TE OGH 1988/6/15 1Ob572/88

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Veröffentlicht am 15.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Otto K***, Bau- und Zimmermeister, Mattighofen, Brauereistraße 6, vertreten durch Dr. Hans Estermann und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Mattighofen, wider die beklagte Partei S*** & W***, Obereck Nr.2, St. Johann, vertreten durch Dr. Rudolf Watschinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen S 78.000,- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 26. Jänner 1988, GZ 4 R 158/87-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 25. Februar 1987, GZ 3 Cg 245/86-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementär die W*** Gesellschaft mbH ist. Im Jahre 1984 waren Erwin W*** und Gertraud W*** einzeln vertretungsbefugte Geschäftsführer der Gesellschaft mbH. Unternehmensgegenstand der beklagten Partei ist die Herstellung und Montage von Blockhäusern. Da die beklagte Partei von der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich darauf hingewiesen worden war, daß sie für das Montieren der Blockhäuser eine Konzession für das Zimmermeistergewerbe benötige, fragte sie im Herbst 1984 den Kläger, ob er bereit sei, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der beklagten Partei zu fungieren. Der Kläger, der sämtliche Voraussetzungen für die Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer erfüllte, erklärte sich hiezu bereit. Im Auftrag der beklagten Partei wurde von Josef R***, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Dr. Z***, Dkfm. B*** und Partner Treuhandgesellschaft, die als Steuerberater der beklagten Partei tätig war, ein Vertrag über die Bestellung des Klägers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer abgefaßt, der im einzelnen vorsieht:

I.

Die Firma "S*** & W***" ist beim Handelsgericht Ried unter der Nummer HRA 53 eingetragen und hat unter anderem den Bau von Blockhäusern und deren Aufstellung zum Gegenstand des Unternehmens.

II.

Herr Otto K***, im folgenden Auftragnehmer genannt, besitzt die im § 22 Gewerbeordnung 1973 geforderten persönlichen Voraussetzungen zum Betrieb eines Zimmermeistergewerbes. Aus diesem Grunde wird die auftraggebende Firma Herrn Otto K*** zum Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft bestellen. Herr Otto K*** wird daher ab 1. März 1985 die gewerberechtliche Geschäftsführung inne haben.

III.

Der Auftraggeber übernimmt Herrn Otto K*** gegenüber die volle Haftung für alle Schäden, welche Herrn K*** durch die Tätigkeit der Gesellschaft allenfalls entstehen. Falls demnach der gewerberechtliche Geschäftsführer in dieser seiner Eigenschaft zu irgendwelchen Leistungen herangezogen werden sollte, verpflichtet sich die Gesellschaft (Auftraggeber), ihn vollkommen klag- und schadlos zu halten. Dies gilt auch für den Fall, daß Herr Otto K*** strafrechtlich belangt würde. Der Auftraggeber verpflichtet sich, eine Betriebshaftpflichtversicherung und eine Rechtsschutzversicherung in ausreichender Höhe abzuschließen bzw. beizubehalten, woraus allfällige, von Herrn Otto K*** zu verantwortende Schäden gedeckt werden können. Außerdem verpflichtet sich der Auftraggeber, die Versicherungsprämien pünktlich zu bezahlen und sich hierüber gegenüber dem gewerberechtlichen Geschäftsführer jederzeit über Verlangen auszuweisen.

IV.

Der Auftraggeber verpflichtet sich, an Herrn K*** als Entgelt für seine Tätigkeit als Geschäftsführer monatlich einen Betrag von S 5.000,- (Schilling fünftausend) zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer zu zahlen. Die Zahlungen haben monatlich mittels Dauerauftrag bis zum 5. eines jeden Monats zu erfolgen. Die Vertragsparteien vereinbaren eine Wertsicherung auf Grundlage des vom österreichischen statistischen Zentralamtes herausgegebenen "Verbraucherpreisindex 1976 (VPI 1976). Als Grundlage für die Berechnung der Wertsicherung gilt der Monat März 1985. Ein Steigen oder Sinken der Verbraucherpreisindexzahl im Ausmaß von 5 % (fünf Prozent) bleibt unberücksichtigt. Das erstmalige Überschreiten dieser Grenze bildet eine neue Basis für die künftige Berechnung des Entgeltes. Sämtliche Ertragssteuern sowie die Umsatzsteuer von diesen Beträgen hat der Empfangsberechtigte zu zahlen. Der Auftragnehmer, Herr Otto K***, wird jährlich im nachhinein eine umsatzsteuergerechte Rechnung an den Auftraggeber erstellen. Hinsichtlich der Umsatzsteuer gilt Herr Otto K*** als Unternehmer.

