TE OGH 1988/5/31 4Ob532/88

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Veröffentlicht am 31.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hanspeter H***, Angestellter, Wien 13., Altgasse 8-10, vertreten durch Dr. Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, und der der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenientin Ilse P*** Gesellschaft mbH, Wien 3., Ditscheinergasse 4/1/6, vertreten durch Dr. Johann Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Varda B***, Geschäftsfrau, Wien 1., Bauernmarkt 18, vertreten durch Dr. Erwin Messer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 800.000,-- samt Anhang infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Dezember 1987, GZ 5 R 213/87-42, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Juni 1987, GZ 3 Cg 257/83-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei S 6.587,46 an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte beauftrage die Ilse P*** Gesellschaft mbH (kurz: Firma P***), den Verkauf des Hauses Wien 1., Franziskanerplatz 3, um den Kaufpreis von S 4,900.000,-- zu vermitteln. Obwohl noch zwei Wohnungen in diesem Hause vermietet waren - die übrigen Wohnungen standen bereits leer - und die Liegenschaft mit einer Leibrentenforderung belastet war, wollte die Beklagte die Liegenschaft lasten- und bestandfrei verkaufen. Im Zuge der Vorgespräche erklärte die Beklagte dem Kläger, der durch ein Zeitungsinserat der Firma P*** auf die Kaufgelegenheit aufmerksam geworden war, daß die beiden noch vermieteten Wohnungen "in Bälde" frei würden und die Leibrente "kein Problem" sei. Der Kläger erklärte, daß er die Festlegung eines fixen Termins für das Freiwerden der beiden Wohnungen wünsche. Am 15. Februar 1983 teilte er dem Vermittler mit, daß er bereit sei, das Haus um S 4,750.000,-- zu kaufen, wenn die Liegenschaft lastenfrei und sämtliche Wohnungen bestandfrei wären.

Am 18. Februar 1983 erteilte die Beklagte der Firma P*** den mit 23. Februar 1983 befristeten zweiten Alleinvermittlungsauftrag, der auch die Bevollmächtigung des Vermittlers zum Abschluß des Vertrages und zum Inkasso enthielt. Als Kaufpreis waren S 4,750.000,-- und als Verkäuferprovision S 168.150,-- angeführt. Am selben Tag erstellte der Kläger ein schriftliches Kaufanbot, dessen für das Verfahren wesentliche Bestimmungen wie folgt lauten:

"2. Ich erlege bei der Firma Ilse P***

Gesellschaft mbH .... S 400.000,-- bis spätestens 23. 2. 1983, 13 Uhr, und beauftrage unwiderruflich die obgenannte Firma, diesen Betrag als Angeld an den Verkäufer auszuzahlen. Über die gesetzlichen Bestimmungen des Angeldes (§ 908 ABGB: ....) wurde ich belehrt.

4. Ich erkläre mich mit folgenden Zahlungskonditionen der Restansprüche auf die Provision einverstanden: 23. 2. 1983 bis 13 Uhr.

13. Zusatzvereinbarungen: Das Kaufobjekt wird lastenfrei übergeben. Das 1. und 2. Obergeschoß wird bestandfrei übergeben, die Fristen dafür sind gesondert zu vereinbaren. Der Gesamtkaufpreis wird erst mit Freiwerden des 1. und 2. Obergeschoßes fällig."

Am 23. Februar 1983 übergab der Kläger der Firma P***, die ihm ihre Berechtigung zum Inkasso durch Einsichtnahme in den Alleinvermittlungsauftrag der Beklagten vom 18. Februar 1983 nachgewiesen hatte, ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von S 400.000,--. Diese stellte darüber zwei Quittungen aus, und zwar eine über S 168.150,-- mit der Widmung "Provision" und die andere über S 231.850,-- mit der Widmung "Treuhanderlag (Angeld)". Gleichzeitig nahm die Geschäftsführerin der Firma P*** das Kaufanbot des Klägers namens der Beklagten an.

