TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/27 2002/06/0054

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Veröffentlicht am 27.09.2005
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1998 §26;
BauRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/06/0055 E 27. September 2005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des JH in G, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Februar 2002, Zl. Ve1-550-3005/1-1, betreffend Zurückweisung von Einwendungen in einem Bewilligungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung (mitbeteiligte Parteien: 1. JE in G, vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Talstraße 4A, 2. Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Mai 2001 wurde dem Erstmitbeteiligten die baubehördliche Genehmigung für den Neubau einer Tiefgarage auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG G gemäß § 26 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 15/1998 (TBO 1998), erteilt. Die gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, auf dem Grundstück des geplanten Bauvorhabens Weiderechte zu haben, dies verschaffe ihm aber nicht die Rechtsstellung eines "Nachbarn" im Sinne der TBO 1998 mit Parteistellung. Bei Weiderechten handle es sich um eine Einwendung, die nicht in einer Bestimmung der Bauordnung oder einer Verordnung auf Grund der TBO 1998 begründet sei, sondern um eine Einwendung eines fremden Rechtsbereiches, somit um keine vom Nachbarn mit Erfolg im Bauverfahren geltend zu machende Einwendung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. August 2001 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer nicht "Nachbar" im Sinne des § 30 Abs. 1 TBO 1998 sei und ihm somit auch keine Parteistellung im gegenständlichen Bauverfahren zukomme.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 2002 als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass einem Weideservitutsberechtigten wie dem Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung keine Parteistellung zukomme. Wenn der Beschwerdeführer behaupte, dass ihm das Zivilrecht zur Durchsetzung der Ausübung seiner Weideservitut keine dem baurechtlichen Nachbarschutz annähernd vergleichbare Abwehrmöglichkeit biete, so sei dem entgegenzuhalten, dass im Gegenteil auf dem Bauplatz lastende Dienstbarkeiten zu Gunsten anderer Grundstücke zwar nicht die Erteilung der Baubewilligung, sehr wohl aber die faktische Bauführung verhindern oder einschränken könnten. Gerade dann nämlich, wenn durch die Bauführung in Rechte Dritter, nämlich das Weiderecht eingegriffen werde, habe der Dienstbarkeitsberechtigte die Möglichkeit, sich an die ordentlichen Gerichte zu wenden, um sein Recht durchzusetzen oder entsprechend abgelten zu lassen. Zwar wäre in den Bescheiden der Baubehörden der Beschwerdeführer zur Abklärung der Rechtslage auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen; ein diesbezüglicher Ausspruch fehle im Bescheid des Gemeindevorstandes. Das Fehlen eines Abspruches über privatrechtliche Einwendungen stelle aber keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des Baubewilligungsbescheides dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Auch der Erstmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 25 Abs. 1 und 2 der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15

in der Fassung LGBl. Nr. 79/2000, lautet:

"§ 25

Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber und die Nachbarn.

(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt."

Wenn der Beschwerdeführer meint, aus § 25 Abs. 2 TBO 1998 sei die Absicht des Landesgesetzgebers zu ersehen, dass neben den Grundstückseigentümern als umfassend Herrschaftsberechtigten auch den durch grundbücherliche Sicherstellung beschränkt dinglich Berechtigten die Eigenschaft als Partei im Sinne des § 8 AVG zuerkannt werden sollte, weil diesen andernfalls gegen eine durch eine Bauführung drohende Verletzung oder sogar gänzliche Vereitelung (ihrer Rechte) kein effektiver Rechtsschutz zur Verfügung stünde, so kann der Verwaltungsgerichtshof diese Ansicht nicht teilen.

Der Wortlaut der wiedergegebenen Bestimmung lässt nämlich keinen Zweifel daran, dass lediglich die Eigentümer von Liegenschaften als Nachbarn im Sinne der TBO 1998 am Baubewilligungsverfahren als Partei beteiligt sind, nicht aber sonstige dinglich Berechtigte (ausgenommen Bauberechtigte). Auch einem Weideberechtigten kommt ein solches Recht nicht zu (vgl. zu der mit der maßgeblichen Formulierung in § 25 Abs. 2 TBO 1998 gleichen Formulierung in § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung aus 1989 - hinsichtlich eines Fruchtgenussberechtigten - das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/06/0177).

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass normativer Gehalt einer Baubewilligung nur der Abspruch ist, dass dem zur Baubewilligung beantragten Bau kein im öffentlichen Recht (im Hinblick auf die Regelungen des Raumordnungsrechtes und des Baurechtes) fußendes Hindernis entgegensteht (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1997, B 3509/96, VfSlg. Nr. 14.783, und das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 97/05/0262, m.w.N.). Die Baubewilligung sagt nichts darüber aus, ob der bewilligte Bau nicht mit Mitteln des Privatrechts oder etwa des Agrarrechts verhindert werden kann. Sie greift nicht in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers ein (vgl. die angeführten Entscheidungen), was in gleicher Weise für andere dingliche Berechtigungen am Baugrundstück gilt.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. September 2005

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002060054.X00

Im RIS seit

04.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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