Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter Jürgen B***, Pensionist, 5020 Salzburg, Gorlicegasse 9, vertreten durch Dr. Erwin Hölzl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Johann V***, Kraftfahrer, 5020 Salzburg, Eschweg 7, 2.) Firma Elise P*** Gesellschaft mbH & Co KG, 5020 Salzburg, Robinigstraße 24, 3.) E*** A*** Versicherungs Aktiengesellschaft, 1010 Wien,
Brandstätte 7-9, alle vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wegen S 348.348,50 sA und Feststellung (S 40.000), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 1. Februar 1988, GZ 1 R 280/87-63, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 13. Juli 1987, GZ 13 Cg 212/84-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Dem Rechtsmittel der Beklagten wird,
I.) soweit es einen Rekurs gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes auf Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung im Umfang einer Teilforderung von S 188.348,50 samt 12,5 % Zinsen seit 1. Dezember 1980 darstellt, nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten; im übrigen wird ihm
II.) als Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes teilweise Folge gegeben und dieses dahin abgeändert, daß es als Teilurteil zu lauten hat:
1.) Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger
S 60.000 samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 1980 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
2.) Es wird festgestellt, daß die Beklagten dem Kläger für alle weiteren Schäden aus dem Unfall vom 8. November 1980 zur Hälfte zur ungeteilten Hand haften, die Drittbeklagte aber nur bis zur Höhe der gesetzlichen Deckungssumme.
3.) Das Mehrbegehren auf Bezahlung von S 100.000 samt 12,5 % Zinsen und 8,5 % Zinsen von S 60.000 seit 1. Dezember 1980 und das Feststellungsmehrbegehren werden abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 18. November 1980 stieß der Erstbeklagte als Lenker des PKWs Renault, S 11.308, der Zweitbeklagten, der bei der Drittbeklagten haftpflichtversichert war, den Kläger beim Überqueren der Schallmooser Hauptstraße in Salzburg nieder. Der Erstbeklagte wurde wegen dieses Unfalles wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB rechtskräftig verurteilt. Es wurde ihm eine überhöhte Geschwindigkeit zur Last gelegt.
Der Kläger begehrte von den Beklagten die Bezahlung von S 348.348,50 s.A. und beantragte die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Unfallsfolgen. Es gebühre ihm ein Schmerzengeld von S 200.000 und ein Verdienstentgangsbetrag von S 188.348,50. Davon sei noch der von den Beklagten gezahlte Betrag von S 40.000 abzuziehen. Dies ergebe den Klagebetrag. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Den Kläger treffe ein Mitverschulden im Ausmaß von 2/3. Er habe die stark frequentierte Straße an einer für Fußgänger gefährlichen Stelle zu überqueren versucht, ohne sich von der Verkehrssituation zu überzeugen, und sei sodann auf der Fahrbahn stehen geblieben. Das geltend gemachte Schmerzengeld sei überhöht. Ein Verdienstentgang werde bestritten.
Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit S 60.000 s.A. sowie dem Feststellungsbegehren zur Hälfte statt und wies das Mehrbegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Der Erstbeklagte fuhr mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 km/h auf der Schallmooser Hauptstraße stadtauswärts und benützte den linken, 3,1 m breiten von zwei in seiner Fahrtrichtung vorhandenen Fahrstreifen, weil er ein Bundesheerfahrzeug überholte. Die beiden Fahrstreifen sind zusammen 6,1 m breit und durch eine Leitlinie vom stadteinwärts führenden Teil der Fahrbahn, der 4 m breit ist, getrennt. Sichtbehinderung bestand zur Unfallszeit keine. Der Kläger wollte in Fahrtrichtung des Erstbeklagten gesehen von rechts die Fahrbahn überqueren und blieb 1 m vor der Leitlinie stehen, um ein stadteinwärts fahrendes Fahrzeug passieren zu lassen, als ihn der Erstbeklagte erstmals wahrnahm. Der Lenker bremste, doch stieß der PKW mit etwa 40 km/h den Kläger nieder. Dieser erlitt folgende Verletzungen:
Einen offenen Bruch des linken Schien- und Wadenbeins, einen Schädelbruch im Bereich der Basis und des Stirnbeinbereiches sowie Abschürfungen. Er wurde im Unfallkrankenhaus Salzburg 9 Tage stationär behandelt. Am linken Bein erhielt er einen Gipsverband angelegt, den er 3 1/2 Monate vor allem wegen der bereits erheblichen Vorschädigung des Beines durch eine Kinderlähmung tragen mußte. Aufgrund des Vorschadens gestaltete sich auch die Mobilisation nach der Gipsabnahme relativ langwierig. Die Behandlungsdauer von 9 Monaten entspricht der Art und Schwere der erlittenen Verletzungen vor allem unter der Bedachtnahme auf den Vorschaden. Ansonsten verlief die Heilung komplikationslos. Der Kläger leidet an Kopfschmerzen, insbesondere bei Witterungsumschwung, und verspürt manchmal ein brennendes Gefühl an der linken Gesichtshälfte. Auch der ehemalige Bruchbereich am linken Unterschenkel schmerzt zeitweise. Ein objektivierbarer unfallskausaler Dauerschaden der Beinverletzung aufgrund des Unfalles ist aus unfallschirurgischer Sicht ausgeschlossen. Auch die Kopfverletzungen führten zu keiner Dauerfolge im Sinn einer Minderung der Erwerbsfähigkeit. Spätkomplikationen des Schädelbruches im Stirnhöhlenbereich sind nicht auszuschließen. Insgesamt erlitt der Kläger 5 Tage starke, 1 Monat mittelstarke und einschließlich der aufgrund der Kopfverletzung eingetretenen Beschwerden 4 bis 4 1/2 Monate leichte Schmerzen.
Der Kläger wurde am 10. August 1965 für den Zustell- und Verladedienst bei der Post aufgenommen. Die durch die Muskelatrophie des linken Unterschenkels verursachte geringe Gehbehinderung war kein Anlaß, ihn nicht aufzunehmen. Es bestand bis zum Unfall kein Grund, ihn in den Ruhestand zu versetzen. Mit Bescheid der Post- und Telegrafendirektion für Oberösterreich und Salzburg vom 30. September 1981 wurde er gemäß § 14 Abs 1 Z 1 Beamtendienstrechtsgesetz (BDG) 1979 mit Ablauf des 31. Oktober 1981 in den Ruhestand versetzt, weil er an einem Zustand nach Poliomyelitis beider Unterschenkel und einer Unterschenkelfraktur links mit mangelnder Kallusbildung leide und daher nicht mehr in der Lage sei, die dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bei normaler Gestaltung der Verhältnisse hätte der Kläger nach § 15 Abs 1 BDG seine Versetzung in den Ruhestand frühestens zum 31. Dezember 1996 bewirken können. Der Ruhegenuß des Klägers wurde nach den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 ermittelt.
