Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schwarz als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. Norbert W***, Kaufmann, Hubert Sattler-Gasse 3, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Harald Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ripalta L***, Geschäftsfrau, Hubert Sattler-Gasse 3, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung einer Geschäftsräumlichkeit und restl. S 54.000 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekurs- und Berufungsgerichtes vom 2. April 1987, GZ 32 R 174, 175/86-29, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 3. März 1986, GZ 14 C 58/85-22, und der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22. Jänner 1986, GZ 14 C 58/85-26, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Verfahrens über den Rekurs sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung:
Der Kläger und Elmar P*** taten sich 1983 zu einem Projekt zusammen, in dem Haus in Salzburg, Hubert Sattler-Gasse 3 einen als Wintergarten bezeichneten Durchgang mit einem Kaffeehaus, Handelsgeschäften sowie Ausstellungs- und Veranstaltungsräumlichkeiten zu schaffen. Sie wollten die dazu benötigten Räume mieten, ausgestalten und untervermieten und eine Passage von der Hubert Sattler-Gasse zur Franz Josef-Straße errichten. Die Beklagte hat im Jahr 1983 die im Anschluß an den Schanigarten rechts vom Eingang gelegene Geschäftsräumlichkeit mit 17,41 m2 Nutzfläche samt Lager und Büro mit 14,94 m2 und der dem Mietobjekt vorgelagerten Fläche von 8 m2 als Untermieterin in Bestand genommen.
Der Kläger begehrte mit der am 17. Jänner 1985 erhobenen Klage von der Beklagten die Räumung dieses Mietgegenstandes, weil sie trotz mehrmaliger schriftlicher Einmahnung mit der Zahlung des Bestandzinses säumig sei, und mit der am 13. Juni 1985 erhobenen Klage die Zahlung von zuletzt S 54.000 sA, weil die Beklagte ihrer im Untermietvertrag übernommenen Verpflichtung zur Zahlung von 18 % Umsatzsteuer aus dem vereinbarten Baukostenzuschuß von S 300.000 nicht nachgekommen sei. Der Mituntervermieter habe alle seine Rechte aus dem Vertrag an den Kläger abgetreten, die Beklagte habe ihre Betriebspflicht gröblich verletzt, anstelle eines Feinkostgeschäftes eine Bar betrieben und sei mit der Zahlung des Mietzinses in Rückstand. Ihre Gegenforderungen seien abgesehen von dem vertraglichen Aufrechnungsverbot unberechtigt.
Die Beklagte beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger allein sei zur Geltendmachung des Räumungs- wie des Zahlungsanspruches nicht berechtigt; er habe den Vertrag nicht erfüllt, sondern die ausdrückliche Zusage, es werde eine durchgehende Passage mit einer Gemeinschaftswerbung und kulturellen Aktivitäten geschaffen, nicht eingehalten; der Mietgegenstand sei zum bedungenen Gebrauch ungeeignet und der Mietzins auf Null herabgesetzt; auch der Anspruch auf Zahlung des Baukostenzuschusses (oder der daraus anfallenden Umsatzsteuer) sei nicht berechtigt. Die Beklagte fordere den dafür bezahlten Betrag von S 300.000 zurück und wende dies bis zur Höhe einer als zu Recht bestehend erkannten Geldforderung des Klägers aufrechnungsweise ebenso ein wie eine Schadenersatzforderung von S 332.000.