Die Beklagte erklärte dem Kläger bereits am Nachmittag des 23. Februar 1983, daß es Schwierigkeiten gebe: Die Leibrentenberechtigte weigere sich, die grundbürgerliche Sicherheit aufzugeben. Am 8. März 1983 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sich eine Mieterin (die Mutter der Beklagten) weigere, auszuziehen. Man müsse daher bei den weiteren Verhandlungen davon ausgehen, daß die Liegenschaft weder bestand- noch lastenfrei sei. Der Kläger erklärte daraufhin, daß er bereit sei, diese Umstände im Fall einer entsprechenden Herabsetzung des Kaufpreises zu akzeptieren. Anläßlich einer weiteren Besprechung lehnte die Beklagte den Vorschlag des Klägers ab, vom Kaufpreis "den Eigentumswert des gesamten ersten Stockes" und den Gegenwert der Leibrente abzuziehen. Eine Einigung wurde nicht erzielt.

Der Kläger begehrt von der Beklagten mit der vorliegenden Klage die Zahlung von S 800.000,-- samt Anhang. Die Beklagte habe die Firma P*** bevollmächtigt, mit ihm einen Kaufvertrag über die Liegenschaft abzuschließen und Zahlungen entgegenzunehmen. Die Firma P*** habe das Kaufanbot des Klägers angenommen. Da die Beklagte die Erfüllung des Vertrages verweigere, begehre der Kläger das doppelte Angeld.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Vereinbarung, deren Inhalt erst nachträglich bekannt geworden sei, sei nicht bestimmt. Die in ihr vorgesehenen notwendigen Ergänzungen, nämlich die Fristen für die Freimachung der beiden Bestandobjekte, seien nicht vereinbart worden; damit sei aber auch die davon abhängig gemachte Fälligkeit des Kaufpreises unbestimmt. Die Beklagte habe den im Anbot des Klägers enthaltenen Zusatzbedingungen nie zugestimmt. Die Firma P*** habe in diesem Umfang die ihr erteilte Vollmacht überschritten. Dem Kläger sei bei der Erstellung eines Anbotes bekannt gewesen, daß das Freiwerden der Bestandobjekte nicht gewährleistet sei. Das an die Firma P*** gezahlte Angeld habe nur S 231.850,-- betragen, weil S 168.150,-- als (Käufer-)Provision gezahlt worden seien. Da der Kläger das Angeld an die Firma P*** als Treuhänderin gezahlt habe, könne er es auch nur von dieser zurückverlangen. Die Beklagte habe kein Geld des Klägers erhalten; sie hafte daher nicht für den Treuhanderlag. Der Kläger habe aber auch von der Firma P*** die Rückzahlung des Treuhanderlages verlangt und damit die von ihm selbst gesetzten Zahlungsbedingungen nicht erfüllt.

Das Erstgericht gab der Klage statt und stellte neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt zum Zahlungsvorgang vom 23. Februar 1983 fest, daß die Geschäftsführerin der Firma P*** die Ausstellung zweier Quittungen über den Empfang des Sparbuches damit begründet hatte, daß die Firma P*** - wie aus dem Alleinvermittlungsauftrag zu entnehmen sei - vom erhaltenen Angeld die Verkäuferprovision einbehalten könne; dem Kläger und der Geschäftsführerin der Firma P*** sei dabei klar gewesen, daß es sich beim Betrag von S 400.000,-- um das Angeld gehandelt habe, das auf den Kaufpreis anzurechnen sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht folgendes aus:

Der Kaufvertrag, den die Firma P*** namens der Beklagten mit dem Kläger abgeschlossen habe, sei wirksam zustande gekommen. Zur Räumung der Mietobjekte sei eine Frist von einem halben Jahr vereinbart worden; selbst wenn aber nur die Räumung der Mietobjekte in absehbarer Zeit zugesichert worden wäre, wäre darunter ein Zeitraum von etwa einem halben Jahr zu verstehen. Die Zahlung von S 400.000,-- sei als Angeld vereinbart worden. Wegen dieser ausdrücklichen Vereinbarung hätte die Provision davon nicht abgezogen werden dürfen. Der Kläger habe nicht nur den Willen gehabt, den Betrag treuhändig bei der Firma P*** zu erlegen; er habe diese auch beauftragt, ihn an die Beklagte auszuzahlen. Da die Beklagte das Verschulden an der Nichterfüllung des Vertrages treffe, könne der Kläger das doppelte Angeld zurückfordern. Das Berufungsgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger S 231.850,-- samt 4 % Zinsen seit 23. Februar 1983 zu zahlen; das auf Zahlung weiterer S 568.150,-- samt 4 % Zinsen seit 19. Februar 1983 und von 4 % Zinsen aus S 231.850,-- vom 19. Februar bis 22. Februar 1983 gerichtete Mehrbegehren wies es hingegen ab. Das Berufungsgericht übernahm die eingangs wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes, traf jedoch auf Grund eines eigenen Beweisverfahrens nachstehende Feststellungen über die Zahlung vom 23. Februar 1983:

Die Geschäftsführerin der Firma P*** quittierte dem Kläger nach Übernahme des Sparbuches den Erhalt der mit diesem vereinbarten (Käufer-)Provision von S 168.150,-- und stellte eine weitere Quittung über S 231.850,-- aus, in der als Zahlungsgrund "Treuhanderlag (Angeld)" angeführt war. Der Kläger hat dieser Aufteilung nicht widersprochen. Zwischen ihm und der Firma P*** wurde keine Treuhandvereinbarung geschlossen; mit dem Wort "Treuhanderlag" sollte bloß zum Ausdruck gebracht werden, daß die Firma P*** diesen Betrag im Namen der Beklagten entgegengenommen hatte.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Berufungsgericht das Zustandekommen eines Kaufvertrages über die Liegenschaft. Dafür genüge zwar grundsätzlich die Einigung über Kaufobjekt und Preis; die Nebenumstände würden mangels gegenteiliger Vereinbarung durch dispositive Bestimmungen geregelt. Wenn aber über in Erörterung gezogene Nebenpunkte, auf deren Regelung die Verhandlungspartner nicht verzichtet hätten, noch keine Einigung erzielt worden sei, komme der Vertrag erst dann zustande, wenn auch darüber volle Einigung erzielt wurde. Im Anbot des Klägers vom 18. Februar 1983 sei der Zeitpunkt zur bestandfreien Übergabe des Kaufobjektes und die davon abhängig gemachte Fälligkeit des Kaufpreises ausdrücklich einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten worden. Der Kläger habe noch vor der Unterfertigung dieses Anbotes sowohl gegenüber der Firma P*** als auch gegenüber der Beklagten betont, daß ein fixer Termin für das Freiwerden der Mietwohnungen festgelegt werden müsse. Da über diesen wichtigen Vertragspunkt keine Einigung erzielt worden sei, sei der Vertrag durch die Annahmeerklärung der Vertreterin der Beklagten nicht zustande gekommen; damit seien nur jene Punkte zusammengefaßt worden, über die bis dahin Einigung erzielt worden sei. Daher müsse auch nicht geprüft werden, ob die Firma P*** die ihr erteilte Vollmacht zum Vertragsabschluß überschritten habe, ob dies dem Kläger hätte auffallen müssen oder ob er darüber rechtzeitig aufgeklärt worden sei. Da damit auch die Angeldvereinbarung nicht zustande gekommen sei, komme eine Rückzahlung in doppelter Höhe nicht in Frage. Der Kläger könne mangels Zustandekommens eines Vertrages die von ihm geleisteten Zahlungen zurückfordern. Die Firma P*** habe nur S 231.850,-- namens der Beklagten entgegengenommen. Die Empfangnahme dieses Geldbetrages durch ihre Vertreterin müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, auch wenn sie davon von ihrer Vertreterin nichts erhalten habe. Mit dem weiteren Betrag von S 168.150,-- habe der Kläger nur die von ihm geforderte Provision beglichen.

Gegen die Abweisung seiner Klage im Betrag von S 568.150,-- richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen; hilfsweise stellt der Kläger auch Aufhebungsanträge.

Die Beklagte bekämpft den stattgebenden Teil des Urteils des Berufungsgerichtes mit ihrer auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten Revision und beantragt, die Klage zur Gänze abzuweisen; auch sie stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Parteien beantragen jeweils, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Keine der beiden Revisionen ist berechtigt.

