TE OGH 1988/6/16 12Os51/88

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Veröffentlicht am 16.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Juni 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Toth als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eleonore S*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 und § 15 StGB (aF) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich des Angeklagten Heinz B***) sowie die Berufungen der Angeklagten Eleonore S***, Alois E*** und Heinz B*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.November 1987, GZ 12 e Vr 10.641/87-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, der Angeklagten Eleonore S***, Alois E*** und Heinz B*** sowie deren Verteidiger Dr. Heiserer, Dr. Heissig und Dr. Buder-Steinhoff zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Heinz B*** betreffenden Teil des Schuldspruchs laut Punkt A/2 und B/2 des Urteilssatzes sowie demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Heinz B*** ist schuldig, er hat am 30.Juli 1987 in Wien zur Ausführung der unter Punkt A/1 des Urteilssatzes beschriebenen strafbaren Handlung der Eleonore S*** und des Alois E*** (vollendeter schwerer Betrug zum Nachteil der C*** mit einem Schaden von 70.000 S)

beigetragen, indem er sich vereinbarungsgemäß bereithielt, über seinen in der zur Täuschung benützten falschen Lohnauskunft angeführten Telefonanschluß gegenüber einem rückrufenden Angestellten der C*** die Richtigkeit der darin

behaupteten Angaben zu bestätigen.

Heinz B*** hat hiedurch das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB nF begangen und wird hiefür nach § 147 Abs. 1 StGB zu 6 (sechs) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Heinz B*** und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen. Der Berufung der Angeklagten Eleonore S*** wird Folge gegeben und die Strafe unter Anwendung des § 41 StGB auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt.

Hingegen wird der Berufung des Angeklagten Alois E*** nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des sie betreffenden (weiteren) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Eleonore S*** und Alois E*** (dieser als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 und § 15 StGB aF, sowie der Angeklagte Heinz B*** des Vergehens des versuchten schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 StGB aF schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Die gegen dieses Urteil von den Angeklagten S*** und B*** erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wurden mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 31.Mai 1988, GZ 12 Os 51/88-7, dem auch der Inhalt des Schuldspruches entnommen werden kann, bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstages waren nur mehr die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft (in Ansehung des Angeklagten B***) sowie die Berufungen aller drei Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft

(in Ansehung des Angeklagten B***)

Entgegen dem Anklagevorwurf, in dem die Staatsanwaltschaft dem Heinz B*** zur Last gelegt hatte, zu einem von Eleonore S*** zum Nachteil der C*** (im folgenden: CA-BV)

begangenen, teils vollendeten (70.000 S), teils versuchten (40.000 S) Kreditbetrug mit einem (demnach) insgesamt 100.000 S übersteigenden Schadensbetrag (§ 147 Abs. 3 StGB aF) im Sinn des § 12 dritter Fall StGB beigetragen zu haben, sprach das Erstgericht den Angeklagten B*** lediglich wegen eines solchen Tatbeitrages zum versuchten Betrug mit einem beabsichtigten Schaden von 40.000 S schuldig.

Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5, 7 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO mit dem Ziel anklagekonformer Verurteilung des Angeklagten.

Die Beschwerde ist nur zum Teil berechtigt.

Nach den Urteilsfeststellungen beschlossen Eleonore S*** und Alois E*** Angestellte der CA-BV durch Vorlage einer falschen Lohnbestätigung über die Rückzahlungsfähigkeit der Eleonore S*** sowie über deren Rückzahlungswilligkeit zu täuschen, um solcherart ein Darlehen von 70.000 S betrügerisch heauszulocken. Da der Angeklagte E*** wußte, daß Gehaltsbestätigungen in der Regel durch telefonischen Rückruf beim (angeblichen) Dienstgeber überprüft werden, setzte er den Angeklagten B*** von dem kriminellen Plan in Kenntnis. Dieser war damit einverstanden, daß zur Täuschung der Bankangestellten in der falschen Lohnauskunft seine Telefonnummer angeführt werde und erklärte sich bereit, am Tage der Krediteinreichung bei seinem Telefonanschluß auf den Rückruf eines Bankbeamten zu warten, um die falschen Angaben über das Bestehen eines Dienstverhältnisses mit dem Friseurmeister F. P***, die Dauer desselben und die Höhe des monatlichen Einkommens der Eleonore S*** zu bestätigen.

