TE OGH 1988/5/26 8Ob586/87 (8Ob587/87)

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Veröffentlicht am 26.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Huber und Dr. Schwarz als Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei C*** E*** V***, vertreten durch Dr. Rudolf

Gürtler, Dr. Friedrich Halzl und Dr. Johannes Bruck, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I*** Holz-Imprägnierungsgesellschaft mbH, Preindlgasse 2, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,358.647,04 sA (11 Cg 39/85 des Handelsgerichtes Wien) und S 1,097.976,30 sA (11 Cg 137/85 des Handelsgerichtes Wien) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Februar 1987, GZ 4 R 270/86-20, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. September 1986, GZ 11 Cg 39/85-15, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei wurde im Jahre 1949 von der I*** GmbH, Zürich und Dipl.Ing. Alwin H***, der bis 1978 ihr alleiniger Geschäftsführer war, gegründet. Mit Gründung der Gesellschaft wurde gleichzeitig ein Lizenzvertrag über eine damals patentierte Vorrichtung zum Imprägnieren von Holz abgeschlossen (siehe ./0). Geschäftszweck der Gesellschaft war das Imprägnieren von Holz nach diesem Patent.

Mit den am 1. April 1985 und 26. November 1986 erhobenen Klagen (AZ 11 Cg 39/85 und 11 Cg 137/85 des Handelsgerichtes Wien) begehrte die klagende Partei nach Modifizierung und Einschränkung des (im Verfahren 11 Cg 137/85 vorerst auch auf Rechnungslegung gerichtet gewesenen) Klagebegehrens von der beklagten Partei die Bezahlung von S 2,364.741,07 samt Zinsen an "Lizenzgebühren" für den Zeitraum vom 1. Jänner 1982 bis 15. August 1985, sowie von S 91.882,27 an "Lizenzgebühren" als "Rest aus Vorjahren". Der Vertrag über die Zahlung der Lizenzgebühren sei 1967 zwischen der Firma I*** S.A.R.L./Zürich (in der Folge I*** Zürich genannt) und der beklagten Partei abgeschlossen worden. Die I*** Zürich sei Gesellschafterin der Beklagten gewesen. Mit Vertrag vom 19. Dezember 1979 habe die I*** Zürich ihre Gesellschaftsanteile an der beklagten Partei und damit auch alle ihre Rechte an die klagende Partei abgetreten. Im Zeitpunkt des Überganges der Gesellschaftsrechte sei vereinbart und auch effektiv gehandhabt worden, daß sämtliche Ansprüche, sohin auch jene auf Zahlung der Lizenzgebühren, auf die klagende Partei übergehen sollten. Die klagende Partei sei daher aktiv legitimiert, sie sei nicht bloße Zahlstelle. Dies sei von der beklagten Partei auch immer anerkannt worden; die beklagte Partei habe die Ansprüche weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten. Der Beklagten sei von der I*** Zürich die Ermächtigung zur Verwendung eines Patentes zur Impregnierung von Holzmasten im Wege einer eingeräumten Lizenz und auch das zugehörige Spezialwissen als know-how entgeltlich übertragen worden. Weitere Entwicklungsarbeiten an dem von der Beklagten verwendeten Verfahren seien aber nicht oder nur bei anderen Patenten vorgenommen worden, die von der Vereinbarung aus dem Jahre 1967 nicht erfaßt gewesen seien. Die Anmeldung eines neuen Patentes betreffend eine Vorrichtung zum Einspritzen von flüssigen oder teigigen Produkten stünde in keinem Zusammenhang mit der klagegegenständlichen Forderung. Die beklagte Partei habe durch die ständige Zusammenarbeit mit der I*** Zürich jeweils Kenntis vom letzten Stand der Entwicklungen gehabt, sie habe es aber offenbar aus Bequemlichkeit abgelehnt, weitere Geschäftsbereiche zu erarbeiten. Die Anmeldung des neuen Patentes sei im Jahre 1978 erfolgt, das Patent sei aber erst 1984 erteilt worden und bis heute nicht zur Anwendung gekommen. Auf den Einwand der Verjährung habe die beklagte Partei verzichtet.