I. Zur Revision des Klägers:

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Kläger bekämpft in erster Linie die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, wonach wegen des Vorbehaltes einer Vereinbarung über die Zeitpunkte der Freimachung der beiden noch bewohnten Bestandobjekte kein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen sei: Er verweist insbesondere darauf, daß nicht nur über Ware und Preis, sondern auch sonst über wesentliche Detailpunkte Einigung erzielt worden sei; daher hätten die Streitteile vereinbart, daß die Zeitpunkte der Bestandobjekte bereits in Erfüllung des geschlossenen Vertrages zu vereinbaren seien. Der Bindungswille beider Parteien ergebe sich auch aus der getroffenen Angeldvereinbarung. Schließlich sei die Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde nicht an der Einigung über die Fristen zur Freimachung der Bestandobjekte, sondern daran gescheitert, daß die Beklagte nachträglich das Freimachen der Bestandobjekte grundsätzlich abgelehnt habe. Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Grundsätzlich kommt ein Vertrag durch die Einigung über den Vertragsinhalt und die Erklärung des Abschlußwillens zustande; eine Einigung der Parteien über den Vertragsinhalt ist erst dann anzunehmen, wenn über sämtliche Vertragsbestimmungen Einigkeit besteht (SZ 54/112; EvBl 1982/178 uva). Zum Zustandekommen eines Kaufvertrages - auch über eine Liegenschaft - genügt gemäß § 1054 ABGB allerdings die Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis (SZ 28/204 uva). Daß Nebenpunkte nicht besprochen wurden, steht der Annahme des Zustandekommens eines Kaufvertrages an sich nicht entgegen; die fehlenden Punkte sind vielmehr aus dem Willen der Parteien zu erschließen oder aus dem Gesetz zu ergänzen. Voraussetzung für die Annahme des Zustandekommens eines Kaufvertrages ist es aber dann, daß die Nebenpunkte gar nicht erörtert, also nicht zum Gegenstand von Vertragsverhandlungen gemacht wurden. War hingegen eine Vereinbarung über offen gebliebene Punkte - auch unwesentliche - vorbehalten, dann kommt der Vertrag erst zustande, wenn sich die Parteien auch darüber geeinigt haben (SZ 44/73; EvBl 1978/139; SZ 54/112); dann ist nämlich davon auszugehen, daß die Parteien den Vertrag ohne die Einigung über die Nebenpunkte nicht schließen wollten (SZ 44/73; EvBl 1978/139). Der Grundsatz, daß Vorverhandlungen bis zur Einigung über in Erörterung gezogene Nebenpunkte andauern, wird - entgegen den Ausführungen in der Revision - auch von der Lehre gebilligt (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 861; Aicher aaO Rz 2 zu § 1054; Bydlinski in Klang2 IV/2, 104 FN 1; derselbe aaO 471 FN 296; Mayer-Maly in Klang2 IV/2, 217 f). Ob die Parteienvereinbarung schon vollständig ist, muß durch Auslegung ermittelt werden; diese kann unter Umständen ergeben, daß sich die Kontrahenten schon vor der Einigung über alle Einzelheiten endgültig verpflichten (Mayer-Maly aaO) oder von der Regelung in Verhandlung gezogener Nebenpunkte deutlich wieder Abstand nehmen wollten (Bydlinski aaO 471 FN 296).

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Annahme des Anbotes des Klägers durch die Beklagte wegen des ausdrücklichen Vorbehaltes einer Regelung über den Zeitpunkt der bestandfreien Übergabe des Hauses und damit auch über die Fälligkeit des Kaufpreises noch zu keinem gültigen Vertrag geführt hat. Dieser ausdrückliche Vorbehalt verbietet die Auslegung, daß sich die Parteien schon vor der Einigung über den Zeitpunkt der bestandfreien Übergabe hätten binden wollen oder von der Absicht, den erörterten Punkt ausdrücklich zu regeln, wieder Abstand genommen hätten. Daß sich die Parteien über das Freimachen der Bestandobjekte grundsätzlich einig waren, bedeutet noch nicht, daß damit auch eine Einigung über die - von den Rechten Dritter abhängige - Frist vorgelegen wäre. Der Kläger brachte auch nicht zum Ausdruck, daß er die Regelung dieser Frist der Beklagten überlasse. Nach dem ausdrücklich erklärten Parteiwillen blieb daher die am 23. Februar 1983 getroffene Regelung unvollständig; daran ändert entgegen der Meinung des Klägers auch der Umstand nichts, daß die Parteien schriftliche Erklärungen abgegeben haben. Auch die Schriftform macht eine - infolge ausdrücklichen Vorbehaltes der Regelung erörterter Vertragspunkte - unvollständige Vereinbarung nicht vollständig.

