Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Edith B***, Angestellte, Wien 23,
Ketzergasse 435-437/1/1/11, vertreten durch Dr.Karl Zach, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Ing. Josef D***, Systemanalytiker, Wien 23, Ketzergasse 425, vertreten durch Dr.Johann Werth, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 14. Jänner 1988, GZ 47 R 865/87-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 3.August 1987, GZ 1 F 2/86-17, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 514,35 Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung:
Gegenstand des von der Antragstellerin nach der am 24. Oktober 1985 ausgesprochenen Scheidung am 5.März 1986 beantragten Aufteilungsverfahrens sind die Ehewohnung, Einrichtungsgegenstände und andere Gebrauchsgegenstände, 2 PKW, 2 Bausparverträge und 2 Lebensversicherungen.
Die Vorinstanzen wiesen der Antragstellerin die Ehewohnung und einen wesentlichen Teil der Einrichtung sowie den PKW Citroen und einen auf ihren Namen lautenden Bausparvertrag, dem Antragsgegner einen kleineren Teil der Einrichtung und verschiedene Gebrauchsgegenstände, den PKW Audi, 2 Lebensversicherungen und einen auf seinen Namen lautenden Bausparvertrag zu und verpflichteten die Antragstellerin zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 75.000. In dritter Instanz ist nur mehr strittig, ob die Antragstellerin eine höhere, nämlich die vom Antragsgegner begehrte Ausgleichszahlung von insgesamt S 200.000, zu leisten habe. Die Vorinstanzen gingen kurz zusammengefaßt von folgenden Feststellungen aus:
Die Streitteile haben im Jahr 1974 die Ehe geschlossen. Der Ehe entstammt ein 1977 geborenes Kind. Am 18.Juni 1985 zog der Antragsgegner aus der ehelichen Wohnung aus. Nach der Scheidung wurden die elterlichen Rechte und Pflichten für das eheliche Kind der Antragstellerin übertragen.
Bei der Ehewohnung handelt es sich um eine Gemeindewohnung bestehend aus Vorraum, Küche, 3 Zimmern, Bad, WC, Abstellraum und Loggia mit einer Wohnfläche von 78 m2. Der zu entrichtende Baukostenzuschuß von S 37.596 wurde von den Eltern der Antragstellerin beigesteuert.
Die Einrichtung der Wohnung kostete etwa S 400.000, wobei etwa S 160.000 (zweimal S 50.000, einmal S 15.000, einmal 20.000 und in natura etwa S 25.000) von den Eltern der Antragstellerin stammten, weitere S 100.000 vom Antragsgegner (Ersparnisse vor der Eheschließung) und etwa S 15.000 von der Antragstellerin (Ersparnisse vor der Eheschließung), während der Rest von beiden Streitteilen gemeinsam aufgebracht wurde.
Im übrigen leistete die Antragstellerin Beiträge durch die Führung des Haushaltes und die Betreuung des Kindes, wobei in beiden Bereichen praktisch die volle Last auf ihr ruhte. Weiters war die Antragstellerin fast immer berufstätig und verdiente etwa S 10.000, später S 13.000 monatlich, fallweise aber, wenn sie wegen des Kindes nur halbtägig arbeiten konnte oder überhaupt keinem Beruf nachging, durch Karenzgeld, Arbeitslosengeld oder Halbtagseinkommen etwa S 7.000 bis S 8.000.
Der Antragsgegner war ebenfalls fast immer berufstätig und verdiente etwa S 15.000 monatlich, später an die S 18.000 bis 19.000. Im Februar 1986 erkrankte er und ist seither arbeitslos. Nach dem Verlassen der ehelichen Wohnung zog er zu seiner Mutter. Bis Jänner 1986 kam er noch für den Mietzins für die Ehewohnung auf. Der Wert des der Antragstellerin zugesprochenen Hausrates betrug im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft S 81.290, der PKW Citroen hatte einen Wert von S 20.000, der ihr zugesprochene Bausparvertrag wies ein Guthaben von S 47.324 auf.
Der Wert der dem Antragsgegner zugesprochenen Gegenstände wird von ihm selbst mit etwa S 10.000 veranschlagt, der Wert des PKW Audi steht mit S 40.000 außer Streit. Die beiden Lebensversicherungen hatten zum angeführten Zeitpunkt einen Rückkaufwert von S 74.236 und S 9.992, der dem Antragsgegner zuerkannte Bausparvertrag wies ein Guthaben von S 37.943 auf.
In rechtlicher Hinsicht vertraten beide Vorinstanzen die Auffassung, daß der Antragsgegner bei der vorgenommenen Aufteilung eher mehr als die Hälfte der vorhandenen Werte erhalte, was zwar nicht wegen der von beiden Teilen erbrachten Beiträge, wohl aber wegen der Krankheit des Antragsgegners gerechtfertigt sei. Eine höhere Ausgleichszahlung könnte jedoch der Antragstellerin nicht zugemutet werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Mit Recht hat schon das Gericht zweiter Instanz den Einwand des Antragsgegners verworfen, es bestehe zwischen der festgesetzten Ausgleichszahlung und der von ihm während des Verfahrens einmal angebotenen Ausgleichszahlung von S 220.000, falls ihm die Ehewohnung zugewiesen würde, ein so großes Mißverhältnis, daß ihm schon deshalb mehr zugesprochen werden müsse. Dieser Vergleich hinkt schon deshalb, weil es nicht um die damalige Leistungsfähigkeit des Antragsgegners für den Fall, daß er die Ehewohnung behalten hätte, geht.