Das Erstgericht stellte mit Beschluß fest, daß "von den von der Beklagten aus dem mit dem Kläger abgeschlossenen Mietzinsen mehr als eine Monatsmiete unberichtigt aushaftet", und entschied, daß das eingeschränkte Zahlungsbegehren von S 54.000 zu Recht bestehe, nicht aber die eingewendeten Gegenforderungen der Beklagten, und daß daher die Beklagte den Mietgegenstand zu räumen und dem Kläger S 54.000 sA zu bezahlen habe. Ein Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Dieser Entscheidung lagen Feststellungen zugrunde, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Die Beklagte erfuhr von dem Projekt des Klägers und des Elmar P***, die sich zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht vereinigt hatten, und zeigte Interesse, im "Wintergarten" ein Feinkostgeschäft zu betreiben. Sie führte mehrere Besprechungen mit dem Kläger und besichtigte alle Räume. Der Kläger zeigte ihr auch die Pläne, wonach an der Hubert Sattler-Gasse ein Cafe mit einem Schanigarten eingerichtet und ein Durchgang mit Geschäften auf der einen und einem Kiosk auf der anderen Seite mit anschließender Galerie bis zur Franz Josef-Straße geschaffen werden sollten. Der Kläger rechnete damit, den Innenteil schon ab dem 31. Juli 1983 und die in den Bauplänen eingezeichnete durchgehende Passage erst ab Ende 1983 bis Frühjahr 1984 eröffnen zu können, weil in den zur Franz Josef-Straße zu gelegenen Räumlichkeiten noch ein Großhandelsunternehmen etabliert war. Eine fixe Terminzusage konnte der Kläger der Beklagten nicht geben. Später verschob der Eigentümer die Bereitstellung der Räume an der Franz Josef-Straße auf unbestimmte Zeit.
Der Kläger und die Beklagte einigten sich, daß die Beklagte für die Zurverfügungstellung der beiden Räume zum Betrieb eines Feinkostgeschäftes, die bauliche Ausstattung, das "know-how" und das Gesamtkonzept bei Vertragsabschluß S 310.000 zuzüglich Umsatzsteuer bezahle. Es wurde auch ein schriftlicher Untermietvertrag errichtet und darin festgehalten, daß die beiden Untervermieter der Beklagten die Geschäftsräumlichkeit gegen einen Bestandzins von wertgesichert S 170 je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat zuzüglich Umsatzsteuer, Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zur Führung eines Feinkostgeschäftes in Bestand geben. Die Wirksamkeit des Vertrages wurde von der aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht, daß die Untervermieter von den Liegenschaftseigentümern die Hauptmietrechte erhalten. Wenn die Untermieterin trotz Setzung einer Nachfrist von vier Wochen mittels eingeschriebenen Briefes mit der Mietzinszahlung in Verzug geraten sollte oder ihre Betriebspflicht gröblich verletze, sollten die Untervermieter berechtigt sein, die vorzeitige Vertragsauflösung zu begehren. Die Untermieterin erklärte, die Angemessenheit des vereinbarten, auch zur Abgeltung des Gesamtkonzeptes "Wintergarten" bestimmten Mietzinses anzuerkennen und auf jede Anfechtung zu verzichten. Aus Anlaß des Vertragsabschlusses hatte sie längstens binnen zehn Tagen nach Unterfertigung des Untermietvertrages für die bauliche Ausstattung der Räumlichkeiten S 300.000 zuzüglich der Umsatzsteuer zu bezahlen. Sie verpflichtete sich, das Feinkostgeschäft während der üblichen Geschäftszeiten voll zu betreiben, bauliche Veränderungen auch des Typus des Feinkostgeschäftes mit seiner Inneneinrichtung nur mit Zustimmung der Untervermieter vorzunehmen und das Risiko auf sich zu nehmen, wenn die Hauptmietverträge bis zur Aufnahme des Betriebes nicht vorliegen. Eine Aufrechnung von Forderungen der Untermieterin gegen Untermietzinsforderungen wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Bei Abschluß des Untermietvertrages gingen beide Teile davon aus, daß die Passage plangemäß verwirklicht wird, wenn auch der Kläger für die Fertigstellung keinen bestimmten Termin zusagte. Für die Beklagte war die Schaffung der Passage eine Voraussetzung für ihre vertragliche Bindung. Sie hätte den Vertrag nicht geschlossen, wenn ihr bekannt gewesen wäre, daß die Passage nicht zustande kommt. Den Betrag von S 300.000 zuzüglich der Umsatzsteuer sollte die Beklagte noch vor Vornahme von Aufwendungen allein für die Zurverfügungstellung des Bestandobjektes zahlen. Es wurde davon ausgegangen, daß die Leistung auch dann nicht zurückgezahlt werde, wenn die Bedingungen für den Vertrag (Hauptmietrechte an allen zur Verwirklichung des Projektes benötigten Teilen der Liegenschaft) nicht eintreten sollten. Die Beklagte bezahlte im Juli 1983 S 300.000 und blieb den weiteren Betrag von S 54.000 (= 18 % Umsatzsteuer) unter Hinweis auf ihre Zahlungsschwierigkeiten schuldig.