V.

Der Auftraggeber verpflichtet sich, dem Geschäftsführer Arbeiten, zu welchen er über Verlangen der Gesellschaft herangezogen wird und welche über seine Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer hinausgehen, gesondert zu vergüten. Das gegenständliche Vertragsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es kann beiderseits halbjährlich aufgekündigt werden. Die Kündigung hat mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen. Bei Erlöschen der Geschäftsführung gilt das Vertragsverhältnis als sofort aufgelöst; weiters gilt das Vertragsverhältnis als aufgelöst, wenn über das Vermögen des Auftragsgebers oder der persönlich haftenden Gesellschafterin ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren eröffnet wird.

VI.

Der Auftraggeber verpflichtet sich, dem Geschäftsführer Einsicht in die für gewerberechtliche Belange maßgeblichen Unterlagen des Betriebes zu gewähren und über die Tätigkeit der Gesellschaft hinsichtlich des Zimmermeistergewerbes regelmäßig zu berichten.

Der von Josef R*** ausgearbeitete Vertrag wurde in der Folge von beiden Streitteilen unterfertigt. In der Generalversammlung vom 26. Februar 1985, die in den Räumen des öffentlichen Notars Dr. Otmar H*** stattfand, wurde der Kläger zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft mbH bestellt. Die beklagte Partei nahm an, daß der Notar auch das Ansuchen um Erteilung der Konzession für die beklagte Partei stellen werde. Nachdem sich die Unrichtigkeit dieser Annahme herausgestellt hatte, ersuchte die W*** Gesellschaft mbH mit dem am 20. August 1985 beim Amt der OÖ Landesregierung eingelangten Ansuchen um Erteilung einer Konzession zur Ausübung des Zimmermeistergewerbes. Das Amt der OÖ Landesregierung forderte die Komplementärgesellschaft mit Schreiben vom 23. Oktober 1985 auf, den Gesellschaftsvertrag, die Geburtsurkunde, den Staatsbürgerschaftsnachweis, das Konzessionsprüfungszeugnis sowie die Meldebestätigung des in Aussicht genommenen gewerberechtlichen Geschäftsführers vorzulegen. Mit Schreiben vom 11. November 1985 übermittelte der Kläger dem Amt der OÖ Landesregierung die angeforderten Urkunden und Schriftstücke. Am 3. Dezember 1985 übermittelte der Kläger der beklagten Partei eine Rechnung über sein Honorar für den Zeitraum vom 1. März 1985 bis einschließlich Dezember 1985. Dr. Otmar H*** teilte dem Kläger im Auftrag der beklagten Partei mit Schreiben vom 6. Dezember 1985 mit, daß er seiner Ansicht nach keinen Anspruch auf Entgelt habe, weil seine Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer gemäß § 39 Abs5 GewO 1973 noch nicht wirksam geworden sei. Der Kläger rief hierauf bei der beklagten Partei an und erklärte Erwin W***, daß er, falls die beklagte Partei den in Rechnung gestellten Betrag nicht bezahle, nicht mehr bereit sei, als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu fungieren. Erwin W*** hielt an seinem Standpunkt fest, daß dem Kläger ein Anspruch auf Entgelt nicht zustehe. Die beklagte Partei zog am 20. Dezember 1985 das Ansuchen um Bestellung des Klägers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer zurück.