Am 30.Juli 1987 beantragte die Angeklagte S*** in Begleitung des Angeklagten E*** bei der CA-BV, Filiale Kärntnerring, unter Vorlage der von E*** hergestellten falschen und inhaltlich unrichtigen Gehaltsbestätigung plangemäß ein Darlehen in der Höhe von 70.000 S. Bei der routinemäßigen Überprüfung der Kreditwerberin informierte der Kreditschutzverband den Sachbearbeiter der CA-BV, Gerhard S***, vom Bestehen einer Bürgschaft der Eleonore S*** für einen bereits notleidend gewordenen Kredit beim Bankhaus S*** & S*** in der Höhe von rund 33.000 S. S***

verlangte eine vorherige Abklärung dieser Bürgschaftsverpflichtung und schickte S*** und E*** zum genannten Bankhaus, wo eine Einigung über eine Umschuldung unter teilweisem Zinsenverzicht durch das Bankhaus S*** & S*** zustande kam. Inzwischen war ein Versuch des Gerhard S***, den Inhalt der Gehaltsbestätigung zu verifizieren, gescheitert, weil sich unter der darin angegebenen Telefonnummer des Heinz B*** niemand gemeldet hatte. Zur Filiale der CA-BV zurückgekehrt, beantragten Eleonore S*** und Alois E*** unter Hinweis auf die Umschuldungsvereinbarung mit dem Bankhaus S*** & S*** nunmehr einen Kredit von 110.000 S. Davon hatte der Angeklagte B*** allerdings keine Kenntnis (US 13). Als E*** bemerkte, daß S*** mit der Darlehensauszahlung zögerte, gelang es ihm unter Vortäuschung der Dringlichkeit der Darlehensgewährung diesen zur Auszahlung wenigstens eines Teilbetrages von 70.000 S zu veranlassen. Nachdem Gerhard S*** am nächsten Tag die Telefonnummer des Friseursalons P*** aus dem Telefonbuch festgestellt und erfahren hatte, daß Eleonore S*** dort nicht beschäftigt war, erreichte er unter der in der Gehaltsbestätigung fälschlich angegebenen Telefonnummer den Angeklagten B***, der vereinbarungsgemäß die Angaben in der gefälschten Dienstgeberauskunft als zutreffend und richtig bezeichnete. Aufgrund dieser divergierenden Überprüfungsergebnisse kam es in der Folge nicht mehr zur Auszahlung des restlichen Darlehensbetrages von 40.000 S.

In diesem Sachverhalt erblickte das Erstgericht einen Tatbeitrag des Angeklagten Heinz B*** zum versuchten schweren Betrug der Eleonore S*** mit einem beabsichtigten Schaden von 40.000 S. Hingegen lehnte es nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe (US 27/28) einen Schuldspruch dieses Angeklagten auch wegen Beteiligung am vollendeten Betrug der Eleonore S*** mit einer Schadenssumme von 70.000 S im wesentlichen mit der Begründung ab, daß er erst tätig geworden sei, als der Darlehensbetrag von 70.000 S bereits ohne seine zugesagte Mitwirkung ausbezahlt worden war. Zutreffend reklamiert die Staatsanwaltschaft einen Rechtsirrtum (Z 10) dahin, daß nach dem vom Erstgericht konstatierten Sachverhalt ein sonstiger Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB) des Angeklagten B***, und zwar zum vollendeten Betrug (70.000 S) schon in dem Umstand gelegen ist, daß er zur Ausführung des von den Mitangeklagten Eleonore S*** und Alois E*** ursprünglich geplanten Betruges mit einer Schadenssumme von 70.000 S seinen Telefonanschluß zur Verfügung stellte und sich erbot, die unrichtigen Angaben in der Lohnbestätigung im (erwarteten) Kontrollfall telefonisch zu bekräftigen. Denn die für einen sonstigen Tatbeitrag vorausgesetzte Förderung einer strafbaren Handlung kann auch in einer bloß psychischen Unterstützung des unmittelbaren Täters bestehen, die der Angeklagte B*** im vorliegenden Fall bereits durch die erwähnte Zusicherung (und nicht erst durch deren Einhaltung) geleistet hat.