Während der Aktivzeit erfüllte der Kläger alle an ihn gestellten Anforderungen. Er war im Zeitpunkt seiner Pensionierung besoldungsrechtlich in der Verwendungsgruppe D, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 11 eingestuft und hätte, wäre er im Postdienst verblieben, ein dieser Einstufung entsprechendes Gehalt zuzüglich Zulagen bezogen. Das Erstgericht traf schließlich noch Feststellungen über das fiktive Gehalt des Klägers und die ihm tatsächlich ab 1. November 1981 ausbezahlte Pension. Rechtlich lastete das Erstgericht dem Erstbeklagten einen Verstoß gegen § 20 StVO an, weil er statt mit höchstens 50 km/h mit 70 km/h gefahren sei. Der Kläger habe gegen § 76 StVO verstoßen, weil er die Fahrbahn, ohne auf den fließenden Verkehr zu achten, zu überqueren versuchte. Dem Fehlverhalten der Beteiligten werde eine Verschuldensteilung von 1 : 1 gerecht. Das Schmerzengeld sei mit S 200.000 angemessen. Ein Anspruch auf Verdienstentgang stehe dem Kläger nicht zu, weil die Hälfte des Verdienstentganges in den von der Pensionsversicherungsanstalt erbrachten Leistungen Deckung finde. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, hingegen jener des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Kläger mit Teilurteil S 93.333,33 s.A. zusprach und dem Feststellungsbegehren zu 2/3 stattgab. Ein Teilmehrbegehren von S 66.666,67 s.A. wurde abgewiesen. Hinsichtlich der Teilforderung von S 188.348,50 s.A. hob es das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Nach Beweiswiederholung traf das Berufungsgericht folgende ergänzenden Feststellungen:
Der Kläger betrat die Fahrbahn, als sich der vom Erstbeklagten gelenkte PKW auf eine Entfernung von mindestens 100 m genähert hatte, und benötigte 4 bis 5 Sekunden, um in eine Position 1 m vor der Leitlinie zum stadteinwärts führenden Teil der Fahrbahn zu gelangen. Dort blieb er stehen.
Der Erstbeklagte faßte 2,2 Sekunden vor dem Anstoß (das entspricht einer Entfernung von 44 m vor der Position des Klägers), als er wahrnahm, daß der Kläger stehen blieb, den Bremsentschluß und gab ein Hupsignal ab. Bei einer Geschwindigkeit des vom Erstbeklagten gelenkten PKWs von 50 km/h hätte der Anhalteweg 27,7 m betragen.
Rechtlich war das Berufungsgericht der Auffassung, der Kläger habe zu verantworten, daß er statt bis unmittelbar an die Leitlinie weiterzugehen, 1 m vorher stehen blieb und den Erstbeklagten zu einer Vollbremsung nötigte. Der Erstbeklagte habe eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten. Es sei ihm aber auch anzulasten, keine unfallsverhindernden Maßnahmen gesetzt zu haben, obwohl ihm diese leicht zuzumuten waren. Er hätte ein Schallzeichen geben und früher bremsen sollen, dies jedenfalls zu dem Augenblick, als der Kläger stehen blieb. Es sei daher eine Verschuldensteilung von 1 : 2 zu Lasten des Erstbeklagten angemessen. Das Schmerzengeld sei mit S 200.000 nicht überhöht. Nach Kürzung um die Mitverschuldensquote und nach Abzug der Teilzahlung von S 40.000 gebührten dem Kläger daher S 93.333,33 s.A. Durch die von den Beklagten zu vertretende Verletzung habe der Kläger einen Verdienstausfall erlitten, der sich nach der Differenz zwischen dem Einkommen, das er voraussichtlich erzielt hätte, und der ihm tatsächlich ausbezahlten Pension bemißt. Die Pension, die sich der Geschädigte richtigerweise auf den Verdienstentgang anrechnete, sei mit Bescheid vom 30. September 1981 gemäß den §§ 3 bis 7 PG 1965 bemessen worden und werde ihm aufgrund der Bestimmungen dieses Gesetzes ausbezahlt. Das PG 1965 enthalte keine dem § 332 ASVG bzw. dem § 125 BKUVG nachgebildete Bestimmung über eine Legalzession, sodaß der Anspruch des Klägers gegen die Beklagten aus dem Titel des Verdienstentganges nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sein konnte. Auch das "Quotenvorrecht" könne daher nicht zum Tragen kommen. Grundsätzlich stehe dem Kläger somit ein um sein Mitverschulden gekürzter Anspruch auf Ersatz der erlittenen Einkommensminderung zu. Das Erstgericht habe aber keine Feststellungen darüber getroffen, zu welchem Zeitpunkt der Kläger wieder hergestellt war und ob er in den Postdienst wieder aufgenommen worden wäre oder eine Aussicht gehabt hätte, einen anderen Arbeitsplatz mit einem seinem früheren Einkommen gleichwertigen Verdienst zu finden. Diesbezüglich sei das Verfahren daher mangelhaft geblieben; denn es sei Sache des Klägers, zu behaupten und zu beweisen, daß er trotz wieder erlangter voller Erwerbsfähigkeit nicht in der Lage war bzw. ist, einen Arbeitsplatz zu finden, an dem er einen seinem früheren Einkommen entsprechenden Verdienst hätte erzielen können. Nur unter dieser Voraussetzung könnte ein Verdienstausfall des Klägers eine adäquate Folge der Körperverletzung darstellen.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision und inhaltlich auch der Rekurs der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 1 und 4 ZPO mit dem Antrag, diese dahin abzuändern, daß das gesamte Leistungsbegehren und das die Haftung von 1/3 übersteigende Feststellungsbegehren abgewiesen werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht, die Revision teilweise berechtigt.
