Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Wilhelm E***, Verleger, Steyr, Stadtplatz 36, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagten Parteien 1. Maria T***, Autorin, Grieskirchen, Stifterstraße 16,
2. Wilhelm H*** Verlag GmbH & Co KG, München, Türkenstraße 5/7, Bundesrepublik Deutschland, beide vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 5,500.000,- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. Jänner 1988, GZ 6 R 302/87-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 16. September 1987, GZ 6 Cg 226/86-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Erstbeklagte hat dem Kläger mit Vertrag vom 13. Juni 1980 das "volle Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung (Verlagsrecht)" des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" eingeräumt. Der Kläger hat sich zu angemessener Werbung, zur Abwehr von Angriffen der Presse gegen die Autorin, zum Vorgehen gegen allfällige unberechtigte Nachdrucke sowie zur Zahlung eines Autorenhonorars in Höhe von 10 % des Verkaufspreises, verpflichtet. Ein Wettbewerbsverbot wurde nicht vereinbart. Auf Grund dieser Vereinbarung ließ der Kläger das Manuskript überarbeiten und sorgte für die Ausgestaltung des Werkes, seine Übersetzung in mehrere Sprachen, den Druck, den Vertrieb und die Werbung. Weltweit wurden mehr als 3 Millionen Exemplare des Buches abgesetzt. Im Rechtsstreit 1 Cg 227/84 des Kreisgerichtes Wels hatte die Erstbeklagte, die den Verlagsvertrag zum 31. Dezember 1984 aufgekündigt hatte, als Klägerin dem nunmehrigen Kläger (als Beklagten) gegenüber zunächst die urteilsmäßige Feststellung begehrt, daß die Rechtswirksamkeit des genannten Verlagsvertrages mit Ablauf des 31. Dezember 1984 ende; sie begehrt nun, daß dem Kläger die weitere Herausgabe und der Vertrieb des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" verboten werde. Im Frühjahr 1986 ist im Verlag der Zweitbeklagten das Buch der Erstbeklagten "Heilkräuter aus dem Garten Gottes" erschienen; es wird in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz vertrieben. Für dieses Werk warb die Zweitbeklagte unter anderem mit dem Slogan: "Soeben erschienen! Die neue T***. Das neue und umfassende Buch der 'Apothekerin Gottes'. Endlich hat Maria T*** nun ihr zweites großes Buch fertiggestellt - ein vollkommen neues, übersichtlich gegliedertes, verständliches Werk, bereichert um zahlreiche Kräuter und Erkenntnisse - und um 10 Jahre Erfahrung".
Sowohl das im Verlag der Klägerin als auch das im Verlag der Zweitbeklagten erschienene Werk der Erstbeklagten haben das Format DIN A 4; beide Bücher haben einen weißen Einband, auf dem jeweils in Pastellfarben gehaltene, nach Anzahl und Größe unterschiedliche Blumen dargestellt sind. Die jeweiligen Schriftbilder (Autorin, Titel, Untertitel) sind völlig verschieden. Das im Verlag der Zweitbeklagten erschienene Buch weist auf dem Einband noch auf rotem Untergrund das Wort "Neu!" und auf gelbem Untergrund den Satz "Das neue und umfassende Buch der 'Apothekerin Gottes'" auf. Im Buch "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" (108 Seiten) sind in erster Linie die Heilkräuter in alphabetischer Reihenfolge beschrieben. Im Anschluß daran folgen Ratschläge zur Behandlung verschiedener, gleichfalls in alphabetischer Reihenfolge angeführter Krankheiten. Das Schwergewicht liegt hier auf der Beschreibung und den Anwendungsmöglichkeiten der einzelnen Heilkräuter. Im Buch "Heilkräuter aus dem Garten Gottes" (200 Seiten) werden zunächst die Heilkräuter ganz kurz allgemein beschrieben. Der Hauptteil des Werkes besteht aus einer alphabetischen Aufzählung von Krankheiten und Leiden; diese Aufzählung ist viel umfangreicher als im erstgenannten Buch. Bei jeder einzelnen Krankheit werden die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten (mit Kräutern) angegeben. Schon vor dem Abschluß des Verlagsvertrages vom 13. Juni 1980 hatte die Erstbeklagte Abhandlungen über Heilkräuter veröffentlicht und dabei auch den Begriff "Apotheke Gottes" verwendet. Der Kläger begehrt