Die beklagte Partei bestritt die Klagebegehren letztlich nur dem Grunde nach und beantragte deren Abweisung. Die eingeklagte Forderung stünde nicht der klagenden Partei zu, sondern allenfalls der I*** Zürich. Gegenstand der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der I*** Zürich aus dem Jahre 1967 sei nicht die Überlassung eines Patentes gewesen, sondern vielmehr die Überlassung der Nutzung des gegenwärtigen und künftigen know-hows der I*** Zürich auf dem im Vertrag näher beschriebenen Fachgebiet. Da die I*** Zürich seit dem Jahre 1981 keinerlei Informationen mehr an die Beklagte erteilt und damit ihre Verpflichtungen verletzt habe, sei die Beklagte nicht mehr verbunden, Zahlungen zu leisten. Hinsichtlich der Position "Rest aus den Vorjahren" und der know-how-Gebühr für das erste Quartal 1982 erhob die beklagte Partei die Einrede der Verjährung. Schließlich wendete die beklagte Partei noch eine Gegenforderung von S 138.152,29 im Zusammenhang mit einem Haftungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften den Klagsforderungen gegenüber aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Nach Ablauf dieses Patentes schlossen I*** Zürich und I*** Wien am 3. August/7. September 1967 eine Vereinbarung (./A), deren wesentliche Punkte wie folgt lauten:

"I. Die I*** Zürich ist Herstellerin eines Apparates, welcher zur Imprägnierung von Holzmasten und zum Zwecke deren Konservierung Verwendung findet. Für diesen Apparat besteht zu Gunsten der I*** Zürich das unter der Zahl 165.547 des Österreichischen Patentamtes eingetragene Patent "Impfkopf", welches am 15. August 1967 abläuft. Die I*** Zürich stellt nunmehr der I*** Wien zwecks Herstellung von Apparaten nach dem jeweils von der I*** Zürich entwickelten Verfahren sowie zur Benützung dieser Apparate ihre Erfahrungen, wissenschaftlichen Forschungen, Mischungsformeln für die Zusammensetzung der Imprägnierungsmittel etc., kurzum ihr gesamtes "know-how" zur Verfügung, um der I*** Wien die Möglichkeit zu geben, die von der I*** Zürich hergestellten Erzeugnisse in derselben oder ähnlichen Qualität herzustellen wie jene, welche gegenwärtig oder in Zukunft während der Vertragsdauer von der I*** Zürich hergestellt oder verkauft werden.

III. Dieser Vertrag wird für die Dauer von 18 Jahren beginnend mit 15. August 1967 und endigend mit 15. August 1985, abgeschlossen.

V. Die I*** Wien verpflichtet sich, der I*** Zürich bzw. an die von dieser bekanntgegebene Zahlstelle eine Lizenzgebühr von 5 % des Bruttobetrags ..... zu bezahlen."

