_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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