Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ÖVG Ölverwertungs-Gesellschaft mbH. & Co KG, Brucknerstraße 6, 1040 Wien, vertreten durch Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** M*** Aktiengesellschaft, Donawitzerstraße 39, 8700 Leoben, vertreten durch Dr. Robert Plaß, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 111.137,16 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 16. Juni 1987, GZ 1 R 115/87-40, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 25. März 1987, GZ 8 Cg 42/86-32, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung in die zweite Instanz zurückverwiesen. Die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zweiter und dritter Instanz sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die klagende Ö*** begehrte die Verurteilung
der beklagten M*** Aktiengesellschaft zur Zahlung des Kaufpreises von S 111.137,16 samt Zinsen für geliefertes "Heizöl ZR". Es habe sich dabei um ein sogenanntes Zweitraffinat aus Altölen gehandelt, zu dessen Anschaffung sich die Beklagte aus Kostengründen aufgrund einer zur Verfügung gestellten Probe und bekanntgegebener Garantiewerte entschlossen habe.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein:
Die Klägerin habe nicht das von ihr angebotene Öl geliefert. Obwohl ihr der Verwendungszweck des gekauften Öls bekannt gewesen sei, nämlich für die Kalkbrennung im Werk der Beklagten in Bad Ischl, habe sie ungeeignetes Öl geliefert. Die in dem gelieferten Öl enthaltenen Verunreinigungen, insbesondere Metallrückstände, hätten zu Beschädigungen an den Ölförder- und Brenneinrichtungen geführt. Auf derartige Verunreinigungen habe die Klägerin aber beim Kauf nicht aufmerksam gemacht; sie wäre jedoch verpflichtet gewesen, die Beklagte darauf hinzuweisen, daß die Verbrennung des Öls nur durch Verwendung bestimmter Filter und Brenner möglich ist. Der beim Betrieb der Anlage mit dem gelieferten Öl entstandene Schaden in Höhe von S 291.366,35 werde gegen die Klageforderung aufrechnungsweise geltend gemacht.
Die Beklagte bestritt die Richtigkeit dieser Einwendungen. Das Erstgericht stellte das Bestehen der Klageforderung und der einredeweise geltend gemachten Gegenforderung fest und wies das Klagebegehren ab. Es nahm im wesentlichen folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Die Beklagte benötige in ihrem Werk in Bad Ischl täglich etwa 10 bis 12 Tonnen Heizöl für die Kalkbrennung. Der dortige Öltank fasse 250 Tonnen Heizöl, werde aber nie ganz geleert, denn es werde immer wieder Heizöl-schwer nachgefüllt. Zum Kauf des "Heizöls ZR" bei der Klägerin sei es aufgrund eines Anbots der Klägerin gekommen, das auch eine Ölprobe umfaßt und Garantiewerte enthalten habe:
Flammpunkt über 55 o C, Stockpunkt ca minus 30 o C, Schwefel maximal 0,75 % Gew., Conradson ca 2 % Gew., Heizwert ca 10.000 kcal, Aschegehalt maximal 1 % Gew., Wassergehalt gebunden maximal 5 % Gew. Bei Eintreffen der ersten Lieferung von 26,9 Tonnen seien im Heiztank der Beklagten noch 100 Tonnen Heizöl-schwer enthalten gewesen. Die einzelnen Lieferungen seien am 17. April 1984, am 19. April 1984, am 25. April 1984, am 27. April 1984 und am 2. Mai 1984 erfolgt; die Bestellung einer sechsten Lieferung sei storniert worden. Jeder Lieferung sei auch eine Ölprobe entnommen worden, doch sei keine dieser Proben mehr vorhanden. Bei der Heizanlage der Beklagten im Werk Bad Ischl handle es sich um einen Ringschachtofen, der mit Heizöl-schwer befeuert werde. In den Öltank werde das Öl unten hineingepumpt und es werde auch unten das Öl für die Verbrennung dem Tank entnommen. Die ersten Schwierigkeiten bei der Verbrennung des von der Klägerin gelieferten Öls seien am 20. April 1984 aufgetreten: es habe einen plötzlichen sehr starken Öldruckabfall gegeben. Die Ursache sei eine starke Verschmutzung der Filter gewesen, obwohl die sonst jährlich nur einmal zu reinigenden Filter erst Ende Jänner-Anfang Feber 1984 gereinigt worden waren. Bereits am 2. Mai 1984 sei es abermals infolge Verschmutzung der Filter zu einem Öldruckabfall gekommen, so daß die Filter wieder gereinigt werden mußten. Schon am folgenden Tag seien bei den Ölpumpen die ersten Undichtheiten aufgetreten und am 8. Mai 1984 habe eine Ölpumpe ausgewechselt werden müssen. Am 9. Mai 1984 seien abermals die Filter gereinigt worden. Bei der Reparatur der am 8. Mai 1984 demontierten Ölpumpe sei am 10. Mai 1984 festgestellt worden, daß ein sehr arger Pumpenverschleiß vorliege. Eine dort entnommene Ölprobe habe ergeben, daß das auf eine Glasplatte verteilte Öl Metallspäne enthalte, die sich mit der Bewegung eines darunter gehaltenen Dauermagneten mitbewegten. Insgesamt seien durch die Verwendung des von der Klägerin gelieferten Öls neun Ölpumpen für die Brenner und zwei Ölpumpen für die Hauptversorgung schadhaft geworden, so daß sie ausgewechselt werden mußten. Die aufgetretenen Mängel seien zunächst telefonisch bei der Klägerin beanstandet worden, die daraufhin einen Techniker geschickt habe, dem die Mängel gezeigt worden seien. Wenn die Beklagte bereits bei Auftreten der ersten Schäden (Filterverstopfungen etc) den Brennerbetrieb eingestellt und den Öltank abgepumpt und gereinigt hätte, so wäre ihr ein Kostenaufwand von nahezu 1 Million Schilling entstanden. Allein der Produktionsausfall hätte etwa 10 Tage gedauert. Für Altöle gebe es keine Festlegungen von Grenzwerten und auch keine Richtlinien, wie etwa jene der Ö-Norm C 1108 für Heizöl-schwer. Das von der Klägerin der Beklagten gelieferte Öl entspreche nicht den Anforderungen, die an Heizöl-schwer zu stellen sind; vor allem der Aschegehalt und der Wassergehalt jenes Öls überschreite die Anforderungen bei weitem. Unter "Heizöl ZR" sei Altöl zu verstehen, das als typische Nachteile einen hohen Asche-, Wasser- und Sedimentgehalt aufweise. Um Auswirkungen dieser Nachteile auf Verbrennung und Förderung zu vermeiden, sei es notwendig, die Vorwärmetemperatur des Öls, den Zerstäubungsdruck, die Verbrennungslufttemperatur und die Reinigung durch Feinfilter den Gegebenheiten anzupassen und durch geeignete Entnahmen aus dem Tank den Austrag an Schlamm und festen Stoffen zu minimieren. Gerade der hohe Gehalt des Öls an Feststoffen sei spezifisch und habe bei unsachgemäßer Anwendung zwangsläufig zu Schäden an den Fördereinrichtungen führen müssen. Der Sedimentgehalt des Öls scheine aber im Anbot der Klägerin an die Beklagte nicht auf. Verschärfend habe sich auch der hohe Wassergehalt auf der verbrennungstechnischen Seite ausgewirkt. Ohne entsprechende Reinigung über Filter habe die Verwendung von "Heizöl ZR" zu Schäden an den Pumpen führen müssen. Es seien also zusätzliche Filtereinrichtungen und ein höherer Wartungsaufwand erforderlich gewesen, um Schäden und Störungen zu vermeiden.
Aus dieser Sachverhaltsannahme folgerte das Erstgericht, daß zwar die Klägerin berechtigt sei, die Bezahlung des gelieferten Heizöls zu verlangen, sie aber andererseits die Verpflichtung zum Ersatz des Schadens der Beklagten zumindest in Höhe des Klagebetrages treffe, weil sie die Beklagte nicht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß beim Einsatz von "Heizöl ZR" zusätzliche Filter und ein höherer Wartungsaufwand erforderlich seien, und weil sie auch den Gehalt des Öls an Sedimenten nicht angegeben habe. Die Klägerin habe also ein "gefahrenträchtiges" Produkt verkauft und hafte der Beklagten für den dadurch entstandenen Schaden.