Die I*** Zürich war zur Zeit des Abschlusses des Vertrages zu mehr als 50 % an der I*** Wien beteiligt; in Punkt IV. dieses Vertrages war im Hinblick auf diese Beteiligung vereinbart, daß mit dem Austritt der I*** Zürich aus der I*** Wien dieser enden sollte, es sei denn, daß die I*** Zürich ihre Gesellschaftsanteile an bestimmte, im Vertrag taxativ aufgezählte Gesellschaften, an denen die I*** Zürich direkt beteiligt ist, abtrete. Am 19. Dezember 1969 trat die I*** Zürich ihre Gesellschaftsanteile an die C*** V*** ab (./B), die in der Vereinbarung ./A namentlich genannt ist. Die Überweisung der Gebühren erfolgte jeweils am Ende des dem abgelaufenen Geschäftsjahr folgenden Jahres, wobei die I*** Zürich einige Zeit nach Abschluß des Abtretungsvertrages die nunmehrige Klägerin als Zahlstelle bekanntgab. Die Beklagte wurde jedoch nicht davon verständigt, daß Rechte auf Auszahlung der Gebühren abgetreten worden sind. Der eigentliche Zahlungsempfänger war zunächst Rechtsanwalt Dr. B*** und ab 1973 dessen Nachfolger Rechtsanwalt Dr. Rudolf G***, welcher die Gelder an die C*** V*** weiterleitete. Bei der Überweisung wies die beklagte Partei darauf hin, welche Beträge für die Klägerin bestimmt waren, d.h. Gewinnanteile, die ihr als Gesellschafterin zustanden und welche an die Klägerin in ihrer Funktion als Zahlstelle weitergeleitet werden sollten (siehe ./1 bis ./4). Insoweit von "Lizenzgebühren" die Rede war (etwa ./C bis ./E, siehe aber wieder ./F), handelte es sich um ein Versehen der Geschäftsführung der beklagten Gesellschaft. Mit Schreiben vom 13. September 1983 (./5) wurde die Beklagte von den von ihr mit der Überwachung neuer Patentanmeldungen in Österreich beauftragten Patentanwälten Dipl.Ing. Otto und Manfred B*** darüber informiert, daß die I*** Zürich zur Zahl 3549/78 eine "Vorrichtung zum Einspritzen von flüssigen oder teigigen Produkten in ...." zum Patent angemeldet hat. Bei dieser Vorrichtung handelt es sich um ein gleichartiges Gerät wie es in der Vereinbarung ./A Vertragsgegenstand ist. Das am 16. Mai 1978 angemeldete Patent wurde am 26. März 1984 ausgegeben; Beginn der Patentdauer 15. August 1983; zu ergänzen ist das Schreiben ./5 noch durch ".... in Holzstämme, andere Gegenstände aus Holz oder Bäume" (Akt des Österreichischen Patentamtes A 3549/78). I*** Zürich hatte die beklagte Gesellschaft, an der Vater und Sohn H*** seit Jahren 50 % der Geschäftsanteile halten, zuletzt im Jahre 1981 im Sinne der Vereinbarung ./A informiert; die Beklagte, die nach ihrer Auslegung der zitierten Vereinbarung sämtliche Informationen über Neuentwicklungen zu bekommen hat, stellte darauf ihre Zahlungen ein. Die Information über "Korrosionsschutz" steht in keinem Zusammenhang mit dem von der Beklagten angewandten Imprägnierungsverfahren; sie betrifft vielmehr ein Gebiet, auf welchem die Beklagte nicht tätig ist, und zwar Schutzanstriche für sogenannte Gittermasten (./J bis ./K und ./M).

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß es sich bei dem zwischen der I*** Zürich und der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrag um einen know-how-Vertrag handle. Die Ansprüche aus diesem Vertrag seien durch Zession an die klagende Partei übergegangen, doch könne die beklagte Partei gemäß § 1396 ABGB dem Neugläubiger, sohin der klagenden Partei, alle Einwendungen entgegenhalten, die ihr gegen den Altgläubiger, die I*** Zürich, zustünden. Da letztere die beklagte Partei jedenfalls seit 1982 nicht mehr über ihre Entwicklungsarbeiten informiert habe, stünde der beklagten Partei die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu, weshalb die Beklagte nicht verpflichtet sei, die vereinbarte Gebühr zu bezahlen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Partei gegen dieses Urteil Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes auf und wies die Rechtssache unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens und legte sie seiner Entscheidung zugrunde.

