TE OGH 1988/5/26 12Os70/88

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Veröffentlicht am 26.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gottfried S*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB aF und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18.Februar 1988, GZ 8 Vr 107/88-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der durch die vom Schuldspruch laut den Punkten I/1 und 2 des Urteilssatzes erfaßten Taten verursachte Schaden an den Fahrzeugen und durch den Verbrauch von Betriebsmitteln insgesamt 100.000 S übersteigt, sowie in der rechtlichen Beurteilung dieser Taten nach § 136 Abs. 3 zweiter Fall StGB, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung nach § 38 StGB) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit darin der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO nF geltend gemacht wird, sowie mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Gottfried S*** wurde mit dem angefochtenen Urteil (zu I) des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 (ersichtlich gemeint:) zweiter Fall StGB (aF), sowie (zu II) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (aF) schuldig erkannt.

Darnach hat er

I) Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet

sind, ohne Einwilligung der Berechtigten vorsätzlich in Gebrauch genommen, indem er sich die Gewalt über die Fahrzeuge durch Einbruch, sohin durch eine im § 129 StGB geschilderte Handlung verschaffte, wobei der durch die Tat verursachte Schaden an den Fahrzeugen und durch den Verbrauch von Betriebsmitteln insgesamt 100.000 S übersteigt, und zwar:

1) in der Nacht zum 31.Dezember 1987 in Neunkirchen einen PKW-Bus N*** U*** (ohne Kennzeichen) zum Nachteil eines Berechtigten des Autohauses G***,

2) in der Nacht zum 5.Jänner 1988 in Graz den V***

G 43.696 zum Nachteil eines Berechtigten des Autohauses Anton M***;

II) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S, nicht jedoch 100.000 S übersteigenden Wert nachgenannten Personen durch Einbruch in ein Gebäude oder ein Transportmittel mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1) in der Nacht zum 31.Dezember 1987 in Wiener Neustadt einem Berechtigten des Autohauses H*** zwei Autoradios, Einbaulautsprecher, einen Lederkoffer und einen Taschenrechner im Gesamtwert von über 8.000 S sowie Bargeld im Betrag von 475,50 S,

2) in der Nacht zum 6.Jänner 1988 in Graz einem Berechtigten der Firma Adolf S*** G*** eine Flasche Sekt, eine Brieftasche, ein Taschenklappmesser und Rauchwaren im Gesamtwert von ca. 430 S,

3) in der Nacht zum 6.Jänner 1988 der Erika K*** Spirituosen unbekannten Wertes,

4) am 7.Jänner 1988 in Graz Berechtigten der Firma Adolf S*** G*** und der Firma K*** Alkoholika und Wurstwaren im Gesamtwert von ca. 6.800 S sowie Bargeld im Betrag von ca. 108 S. Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5, 5 a und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die teilweise berechtigt ist. Unbegründet ist die Verfahrensrüge (Z 4), denn der vom Angeklagten zunächst schriftlich gestellte (S 148) und in der Hauptverhandlung wiederholte (S 191) Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung seiner Ehefrau Aloisia S*** zum Beweis dafür, daß er "damals Streit mit ihr hatte und es nur auf Grund dieses Streites zu den Straftaten gekommen sei" (S 191), zumal er "kurz vor den Taten Alkohol und Beruhigungstabletten genommen" habe (S 148), zielte ausdrücklich nur auf die Darlegung eines Milderungsgrundes ab (S 148) und betraf demnach keine für die rechtliche Beurteilung oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache. Soweit erst in der Beschwerde auf den Nachweis einer vollen Berauschung des Angeklagten zur jeweiligen Tatzeit abgestellt wird, fehlt es an einer gesetzmäßigen Ausführung der Verfahrensrüge: die Berechtigung eines Beweisantrages und die Frage einer Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten durch seine Abweisung ist stets nach der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages und den dabei vorgebrachten Gründen zu prüfen (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 41 zu § 281 Abs. 1 Z 4).