Auch die in den Parteienerklärungen enthaltene Angeldvereinbarung kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Funktion des Angeldes als Zeichen des Abschlusses und als Mittel zur Sicherstellung der Erfüllung eines Vertrages setzt ein gültiges Rechtsgeschäft voraus (RZ 1979/78; SZ 54/46). Durch die Zahlung des Angeldes wurde der Vorbehalt, durch Parteienvereinbarung zu wesentlichen Punkten erhobene Nebenpunkte noch besonders regeln zu wollen, nicht beseitigt. In der Hingabe des Angeldes manifestiert sich zwar regelmäßig der Abschlußwille; eine Regelung der in einem Vorbehalt genannten Nebenpunkte kann sie aber nicht ersetzen. Die im Hinblick auf einen erst zu perfektionierenden Vertrag erbrachte Leistung kann daher mangels nachträglichen Zustandekommens des Vertrages nur zu Bereicherungsansprüchen nach § 1435 ABGB führen. Da somit durch die Parteienerklärungen kein gültiger Vertrag zustande gekommen ist, erübrigt es sich auch, auf die weitere Frage einzugehen, ob die Firma P*** die ihr von der Beklagten erteilte Vollmacht zum Vertragsabschluß überschritten hat.

Mit seinen weiteren Revisionsausführungen wendet sich der Kläger gegen die Beurteilung des Berufungsgerichtes, der Teilbetrag von

S 168.150,-- sei nicht als Angeld geleistet worden. Soweit er hier davon ausgeht, daß die Quittungen "unrichtig" seien, bekämpft er in unzulässiger Weise die Feststellungen der Vorinstanzen. Soweit er sich aber auf seine im Anbot enthaltene Erklärung, ein Angeld von

S 400.000,-- leisten zu wollen, beruft, ist ihm entgegenzuhalten, daß er diese Zahlungswidmung betreffend den Teilbetrag von

S 168.150,-- nachträglich durch die widerspruchslose Entgegennahme der Quittungen schlüssig zurückgenommen und dem neuen Zahlungszweck "Käuferprovision" zugestimmt hat. Die über das Angeld ausgestellte Quittung macht aber nur den Beweis der darin beurkundeten Teilzahlung (vgl. dazu Reischauer in Rummel aaO Rz 1 zu § 1426). Nur bei der Empfangnahme dieses Teilbetrages ist aber die Firma P*** dem Kläger gegenüber als Vertreterin der Beklagten aufgetreten. Mit der weiteren Ausführung, mit der Quittung über den Betrag von

S 168.150,-- sei die Verkäuferprovision gemeint gewesen, entfernt sich der Kläger erneut von den Feststellungen der Vorinstanzen.

II. Zur Revision der Beklagten:

Bei ihren Ausführungen, daß sich aus der Quittung über den Betrag von S 231.850,-- der Abschluß eines Treuhandvertrages zwischen dem Kläger und der Firma P*** ergebe, übersieht die Beklagte die ausdrückliche Feststellung des Berufungsgerichtes, daß keine Treuhandvereinbarung getroffen wurde und mit dem Wort "Treuhanderlag" nur die Empfangnahme des Angeldes für die Beklagte zum Ausdruck gebracht werden sollte. Da die Beklagte aber die Firma P*** bevollmächtigt hatte, für sie Zahlungen entgegenzunehmen, ist ihr nach den Regeln der direkten Stellvertretung die Empfangnahme des als Angeld quittierten Betrages von S 231.850,-- zuzurechnen.

Sohin war beiden Revisionen ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Parteien haben jeweils Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen; der aus dem Spruch ersichtliche Kostenteil ist die Differenz der - infolge wegen der verschiedenen Bemessungsgrundlagen

unterschiedlichen - Kostenersatzansprüche der Parteien.

Anmerkung

E14652

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00532.88.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19880531_OGH0002_0040OB00532_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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