Der von der Berufungswerberin in ihrer Rechtsrüge vertretenen Ansicht, der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag stelle keinen know-how-Vertrag dar, er sei vielmehr als Lizenzvertrag zu qualifizieren, maß das Berufungsgericht keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu; es handle sich jedenfalls um ein Dauerschuldverhältnis (vgl. Stumpf, Der know-how-Vertrag, 41, ÖBl 1977, 4; HS 11.181). Das Gericht zweiter Instanz verneinte auch das Vorliegen der in der Berufung geltend gemachten und in der Unterlassung von Feststellungen des Erstgerichtes über die Ablehnung des von der klagenden Partei angebotenen neu entwickelten Verfahrens durch die beklagte Partei sowie über die Form des in der Zeit von 1967 bis 1981 erfolgten Informationsaustausches erblickten Feststellungsmängel. Da Punkt I der Vereinbarung in keiner Weise eine Beschränkung auf ausgereifte Produkte enthalte, vielmehr klar von der Zurverfügungstellung der "Erfahrungen, wissenschaftlichen Forschungen .... etc." die Rede sei, könne der Ansicht der klagenden Partei, Beilage A beinhalte nur die Verpflichtung zur Verfügungstellung von fertigen ausgereiften Produkten, weshalb die Patentanmeldung aus dem Jahre 1978 keinen Vertragsbruch darstelle, nicht gefolgt werden. Wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot ging das Berufungsgericht auf die Ausführungen der Berufung über das Vorliegen eines Scheingeschäftes nicht ein. Im Rahmen der Pflicht zur allseitigen rechtlichen Beurteilung vertrat das Berufungsgericht jedoch die Ansicht, daß das Erstgericht wohl von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts auf den vorliegenden Rechtsfall ausgehen dürfte (§§ 43 Abs 1, 45 IPRG), es aber mit den Parteien nicht erörtert habe, auf welchen Zeitraum sich der "Rest aus Vorjahren" in der Höhe von S 91.882,27 beziehe, der jedenfalls vor dem Jahre 1982 liegen müsse. Zuletzt sei aber die klagende Partei noch im Jahre 1981 im Sinne der Vereinbarung Beilage A informiert worden. Das vom Erstgericht zur Abweisung des Klagebegehrens herangezogene Argument der fehlenden Information der beklagten Partei seit 1982 könne daher für diesen Zeitraum nicht gelten. Solange die I*** Zürich sich vertragskonform verhalten habe, könne die beklagte Partei ihre Leistungen nicht zurückhalten. Dadurch, daß das Erstgericht sich mit der Frage des Anspruches aus dem Zeitraum vor 1982 nicht auseinandergesetzt habe, leide das erstgerichtliche Verfahren an Mängeln, die eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung verhinderten (§ 496 Abs 1 Z 2 ZPO). Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zur Ansicht gelangen, daß die eingeklagte Forderung (teilweise) zu Recht bestehe, werde es sich auch mit dem Einwand der Verjährung und der eingewendeten Gegenforderung auseinanderzusetzen haben. Aber auch die Frage der Aktivlegitimation scheine nicht endgültig geklärt. Das Erstgericht sei der an sich zutreffenden Rechtsansicht, daß auch der klagsgegenständliche Anspruch abgetreten werden könnte. Das Erstgericht habe aber keine Tatsachenfeststellungen getroffen, aus denen eine derartige Zession abgeleitet werden könne; es habe auch die dafür angebotenen Beweise nicht aufgenommen. Offenbar sei das Erstgericht davon ausgegangen, daß mit der Abtretung der Gesellschaftsanteile an der beklagten Partei durch die I*** Zürich an die klagende Partei ein Übergang der klagsgegenständlichen Forderung verbunden sei. Diese Ansicht sei aber nicht richtig. Der Geschäftsanteil als Anteilsrecht an der GmbH stehe mit den Forderungen gegenüber dieser GmbH in keinem Zusammenhang. Werde der Geschäftsanteil an der beklagten Partei von der I*** Zürich an die klagende Partei abgetreten, so sei damit in keiner Weise auch ein Übergang des Anspruches auf Zahlung von Linzenz (oder know-how)Gebühren an die klagende Partei verbunden. Die klagende Partei habe auch im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, daß nicht nur Gesellschaftsrechte der beklagten Partei, sondern auch die Ansprüche auf Zahlung der Lizenzgebühren vereinbarungsgemäß an sie hätten übergehen sollen (AS 31). Die klagende Partei habe auch diesbezüglich ein Beweisanbot erstattet. Offensichtlich auf Grund seiner Rechtsansicht, daß der Übergang des Geschäftsanteiles an die klagende Partei auch eine Zession des Anspruches auf Zahlung der Lizenzgebühren bewirkt habe, habe das Erstgericht keine Beweise darüber aufgenommen, ob zwischen der I*** Zürich und der klagenden Partei eine Zessionsvereinbarung getroffen worden sei. Es liege daher ein Feststellungsmangel infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache vor (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO). Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zur Ansicht gelangen, daß der von der klagenden Partei geltend gemachte Anspruch zumindest teilweise zu Recht bestehe, so werde es auch Feststellungen darüber zu treffen haben, ob zwischen der klagenden Partei und der I*** Zürich vereinbart worden sei, daß die Forderung auf die klagende Partei übertragen werde.