Selbst wenn man der Berechnungsmethode des Antragsgegners folgen wollte, daß die Ehewohnung einen Wert von S 200.000 darstelle und damit der Antragstellerin insgesamt Werte von etwa S 349.000 abzüglich S 75.000 Ausgleichszahlung = S 274.000 zugewiesen wurden, während dem Antragsgegner Werte von etwa S 172.500 zuzüglich S 75.000 Ausgleichszahlung das sind S 247.500 zukommen, zeigt sich, daß der Antragsgegner fast ebenso günstig bedacht wird wie die Antragstellerin. Da die Antragstellerin aber insgesamt ungleich größere Beiträge geleistet hat, wobei vor allem auf die erheblichen Beiträge ihrer Eltern und ihre Doppelbelastung im Beruf und durch Haushaltsführung und Erziehung zu verweisen ist, entspräche trotz der inzwischen eingetretenen Erkrankung des Antragsgegners auch dieses Wertverhältnis der Billigkeit. Es darf nicht übersehen werden, daß die Antragstellerin auch in Zukunft das eheliche Kind zu betreuen hat und gerade angesichts der Erkrankung des Antragsgegners für das Kind nur mehr reduzierte Unterhaltsbeträge erhalten wird (nicht mehr S 3.000,-- wie früher, sondern nur mehr S 1.730, und selbst dieser Betrag ist für die weitere Zukunft in Frage gestellt). Anhaltspunkte dafür, daß auch eine Gemeindewohnung wie eine sonstige Mietwohnung verwertbar sei und ihr daher ein Wert von etwa S 200.000 zukomme, liegen aber im übrigen gar nicht vor, so daß die Berechnung des Antragsgegners auch aus diesem Grunde nicht zutreffend ist. Eine ganz andere Sache ist es, daß vielleicht am freien Wohnungsmarkt ein Betrag von S 200.000 aufgewendet werden müßte, um eine ähnlich große und ähnlich ausgestattete Wohnung wie die Ehewohnung zu erlangen. Aber der Antragstellerin kann nicht dieser, sondern nur der während der Ehe entstandene Wert der vorhandenen Wohnung angerechnet werden. Zutreffend verweist der Antragsgegner darauf, daß die Bewertung im vorliegenden Fall auf den Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft abzustellen ist (EFSlg 51.727, 51.729); aber bei der soeben erörterten Berechnungsmethode geschieht dies ohnedies. Für denjenigen, der weitgehend abgenutzten gebrauchten Hausrat erhält, mag der reine Gebrauchswert höher als der Schätzwert sein, während der Teil, der sich solchen Hausrat neu anschaffen muß, hiefür entsprechend höhere Beträge aufwenden muß. Einerseits fehlt es aber im Verfahren an Anhaltspunkten dafür, daß der Antragsgegner an die Schaffung einer neuen Wohnung und Einrichtung denkt, also in Zukunft nicht mehr in der Wohnung seiner Mutter bleiben kann oder will; andererseits würde sich aber auch durch einen gewissen Aufschlag beim Wert des Hausrates zugunsten des Antragsgegners keine wesentlich günstigere Rechnung ergeben.
Der Hinweis auf das jetzt etwas höhere Einkommen der Antragstellerin (S 13.200) geht fehl, weil die Antragstellerin zur Abstattung eines Kredites zur Deckung der vollen Kosten der Ausgleichszahlung (der Wert des Bausparvertrages reicht nicht voll aus) entsprechende Annuitäten leisten muß, weil sie die Wohnungskosten bezahlen muß und weil sie jetzt auch teilweise für den Unterhalt des nun schon fast 11 Jahre alten Kindes aufzukommen hat, der durch die Unterhaltsleistung des Antragsgegners und die Familienbeihilfe nicht voll gedeckt werden kann.
So hart es für den Antragsgegner daher sein mag, sich wieder eine neue Wohnung zu beschaffen, falls er solche Pläne haben sollte, kann es doch der Antragstellerin mit dem Kind nicht zugemutet werden, sich noch mehr einzuschränken. Es ist zwar richtig, daß als Ergebnis der Aufteilung anzustreben ist, die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln (EFSlg 46.353, 51.747). Gegen diesen Grundsatz verstoßen aber die Entscheidungen der Vorinstanzen in keiner Weise. Der Antragsgegner erhält immerhin Barmittel von fast S 200.000, wofür er sich eine neue Kleinwohnung mieten und einrichten kann, während der Antragstellerin praktisch auch nur die Wohnung und der abgenützte Hausrat verbleiben.
Soweit der Antragsgegner auch die Kostenentscheidung der Vorinstanzen bemängelt, ist eine Anfechtung gemäß § 232 Abs 2 AußStrG ausgeschlossen (JBl 1981, 429 ua). Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens dritter Instanz stützt sich auf § 234 AußStrG.
Anmerkung
E14396European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00517.88.0527.000Dokumentnummer
JJT_19880527_OGH0002_0030OB00517_8800000_000