Die untervermieteten Geschäftsräume konnten von der Beklagten erst am 17. September 1983 eröffnet werden. Zwischen dem Kläger und seinem Partner waren nämlich Schwierigkeiten aufgetreten. Elmar P*** hatte noch ein Werbeplakat bestellt, das auf die im "Wintergarten" für den September 1983 geplanten Veranstaltungen im Sinne der zugesagten Gemeinschaftswerbung hinwies. Das Programm war dicht und der Geschäftsgang der Beklagten anfangs gut. Weitere Plakate wurden nicht herausgebracht, auch
Veranstaltungen gab es nach dem 1. Oktober 1983 seltener und unregelmäßig. Der Geschäftsgang des Feinkostladens der Beklagten ging ab November 1983 zurück. Ab Ende 1983 konnte sie zunehmend ihre Waren nicht absetzen und mußte Frischware einfrieren oder wegwerfen. Ihr zunächst auf Anregung des Klägers international gehaltenes Angebot baute sie ab, führte mehr inländische Ware und stellte den Frischdienst schließlich im Frühjahr 1985 ganz ein. Sie bietet nun Konserven, Flaschen und Haltbarware an, gab das Kühlpult samt Waagen und den Kühlschrank für Käse weg und verkaufte diese Einrichtungsgegenstände. Dafür stellte sie eine Theke auf und schenkt während der Öffnungszeiten von Montag bis Freitag von 10 Uhr bis 17 oder 18 Uhr Getränke aus. Sie verschaffte sich dazu eine Gastgewerbekonzession. Schon seit März 1984 hatte sie Tische und Sitzgelegenheiten aufgestellt und mit dem Kläger eine Tischmiete vereinbart, diese aber seit Ende 1984 nicht mehr bezahlt. Bis Ende 1983 war ihr Mietzinskonto ausgeglichen, zur Abdeckung des im Jahr 1984 aufgelaufenen Rückstandes gab die Beklagte dem Kläger einen Wechsel, und ab Beginn des Jahres 1985 stellte die Beklagte alle Mietzins- und Betriebskostenzahlungen ein.
Am 8. Feber 1984 war Elmar P*** aus der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft mit dem Kläger ausgeschieden und hatte dem Kläger alle aus den Untermietverträgen bestehenden Rechte abgetreten. Die Untermieter wurden davon verständigt. Seither war der Kläger allein Vertragspartner der Beklagten. Er war jetzt auch für die künstlerischen Belange des Projektes "Wintergarten" verantwortlich und hatte nicht nur, wie ursprünglich vereinbart, die kaufmännische und finanzielle Leitung.
Bauarbeiten im Hause konnten einen Kundenrückgang im Geschäft der Beklagten bewirkt haben. Am 15. Dezember 1984 wurde eine quer zur Passage verlaufende Galerie eröffnet, die in keinem Zusammenhang mit den im Projekt "Wintergarten" zusammengefaßten Betrieben stand. Damit wurde der Beklagten klar, daß die Verwirklichung der geplanten Passage mit Durchgangsmöglichkeit zwischen den beiden Straßen nicht mehr möglich sei.