Der Kläger begehrt den Betrag von S 78.000,- s.A. als gebührendes Entgelt und brachte zur Begründung vor, er habe sich über W*** der Komplementärgesellschaft der beklagten Partei bereiterklärt, ab 1. März 1985 gegen ein monatliches Entgelt von S 5.000,- als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu fungieren. Er sei am 26. Februar 1985 zum Geschäftsführer der Gesellschaft mbH bestellt und am 24. Mai 1985 in das Handelsregister als solcher eingetragen worden. In der Folge habe er über Wunsch der beklagten Partei die erforderlichen Urkunden zwecks behördlicher Genehmigung der Geschäftsführerbestellung zur Verfügung gestellt. Da die beklagte Partei keine Zahlung geleistet habe, habe er Anfang Dezember 1985 eine Rechnung über das fällige Entgelt übermittelt und mangels Zahlung im Dezember 1985 den ausstehenden Betrag eingemahnt. Bei einem Telefonat mit Erwin W*** am 9. Dezember 1985 habe er erklärt, daß er ohne Bezahlung nicht bereit sei, eine weitere Tätigkeit auszuüben. Die beklagte Partei habe dies als Kündigung verstanden, doch habe er tatsächlich seine Geschäftsführerstellung nicht aufgekündigt. Eine Kündigung wäre auch nur schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr möglich. Die beklagte Partei habe am 20. Dezember 1985 das Ansuchen um Konzession zurückgezogen. Seine Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer sei nur durch die vertragswidrige Zurücknahme des Ansuchens verhindert worden. Er stütze daher das Klagebegehren hilfsweise auch auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes. Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, sie habe keinen handelsrechtlichen, sondern nur einen gewerberechtlichen Geschäftsführer gebraucht. Der Kläger habe demnach auch keine Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer ausüben sollen. Seine Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer hätte aber einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedurft. Bei dieser Genehmigung handle es sich um keinen Formalakt, sondern um einen konstitutiven Akt, so daß die gewerberechtliche Geschäftsführung erst mit der behördlichen Genehmigung beginne. Bei Vertragsabschluß sei der Kläger darauf hingewiesen worden, daß seine Bestellung nicht mit 1. März 1985, sondern frühestens mit dem Vorliegen der Konzessionsurkunde und der Genehmigung der Geschäftsführerbestellung durch die Gewerbebehörde beginnen werde. Das Datum 1. März 1985 sei im Vertrag lediglich als frühester Termin angeführt worden. Zufolge eines Versehens sei das Konzessionsansuchen erst im August 1985 gestellt worden, es sei auch bis 9. Dezember 1985 von der Gewerbebehörde nicht erledigt worden, zumal der Kläger noch einige ihn betreffende Urkunden beizubringen hatte. Der Kläger habe anläßlich des Telefongespräches mit Erwin W*** erklärt, daß er, wenn sein Honorar nicht bezahlt werde, den Vertrag kündige. Die beklagte Partei habe die Kündigung zur Kenntnis genommen und das Gesuch bei der Gewerbebehörde zurückgezogen. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger den Betrag von S 78.000,- s.A. zu bezahlen. Es stellte fest, weder vor noch bei Unterfertigung des mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrages sei davon gesprochen worden, daß der Kläger Anspruch auf Entlohnung erst mit dem Zeitpunkt der Bewilligung des Konzessionsansuchens habe. Die Streitteile hätten bei Vertragsabschluß keine konkrete Kenntnis von den Bestimmungen der Gewerbeordnung über die Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers gehabt.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Kläger sei gemäß Punkt II des Vertrages mit Wirkung vom 1. März 1985 zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt worden. Dafür, daß er diese Tätigkeit zunächst unentgeltlich auszuüben gehabt hätte, biete der Vertrag keinen Anhaltspunkt. Ob den Kläger damit die Haftung als gewerberechtlicher Geschäftsführer getroffen habe, sei ohne Bedeutung. Es sei auch nicht auszuschließen, daß die Streitteile bei entsprechender Kenntnis der Bestimmungen der Gewerbeordnung vereinbart hätten, daß der Entlohnungsanspruch des Klägers schon mit seiner Bestellung zum handlungsrechtlichen Geschäftsführer beginnen solle, da die Entlohnung während der Dauer des Genehmigungsverfahrens ebenfalls Bestandteil der gesamten Entlohnungsvereinbarung sein konnte. Der Kläger habe daher die von der beklagten Partei im Vertragsentwurf vorgesehene Regelung nur dahin verstehen können, daß sein Anspruch auf Entlohnung bereits mit 1. März 1985 beginne. Die Weigerung der beklagten Partei, dem Kläger das gebührende Entgelt zu bezahlen, müsse als schwerwiegender Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden, der den Kläger berechtigt habe, den Vertrag vorzeitig aufzulösen. Dem Kläger gebühre die Entlohnung jedenfalls noch für die Zeit bis einschließlich Februar 1986, da er selbst bei normaler Kündigung Anspruch auf Entlohnung für die Dauer von sechs Monaten gehabt hätte. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es erklärte die Revision für zulässig.

Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Inhaber des Gewerbes und dem gewerberechtlichen Geschäftsführer und dami insbesondere auch ein allfälliger Entlohnungsanspruch des gewerberechtlichen Geschäftsführers richteten sich nach der mit ihm getroffenen Vereinbarung. Die beklagte Partei habe sich der Leistungen des Klägers versichert, ohne die es zu der von ihr beabsichtigten Gewerbeausübung nicht kommen konnte. Sie habe ihm ein monatliches Entgelt dafür versprochen, daß er alle für die Einreichung bei der Gewerbebehörde nötigen Erklärungen abgebe und Urkunden vorlege, sich der Gesellschaft nach außen hin als gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verfügung stelle und die Verantwortung für Maßnahmen der Gesellschaft gegenüber der Gewerbebehörde auf sich nehme. Gegenleistung des Klägers sei seine Bereitschaft, sich zum Geschäftsführer bestellen zu lassen und die Verantwortung zu tragen, gewesen. Angesichts der Vorbesprechungen und des Vertragsentwurfes noch im Jahr 1984 hätten die Vertragspartner davon ausgehen können, daß die Vorbereitungsphase bis zum Vorliegen des gewerbebehördlichen Bescheides eher kurz sein werde, anderseits aber dem Kläger für seine Mitwirkung in dieser ohnehin kurzen Vorbereitungsphase auch schon das im Vertrag vorgesehene monatliche Entgelt zustehen solle. Daß das Ansuchen der beklagten Partei beim Amt der OÖ Landesregierung verspätet gestellt worden sei, sei nicht auf eine Säumnis des Klägers zurückzuführen. Es sei Sache der beklagten Partei gewesen, das Ansuchen zu stellen und die hiefür erforderlichen Beilhgfn anzuschließen. Da dem Kläger in der Vorbereitungsphase ein Verstoß gegen Vertragspflichten nicht vorzuwerfen sei, stehe ihm bereits ab 1. März 1985 das vertraglich zugesicherte monatliche Entgelt zu. Die Erklärung des Klägers vom 9. Dezember 1985 könnte als sofortige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund verstanden werden. In einem solchen Fall gebühre aber dem Kläger, da die beklagte Partei durch Vorenthaltung des ihm gebührenden Entgelts Anlaß zur vorzeitigen Auflösung gegeben habe, das Entgelt während der Dauer der Kündigungsfrist. Daß sich der Kläger in dieser Zeit etwas erspart, anderweitig etwas verdient oder zu verdienen unterlassen hätte, sei nicht behauptet worden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der beklagten Partei kommt Berechtigung nicht zu.

Gemäß § 9 GewO 1973 können Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben; sie müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40 GewO 1973) bestellt haben. Sofern Personengesellschaften des Handelsrechtes ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, ausüben wollen, muß ein persönlich haftender Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, zum Geschäftsführer bestellt werden. Dieser Gesellschafter muß einzeln zeichnungsberechtigt oder, falls nur gemeinsame Vertretungsbefugnisse vorgesehen sind, an jeder gemeinsamen Vertretungsbefugnis beteiligt sein. Ist eine juristische Person persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft des Handelsrechtes, so wird gemäß § 9 Abs4 GewO 1973 der Bestimmung des § 9 Abs3 GewO 1973 auch entsprochen, wenn zum Geschäftsführer dieser Personengesellschaft eine natürliche Person bestellt wird, die dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der betreffenden juristischen Person angehört und innerhalb dieses Organes die im § 9 Abs3 GewO 1973 für den Geschäftsführer vorgeschriebene Stellung hat. Die Bestellung eines Geschäftsführers für die Ausübung eines kozessionierten Gewerbes bedarf der Genehmigung der für die Erteilung der Konzession zuständigen Behörde, um die der Gewerbeinhaber anzusuchen hat (§ 39 Abs5 GewO 1973). Die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers erfolgt auf Grund eines zivilrechtlichen Vertrages, der Elemente eines Bevollmächtigungsvertrages enthält. Die öffentlich-rechtliche Wirkung des Vertrages, die in der Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften besteht, wird im Falle des § 39 Abs4 GewO 1973 (bei Anmeldungsgewerben) durch die Anzeige der Bestellung, bei konzessionierten Gewerben durch die Genehmigung der Bestellung begründet. Die gewerberechtliche Wirkung des Bestellungsvertrages entsteht somit nicht schon durch den Vertragsabschluß, sondern erst durch einen weiteren Rechtsakt, der im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (GesRZ 1983, 34; Mayer in Rill, Gewerberecht, 214, 220). In gleicher Weise, wie die Ausfertigung des Konzessionsdekretes ein konstitutiver Akt ist, der das Gewerberecht begründet, bedarf es bei der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers für ein konzessioniertes Gewerbe der bescheidmäßigen Genehmigung (GesRZ 1983, 34).