Das Gericht zweiter Instanz änderte das Urteil erster Instanz in Stattgebung der Berufung der Klägerin derart ab, daß es die Gegenforderung der Beklagten als nicht zu Recht bestehend erkannte und die Beklagte zur Zahlung von S 111.137,16 samt 5 % Zinsen seit 2. Juni 1984 samt 20 % Umsatzsteuer von den Zinsen aus dem Kapital von S 92.614,30 verurteilte; es erklärte die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig, da auch die Rechtsansicht vertretbar erscheine, an die vertragliche Aufklärungspflicht unabhängig von den zu erwartenden Kenntnissen des Käufers von den Gefahren der zu liefernden Ware höhere Anforderungen zu stellen. Im wesentlichen legte das Berufungsgericht seiner Entscheidung folgende Rechtsansichten zugrunde:
Die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, zu beweisen, daß die Öllieferungen der Klägerin nicht der zur Verfügung gestellten Probe entsprachen. Unbestritten sei, daß die Klägerin die Verbrennungsanlage der Beklagten nicht gekannt und sich auch nicht erkundigt habe, welche Filter im Betrieb der Beklagten vorhanden sind. Der Feststellung aufgrund der Aussage des Geschäftsführers der klagenden Gesellschaft, daß es bei anderen Unternehmungen Schwierigkeiten bei der Verwendung des Öles wegen der Filter gab, bedürfe es nicht, weil der Verkäufer von Altöl damit rechnen könne, daß der Bezieher des Öls über eine zur Verbrennung geeignete Anlage besitze. Es sei auch nicht notwendig, festzustellen, daß ein Laie annehmen müsse, ein Zweitraffinat sei einem Raffinerievorgang unterzogen worden, obwohl es sich dabei nur um gereinigtes Altöl handelt, da entsprechende Fachkenntnisse von den Vertretern der Beklagten als Inhaberin eines Montanwerkes jedenfalls erwartet werden müßten. Es seien keine geeignete Beweisunterlagen für die Feststellung vorhanden, daß das gelieferte Öl nicht dem Anbot der Klägerin entsprochen und nicht jene Eigenschaften aufgewiesen habe, die nach den Grundsätzen eines redlichen Geschäftsverkehrs als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Es könne nach der Annahme der Leistung wegen Mängel nur noch Gewährleistung verlangt werden (SZ 53/63 ua). Die Wandlung sei aber unzulässig, wenn der Erwerber in Kenntnis des Mangels die Zurückstellung der Ware unmöglich gemacht hat (SZ 42/180 ua). Die Zurückstellung des Öls durch die Beklagte sei nicht möglich, da es verbrannt worden sei. Dabei sei der Beklagten zur Zeit der Warenlieferung am 2. Mai 1984 die starke Verschmutzung des Öls schon bekannt gewesen. Somit sei auch eine Verbesserung ausgeschlossen; eine Preisminderung sei nicht in Anspruch genommen worden. Zutreffend habe das Erstgericht deshalb die Klageforderung als zu Recht bestehend erkannt.
Die zur Aufrechnung gebrachte Gegenforderung könne sich nur auf die Verletzung einer vertraglichen Aufklärungspflicht stützen, um ein Schadenersatzbegehren zu begründen. In Erfüllung der Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht hätten die Beteiligten einander über die Beschaffenheit der in Aussicht genommenen Leistungsgegenstände aufzuklären und Umstände mitzuteilen, die einem gültigen Vertragsschluß entgegenstehen. Das in Verletzung dieser Verpflichtungen zu erblickende Verschulden beim Vertragsschluß mache den pflichtwidrig handelnden Teil seinem Partner gegenüber schadenersatzpflichtig (SZ 48/102).