Das Erstgericht meinte rechtlich, der Kläger sei zur Klagsführung berechtigt, weil er seit dem Ausscheiden seines Partners allein Untervermieter sei. Es liege sowohl qualifizierter Mietzinsrückstand vor, weil neben der Betriebskostennachforderung für das Jahr 1984 die Untermietzinsforderungen für die Zeit vom 1. Jänner 1985 bis zum 31. Jänner 1986 unbeglichen seien und eine Einschränkung des Gebrauches für die Untermieterin nur zur Erlassung eines verhältnismäßigen Teils des Mietzinses führen könne (§ 1105 ABGB). Eine Befreiung von der Mietzinszahlung komme nur in Betracht, wenn die in Bestand genommene Sache gar nicht gebraucht oder benutzt werden könne. Zumindest eine Mietzinsforderung des Klägers für einen Monat bestehe dem Grunde nach zu Recht. Die vorzeitige Auflösung des Untermietvertrages sei aber auch wegen der Verletzung der vertraglich bedungenen Betriebspflicht berechtigt, weil die Beklagte den Frischdienst eingestellt habe und damit kein Feinkostgeschäft mehr betreibe. Der Betrag von S 300.000 zuzüglich der Umsatzsteuer sei unbedingt und endgültig zu bezahlen. Die Beklagte schulde auf Grund des Vertrages noch S 54.000. Eine Vertragsanfechtung habe die Beklagte nicht vorgenommen. Es fehle abgesehen vom vereinbarten Kompensationsverbot gegenüber den Zinsforderungen des Klägers an einer Gegenforderung der Beklagten. Solange der Vertrag aufrecht sei, könne die Beklagte weder den geleisteten Betrag von S 300.000 zurückfordern noch Schadenersatz begehren.
Das Berufungsgericht hob sowohl den Beschluß, wonach von den zu zahlenden Untermietzinsbeträgen mehr als eine Monatsmiete unberichtigt aushafte, als auch das Urteil, soweit es nicht in dem das Zinsenmehrbegehren abweisenden Teil unangefochten und in Teilrechtskraft erwachsen war, auf und trug dem Erstrichter mit Rechtskraftvorbehalt eine neue Entscheidung auf. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes beim Räumungsbegehren S 300.000 übersteigt. Das Berufungsgericht war der Ansicht, es fehle an einer Beschlußfassung nach § 33 Abs 2 MRG über die Höhe des geschuldeten Zinsbetrages. Dadurch sei der Beklagten die ihr bei Fehlen eines groben Verschuldens vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit der Zahlung des strittigen Rückstandsbetrages, auf den das Räumungsbegehren gestützt wurde, entzogen worden. Vor Rechtskraft dieses Beschlusses habe auch das Urteil im Räumungsprozeß nicht gefällt werden dürfen. Der Ausspruch, daß "mindestens" ein Monatsbetrag an Mietzins rückständig sei, genüge nicht. Im Beschluß nach § 33 Abs 2 MRG müsse der gesamte, das Räumungsbegehren rechtfertigende Mietzinsrückstand ziffernmäßig bestimmt werden. Grobes Verschulden der Beklagten sei nicht anzunehmen, weil die Einstellung der Zinszahlung allenfalls auf einer vertretbaren Verkennung der Rechtslage beruhe. Der unterlaufene Verfahrensmangel sei aber nur relevant, wenn nicht neben der behaupteten Säumigkeit mit der Mietzinszahlung ein weiterer Vertragsaufhebungsgrund vorliege. Nach § 29 Abs 1 Z 5 MRG komme eine vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages nach § 1118 ABGB nur bei erheblich nachteiligem Gebrauch oder wegen Säumnis bei der Bezahlung des Mietzinses in Betracht. Ein vertraglich vereinbarter weiterer Aufhebungsgrund könne nur mit gerichtlicher Kündigung geltend gemacht werden. Eine Aufkündigung sei nicht erfolgt. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes liege nicht vor, wenn die Beklagte im Geschäft Getränke verabreiche. Eine Gefährdung wichtiger wirtschaftlicher Interessen des Untervermieters, der sogar eine Tischmiete mit der Beklagten vereinbart hatte, sei nicht dargetan.
