TE OGH 1988/5/19 8Ob15/88

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Veröffentlicht am 19.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Konkurssache der Verlassenschaft nach dem am 27.10.1984 verstorbenen Karl Friedrich Heinrich H***, wohnhaft gewesen in 6060 Absam, Eichenweg 2a, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Dr. Hans Mayr, Rechtsanwalt in 6060 Hall in Tirol, Stadtgraben 25, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 16. Februar 1988, GZ 1 R 43/88-19, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.Jänner 1988, GZ S 100/87-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Dr. Karl E***, Rechtsanwalt in Innsbruck, wurde im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 27.Oktober 1984 verstorbenen Karl Friedrich Heinrich H*** über Antrag des Verlassenschaftsgläubigers Dr. Helmut R*** mit Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes (BG Hall) vom 19.11.1984, GZ A 633/84-4, gemäß § 811 ABGB zum Kurator der Verlassenschaft bestellt und - wie aus der Begründung des Bestellungsbeschlusses hervorgeht - zur Vertretung der Verlassenschaft im Rechtsstreit des genannten Gläubigers gegen die Verlassenschaft wegen S 1,619.210 s.A. (AZ 9 Cg 498/82 des Landesgerichtes Innsbruck, der nach wie vor anhängig ist) sowie "zur Vornahme weiterer notwendiger Schritte" beauftragt. Der Tätigkeitskreis des Verlassenschaftskurators wurde in der Folge mit Zustimmung des Verlassenschaftsgerichtes und der bekannten Erben (Witwe und zwei großjährige Kinder des Erblassers, die zum Nachlaß allerdings bis jetzt keine Erbserklärung abgegeben haben) auf eine umfassende Vertretung des Nachlasses in gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten erweitert, der Verlassenschaftskurator schloß über bewegliches und unbewegliches Verlassenschaftsgut vom Verlassenschaftsgericht genehmigte Verträge, nahm die Rechte des Nachlasses in Passivprozessen wahr, stornierte etwa auch einen Vertrag des Erblassers über einen Grundstückskauf und beantragte schließlich die Bewilligung der Schätzung und Inventarisierung des gesamten Nachlasses, den er sodann mit Genehmigung des Verlassenschaftsgerichtes veräußerte. Insgesamt verfaßte er fünf Berichte über den Status der Verlassenschaft an das Abhandlungsgericht, wobei sich aus dem letzten Vermögensstatus eine Überschuldung des Nachlasses in Höhe von rund S 1,500.000 ergab (ON 88 des Verlassenschaftsaktes). Der Verlassenschaftskurator verrichtete daher bis zu der über seinen Antrag erfolgten Eröffnung des Konkurses über die Verlassenschaft mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 7.10.1987 (S 100/87-2) eine jener eines Masseverwalters ähnliche Tätigkeit mit dem Ziel, durch Versilberung des Nachlaßvermögens und Feststellung der Passiven zu klären, ob und in welcher Höhe eine Nachlaßüberschuldung vorliegt. Bereits mit dem Beschluß vom 13.3.1986 (ON 66 des Verlassenschaftsaktes) bewilligte das Abhandlungsgericht dem Verlassenschaftskurator über dessen Antrag die Entnahme eines Kostenvorschusses (auf seine Belohnung bzw. das Vertretungsentgelt) von S 300.000 aus Verlassenschaftsmitteln. Mit Beschluß vom 23.11.1987 (ON 98) bestimmte das Abhandlungsgericht sodann das Entgelt des Verlassenschaftskurators für seine Tätigkeit in mehreren Rechts- und Exekutionssachen auf Grund des dazu erstatteten Kostenverzeichnisses nach dem RAT mit S 290.120 und eine Belohnung des Verlassenschaftskurators für seine Tätigkeit "für die Verlassenschaft im allgemeinen" mit S 50.000, wobei dieser Beschluß auch dem Masseverwalter Dr. Hans M*** zugestellt wurde und in Rechtskraft erwuchs.

Der Verlassenschaftskurator beantragte sohin beim Konkursgericht, dem Masseverwalter gemäß § 124 Abs 3 KO aufzutragen, ihm den vom Vorschuß nicht gedeckten Betrag von S 40.120 aus Massemitteln zu überweisen, weil dieser Teil seiner Belohnungsforderung eine Masseforderung darstelle.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil nach der Rechtsprechung (EvBl 1967/461) die Belohnung des Verlassenschaftskurators im Verlassenschaftskonkurs nicht Kosten des Konkursverfahrens darstellten oder gleichkämen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß in die Stattgebung des Abhilfeersuchens des Verlassenschaftskurators ab und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Dabei legte es den in Lehre und Rechtsprechung über die Beurteilung der Kosten und Gebühren des Verlassenschaftsverfahrens als Masseforderungen im anschließenden Verlassenschaftskonkurs bestehenden Meinungsstreit dar und vertrat angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falles die Auffassung, daß die hier geltend gemachte Belohnung des Verlassenschaftskurators für seine im Ergebnis mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbundene Tätigkeit im Konkurs (offenbar gemeint als Auslagen gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO) Berücksichtigung finden können, weil sie in der geltend gemachten Höhe auch entstanden wären, wenn sie dem Masseverwalter im Konkurs selbst zu honorieren gewesen wären.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Masseverwalters ist zwar zulässig (§ 171 KO iVm §§ 527 Abs 2, 528 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO; eine Entscheidung im Kostenpunkt liegt nicht vor, vielmehr eine solche über den Befriedigungsrang im Konkurs: SZ 13/16, 5 Ob 34/71, 5 Ob 313/86 ua), aber nicht berechtigt.

Gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO (nF) sind Masseforderungen "alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind...", wobei solche Auslagen grundsätzlich erst im Konkursverfahren selbst entstehen. Soweit die Rechtsprechung - nahezu einhellig - im Verlassenschaftskonkurs auch die Kosten der Nachlaßinventarisierung durch den Gerichtskommissär (oder auch den Nachlaßkurator) als Massekosten gemäß § 46 Abs 1 Z 1 (alte und neue Fassung) KO wertet (oder solchen Kosten gleichhält), liegt diesen Entscheidungen der in den Begründungen hervorgehobene Gedanke zugrunde, daß solche Kosten der Feststellung der (Verlassenschafts-, die sodann der Konkurs-)Masse dien(t)en (5 Ob 313/86, 5 Ob 34/71; EvBl 1967/461; SZ 13/16 uva). Für die Ablehnung einer derartigen Qualifikation für den übrigen Teil der Kosten des Verlassenschaftsverfahrens (also sowohl der Gerichtskommissionsgebühren als auch eines Belohnungs- oder Entgeltsanspruchs des Nachlaßkurators) wird die - ausdrückliche oder erkennbare - Begründung gegeben, die damit abgegoltenen Tätigkeiten hätten mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse nichts zu tun, kämen daher auch nicht allen Konkursgläubigern zugute usf.

Solche Begründungen mögen auf die Tätigkeit eines Verlassenschaftskurators zutreffen, der die - wegen Saumsal der bekannten Erbprätendenten mit der Abgabe von

Erbserklärungen - unvertretene Verlassenschaft im einzelnen gerichtlichen oder außergerichtlichen Rechtsangelegenheiten vertritt, so daß dessen vom Abhandlungsgericht bestimmter Belohnungsanspruch in keinem (direkten) Zusammenhang mit der Massebewirtschaftung (zu Gunsten aller Konkursgläubiger) stehen muß. Nimmt aber der Verlassenschaftskurator - wie im vorliegenden Abhandlungsverfahren mit weitestgehender Genehmigung der Erbprätendenten und des Abhandlungsgerichtes - mehrfach einen vollständigen Vermögensstatus der Verlassenschaft - auch zur Prüfung der Insolvenzvoraussetzungen - auf und schließt er während der Tätigkeit als Verlassenschaftskurator durch nahezu drei Jahre hindurch - stets mit entsprechender abhandlungsgerichtlicher Genehmigung - für die Verlassenschaftsmasse günstige Kaufverträge über Fahrnisse und Liegenschaften ab, die naturgemäß entsprechende Mühewaltung für die Vertragsverhandlungen erforderten, dann muß anerkannt werden, daß der Verlassenschaftskurator mit der Bewirtschaftung der Masse in Zusammenhang stehende Tätigkeiten verrichtet hat. Hat das Verlassenschaftsgericht die "allgemeine Tätigkeit für die Verlassenschaft" mit einer Belohnung von S 50.000 rechtskräftig abgegolten,dann kann dem zutreffenden Argument des Rekursgerichtes, daß sich die (Konkurs)Masse zumindest diese Kosten als Masseverwalterhonorar ersparte, vom Rekurswerber nichts entgegengesetzt werden. Der Oberste Gerichtshof tritt sohin der Auffassung des Rekursgerichtes bei, daß auch die Belohnung des Verlassenschaftskurators im Konkurs der Verlassenschaft als Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO anzusehen ist, wenn sie für eine Tätigkeit festgesetzt wurde, die der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse diente und im Konkurs der Verlassenschaft vom Masseverwalter verwertet und übernommen werden kann, sodaß sich die Masse das dafür sonst anfallende Honorar des Masseverwalters ersparte.

Ist aber davon auszugehen, daß das mit den rein anwaltlichen Vertretungstätigkeiten des Verlassenschaftskurators verbundene Entgelt in der rechtskräftig festgesetzten Höhe von S 290.120 vom Verlassenschaftskurator noch vor der Konkurseröffnung über die Verlassenschaft mit dem bewilligten Kostenvorschuß von S 300.000 (zusammen mit einem weiteren Teil der "allgemeinen Belohnung" von S 9.880) vereinnahmt wurde, dann haftet der richtigerweise als Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO anzusehende Restbetrag von S 40.120,-- nach der Konkurseröffnung noch unberichtigt aus. Das Rekursgericht hat daher dem Abhilfeantrag des Verlassenschaftskurators als Massegläubigers gemäß § 124 Abs 3 KO mit Recht stattgegeben.

Anmerkung

E14489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00015.88.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19880519_OGH0002_0080OB00015_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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