Da die beklagte Partei die Bestellung des Klägers für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes beantragte, kam dem Kläger vor dem konstitutiven Akt der Genehmigung durch die Gewerbebehörde die Stellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers mit der Rechtsfolge der Befreiung des Gewerbeinhabers von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften (§ 39 Abs6 GewO 1973) nicht zu. Daß eine solche Genehmigung rückwirkend erteilt worden wäre, wurde auch vom Kläger nicht behauptet. Zweck des mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrages war es nun zweifellos, der beklagten Partei die Erwerbung einer Konzession für das Gewerbe "Zimmermeister" zu ermöglichen und die Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften auf den Kläger zu übertragen. Punkt II des zwischen Streitteilen abgeschlossenen Vertrages sah allerdings die Bestellung des Klägers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer schon zum 1. März 1985 vor, obgleich die Voraussetzung hiefür, seine Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer, erst in der Generalversammlung vom 26. Februar 1985 erfolgte und daher die Erlangung der Genehmigung der Gewerbebehörde bis zum 1. März 1985 als ausgeschlossen erachtet werden mußte. In Punkt IV des Vertrages ist ein Anfangstermin für die Bezahlung des Entgeltes nicht enthalten. Gemäß § 914 ABGB ist jeder Vertragspartner berechtigt, einer vertraglichen Bestimmung, über deren Inhalt kein Einvernehmen besteht, jenen Sinn beizumessen, den sie nach der Sachlage unter Berücksichtigung der Übung des redlichen Verkehrs für ihn haben muß; dabei sind der Zweck des Vertrages und der Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen zu beachten (JBl 1978, 387). Es ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zweckes zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (JBl 1983, 592; Koziol-Welser, Grundriß8 I 88). Zusätzliche Auslegungskriterien gibt § 915 ABGB, doch ist die Unklarheitenregel dieser Bestimmung erst dann heranzuziehen, wenn die Auslegung gemäß § 914 ABGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt (JBl 1986, 264; JBl 1978, 387; JBl 1976, 657; Koziol-Welser a.a.O., 89).

Es ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß die vertragliche Vereinbarung redlicherweise auch dahin verstanden werden konnte, daß dem Kläger das zugesagte Entgelt schon mit 1. März 1985, demnach auch schon für seine Bereitschaft, sich zum Geschäftsführer bestellen zu lassen, und die in diesem Zusammenhang zu entfaltende Tätigkeit gebührt (vgl. GesRZ 1982, 178). Den Kläger traf auch gemäß § 25 GmbHG schon mit seiner Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern. Die beklagte Partei hat nach der Aussage des Erwin W*** ungeachtet der noch fehlenden gewerbebehördlichen Genehmigung der Bestellung des Klägers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer weiterhin Blockhäuser nicht nur erzeugt, sondern auch montiert (ON 4, S.3). Diese Erwägungen rechtfertigen es, die vertragliche Regelung dahin zu verstehen, daß dem Kläger der Entgeltanspruch schon ab 1. März 1985 zusteht. Zu diesem Ergebnis führt aber jedenfalls die Anwendung der Zweifelsregel des § 915 zweiter Satz ABGB. Die unklare Vertragsbestimmung ist danach zum Nachteil desjenigen auszulegen, der sich ihrer bediente. Da der Vertrag vom Steuerberater der beklagten Partei abgefaßt wurde, muß die beklagte Partei die für sie ungünstige Auslegung dieses Vertrages (Entgeltanspruch ab 1. März, 1985) gegen sich gelten lassen. Zur Höhe des dem Kläger gebührenden Entgelts enthält die Revision keine Ausführungen.

Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E14584

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00572.88.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19880615_OGH0002_0010OB00572_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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