Das Erstgericht werde daher mit Beschluß den Zinsrückstand festzustellen haben, der den Auflösungsgrund darstelle und der bis zur Beschlußfassung aufgelaufen sei.
Es sei anzunehmen, daß die vereinbarte aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Untermietvertrages eingetreten sei, denn beide Teile hätten den Vertrag zunächst erfüllt und seien damit schlüssig von der Vertragsbestimmung abgegangen, daß ein rechtsgültiger Bestand der Hauptmietverträge (des Klägers) mit den Liegenschaftseigentümern vorliegen müsse. Sie hätten die Rechtswirksamkeit des übrigen Vertragsinhaltes nicht in Frage gestellt.
Es sei daher vom vereinbarten Untermietzins und vom Aufrechnungsverbot auszugehen, doch stelle der von der Beklagten geltend gemachte Zinsminderungsanspruch keine Aufrechnungseinrede, sondern eine Bestreitung der Höhe des Zinsbegehrens dar, der das Aufrechnungsverbot nicht entgegenstehe. Es bedürfe allerdings konkreter Behauptungen der Beklagten, welche Umstände die Minderung oder Erlassung des Mietzinses rechtfertigten. Das Fehlen der vorgesehenen Passage, der Gemeinschaftswerbung und der kulturellen Aktivitäten reiche nicht zum Nachweis aus, in welcher Dauer und in welchem Maße der Bestandgegenstand eingeschränkt oder überhaupt nicht brauchbar war. Im fortgesetzten Verfahren werde die Beklagte tatsächliche Angaben nachtragen können.
Ob die Beklagte dem Kläger aus dem Vertrag noch den Umsatzsteuerbetrag von S 54.000 schulde, könne nicht abschließend beurteilt werden. Dies hänge davon ab, ob der Untervermieter eine gleichwertige Gegenleistung zu erbringen hatte. Andernfalls sei nämlich die Vereinbarung nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG ungültig und verboten und der Kläger habe auch die empfangene Leistung zurückzustellen. Neben dem Mietzins könnten Einmalzahlungen nicht verlangt werden. Zur Abgeltung baulicher Investitionen dürfe der (Unter-)Vermieter Einmalzahlungen vom Bestandnehmer nicht verlangen. Es bedürfe daher der Feststellung, ob der Untervermieter sonst eine gleichwertige Gegenleistung erbrachte. Ob die im Vertrag erwähnte "Zurverfügungstellung des Gesamtkonzeptes" und des "know-how" gleichwertig sei und ob diese Leistungen nicht durch den Bestandzins abgegolten seien, der nach dem Vertrag auch zur Abgeltung des "Gesamtkonzeptes Wintergarten" diene, werde im fortgesetzten Verfahren zu erörtern und festzustellen sein. Sollte danach aus der Vereinbarung über die Leistung eines "Baukostenzuschusses" noch eine Forderung des Klägers bestehen, sei der Bestand der aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen der Beklagten zu prüfen, weil das nur die Aufrechnung gegenüber Mietzinsforderungen ausschließende vertragliche Verbot die Aufrechnungseinrede gegen die Umsatzsteuerforderung nicht hindere und ein konkretes Vorbringen zum Schaden vorliege.
Ob das endgültige Unterbleiben der Herstellung der Passage wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zur Vertragsaufhebung berechtige, sei nicht zu untersuchen, weil beide Teile am Vertrag festhalten. Ein Zinsminderungsanspruch sei noch nicht hinreichend konkretisiert. Eine Überweisung der Mietzinsforderung des Klägers im Zuge einer gegen ihn geführten Exekution hindere den Kläger nicht, den Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB geltend zu machen. Die Feststellung, daß der Kläger nun allein Untervermieter sei, werde als unbedenklich zugrunde gelegt.
Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Kläger mit dem zulässigen (§ 519 Abs 2 Satz 1 ZPO) Rekurs an den Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag der Beklagten, den Rekurs zurückzuweisen, ist verfehlt. Der Streitgegenstand in den beiden zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Rechtsstreiten ist gesondert zu betrachten. Eine Zusammenrechnung findet nicht statt (SZ 37/22; JBl 1984, 554; MietSlg 38.789 ua). Der Räumungsanspruch war vom Berufungsgericht in sinngemäßer Anwendung des § 500 Abs 2 ZPO zu bewerten und dies geschah, ohne daß bindende Bewertungsgrundsätze der §§ 54 bis 60 JN verletzt wurden. Eine Bewertung nach § 58 Abs 2 JN hat damit nichts zu tun und kann nur als Anhaltspunkt für den Wert des Räumungsanspruches dienen, weil das Berufungsgericht diesen Wert nach seinem Ermessen festzusetzen hat. Im Rechtsstreit über das Zahlungsbegehren liegen die Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vor, so daß das Berufungsgericht den Rechtskraftvorbehalt auch hier aussprechen durfte.
Der Rekurs des Klägers ist aber nicht berechtigt.
Zutreffend sind die Vorinstanzen von der vollen Geltung des Mietrechtsgesetzes für den zwischen den Parteien nach dem 31. Dezember 1981 geschlossenen Vertrag ausgegangen, weil kein Teil sich auf eine Ausnahme berufen hat (Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1 MRG; SZ 21/125; MietSlg 37.220/37 ua).
Mit dem Räumungsbegehren hat der Kläger iS des § 29 Abs 1 Z 5 MRG den Aufhebungsgrund nach § 1118 ABGB geltend gemacht, daß die Untermieterin nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses über einen Zinszahlungstermin hinaus säumig ist, und daß sie vom Bestandgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht. Von einer Verletzung der Betriebspflicht als erheblich nachteiligem Gebrauch des Mietgegenstandes kann nicht gesprochen werden, wenn die Beklagte wegen der vom Kläger zu vertretenden Umstände, daß es nämlich zur Verwirklichung des der Beklagten angekündigten "WintergartenPassage"-Projektes nicht kam, im Feinkostgeschäft von Frischware abging und Getränke ausschenkte, um ihren Verdienstentgang zu mindern. Darin ist der rechtlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht beizupflichten, so daß die Sache nicht etwa deshalb spruchreif ist, weil die Auflösung wegen erheblich nachteiligen Gebrauches statthaft war. Ob ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegt, ist nicht zu untersuchen, weil eine Aufkündigung nicht erfolgte.
Verfehlt ist die Ansicht des Klägers, es bedürfe der im § 33 Abs 2 MRG iVm § 33 Abs 3 MRG zwingend angeordneten Beschlußfassung nicht, wenn in dem auf einen qualifizierten Mietzinsrückstand iSd § 1118 ABGB gestützten Räumungsprozeß nicht strittig sei, in welcher Höhe der Mietzins geschuldet wird, sondern der Mieter behauptet, er sei nach § 1096 oder § 1104 ABGB von der Mietzinszahlung ganz oder teilweise befreit. Gerade auch in einem solchen Fall hat das Gericht mit einem der Überprüfung im Rechtsmittelverfahren unterliegenden Beschluß über die Höhe des strittigen Betrages zu entscheiden, damit die zur Abweisung des Räumungsbegehrens mit besonderen Kostenfolgen führende Mietzinsentrichtung nachgeholt werden kann, wenn grobes Verschulden am Zahlungsrückstand nicht vorliegt. Erst durch die Beschlußfassung nach § 33 Abs 2 MRG ist zu klären, ob und in welcher Höhe abweichend vom Standpunkt der einen oder der anderen Partei tatsächlich ein Mietzinsrückstand besteht. Dabei ist sowohl eine Prüfung der Behauptung geboten, daß eine volle oder teilweise Erlassung