Im übrigen hat das Erstgericht im gerügten Zwischenerkenntnis (S 191) mit Recht darauf hingewiesen, daß die beantragte Zeugin über den Zustand des Angeklagten nach dem 30.Dezember 1987 hätte keine Auskunft geben können, weil sie bei den erst nach diesem Zeitpunkt begangenen Straftaten mit dem Angeklagten nicht beisammen war (vgl. auch US 3 verso).

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich aus den vom Beschwerdeführer aus den Akten ins Treffen geführten Umständen für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsache, daß der Angeklagte zu den jeweiligen Tatzeiten keinesfalls volltrunken gewesen ist (vgl. S 87 iVm S 189). Mit Recht rügt der Beschwerdeführer allerdings (nominell unter der Z 5, der Sache nach indes als Feststellungsmangel iS der Z 10), daß das angefochtene Urteil zu der bloß spruchmäßigen Erwähnung eines durch den unbefugten Gebrauch der Fahrzeuge (Fakten I/1 und 2) an diesen und durch den Verbrauch von Betriebsmitteln verursachten Schadens von mehr als 100.000 S in den Entscheidungsgründen (vgl. Ö*** 1982/132 zu § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) keinerlei Feststellungen über Art, Entstehung und Ausmaß solcher Schäden, vor allem aber nicht darüber getroffen hat, ob diese dem Angeklagten als wenigstens fahrlässig herbeigeführt (§ 7 Abs. 2 StGB) zugerechnet werden können (Ö*** 1984/9 zu § 136 Abs. 3 StGB;

Leukauf-Steininger Komm.2 § 136 RN 40, 41). Gerade darüber wären aber eingehende Feststellungen erforderlich gewesen, weil der Angeklagte in Ansehung der ersichtlich den Ausschlag gebenden Beschädigungen des PKW-Bus N*** U*** (S 157, 159/160) durch einen Auffahrunfall jedes Verschulden bestreitet (S 59/61, 86; vgl. aber S 153).

Rechtliche Beurteilung

Der Qualifikationsausspruch nach § 136 Abs. 3 zweiter Fall StGB (die Zitierung des ersten Falles im Spruch beruht ersichtlich auf einem Schreibfehler) sowie der Strafausspruch waren daher aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfang die Erneuerung des Verfahrens aufzutragen (§ 285 e StPO), das im zweiten Rechtsgang gegebenenfalls die geänderten Wertgrenzen des § 136 Abs. 3 StGB nF zu beachten haben wird (Art. XX Abs. 1 StRÄG 1987).

Mit Rücksicht auf die Aufhebung des Strafausspruches sind die Strafbemessungsrüge (Z 11 zweiter Fall) und die Berufung gegenstandslos.

Zufolge der ausgesprochenen Teilaufhebung erübrigte es sich aber auch, den dem Obersten Gerichtshof vom Erstgericht im Nachhang vorgelegten Protokollsergänzungsantrag des Angeklagten vom 18. Mai 1988 vor der Rechtsmittelentscheidung einer Erledigung durch das Erstgericht zuzuführen, weil dieser Antrag auf die ergänzende Protokollierung von prozessualen Vorgängen abzielt, die sich nur auf den (ohnedies kassierten) Qualifikationsvorwurf nach § 136 Abs. 3 StGB beziehen. Nur um Mißverständnissen vorzubeugen ist allerdings zu vermerken, daß die behauptete "Abweisung" des auf die Annahme dieser Qualifikation gerichteten "Modifizierungsantrages der Staatsanwaltschaft" (S 190/191) durch den Vorsitzenden - wäre sie tatsächlich erfolgt - ohne jede Bedeutung wäre, da über diese Erweiterung des Anklagevorwurfs - wie geschehen - nur im Urteil des Gerichtshofs abgesprochen werden konnte.

Im verbleibenden Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung - nach Anhörung der Generalprokuratur - als zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt, im übrigen aber als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 StPO).

Insoweit hat der Beschwerdeführer auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen (§ 390 a StPO).

Anmerkung

E14067

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00070.88.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19880526_OGH0002_0120OS00070_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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