Hier habe die Klägerin der Beklagten Heizöl als Zweitraffinat zu einem im Verhältnis zu Erstraffinaten billigeren Preis angeboten und auch eine Ölprobe zur Verfügung gestellt. Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, die Eignung des von der Klägerin angebotenen Heizöls für die Verfeuerung in ihrer Brennanlage zu überprüfen. Für die Klägerin, die offenbar die Beschaffenheit der Anlage der Beklagten nicht gekannt habe, habe kein Anlaß bestanden, die Beklagte auf allfällige Gefahren bei der Verfeuerung von Altöl in einer dafür nicht geeigneten Anlage hinzuweisen. Sie habe damit rechnen können, daß die Beklagte als bedeutendes Industrieunternehmen selbständig in der Lage sein werde, die Eignung eines Brennstoffes für ihre Feuerungsanlage zu beurteilen. Daß Altöl, auch wenn es als "Zweitraffinat" bezeichnet ist und somit für einen Fachmann als gereinigtes Altöl erkennbar sei, typischerweise einen hohen Asche-, Wasser- und Sedimentgehalt habe, mußte für Fachleute klar sein, und die Klägerin habe wohl damit rechnen können, daß der Beklagten Fachleute zur Verfügung stünden. Ein bloß allgemein über den vom Käufer verfolgten Verwendungszweck der Ware informierter Verkäufer hafte im allgemeinen nicht dafür, daß die Ware die konkreten Eigenschaften aufweist, die angesichts der besonderen Umstände auf Seiten des Käufers Bedingung der angestrebten Verwendung sind. Er dürfe nicht Erzeugnisse verkaufen, von denen er positiv wisse oder doch wenigstens wissen müsse, daß sie für den konkreten Verwendungszweck nicht brauchbar seien. Selbst wenn dem Geschäftsführer der Klägerin bekannt gewesen sei, daß es anderwärts mit dem Altöl infolge der Filterbeschaffenheit zu Schwierigkeiten gekommen sei, habe er unter den gegebenen Umständen doch nicht damit rechnen können, daß der Beklagten keine für die Verfeuerung von Zweitraffinaten geeignete Anlage zur Verfügung stand. Das an die freie Auswahl der gewünschten Ware gebundene Eigenrisiko könne nicht auf den Verkäufer überwälzt werden (JBl 1987, 315). Es ergebe sich also, daß eine aufrechenbare Gegenforderung der Beklagten schon dem Grunde nach nicht zu Recht bestehe, so daß die Beklagte zur Zahlung des eingeklagten Kaufpreises samt den gesetzlichen Zinsen und der Umsatzsteuer aus den Zinsen des Kapitalsbetrages verpflichtet sei.
Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Sie beantragt, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Klagebegehren abzuweisen oder doch das Ersturteil wiederherzustellen; hilfsweise begehrt sie, das angefochtene Urteil, allenfalls auch das Ersturteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in die zweite bzw. erste Instanz zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen der Erheblichkeit der zu beantwortenden Rechtsfragen zulässig; sie ist aber auch berechtigt. Die Beklagte hat gegen die Klageforderung selbst lediglich eingewendet, daß die Klägerin nicht das von ihr angebotene, sondern für die Kalkbrennung im Werke der Beklagten in Bad Ischl ungeeignetes Öl geliefert habe; dieses könne nämlich wegen der darin enthaltenen Verunreinigungen, insbesondere Metallrückständen, nur unter Verwendung bestimmter Filter und Brenner verbrannt werden. Sie hat aber den Nachweis, daß das von der Klägerin gelieferte Öl nicht der Qualität und Art des ihr in einer Flasche vor dem Kauf zur Verfügung gestellten Musters entsprach, nicht erbringen können, weil sie das Warenmuster nicht vorlegen konnte. Der Käufer, der sich auf die fehlende Mustergerechtigkeit der gelieferten Ware zur Begründung seines Abwehranspruches gegen die Zahlungsklage des Verkäufers beruft, gerät in Beweisnotstand, wenn er nicht mehr imstande ist, das ihm vor Vertragsschluß übergebene Muster zu Beweiszwecken vorzulegen (Westermann im Münchner Kommentar Rz 9 zu § 494 BGB mwH in FN 25). Es ist deshalb mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß das von der Klägerin der Beklagten gelieferte Öl mustergerecht war. Nichterfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche der Beklagten können daher gar nicht in Frage kommen, zumal die Beklagte selbst die Gebrauchsfähigkeit des gelieferten Öls unter bestimmten technischen Voraussetzungen, nämlich der Verwendung spezieller Ölfilter und Brenneinrichtungen, anerkennt. Am Bestand der eingeklagten Kaufpreisforderung