Den Ausspruch über den Rechtskraftvorbehalt gründete das Berufungsgericht auf die §§ 479 Abs 1, 519 Abs 1 Z 3 ZPO sowie §§ 519 Abs 2 und 502 Abs 4 Z 2 ZPO.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der als Revisionsrekurs bezeichnete Rekurs der beklagten Partei. Die klagende Partei beantragt in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Hinblick auf den ausgesprochenen Rechtskraftvorbehalt zulässig, aber nicht berechtigt. Im Rahmen der durch die auch erhobene Rechtsrüge ausgelösten Pflicht zur allseitigen Rechtsprüfung ist vorerst auf die durch die hier gegebene Auslandsbeziehung der zur Entscheidung gestellten Ansprüche bedeutsamen kollisionsrechtlichen Fragen einzugehen. Das Erstgericht hat sich mit der Frage des hier anzuwendenden Sachrechtes nicht näher befaßt und das Berufungsgericht hat die faktische Anwendung österreichischen Rechts durch das Erstgericht unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 43 Abs 1 und 45 IPRG ohne weitere Begründung gebilligt. Da sich die Sachverhalte, aus denen Ansprüche geltend gemacht werden (Abschluß der Vereinbarung Beilage A und behaupteter Übergang der Ansprüche aus diesem Vertrag auf die klagende Partei), vor dem Inkrafttreten des IPRG verwirklicht haben, sind die Kollisionsnormen dieses Gesetzes darauf nicht anzuwenden (§ 5 ABGB), wohl aber dessen Vorschriften über die Ermittlung der für die Anknüpfung maßgebenden Voraussetzungen (§ 2 IPRG), die Anwendung (§ 3 IPRG) und die Ermittlung fremden Rechts (§ 4 IPRG) (Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 50 IPRG mit Rechtsprechungshinweis).