Im übrigen geht die Beschwerdeführerin aber fehl, wenn sie auf Grund des zwischen dem Angeklagten B*** und dem Zeugen S*** am 31. Juli 1987 tatsächlich geführten Telefongesprächs den vom Erstgericht gefällten Schuldspruch dieses Angeklagten wegen Beitragstäterschaft zum versuchten schweren Betrug der Mitangeklagten S*** (40.000 S) aufrecht erhalten wissen will und solcherart die Anlastung einer Schadenssumme von insgesamt 110.000 S anstrebt. Denn insoweit setzt sich die Staatsanwaltschaft über die bereits erwähnte - unbekämpft gebliebene - Urteilsfeststellung hinweg, wonach Heinz B*** von der Erhöhung des Kreditwunsches von 70.000 S auf 110.000 S keine Kenntnis hatte, sein Vorsatz sohin bloß auf Betrug mit einer Schadenssumme von 70.000 S gerichtet war (US 13, 27/28). Der Umstand, daß er nach bereits erfolgter Auszahlung von 70.000 S an Eleonore S*** in bezug auf die von ihr angestrebte Gewährung eines weiteren Darlehens in der Höhe von 40.000 S eine falsche Telefonauskunft erteilte, kann daher dem Angeklagten mangels eines auch auf diesen Betrugsversuch gerichteten Vorsatzes - der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht zuwider - nicht zugerechnet werden.

Ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, war daher der Schuldspruch des Angeklagten Heinz B*** entsprechend zu korrigieren, wobei ein formeller Freispruch von dem ihm zur Last gelegten Tatbeitrag zum versuchten Betrug (40.000 S) mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit des Tatvorwurfs (Beteiligung an einer betrügerischen Darlehensaufnahme) nicht zu erfolgen hatte, da ein solcher einem unzulässigen Qualifikationsfreispruch gleichkäme (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 E 58, 59 zu § 259).

Zur Strafneubemessung in Ansehung des

Angeklagten B*** sowie zu den Berufungen

der Angeklagten S*** und E***:

Bei der nach § 147 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Neubemessung der von Heinz B*** verwirkten Strafe war eine einschlägige Vorstrafe (§ 125 StGB) erschwerend; hingegen wurde die Tatverübung unter Einwirkung des Alois E*** und die Beteiligung in nur untergeordneter Weise als mildernd berücksichtigt. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten entspricht der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten B***. Deren (auch nur teil-) bedingte Nachsicht kam jedoch wegen seines getrübten Vorlebens nicht mehr in Betracht.

Das Erstgericht verhängte gemäß § 147 Abs. 3 StGB über die Angeklagte Eleonore S*** eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr (Probezeit drei Jahre) und über den Angeklagten Alois E*** eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten. Dabei wertete es bei beiden Angeklagten die zusätzliche Qualifikation des Betruges (§ 147 Abs. 1 Z 1 StGB), beim Angeklagten E*** überdies die zahlreichen, formell rückfallsbegründenden (§ 39 StGB) einschlägigen Vorstrafen als erschwerend; hingegen wurde als mildernd bei beiden Angeklagten der Umstand berücksichtigt, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, bei S*** überdies ein "Tatsachengeständnis" (gemeint: ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung), die teilweise Schadensgutmachung und ihre Unbescholtenheit.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich eine (ausgeführte) Berufung der Angeklagten S***, die damit eine Strafherabsetzung (§ 41 StGB) anstrebt, sowie eine beachtliche (§ 294 Abs. 2 StPO nF) Berufungsanmeldung des Angeklagten E***.

Nur dem Begehren der Erstgenannten konnte entsprochen werden. Es trifft zu, daß die Angeklagte S*** durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden (§ 34 Z 10 StGB) und überdies - ihrem Berufungsvorbringen zuwider zwar nicht durch eine besonders verlockende Gelegenheit zur Tat verleitet worden ist, aber doch - unter der Einwirkung des Alois E*** gehandelt hat (§ 34 Z 4 StGB). Demgegenüber ist zwar ihre Verantwortung angesichts der gegebenen Beweislage nicht als wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung zu werten, doch gewinnt der ihr vom Erstgericht zugute gehaltene Milderungsgrund der teilweisen Schadensgutmachung immerhin dadurch zusätzliches Gewicht, daß sie durch Vorlage entsprechender Einzahlungsbelege weitere Schadensgutmachung nachweisen konnte. Die über sie vom Schöffengericht ausgesprochene Strafe war daher (unter Beibehaltung deren bedingter Nachsicht) etwas zu ermäßigen.

Die über den Angeklagten E*** verhängte Freiheitsstrafe erscheint jedoch keinesfalls zu streng, weil gerade er als Urheber und eigentlicher Nutznießer des Verbrechens mit Rücksicht auf seine kriminelle Vorbelastung die verhältnismäßig empfindlichste Bestrafung durchaus verdient hat. Zumal auch die Verteidigung in der mündlichen Berufungsausführung im Gerichtstag keine entscheidenden Milderungsgründe darzutun vermochte, mußte daher seinem Herabsetzungsbegehren ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E14290

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00051.88.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19880616_OGH0002_0120OS00051_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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