des Mietzinses stattzufinden hat, wie auch eine Prüfung, ob der vereinbarte Mietzins nicht etwa gegen die Vorschrift des § 26 MRG verstößt. Ein Verzicht auf die Geltendmachung der Unzulässigkeit oder Unangemessenheit des Mietzinses ist vorweg, wie sich aus § 27 Abs 3 MRG ergibt, rechtsunwirksam. Aus der Vertragsbestimmung, womit die Beklagte die Angemessenheit des Untermietzinses anerkannt hat, ist somit für den Kläger, abgesehen davon, daß die Zinsbefreiung hier auf erst nach dem Vertragsabschluß eingetretene Umstände gegründet wird, nichts zu gewinnen. Ein der Nachentrichtung mit den Folgen des § 33 Abs 2 MRG entgegenstehendes grobes Verschulden der Beklagten am Zinsrückstand kann nach dem bisher erhobenen Sachverhalt noch nicht abschließend beurteilt werden. Da die Beklagte trotz vertraglichem Aufrechnungsverbot und Weiterbenützung des Mietgegenstandes die Untermietzinszahlung gänzlich einstellte, müssen das Ausmaß der allenfalls berechtigten Zinsminderung und ein Rückforderungsanspruch wegen der Einmalzahlung feststehen, weil davon eine das grobe Verschulden ausschließende Verkennung der Rechtslage abhängen kann. Es bedarf daher auch hier ergänzender Feststellungen. Die Aufhebung der Entscheidung über das Räumungsbegehren ist dann auch wegen des Erfordernisses der vorherigen Beschlußfassung nach § 33 Abs 2 MRG, der über die gesamte ziffernmäßige Höhe des geschuldeten Mietzinses abzusprechen hat, soweit darauf die Vertragsaufhebung gestützt ist, berechtigt. Vor der Urteilsfällung muß überdies die Rechtskraft dieses Beschlusses abgewartet werden (Würth in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 33 MRG). Diese Beschlußfassung findet auch statt, wenn der "strittige Betrag" dem Grunde nach bestritten wird
(MietSlg 21.624 ua).
Auch die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes zum Zahlungsbegehren sind zu billigen. Es gilt der § 27 Abs 1 Z 1 und Z 5 MRG. Ungültig und verboten sind demnach alle vom (Unter-)Vermieter mit dem (Unter-)Mieter getroffenen Vereinbarungen über Zahlungen an den Vermieter, denen keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Bauaufwendungen sind nicht als solche Leistungen des Vermieters zu verstehen, denn er hat dem Mieter das Bestandobjekt im vereinbarten Zustand zu übergeben. Seine Aufwendungen sind durch den Mietzins abgegolten. Die Einmalzahlung wurde nicht etwa als Mietzinsvorauszahlung gefordert, sondern neben dem Mietzins, und ist daher dem Mieter nach § 27 Abs 3 MRG zurückzustellen, soweit ihr nicht eine Leistung des Vermieters gleichwertig gegenübersteht. Die Ansicht, Baukostenzuschüsse seien üblich und nicht verboten, verkennt den Regelungszweck des § 27 MRG. Aus der Zahlung von S 300.000 kann ebenfalls nicht auf den Verzicht der Beklagten auf Rückforderung und noch weniger auf eine bindende Anerkennung der Restzahlungspflicht geschlossen werden. Inwieweit der Kläger aber tatsächlich geldwerte Gegenleistungen durch das Gesamtkonzept "Wintergarten" erbrachte, deren Abgeltung die Einmalzahlung diente, wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein. Die Zurverfügungstellung der Räume an die Bestandnehmerin hingegen kann nie eine neben dem Mietzins zulässige gleichwertige Leistung des Vermieters sein (Würth in Rummel, ABGB, Rz 21 zu §§ 1092 bis 1094 ABGB).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO sowie auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.
Anmerkung
E14399European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00556.87.0527.000Dokumentnummer
JJT_19880527_OGH0002_0030OB00556_8700000_000