Die dem Auffinden der für den konkreten Fall passenden Kollisionsnorm dienende "primäre Qualifikation" ist nach dem inländischen Kollisionsrecht vorzunehmen, im vorliegenden Fall somit nach jenem des ABGB. Die §§ 36 und 37 ABGB stellen, abgesehen von der Fremdeigenschaft oder Inländereigenschaft der Vertragsteile, auf den Ort des Vertragsabschlusses ab, lassen aber unter Umständen auch zu, daß bei Vertragsabschluß ausdrücklich oder aus den Umständen schlüssig ein anderes Recht als anwendbar vorausgesetzt wurde (vgl. ZfRV 1977, 230). Nach der vor Inkrafttreten des IPRG maßgeblichen Rechtslage war auch schon eine nachträgliche Rechtswahl durch die Vertragsparteien anerkannt (vgl. Schwind, Handbuch 299). Eine ausdrückliche Rechtswahl wurde von den Parteien nicht behauptet und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen; ob eine gültige schlüssige Rechtswahl angenommen werden kann - sei es, daß die Vertragsteile sich von Anfang an über die Anwendung österreichischen Sachrechts einig waren oder daß es nachträglich schlüssig zu einer Rechtswahl gekommen wäre -, kann nach der bisherigen Aktenlage noch nicht eindeutig beurteilt werden. Als Indiz für eine nachträgliche Rechtswahl könnte gelten, daß die Parteien die tatsächliche Anwendung österreichischen Rechts durch das Erstgericht und die ausdrückliche Billigung dieses Vorgehens des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht unbekämpft ließen (vgl. Duchek-Schwind, IPR, 39, FN 4 zu § 11 IPRG und 85, FN 2 zu § 35 IPRG). Solange aber nicht feststeht, welches Sachrecht auf das den geltend gemachten Ansprüchen zugrunde liegende Vertragsverhältnis anzuwenden ist, ist die Rechtssache nicht spruchreif, weshalb es bei der vom Berufungsgericht verfügten Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung jedenfalls zu verbleiben hat.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher in erster Linie die für das Zustandekommen der Vereinbarung Beilage A bedeutsamen Umstände und allenfalls die Frage einer gültigen Rechtswahl der Parteien, deren materiellrechtliche Beurteilung dem österreichischen Sachrecht als lex fori unterläge (vgl. Schwimann, aaO, Rz 7 zu §§ 11 IPRG mit Rechtsprechungsnachweis zur Rechtslage vor dem IPRG), mit den Parteien zu erörtern und dazu Feststellungen zu treffen haben. Sollte letztlich ausländisches Sachrecht zur Anwendung kommen, so hätte dies so zu geschehen, wie es dem ausländischen herrschenden Gerichtsgebrauch entspricht, also unter subsidiärer Heranziehung der herrschenden ausländischen Lehre sowie der im Ausland geltenden Auslegungsregeln und allgemeinen Rechtsgrundsätze (vgl. Schwind, aaO, 74; Schwimann, JBl 1968, 129; SZ 45/91; ZfRV 1977, 130 ua).

Die beklagte Partei erklärt in ihrem Rechtsmittel vorerst, den Beschluß des Berufungsgerichtes zur Gänze anzufechten; sie führt jedoch im Anschluß daran aus, es werde die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils deswegen, weil das Erstgericht es unterlassen habe, mit den Parteien zu erörtern, auf welchen Zeitraum sich der "Rest aus den Vorjahren" in der Höhe von S 91.882,27 bezieht, bekämpft. Dementsprechend wird in diesem Rechtsmittel in erster Linie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt und erst hilfsweise beantragt, den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Urteil des Handelsgerichtes Wien lediglich in dem Umfang aufgehoben werde, als darin die Klage zu 11 Cg 39/85 hinsichtlich der Teilforderung "Rest aus Vorjahren" im Betrag von S 91.882,27 sA abgewiesen, im übrigen aber bestätigt wurde. Insoweit die Rekurswerberin sich mit diesen Ausführungen über die Unterlassung des Berufungsgerichtes beschwert, über das die behaupteten Ansprüche aus den Jahren ab 1982 betreffende Klagebegehren urteilsmäßig abzusprechen und insoweit das (abweisliche) erstinstanzliche Urteil zu bestätigen, ist ihr zu entgegnen, daß eine Überprüfung der Ermessensfrage, ob ein Teilurteil zu erlassen ist, durch die Rechtsmittelinstanz nicht möglich ist (vgl. Fasching II 938; SZ 47/5; RdA 1979, 301; RZ 1981/54; RZ 1982/4 und 26; SZ 56/150).

