Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Maria R***-M***, Pensionistin, Strabonstraße 2, 6900 Bregenz, vertreten durch Dr. Thomas Rhomberg, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider den Antragsgegner Adolf Eduard R***, Pensionist, Goststraße 18, 6844 Altach, vertreten durch Dr. Josef Riedmann, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge von Revisionsrekursen des Antragsgegners gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 17.Februar 1988, GZ 1 a R 67/88-49, und vom 15.April 1988, GZ 1 a R 170/88-61, mit welchen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 5. Jänner 1988, GZ F 1/86-41, und vom 25.Februar 1988, GZ F 1/86-51, bestätigt wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 61 wird zurückgewiesen. Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 49 wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 15.298,80 bestimmten Kosten beider Revisionsrekursbeantwortungen (darin enthalten S 1.390,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Begründung:
Die von den Parteien am 11.Juni 1949 vor dem Standesamt Hohenems geschlossene Ehe wurde vom Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 2. Dezember 1985 aus beiderseitigem Verschulden rechtskräftig geschieden. Der Ehe entstammt ein Sohn, ein weiterer vorehelicher Sohn wurde durch die Ehe legitimiert. Beide Söhne sind längst volljährig. Anläßlich der Scheidung verpflichtete sich der Antragsgegner zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von S 3.000 an die Antragstellerin.
Die Antragstellerin schlug vor, ihre Hälfte an der gemeinsamen Liegenschaft EZ 1255 KG Altach (= Altach, Goststraße 18) und den gesamten Hausrat - mit Ausnahme einiger näher bezeichneter Gegenstände - dem Antragsgegner zu übertragen, und begehrte demgegemüber die Verpflichtung des Antragsgegners zur Alleinzahlung aller "mit dieser Liegenschaft verbundenen Schulden und Verbindlichkeiten", eine Ausgleichszahlung von 1,8 Mill S und die Überbürdung der mit der bücherlichen Durchführung verbundenen Kosten und Abgaben an den Antragsgegner.
Der Antragsgegner sprach sich gegen diesen Antrag aus. Im Laufe des Verfahrens zeigten die Parteien dem Gericht eine außergerichtliche Einigung über die Aufteilung der Fahrnisse an. Mit Beschluß vom 5.Jänner 1988 übertrug das Erstgericht die gemeinsame Liegenschaft dem Antragsgegner ins Alleineigentum, verpflichtete ihn, die mit dieser Liegenschaft verbundenen Schulden "und Verbindlichkeiten" allein abzutragen und die Antragstellerin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten, und verhielt ihn schließlich zu einer Ausgleichszahlung von 1 Mill S an die Antragstellerin. Es stellte fest, die Parteien hätten die genannte Liegenschaft 1959 je zur Hälfte erworben, darauf ein Einfamilienhaus errichtet und dieses schon 1960 bezogen. Mit Ausnahme eines geringfügigen Darlehens des Landes Vorarlberg sei die Liegenschaft schon 1964 schuld- und lastenfrei gewesen. Beide Teile hätten gearbeitet und äußerst sparsam gelebt. Zur Vermögensbildung hätten sie ungefähr in gleichem Ausmaß beigetragen. Die Liegenschaft repräsentiere einen Verkehrswert von S 1,594.000. Am 10.Mai 1982 habe der Antragsgegner ein Anwesen in Krumbach (Wohnhaus, Stall, Garage und 2.000 m2 Grund) gekauft. Dabei habe er einen Betrag von S 800.000 fast zur Gänze aus den gemeinsamen Ersparnissen der Parteien zur Bestreitung des im Vertrag vereinbarten Kaufpreises von 1 Mill S aufgebracht. Lediglich S 57.424,32 stammten aus einem Bausparvertrag des jüngeren Sohnes Walter. Auf eine zum 1.Dezember 1987 auslaufende Lebensversicherung habe der Antragsgegner rund S 140.000 eingezahlt. Die eheliche Gemeinschaft sei im September oder Oktober 1984 aufgehoben worden.