a) die Erstbeklagte schuldig zu erkennen, ab sofort die weitere Veröffentlichung und den Vertrieb des Werkes "Maria T*** - Heilkräuter aus dem Garten Gottes" durch den zweitbeklagten Verlag zu unterlassen, und
b) die Zweitbeklagte schuldig zu erkennen, ab sofort den weiteren Verlag des Werkes der Erstbeklagten mit dem Werktitel "Heilkräuter aus dem Garten Gottes - Das neue und umfassende Buch der Apothekerin Gottes" und den Vertrieb dieses Werkes zu unterlassen; außerdem stellt er ein Veröffentlichungsbegehren. Zufolge seines unternehmerischen Einsatzes habe er bis jetzt mehr als 3 Millionen Exemplare des Werkes verkaufen können; der weltweite Vertrieb des Werkes durch den Kläger habe einen Umsatz von erheblich mehr als 300 Millionen S erbracht. Das von der Zweitbeklagten verlegte neue Werk der Erstbeklagten behandle den gleichen Gegenstand wie das vom Kläger verlegte Werk. Auf Grund des noch aufrechten Verlagsvertrages treffe die Erstbeklagte eine Enthaltungspflicht dahin, daß sie so lange kein gleichartiges Werk erscheinen und veröffentlichen lasse, als sie an die Werknutzung des Klägers gebunden sei. Sie verletze ihre Treuepflicht gegen den Kläger, wenn sie ein Werk erscheinen lasse, das sich an den gleichen Abnehmerkreis wende und nach Art, Umfang und Erscheinungsbild geeignet sei, dem vom Kläger verlegten Werk ernsthafte Konkurrenz zu bereiten. Die Zweitbeklagte, der die vertragliche Bindung der Erstbeklagten bekannt gewesen sei, habe rechtswidrig in die Werknutzungsrechte des Klägers eingegriffen und sich das Erscheinungsbild des von ihm vertriebenen Werkes zugeeignet und zunutze gemacht; schon das äußere Erscheinungsbild des von der Zweitbeklagten vertriebenen Werkes sei geeignet, Verwechslungen mit dem vom Kläger vertriebenen Werk hervorzurufen. Jeder Durchschnittskonsument, der die äußere Gestaltung des letztgenannten Werkes durch eine Auflage von mehr als 3 Millionen kenne, müsse schon auf den ersten Blick annehmen, daß es sich bei dem von der Zweitbeklagten verlegten Werk um das vom Kläger vertriebene Werk handle. Im übrigen sei schon die Titelseite des von der Zweitbeklagten vertriebenen Werkes voll von Plagiaten; auch inhaltlich unterschieden sich beide Werke kaum voneinander. Die Beklagten hätten somit gegen die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes, des UWG und des ABGB (Verlagsrecht) verstoßen; sie hätten den irrigen Eindruck erweckt, es handle sich bei dem neuen Werk um einen Ersatz des vom Kläger vertriebenen Buches, das nicht mehr verlegt werde. Im Hinblick darauf habe der Kläger auch Anspruch auf Urteilsveröffentlichung (ON 1). Die Beklagten seien unlauter vorgegangen, weil sie sich bewußt an das vom Kläger herausgegebene Werk angelehnt, es nachgeahmt und trotz Zumutbarkeit keine andersartige Gestaltung gewählt hätten (ON 34). Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte habe den Verlagsvertrag mit dem Kläger aus wichtigen Gründen gekündigt. Ihr stehe weiterhin das Recht zur Bearbeitung ihres Werkes zu; mit ihrem vollständig neuen, grundlegend anders gestalteten Buch greife sie in die Verlagsrechte des Klägers nicht ein. Das Werk "Heilkräuter aus dem Garten Gottes" verletze auch weder einen allfälligen Ausstattungsschutz des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" noch dessen Titel. Ein Ausstattungsrecht könne nur an solchen Merkmalen erworben werden, die weder technisch bedingt noch gemeinfrei, vielmehr auf Grund ihrer ästhetischen Gestaltung geeignet seien, auf einen Geschäftsbetrieb hinzuweisen. Damit schieden bereits das Format DIN A 4 und alle Bezeichnungen der Umgangssprache sowie Gattungsbezeichnungen als nicht schutzfähig aus; das gleiche gelte für die Darstellung von Blumen und Kräutern sowie die Verwendung von Pastellfarben. Bei einer Gesamtbetrachtung sei keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Werken anzunehmen. Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Er traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und meinte rechtlich, der Verlagsvertrag vom 13. Juni 1980 habe ein Werknutzungsrecht des Klägers sowie eine vertragsrechtliche Treuepflicht der Erstbeklagten begründet. Diese Treuepflicht könne aber nur im Zusammenhang mit dem den Gegenstand des Verlagsvertrages bildenden Werk bestehen, nicht aber für ein ganz anderes Buch derselben Autorin. Das von der Zweitbeklagten verlegte Werk "Heilkräuter aus dem Garten Gottes" sei eine originäre Leistung der Erstbeklagten und keine bloße Bearbeitung ihres vom Kläger vertriebenen Buches; die thematischen Ähnlichkeiten und teilweisen Deckungsgleichheiten lägen in der Natur der Sache. Die Erstbeklagte habe in ihrem neuen Werk das behandelte Sachgebiet neu aufbereitet, neu gegliedert und ergänzt. Sie sei grundsätzlich berechtigt, nach wie vor auf ihrem Fachgebiet schriftstellerisch tätig zu sein und zu veröffentlichen, enthalte doch der Verlagsvertrag mit dem Kläger kein Konkurrenzverbot. Auch durch die Aufmachung des neuen Werkes hätten die Beklagten nicht gegen das Urheberrechtsgesetz oder das UWG verstoßen. Die Abbildung von Blumen (Heilpflanzen) auf einem einschlägigen Werk sei nahezu zwangsläufig; die Art der bildlichen Darstellung sei zumindest ausreichend differenziert; durch die deutlich unterschiedliche Gestaltung von Titel und Schriftbild sei jede Verwechslung auszuschließen. Allenfalls aufgetretene Verwechslungen seien damit zu erklären, daß Kaufinteressenten einen Bezug ausschließlich zum Namen der Autorin hergestellt hätten. Den Beklagten könne auch daraus kein Vorwurf gemacht werden, daß die Erstbeklagte auf dem Buch "Heilkräuter aus dem Garten Gottes" als "Apothekerin Gottes" bezeichnet werde, zumal dieser Begriff kein Spezifikum jenes Werkes sei, an dem der Kläger Rechte habe. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000,- S übersteige. Es traf folgende ergänzende Feststellungen:
Beispielsweise wird die Heilung von Gelenkserkrankungen im älteren Werk "Gesundheit aus der Apotheke Gottes", vom Gesichtspunkt der Systematik betrachtet, unter der allgemeinen Überschrift "Ratschläge für verschiedene Krankheiten" auf S. 73 nur unter dem pauschalen Titel "Arthrose, Arthritis, Coxarthrose" behandelt; im neuen Werk nehmen diese für die Applikation zusammenhängenden Ausführungen einen wesentlich größeren Umfang ein, nämlich die Seiten 131 bis 134 mit den Überschriften "Gelenksabnutzungserscheinungen, Gelenkdeformierung, Gelenkentzündung, Gelenkerkrankung und Gelenkschwellung". Wenngleich im älteren Werk auf Seite 73 ebenfalls schon Zinnkrauttee, Brennesseltee, Schwedenbitter, und vorher auf den Seiten 14 und 58 Brennessel und Zinnkraut als Heilpflanzen erwähnt werden, wird doch im neueren Werk die Dosis viel näher bestimmt und scheinen als weitere Heilkräuter Ringelblumen und Wiesengeißbart auf. Ebenso fehlt zur "Blasenschwäche" (S. 73 des älteren Werkes) der Hinweis auf Heilmittel wie Vogelknöterich und Kochsalzsitzbad; im neueren Werk gibt es auf S. 107 wesentlich differenziertere Erkrankungen, deren Heilung behandelt wird, nämlich Blasenerkrankung, Blasengrieß, Blasenkatarrh, Blasenkrampf, Blasenkrebs, Blasenlähmung, Blasenleiden, Blasenschmerzen, Blasenschwäche und Blasensteine (S. 107 bis 110).