Im übrigen vertritt die Rekurswerberin zur Begründung der Bekämpfung des Aufhebungsbeschlusses in Ansehung des den "Rest aus den Vorjahren" betreffenden Klagebegehrens von S 91.882,27 sA den Standpunkt, ein von Amts wegen wahrzunehmender Verfahrensmangel liege hier überhaupt nicht vor. Der Rekurswerberin ist wohl darin beizupflichten, daß Stoffsammlungsmängel, die ihre Ursache in einer Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften haben, gemäß § 496 Abs 1 Z 2 ZPO vom Berufungsgericht nur dann aufgegriffen werden dürfen, wenn sie (nach gemäß § 196 ZPO in der mündlichen Streitverhandlung erfolgter Rüge) in der Berufung geltend gemacht wurden. Um solche Mängel handelt es sich hier aber in erster Linie nicht. Das Berufungsgericht hat in Wahrnehmung seiner Pflicht zur allseitigen Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes dessen Unterlassung aufgegriffen, mit den Parteien zu erörtern, auf welchen jedenfalls vor dem Jahre 1982 liegenden Zeitraum sich das aus dem Titel "Rest aus Vorjahren" abgeleitete Klagebegehren von S 91.882,27 sA bezieht; da nach den Ergebnissen des Verfahrens die klagende Partei noch im Jahre 1981 im Sinne der Vereinbarung Beilage A informiert worden ist, und damit das vom Erstgericht zur Klageabweisung herangezogene Argument der seit 1982 fehlenden Information für einen vor 1982 liegenden Zeitraum nicht gelten könne, gelangte das Berufungsgericht zur Ansicht, daß die Rechtssache im Hinblick auf die Unterlassung der Erörterung der aufgezeigten Frage noch nicht spruchreif sei. Die vom Berufungsgericht angenommene Unvollständigkeit des festgestellten Sachverhaltes wurde daher vom Berufungsgericht in Wahrheit aus einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache durch das Erstgericht abgeleitet. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verfügte Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung wurde auf § 496 Abs 1 Z 3 ZPO gestützt; sie war von einer ausdrücklichen Rüge in der Berufung nicht abhängig. Bei dem vom Berufungsgericht vorgenommenen Klammerzitat handelt es sich somit um einen offensichtlichen Schreibfehler. Wenn aber das Berufungsgericht der Ansicht ist, daß der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten. Die Rekursausführungen, mit welchen das Nichtvorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO dargelegt werden sollte, gehen deshalb ins Leere.

Die Rekurswerberin wendet sich weiters noch gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß auch die Frage der Aktivlegitimation noch nicht endgültig geklärt erscheine. Das Berufungsgericht habe sich nämlich bei Prüfung der Frage der Aktivlegitimation im Rahmen der vom Urteil erster Instanz festgestellten Ergebnissen der Verhandlung und Beweisführung des Verfahrens erster Instanz zu halten. Auf Grund der "Feststellung" des Erstgerichtes, wonach für den Zeitraum ab einschließlich 1982 die Unterlassung der Zahlung durch die beklagte Partei zu Recht erfolgt sei, und die Billigung dieser Ansicht durch das Berufungsgericht, spiele es für das vom Berufungsgericht als richtig erkannte Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens keine Rolle, ob der klagenden Partei oder der I*** Zürich eine Forderung nicht zukomme. Die fehlende Auseinandersetzung des Erstgerichtes mit dem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation betreffe somit keine erhebliche Tatsache im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO und sei daher vom Berufungsgericht zu Unrecht als Grund für die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung herangezogen worden. Auch hier kann der beklagten Partei nicht gefolgt werden; denn die bisherigen Verfahrensergebnisse stellen keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die von der Beklagten ihrer diesbezüglichen Rüge zugrunde gelegten Annahme dar, daß der klagenden Partei aus der zwischen der I*** Zürich und der I*** Wien im Jahre 1967 geschlossenen Vereinbarung (Beilage A) überhaupt kein Leistungsanspruch zustünde.

Damit erweist sich aber der Rekurs als unberechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E14482

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00586.87.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19880526_OGH0002_0080OB00586_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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