1.) Unter dem "Revisionsgrund" der Nichtigkeit bzw. Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens stellen sich die Rechtsmittelwerber auf den Standpunkt, daß das Berufungsgericht zu Unrecht auf Fragen des Quotenvorrechtes des Sozialversicherungsträgers "von Amts wegen" eingegangen und daher auch unrichtigerweise zu einer Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung im Umfang des geltend gemachten Verdienstentganges gelangt sei. Im übrigen bestünde im vorliegenden Fall tatsächlich ein Quotenvorrecht, auch wenn das Pensionsgesetz ein solches nicht vorsehe. Schließlich hätte das Berufungsgericht selbst eine allenfalls erforderliche Verfahrensergänzung vornehmen müssen. Alle diese Ausführungen laufen darauf hinaus, den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zu bekämpfen. Das Rechtsmittel ist daher insoweit als Rekurs aufzufassen und zu behandeln. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beklagten hatte das Berufungsgericht - da der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gesetzmäßig ausgeführt war - die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ohne Beschränkung auf die vom Rechtsmittelwerber verwendete Argumentation auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nach allen Richtungen hin zu überprüfen (SZ 56/107;
EvBl 1983/82; MietSlg. 33.498/25; SZ 54/133, SZ 54/88;
1 Ob 625/85 uva; Fasching, Kommentar IV 41 f; derselbe, Zivilprozeßrecht, Rz 1774, 1775, 1929; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht2 338). Im Rahmen der bekämpften Verschuldensteilung war das Berufungsgericht auch mit der Frage des geltend gemachten Verdienstentganges befaßt, dessen Zuspruch in voller Höhe die Beklagten in der Berufung ausdrücklich beantragten. Die Höhe des Verdienstentganges hing demnach von der Verschuldensteilung ab, sodaß die Ausführungen der Berufung des Klägers sich nicht etwa - wie die Beklagten unterstellen - bloß auf einen einzelnen Anspruch oder Rechtsgrund allein erstreckten (vgl. MietSlg. 32.728;
4 Ob 520/76 bzw. SZ 55/113; 1 Ob 625/85), sondern ein und denselben Fragenkomplex, nämlich den von der Verschuldensteilung abhängigen Umfang des Verdienstentgangsanspruches des Klägers, betrafen. Das Berufungsgericht ging daher zutreffend auch auf Fragen der Berechnung des Verdienstentganges ein und verwies mit Recht darauf, daß das Pensionsgesetz 1965 keine dem § 332 ASVG bzw. dem § 125 BKUVG nachgebildete Bestimmungen enthält. Daher verbleibt es bei der grundsätzlichen Regel, daß dem Kläger ein um seinen Mitverschuldensanteil gekürzter Anspruch auf Ersatz der erlittenen tatsächlichen Einkommensminderung zusteht (SZ 33/101 uza). Da wesentliche Fragen des Verdienstentganges des Klägers in erster Instanz ungeklärt blieben, erfordert die Klarstellung der vom Berufungsgericht aufgezeigten Umstände deren Erörterung mit den Parteien mit allenfalls neuen Beweisanboten, sodaß die Zurückverweisung der Rechtssache im dargestellten Umfang dem Gesetz entspricht (vgl. EvBl 1985/125; 3 Ob 43/86 ua).