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, daß auf den vorliegenden Fall österreichisches Recht anzuwenden sei. Es könne nicht geleugnet werden, daß zwischen dem alten und dem neuen Werk gewisse Ähnlichkeiten bestehen; schon Stichproben zeigten aber, daß die Erstbeklagte für den Inhalt des nach ihrem berechtigten Standpunkt neuen Werkes auch wesentlich neue Titel zum systembildenden Thema (Krankheiten) verarbeitet habe. Soweit sich der Kläger auf die Treuepflicht der Erstbeklagten aus dem Verlagsvertrag berufe, übergehe er die Feststellung, daß er durch den Verkauf des alten Werkes in mehr als 3 Millionen Exemplaren nicht unerhebliche Gewinne erzielt habe; der Sachverhalt liege demnach anders als in dem der Entscheidung des BGH GRUR 1973, 426 zugrunde liegenden Fall. Halte man an der Ansicht fest, daß der Werknutzungsberechtigte dem Autor wohl eine bloße Neubearbeitung, nicht aber die Herausgabe eines neuen Werkes durch einen anderen Verleger verbieten könne, dann könne auch in dem Hinweis, es liege ein neues Werk der "Apothekerin Gottes" vor, keine Herabsetzung des vom Kläger herausgegebenen Buches erblickt werden.
Damit bleibe im wesentlichen nur noch die behauptete Verwechslungsgefahr auf Grund der äußeren Aufmachung des neuen Werkes zu behandeln. Die Ausstattung werde durch § 9 Abs 3 UWG und durch § 80 UrhG geschützt; dabei könne gerade eine allenfalls idente oder auch nur ähnliche Ausstattung dem Schutzbereich des Urheberrechtsgesetzes zugeordnet werden, während die Qualifikation des § 9 Abs 3 UWG von der Frage abhänge, ob man wegen der abermaligen Wahl von Pastellfarben bei gleicher Formgröße die Gefahr einer Verwechslung dahin heraufbeschwöre, daß die Konsumenten der Meinung sein könnten, auch das neue Werk werde vom Kläger herausgegeben. Seien sie nur der Meinung, es handle sich um ein neues Werk der Erstbeklagten, dann sei dagegen wohl vom Standpunkt des UWG nichts einzuwenden. Nachahmung, Verwechslungsgefahr und Zumutbarkeit einer anderen Gestaltung seien aber auch überwiegend Themen der rechtlichen Beurteilung. Die geltend gemachten Feststellungs- und Verfahrensmängel lägen daher nicht vor. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer vollen Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragten, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die Vorinstanzen haben die umstrittene Frage, ob der Verlagsvertrag vom 13. Juni 1980 zwischen dem Kläger als Verleger und der Erstbeklagten als Verlaggeberin noch aufrecht oder schon aufgelöst ist, offen gelassen; ihr kommt aber entscheidungswesentliche Bedeutung zu:
Nach einhelliger Auffassung muß der Verlaggeber jede Verfügung über das Werk unterlassen, die mit dem Verlagsvertrag im Widerspruch steht (Adler-Höller in Klang2 V 441; Dittrich, Verlagsrecht 101 f;
Rintelen, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht 294 ff für das österreichische Recht; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht3, 438 ff;
BGH in GRUR 1973, 426 für das Recht der Bundesrepublik Deutschland). Diese "Enthaltungspflicht" besteht aber nicht nur insoweit, als der Verlaggeber dem Verleger das Werknutzungsrecht eingeräumt hat (§ 26 Satz 2 öUrhG; § 2 Abs 1 dVerlG); sie kann durchaus weitergehen: Auch die Vervielfältigung und der Vertrieb eines anderen Werkes durch den Verlaggeber kann u.U. nach Treu und Glauben die durch den Verlagsvertrag übernommenen Verbindlichkeiten verletzen (Adler-Höller aaO; Rintelen aaO 297; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 36 zu §§ 1172, 1173; Ulmer aaO 440; GRUR 1973, 426). Das setzt allerdings enge Beziehungen zwischen den beiden Werken voraus, die nicht schon dadurch gegeben sind, daß beide Werke denselben Gegenstand behandeln. So kann etwa einem Autor, der ein Werk über eine wissenschaftliche Theorie geschrieben hat, nicht verwehrt sein, in der