Rechtlich meinte das Erstgericht, das aufzuteilende Vermögen bestehe aus der Liegenschaft (S 1,594.000), einem Sparbuch mit einer Einlage von S 250.000, einer mit S 140.000 zu bewertenden Lebensversicherung und den Ersparnissen im Zusammenhang mit dem Erwerb des Anwesens in Krumbach in Höhe von S 742.000, insgesamt daher im Betrag von S 2,726.000. Da die Eheleute - wie sie selbst anerkannt hätten - in gleicher Weise zur Vermögensbildung beigetragen hätten, der Antragstellerin das Sparbuch bereits ausgefolgt worden sei und ihr rechnerischer Anteil demnach noch S 1,143.000 betrage, entspreche eine Ausgleichszahlung von 1 Mill S angesichts der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners der Billigkeit. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dem in Form einer Ausgleichszahlung durchzuführenden Wertausgleich seien durch die finanziellen Verhältnisse der Parteien Grenzen gesetzt. So solle ihnen der Aufbau eines neuen Lebens nicht unmöglich gemacht werden. Eine Zahlungsverpflichtung, die einen der Ehegatten in seiner neuen wirtschaftlichen Lage nicht bestehen ließe, widerspräche der Billigkeit. Nach diesen Grundsätzen sei die vom Erstgericht bemessene Ausgleichszahlung zu billigen. Immerhin würde die Ausgleichszahlung rein rechnerisch S 1,143.000 betragen, so daß die Billigkeitserwägungen ohnedies den Antragsgegner begünstigten. Da er Eigentümer eines nahezu lastenfreien Einfamilienhauses in Altach und eines weiteren Anwesens in Krumbach sei, könne ihm die Aufbringung der hiefür notwendigen Mittel im Kreditwege innerhalb der festgesetzten Leistungsfrist zugemutet werden.
Nachdem die Antragstellerin ihren Antrag ON 1, Punkt 5., in der Rekursbeantwortung wiederholt hatte, verpflichtete das Erstgericht mit Beschluß vom 25.Februar 1988 den Antragsgegner zur Alleinzahlung der mit der bücherlichen Durchführung des Beschlusses vom 5.Jänner 1988 verbundenen Kosten, Gebühren und Steuern. Zur Begründung führte es aus, der darauf abzielende Antrag sei von der Antragstellerin bereits in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz ON 1 (dort Punkt 5.) gestellt worden, die Beschlußfassung hierüber sei bloß versehentlich unterblieben und somit nachzuholen gewesen. Da der Antragsgegner Alleineigentümer der genannten Liegenschaft geworden sei, erscheine es geradezu unbillig, die Antragstellerin mit solchen Kosten zu belasten.
Dem gegen diesen Beschluß vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz gleichfalls nicht Folge, ohne einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof in den Spruch aufzunehmen. Es vertrat die Auffassung, so wie der Antragsgegner verhalten worden sei, alle mit der Liegenschaft verbundenen Schulden aus eigenem abzutragen, sei es durchaus auch zu billigen, daß er als nunmehriger Alleineigentümer der Liegenschaft auch die mit der Übertragung des Hälfteeigentums der Antragstellerin verbundenen Kosten und Abgaben allein trage. Darin sei kein Widerspruch zu Billigkeitsgrundsätzen zu erblicken.
Rechtliche Beurteilung
Beide Beschlüsse des Rekursgerichtes werden vom Antragsgegner mit Revisionsrekurs bekämpft. Das Rechtsmittel gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ON 61 ist nicht zulässig. Der Revisionsrekurs gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz ON 49 ist nicht berechtigt.