Dem Rechtsmittel der Beklagten war daher - soweit es einen Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes darstellt - der Erfolg zu versagen. Der diesbezügliche Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.
2.) Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung stellen sich die Beklagten auf den Standpunkt, daß das Schmerzengeld des Klägers mit nur S 100.000 zu bemessen gewesen wäre. Dem ist jedoch zu entgegnen, daß bei der Bemessung des Schmerzengeldes der Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzung und auf das Maß der psychischen und physischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes zu berücksichtigen ist (EvBl 1987/159; 2 Ob 6/76; 8 Ob 64/86 uza). Im vorliegenden Fall steht im Vordergrund, daß der Kläger nicht nur einen offenen Bruch des linken Schien- und Wadenbeines erlitt, sondern - was besonders schwer wiegt - auch einen doppelten Schädelbruch im Bereich der Basis und der Stirn. Damit erweist sich seine Verletzung insgesamt als sehr schwer, weshalb eine Herabsetzung des von den Vorinstanzen mit S 200.000 bemessenen Schmerzengeldes nicht in Betracht kommt.
Die Revision ist aber im Recht, soweit sie die Verschuldensteilung des Berufungsgerichtes bekämpft. Für die Verschuldensteilung ist ausschlaggebend der Grad der Fahrlässigkeit des Verkehrsteilnehmers und die Wichtigkeit der verletzten Vorschrift für die Sicherheit des Straßenverkehrs im allgemeinen und im konkreten Fall (ZVR 1986/77; 2 Ob 64/87 uza). Jeder Fußgänger muß vor dem Überqueren der Fahrbahn sorgfältig prüfen, ob er die Fahrbahn noch vor dem Herannahen von Kraftfahrzeugen mit Sicherheit überschreiten kann. Bei Erreichung der nach den Fahrbahnverhältnissen zu beurteilenden Straßenmitte muß er sich neuerlich vergewissern, ob sich nicht von seiner rechten Seite ein Fahrzeug nähert. Er muß stehen bleiben, wenn ein Fahrzeug schon so nahe ist, daß er die Fahrbahn nicht mehr vor diesem gefahrlos überschreiten kann (ZVR 1987/124; 2 Ob 26/87 uza). Er darf aber nicht - wie im vorliegenden Fall - vor der (im obigen Sinn verstandenen) Mitte der Fahrbahn so stehen bleiben, daß er einen wesentlichen Teil des noch für den von links kommenden Verkehr bestimmten Fahrbahnteiles blockiert. Ein solches Verkehrsverhalten ist äußerst gefährlich und muß als gravierender Verkehrsverstoß gewertet werden. Stellt man dem die verfehlte Fahrweise des Erstbeklagten gegenüber, die im wesentlichen in der Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit von 70 km/h statt 50 km/h bestand, kann der Verschuldensteilung des Berufungsgerichtes von 1 : 2 zu Lasten des PKW-Fahrers nicht gefolgt werden, vielmehr erweist sich jene des Erstgerichtes im Verhältnis 1 : 1 für richtig (vgl. ZVR 1975/156; ZVR 1987/93 ua).
Der Revision war somit teilweise Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen.
Der Kostenausspruch beruht auf §§ 52 Abs 2, 392 Abs 2 ZPO.
Anmerkung
E14618European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00058.88.0614.000Dokumentnummer
JJT_19880614_OGH0002_0020OB00058_8800000_000