Folge ein Buch über weitere Fortschritte derselben Lehre zu schreiben. Die beiden Werke müssen so verschieden sein, daß ihre Eigenständigkeit trotz Behandlung desselben Gegenstandes unbestreitbar ist (Adler-Höller aaO, 441 f; Krejci aaO; Ulmer aaO 440), daß sie im Publikum nicht miteinander verwechselt werden können und daß das spätere Werk den Absatz des früher erschienen nicht beeinträchtigt (Adler-Höller aaO 442; GRUR 1973, 426). Die Werke dürfen nicht gegenseitig substituierbar sein, so daß der Bezieher des einen Werkes das andere nicht benötigt, und umgekehrt (Krejci aaO); andernfalls unterliefe der Verlaggeber das Ausschließlichkeitsrecht des Verlegers zumindest ökonomisch (Krejci aaO) und beginge damit eine Verletzung der durch den Verlagsvertrag übernommenen Pflichten (Adler-Höller aaO; GRUR 1973, 426). Der Verfasser eines Werkes ist insbesondere zu einer neuen Auflage, auch mit wesentlichen Änderungen, nicht befugt, so lange nicht die frühere abgesetzt ist, und zwar auch dann nicht, wenn das Recht des Verlegers auf diese Auflage beschränkt ist (§ 1173 Satz 2 ABGB; Adler-Höller aaO). Das gilt auch dann, wenn kein ausdrückliches Wettbewerbsverbot zu Lasten des Verfassers vereinbart worden ist (Rintelen aaO 298; GRUR 1973, 426). Die Unterlasssungspflicht des Verlaggebers dauert grundsätzlich so lange wie der Verlagsvertrag selbst (Adler-Höller aaO 441; Ulmer aaO 440).
Sollte der Verlagsvertrag vom 13. Juni 1980 noch aufrecht sein, dann könnte der Erstbeklagten nicht das Recht zugebilligt werden, ihr Werk "Heilkräuter aus dem Garten Gottes" durch den Zweitbeklagten vervielfältigen und verbreiten zu lassen. Wenngleich sich dieses Werk im Aufbau, im Umfang und teilweise auch im Inhalt von dem beim Kläger verlegten Buch "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" unterscheidet, dient es doch demselben Zweck - nämlich der Erteilung von Ratschlägen für die Verwendung von Heilkräutern zur Heilung und Linderung von Krankheiten sowie zur Förderung des Wohlbefindens - und wendet sich an denselben Abnehmerkreis. Daß das neue Werk dem früheren Konkurrenz macht, kann keinem Zweifel unterliegen, wird doch jeder an den Lehren der Erstbeklagten Interessierte lieber zu dem neuen, erweiterten und "um 10 Jahre Erfahrung bereicherten" Werk greifen als zu dem älteren Buch. Das neue Buch ist demnach geeignet, das vom Kläger verlegte Werk zu ersetzen und es damit auch zu verdrängen. Der Vergleich mit einem Verfasser, der zunächst einen Grundriß über ein wissenschaftliches Gebiet erscheinen läßt und dann bei einem anderen Verleger ein Handbuch herausgibt (Rintelen aaO 298; Ulmer aaO 440), trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, weil sich die beiden Werke der Erstbeklagten keineswegs in einem solchen Maß voneinander unterscheiden und weil sie für denselben Kreis von Interessenten bestimmt sind. Dazu kommt noch, daß sowohl die Ähnlichkeit der Titel ("Gesundheit aus der Apotheke Gottes" - "Heilkräuter aus dem Garten Gottes") sowie ihrer äußeren Gestaltung (DIN A 4-Format; weißer Einbanddeckel; in Pastellfarben gemalte Blumen) nicht dazu angetan ist, eine Verwechslung der beiden Werke durch das Publikum hintanzuhalten (vgl. Adler-Höller aaO 442; Rintelen aaO 298). Irgendwelche Gründe, deretwegen es ihr unzumutbar gewesen wäre, das neue Werk (noch) nicht zu veröffentlichen, insbesondere eine entsprechende wirtschaftliche Situation ihrerseits (vgl. die Anmerkung von Sprick zu GRUR 1976, 426), hat die Erstbeklagte nicht behauptet.
Sollte der Verlagsvertrag vom 13. Juni 1980 noch aufrecht sein, dann wäre demnach das gegen die Erstbeklagte gerichtete Unterlassungsbegehren berechtigt; ob er durch die Kündigung der Erstbeklagten wirksam aufgelöst wurde, kann aber derzeit nicht beurteilt werden, weil bisher Feststellungen zu allen dafür maßgeblichen Tatsachen fehlen.