besteht demnach auch kein Zweifel. Insofern ist der Hauptantrag in der Revision, das Klagebegehren mangels Bestehens abzuweisen, verfehlt. Da aber die von der Beklagten einredeweise geltend gemachte Gegenforderung aufgrund der Aktenlage noch nicht abschließend beurteilt und zum Gegenstand einer Entscheidung gemacht werden kann, muß wegen des rechtlichen Zusammenhangs beider Forderungen gemäß § 391 Abs 3 ZPO die (teilweise) Bestätigung der angefochtenen Entscheidung als Teilurteil über die Klageforderung unterbleiben und stattdessen auch in dieser Hinsicht mit Urteilsaufhebung vorgegangen werden. Zur Begründung ihrer Schadenersatz-Gegenforderung hat sich die Beklagte darauf berufen, daß ihr nicht bekannt gewesen und von der Klägerin auch nicht bekanntgegeben worden sei, unter welchen besonderen Bedingungen technischer Art, nämlich nur bei Verwendung spezieller Ölfilter und Brenneinrichtungen, das angebotene "Heizöl ZR" nur verwendet werden kann. Die Klägerin habe demnach ihre vertragliche Aufklärungspflicht verletzt, denn es sei ihr die beschränkte Einsatzfähigkeit des Öls bekannt gewesen. Zunächst gilt es, sich mit dem vom Berufungsgericht gebilligten Argument der Klägerin auseinanderzusetzen, es habe sich um einen Kauf nach Probe (Muster) im Sinne des dem § 494 BGB nachgebildeten Art. 8 Nr. 17 EVHGB gehandelt und die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, das Heizöl auf seine Verwendbarkeit in den Brennanlagen ihres Werkes in Bad Ischl ausreichend zu untersuchen. Es ist zwar richtig, daß der Beklagten eine Flasche mit "Heizöl ZR" als Probe zur Verfügung gestellt wurde und sie damit die uneingeschränkte Möglichkeit zur Qualitätsprüfung des angebotenen Heizöls hatte. Daraus allein kann aber noch nicht abgeleitet werden, daß die Beklagte auch zur uneingeschränkten Untersuchung der Qualität dieses Öls verpflichtet war und sich nun, da sie eine solche uneingeschränkte Untersuchung offenbar unterlassen hat, nicht auf für sie unvorhersehbare und bei gebotener handelsüblicher Untersuchung nicht erkennbare Qualitätseigenschaften zur Begründung von Schadenersatzansprüchen berufen dürfte. Bei dem von der Klägerin in Verkehr gesetzten "Heizöl ZR" handelt es sich nämlich um eine bestimmte Art eines Heizöls, das durch Raffinierung von Altölen gewonnen wird ("Zweitraffinat") und dessen Qualitätseigenschaften von den sonst im Regelfall allgemein verwendeten Heizölen erster Raffinierung insofern abweichen als es einen hohen Gehalt an Verunreinigungen, u.a. auch Metallrückstände, aufweist, so daß sein Einsatz nur unter Verwendung spezieller Ölfilter und Brenneinrichtungen möglich ist. Die erste, hier unbeantwortet gebliebene Frage muß deshalb darauf gerichtet sein, ob dem industriellen Betreiber einer mit Heizöl beschickten Brennanlage mit Rücksicht auf die Übung des redlichen Verkehrs bekannt gewesen sein mußte, daß aus Altölen im Wege einer neuerlichen Raffinierung ("Zweitraffinierung") gewonnenes Heizöl ("Zweitraffinat") speziell durch einen hohen Gehalt an Verunreinigungen, insbesondere Metallrückständen, charakterisiert ist und daß deshalb die Qualitätsuntersuchung durch einen derartigen Verbraucher als Käufer von Heizöl zweiter Raffinierung gerade in Beziehung auf diese Eigenschaften üblich ist. Die Beantwortung dieser Frage ist notwendig, weil wegen des offenkundigen Fehlens einer darauf gezielten Vereinbarung der Parteien sonst der Sinn und Zweck der Warenprobe nicht ermittelt werden kann. Sollte diese im Wege der Einholung eines ergänzenden Sachverständigenbeweises zu beantwortende Frage überhaupt ohne oder doch ohne ausreichendes Ergebnis gestellt bleiben, so müßte von der grundsätzlichen Annahme ausgegangen werden, daß die Beklagte nur zu jener Qualitätsprüfung der Warenprobe verpflichtet war, die sie auch ohne Kauf nach Probe im Rahmen der Untersuchungsobliegenheit nach den §§ 377, 378 HGB an der gelieferten Ware selbst vornehmen hätte müssen, denn auch dort kommt es auf die in dem betreffenden Geschäftszweig übliche Zielrichtung der Untersuchung und auf deren üblichen Umfang an. Auch diese Frage müßte dann durch Sachverständigenbeweis geklärt werden, damit beurteilt werden kann, ob der Beklagten durch die trotz Unterlassung der gehörigen Untersuchung der Warenprobe erfolgte Bestellung des Heizöls zweiter Raffinierung die Billigung der Beschaffenheit des dann tatsächlich gelieferten Öls zuzurechnen ist, so daß dann auch ihre Schadenersatzansprüche aus der unterbliebenen Aufklärung und Information durch die Klägerin ausgeschlossen wären. Sollte jedoch das Ergebnis dieser Erhebungen derart sein, daß die Billigung der Beschaffenheit der Ware in Beziehung auf die dargestellten besonderen Qualitätsmerkmale nicht angenommen werden kann, so müßte die Beantwortung der weiteren Frage nach der Schadenersatzpflicht der Klägerin wegen Unterlassung der Aufklärung und Information der beklagten Käuferin von folgenden Erwägungen getragen sein:
Wie schon dargelegt wurde, weist das von der klagenden Ölverwertungsgesellschaft in Verkehr gebrachte "Heizöl ZR" einen besonders hohen Gehalt an Verunreinigungen, insbesondere Metallrückständen, auf. Es ist deshalb für die Befeuerung von Heizanlagen, die zur Verbrennung von Heizöl, das durch Raffinierung von Rohöl gewonnen wird, eingerichtet sind, nicht geeignet. Der Einsatz dieses "Zweitraffinats" verlangt vielmehr spezielle Filter (Feinfilter) und Brenner sowie einen höheren Wartungsaufwand und besondere Heizbedingungen (Anpassung der Vorwärmetemperatur des Öls, des Zerstäubungsdruckes, der Verbrennungslufttemperatur). Demnach handelt es sich ganz offenkundig um eine Sorte von Heizöl, die nach ihren wesentlichen Verwendungseigenschaften und -möglichkeiten nicht den sonst üblichen Heizölen erster Raffinierung gleichwertig ist. Dies mußte der klagenden Ölverwertungsgesellschaft, die derartiges Heizöl in Verkehr bringt, bekannt gewesen sein, denn sie befaßt sich mit der Verwertung von Altölen, die sie in einer Raffinerie in der Bundesrepublik Deutschland verarbeiten läßt, und hat deshalb auch für die dazu erforderlichen Fachkenntnisse einzustehen. Sie war deshalb beim Verkauf dieses Produkts grundsätzlich verpflichtet, sich zunächst über Art und Umfang der Kenntnisse des Käufers über die besonderen Eigenschaften dieses Produkts und seine Verwendungsmöglichkeiten zu informieren und erforderlichenfalls spätestens bei Vertragsschluß den Käufer aufzuklären und ihm die erforderlichen Informationen zu erteilen, damit dieser in die Lage versetzt worden wäre, über die Verwendbarkeit dieses Heizöls in der bei ihm in Verwendung stehenden Feuerungsanlage sachgemäß zu entscheiden. Ohne die entsprechenden Kenntnisse durfte die beklagte M*** Aktiengesellschaft als Verbraucherin von Heizöl in ihrem Werk in Bad Ischl davon ausgehen, daß es sich bei dem ihr von der Klägerin angebotenen Heizöl um ein nach seinen wesentlichen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten dem durch Raffinierung von Rohöl gewonnenen und sonst im Verkehr üblicherweise angebotenen Heizöl gleichwertiges Produkt handelt; dies freilich nur unter der bereits oben aufgezeigten Voraussetzung, daß die Beklagte nicht ohnedies mit Rücksicht auf die Vekehrsauffassung diese spezifischen Eigenschaften und beschränkten Einsatzmöglichkeiten des aus Altöl im Wege einer zweiten Raffinierung gewonnenen "Heizöls ZR" hätte kennen können und müssen.
Sollte unter diesen Voraussetzungen die klagende
Ö*** der Vorwurf der Unterlassung der Aufklärungs- und Informationspflicht gegenüber der Beklagten treffen, so wäre sie auch verpflichtet, dieser jeden Schaden zu ersetzen, der aus dem Einsatz des "Heizöls ZR" entstand, aber bei Verwendung von aus Rohöl gewonnenem Heizöl herkömmlicher Art unterblieben wäre. Diesbezüglich hat sich freilich das Berufungsgericht mit den Ausführungen der Berufung der Klägerin noch nicht befaßt, wozu es wegen seiner in dieser Hinsicht anderen Rechtsansicht auch bisher keine Veranlassung hatte. Es zeigt sich demnach, daß der Rechtsstreit auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen und Abhandlungen des Berufungsgerichtes noch nicht entscheidungsreif ist, so daß das angefochtene Berufungsurteil insgesamt aufgehoben und die Sache zufolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 496 Abs 3 ZPO in die zweite Instanz zur entsprechenden Sachverhaltsergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden muß. Der Kostenausspruch beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E14181European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00580.87.0531.000Dokumentnummer
JJT_19880531_OGH0002_0050OB00580_8700000_000