A) Zur Anfechtung des Beschlusses ON 61:
Mit diesem Rechtsmittel ficht der Antragsgegner den Beschluß an, mit welchem das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß ON 51 bestätigt hat, ohne der Entscheidung einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof (§ 232 Abs1 AußStrG) anzufügen. Mit Beschluß vom 25.Februar 1988 (ON 51) hatte das Erstgericht seinen die nacheheliche Vermögensaufteilung anordnenden Beschluß vom 5.Jänner 1988 (ON 49) dahin ergänzt, daß es dem von der Antragstellerin bereits im Schriftsatz ON 1 gestellten Antrag zu Punkt 5. stattgab. Wird über einen vom Antragsteller im Verfahren geltend gemachten Anspruch versehentlich nicht abgesprochen, so ist ein hierüber ergehender nachträglicher Beschluß als Ergänzungsbeschluß im Sinne der §§ 430 und 423 ZPO, die auch im Verfahren außer Streitsachen sinngemäß anzuwenden sind (JBl1961, 633 uva; vgl. auch JBl1978, 102), anzusehen (vgl. SZ 28/4 uva zum Ergänzungsurteil). Ein solcher Ergänzungsbeschluß ist mit Rekurs bekämpfbar, wenn die in ihm enthaltene Entscheidung - wäre sie als selbständiger Beschluß und nicht als Ergänzungsbeschluß ergangen - selbständig anfechtbar wäre (EvBl.1975/296; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1438). Demgemäß ist auch die Anfechtbarkeit des den Ergänzungsbeschluß des Erstgerichtes bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses ON 61 nach diesen Kriterien zu beurteilen und, da das Gericht zweiter Instanz in seiner Entscheidung keinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof aufgenommen hat, zu verneinen, weil die Zulässigkeit des Revisionsrekurses allein auf der Zulassung durch das Rekursgericht beruht (EFSlg52.918; EvBl.1982/96; SZ 54/44 ua). Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Es entspricht der Billigkeit, den Antragsgegner zum Kostenersatz zu verhalten, weil die Antragstellerin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels in der Revisionsrekursbeantwortung ausdrücklich hingewiesen hat.
B) Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 49:
Soweit der Antragsgegner sich gegen die Feststellung der Vorinstanzen wendet, er habe vom Kaufpreis für das Anwesen in Krumbach einen Betrag von S 742.000 aus Ersparnissen aufgebracht, die die Parteien während aufrechter ehelicher Gemeinschaft angesammelt hätten, bekämpft er die mit einem nach § 232 Abs1 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nicht anfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen (EFSlg52.928 uva) sowie überhaupt die in dritter Instanz nicht mehr überprüfbare Tatfrage (EFSlg52.929 uva). Die Feststellung beruht auch nicht allein auf Auslegung des Briefes des gemeinsamen Sohnes Walter vom 14. Juni 1986 (Beilage N), sondern in erster Linie auf der Aussage der Antragstellerin, der die Vorinstanzen volle Glaubwürdigkeit zugebilligt haben. Schon allein deshalb können die Schlußfolgerungen der Vorinstanzen, die sie zu dieser Feststellung veranlaßt haben, nicht rechtliche Beurteilung sein. Den Vorinstanzen ist aber auch kein Feststellungsmangel unterlaufen, den der Antragsteller mit dem Hinweis auf einen "Verfahrensmangel" offensichtlich geltend machen will, weil die Vorinstanzen ohnedies zur Beurteilung dieses Vermögensbestandteiles für Aufteilungszwecke ausreichende Feststellungen getroffen haben. Auch daraus ist im übrigen deutlich zu ersehen, daß der Antragsteller mit seinen Ausführungen in Wahrheit die Tatfrage bekämpft.
Im Rechtsmittel an die dritte Instanz führt der Antragsgegner abermals ins Treffen, daß die Aufteilungsentscheidung der Vorinstanzen nicht der Billigkeit entspreche. Dem ist mit dem Rekursgericht entgegenzuhalten, daß sich der Antragsgegner über die Bemessung der Ausgleichszahlung schon deshalb nicht beschweren kann, weil er im Vergleich zu den rechnerischen Wertansätzen ohnehin deutlich begünstigt wurde. Da ihm zwei Anwesen zur Verfügung stehen, von welchen jedenfalls eines im wesentlichen lastenfrei ist, kann ihm auch die kurzfristige Aufbringung der für die Ausgleichszahlung erforderlichen Mittel zugemutet werden.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.
Beschwerdegegenstand im Revisionsrekursverfahren in Ansehung des Beschlusses ON 49 war lediglich die Einbeziehung der Mittel für die Finanzierung des Liegenschaftskaufes in Krumbach. Bei Stattgebung des Rechtsmittels wäre daher der auf die Antragstellerin entfallende Teil der Aufteilungsmasse rechnerisch um die Hälfte, somit um S 371.000,-- zu kürzen gewesen. Dieser Betrag bildete daher auch das Rekursinteresse und war der Kostenbemessung zugrunde zu legen.
Anmerkung
E14682European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00579.88.0616.000Dokumentnummer
JJT_19880616_OGH0002_0060OB00579_8800000_000