Von der Beantwortung dieser Frage hängt aber auch das Schicksal des gegen die Zweitbeklagte gerichteten, auf die Behauptung gestützten Klagebegehrens ab, daß diese in Kenntnis der vertraglichen Bindung der Erstbeklagten deren neues Werk verlegt habe. Dieser Sachverhalt, der im Hinblick auf den Sitz der Zweitbeklagten in der Bundesrepublik Deutschland eine Auslandsberührung aufweist (§ 1 Abs 1 IPRG), ist, weil sich die angebliche Verletzungshandlung (auch) auf den österreichischen Markt auswirkt, nach österreichischem Recht zu beurteilen (§ 48 Abs 2 IPRG; SZ 57/169). Nach der Rechtsprechung handelt derjenige, der, um selbst ins Geschäft zu kommen, dem Kunden eines Mitbewerbers behilflich ist, einen Vertrag mit diesem Konkurrenten abzuschütteln, grundsätzlich sittenwidrig (ÖBl. 1987, 45).
Der Meinung des Klägers, daß der Klage schon auf Grund der Gemeinsamkeit in der Ausstattung der beiden Werke der Erstbeklagten stattzugeben gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden: Bei Bejahung der Verletzung des Ausstattungsschutzes (§ 9 Abs 3 UWG) könnte den Beklagten nur verboten werden, das Werk in einer bestimmten Aufmachung herauszubringen; auch dieser - in dem geltend gemachten Begehren enthaltene - Unterlassungsanspruch ist aber noch nicht zur Entscheidung reif, so daß derzeit kein Teilurteil gefällt werden kann (§ 391 Abs 1 ZPO): Dem Kläger ist zwar einzuräumen, daß die beiden Bücher in ihrer äußeren Gestaltung einander sehr ähnlich sind. Beide haben einen weißglänzenden Einbanddeckel gleichen Formates und - zumindest im wesentlichen - gleicher Stärke, auf welchem in Pastellfarben gemalte Wiesenblumen gezeigt werden; in beiden Fällen springt ein roter Streifen mit einer Aufschrift ins Auge; auf dem hinteren Einbanddeckel finden sich jeweils ein Lichtbild und eine Erklärung der Erstbeklagten. Berücksichtigt man, daß die beiden Werke regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen werden und dem aktuellen Wahrnehmungsbild daher nur ein mehr oder minder verschwommenes Erinnerungsbild gegenübersteht, so daß fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffallende Bestandteile der Ausstattung im Gedächtnis bleiben (ÖBl. 1986, 129; ÖBl. 1988, 23 u.v.a), dann muß die Gefahr einer Verwechslung bejaht werden. Zu beachten ist aber, daß Geschäftsabzeichen, wie insbesondere die "Ausstattung von Waren", nur dann schutzfähig sind, wenn sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gelten (§ 9 Abs 3 UWG). Eine solche Verkehrsgeltung hat der Kläger mit dem Hinweis darauf, daß "jeder Durchschnittskonsument", der die äußere Gestaltung des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" durch eine Auflage von mehr als 3 Millionen kenne, "schon auf den ersten Blick annehmen müsse", daß es sich um ein vom Kläger vertriebenes Werk der Erstbeklagten handle (S. 5), zwar behauptet; die Vorinstanzen haben dazu aber keine Feststellungen getroffen. Sollte tatsächlich eine solche Verkehrsgeltung zugunsten des Klägers bewiesen werden, dann könnten sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, daß für diese Art der Aufmachung ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe; daß Bücher über Heilpflanzen auch in anderem Format und mit anders gestalteten Titelblättern herausgebracht werden können, kann nicht ernstlich bezweifelt werden.
Auf die Frage des Titelschutzes (§ 80 UrhG) war nicht einzugehen, weil der Kläger darauf nicht mehr zurückkommt (vgl. EvBl 1985/154).
Da die Rechtssache sohin nicht spruchreif ist, war der Revision Folge zu geben und mit einer Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen vorzugehen (§ 510 Abs 1 ZPO). Der Erstrichter wird das Verfahren in der aufgezeigten Richtung zu ergänzen, insbesondere also zu klären haben, ob der Verlagsvertrag vom 13. Juni 1980 noch aufrecht ist. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E14864European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00033.88.0614.000Dokumentnummer
JJT_19880614_OGH0002_0040OB00033_8800000_000