Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hanglberger als Schriftführerin, im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 62 Abs. 4 WeinG 1985 über die von der Generalprokuratur ehobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Langenlois vom 5. Dezember 1986, GZ U 270/86-13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger zu Recht erkannt:
Spruch
Im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 62 Abs. 4 WeinG 1985, AZ U 270/86 des Bezirksgerichtes Langenlois, verletzen
1. die Beurkundung des Einziehungserkenntnisses dieses Gerichtes vom 5.Dezember 1986, GZ U 270/86-13, durch einen Vermerk gemäß § 458 Abs. 2 StPO aF das Gesetz in dieser Bestimmung und
2./ der Ausspruch in dem zu Punkt 1./ bezeichneten Einziehungserkenntnis über eine den Einziehungsbeteiligten Hubert H*** gemäß § 389 StPO treffende Kostenersatzpflicht das Gesetz in der Bestimmung des § 389 StPO.
Gemäß § 292, letzter Satz, StPO wird der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Einziehungsbeteiligten aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit dem durch einen Urteilsvermerk beurkundeten Urteil des Bezirksgerichtes Langenlois vom 5.Dezember 86, GZ U 270/86-13, wurden im selbständigen Verfahren gemäß § 62 Abs. 4 WeinG 1985 insgesamt 207.756 Liter ua mit Diäthylenglykol versetzter Wein, der in Langenlois bei dem Weinhändler Hubert H*** mit Beschluß des Bezirksgerichtes Langenlois vom 26.November 1986, ON 10 d.A, beschlagnahmt worden war, eingezogen und dem genannten Einziehungsbeteiligten gemäß § 389 StPO der Ersatz der Kosten dieses (Einziehungs-)Verfahrens auferlegt. Das Protokoll über die am 5. Dezember 1986 durchgeführte Hauptverhandlung wurde hingegen ausgefertigt (ON 12).
Rechtliche Beurteilung
Mit dem Gesetz nicht im Einklang steht zunächst schon die Beurkundung dieses Einziehungserkenntnisses durch einen Urteilsvermerk.
Denn (auch) nach der im Zeitpunkte der Fällung dieses Einziehungserkenntnisses am 5.Dezember 1986 in Geltung gestandenen Fassung des § 458 Abs. 2 StPO war ein Protokolls- und Urteilsvermerk (nur) zulässig, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder nach einem umfassenden und durch die übrigen Ergebnisse der Verhandlung unterstützten Geständnis verurteilt worden ist oder die aus mehreren Punkten bestehende Anklage teils auf die eine, teils auf die andere Art erledigt worden ist und in allen diesen Fällen die Parteien auf alle Rechtsmittel verzichtet oder innerhalb der hiefür offenstehenden Frist kein Rechtsmittel angemeldet haben. Das oben bezeichnete Urteil des Bezirksgerichtes Langenlois vom 5. Dezember 1986 enthält hingegen ein im selbständigen Verfahren gefälltes Einziehungserkenntnis gemäß § 62 Abs. 4 WeinG 1985, somit weder einen Freispruch noch einen Schuldspruch, sodaß - entgegen der von Mayerhofer-Rieder vertretenen Auffassung; vgl StPO II/2, Anm 3 zu § 458 StPO - die Voraussetzungen des § 458 Abs. 2 StPO aF (und, wie noch ergänzend vermerkt sei, auch jene des § 458 Abs. 3 StPO nF) nicht vorliegen. (Im übrigen ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, daß nach der früheren, bis zum Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987 am 1.März 1988 geltenden Rechtslage bloß der Ersatz der Urteilsausfertigung durch einen Vermerk gemäß dem § 458 StPO (aF) unter gleichzeitiger Ausfertigung des Hauptverhandlungsprotokolls nicht vorgesehen war; vgl RZ 1977/70.)
In der Sache verletzt das in Rede stehende Einziehungserkenntnis insoweit das Gesetz, als darin dem (bereits von einem Konkursverfahren betroffenen) Einziehungsbeteiligten Hubert H*** gemäß § 389 StPO die Kosten des Einziehungsverfahrens auferlegt wurden:
In Abkehr von der früheren gegenteiligen (eine Kostenersatzpflicht des Einziehungs- bzw Verfallsbeteiligten bejahenden) Judikatur (vgl SSt 48/79, EvBl 1981/180 ua) hat der Oberste Gerichtshof schon mit Entscheidung vom 30.Oktober 1986, EvBl 1987/130, und sodann auch in der Folge (vgl 13 Os 18/87 und 14 Os 91/87) eine Kostenersatzpflicht des Einziehungs- oder Verfallsbeteiligten mit der Begründung verneint, daß eine solche gemäß § 389 StPO stets einen Schuldspruch voraussetze, der aber in einem im selbständigen Verfahren gefällten Einziehungs- oder Verfallserkenntnis fehle. In einem solchen Fall gelte vielmehr der Grundsatz des § 390 Abs. 1 StPO, demzufolge die Verfahrenskosten in der Regel vom Bund zu tragen seien. Soweit daher nicht durch eine besondere gesetzliche Vorschrift in bestimmten Fällen die Kostenersatzpflicht eines Einziehungs- oder Verfallsbeteiligten vorgesehen ist (vgl etwa § 241 FinStrG; §§ 29 Abs. 3 und 33 Abs. 5 MedienG), gilt für den Einziehungs- bzw Verfallsbeteiligten die grundsätzliche Regel des § 390 Abs. 1 StPO, die somit auch im vorliegenden Fall Platz greift, weil weder im Weingesetz 1985 (vgl § 62), noch im Lebensmittelgesetz 1975 (vgl § 65) von einer Kostenersatzpflicht des Einziehungsbeteiligten die Rede ist. Da der Kostenausspruch im Einziehungserkenntnis des Bezirksgerichtes Langenlois vom 5.Dezember 1986 dem Einziehungsbeteiligten Hubert H*** zum Nachteil gereicht, war in Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß zu erkennen.
Anmerkung
E14302European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00084.88.0608.000Dokumentnummer
JJT_19880608_OGH0002_0140OS00084_8800000_000