Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka (Arbeitgeber) und Wilhelm Ackerl (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Tihomir T***, Hilfsarbeiter, 1160 Wien, Hubergasse 14/16, vertreten durch Dr. Norbert Schöner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1092 Wien, Roßauer
Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Dezember 1987, GZ 31 Rs 243/87-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 26. August 1987, GZ 15 a Cgs 381/86-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger ab 1. Juni 1986 die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der am 18. April 1950 geborene Kläger erlernte keinen Beruf und erwarb während der letzten 15 Jahre vor der Antragstellung 172 Beitragsmonate als Hilfsarbeiter in verschiedenen Branchen. Der Kläger, dem der rechte Unterschenkel amputiert wurde, kann leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen in der normalen Arbeitszeit und mit den üblichen Arbeitspausen verrichten und den Anmarschweg unter städtischen und nicht allzu schwierigen ländlichen Verhältnissen zurücklegen. Auszuschließen sind alle Hebe- und Tragearbeiten, insbesondere solche in der Gemeinschaft, sowie sämtliche Arbeiten an erhöht ausgesetzten Arbeitsstellen, ferner Arbeiten, die mit häufigem Stiegensteigen verbunden sind, sowie dauerndes Stehen und Gehen. Das Gehen und Stehen kann die halbe Arbeitszeit ausmachen, darf aber nicht in geschlossener Folge abverlangt werden. Bei den Arbeiten muß für die Umgangssprache ein Hörbereich von 6 m genügen. Der Kläger kann von dem auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angebotenen Tätigkeiten etwa die Tätigkeit eines Abgraters (Abmachers) in der Kunststoffindustrie, eines Kontrollors oder Verpackers in der Leichtindustrie oder eines Elektrogerätemontierers ausüben. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger nicht als invalid im Sinne des für ihn maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG gelte, weil er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch verweisbar sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Kläger sei imstande, durch ihm zumutbare Berufstätigkeiten den vollen kollektivvertraglichen Lohn zu verdienen, weshalb Invalidität im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG nicht vorliege.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und (die Rechtssache) zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger stützt die Revision in erster Linie darauf, daß er die Berufstätigkeiten, deren Ausübung ihn vom Berufungsgericht zugemutet werde, nicht ausüben könne, weil er Analphabet sei. Auf diese Ausführung ist jedoch nicht Bedacht zu nehmen, weil sich aus dem Vorbringen, daß der - im übrigen auch vor dem Erstgericht durch einen Rechtsanwalt vertretene - Kläger im Verfahren erster Instanz erstattete, keinerlei Hinweis darauf gibt, daß er des Schreibens und Lesens nicht kundig ist. Der Kläger verstößt mit den bezogenen Ausführungen daher gegen das gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 504 Abs 2 ZPO auch für Revisionen in Sozialrechtssachen geltende Neuerungsverbot 10 Ob S 104/87.
Im übrigen ist auf die Begründung des Berufungsgerichtes hinzuweisen, die der Oberste Gerichtshof für zutreffend hält (§ 48 ASGG), zumal dagegen in der Revision nichts wesentliches vorgebracht wird.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Anmerkung
E14524European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00099.88.0531.000Dokumentnummer
JJT_19880531_OGH0002_010OBS00099_8800000_000