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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art139 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Dipl. Ing. SS in W, vertreten durch Dr. Christian Barmüller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Löwelstraße 8, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 15. Oktober 2003, Zl. W 1660 / 03 - V1, betreffend Berufsunfähigkeitspension nach dem Ziviltechnikerkammergesetz 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 27. November 2002 an die Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ersuchte der Beschwerdeführer um Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension. Der Beschwerdeführer begründete diesen Antrag damit, dass er sich auf Grund seines psychischen und physischen Zustandes nicht mehr in der Lage sehe, seinen Beruf als Architekt weiter auszuüben.
Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 2. April 2003 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 14 Abs. 1 lit. a des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 nicht stattgegeben. Dies begründete die Behörde erster Instanz damit, dass der Beschwerdeführer bereits mit 22. Dezember 2001 seine Befugnis als Ziviltechniker ruhend gestellt habe. Seinem Antrag auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension sei daher wegen offenkundiger Verfristung nicht stattzugeben gewesen, weil er seinen Antrag jedenfalls nicht unmittelbar nach dem Eintritt seiner Berufsunfähigkeit gestellt habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Ruhendmeldung mit 22. Dezember 2001 erfolgt sei, weil sein Gesundheitszustand und seine Leistungsfähigkeit insofern eingeschränkt gewesen seien, als eine ordnungsgemäße Abwicklung eines eigenen Planungsauftrages nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe daher zeitlich und örtlich eingeschränkt ausschließlich Zulieferarbeiten für Ziviltechnikerkollegen leisten können, diese aber freiberuflich und in einer Form, die keiner aufrechten Befugnis bedurft hätten. Im April 2002 sei eine Schilddrüsenerkrankung festgestellt und im Juli 2002 eine Operation durchgeführt worden. Bis zum Herbst 2002 habe der Beschwerdeführer an die Wiedererlangung seiner Berufsfähigkeit geglaubt. Erst im Herbst 2002 hätten die Ärzte eine Wiedererlangung der Berufsfähigkeit ausgeschlossen. Unmittelbar danach, also unmittelbar nach der Erkenntnis der dauernden Berufsunfähigkeit habe er seinen Antrag auf Leistung einer Berufsunfähigkeitspension gestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2003 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und dies damit begründet, dass gemäß § 14 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 Voraussetzung für die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension sei, dass der Ziviltechniker während einer tatsächlich ausgeübten Befugnis dauernd berufsunfähig werde und der Antrag auf Leistung unmittelbar danach gestellt werde. Der Beschwerdeführer habe die Berufsbefugnis als Architekt erhebliche Zeit vor der Antragstellung auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension nicht mehr ausgeübt. Schon die Voraussetzung, dass der Ziviltechniker während tatsächlich ausgeübter Berufsbefugnis dauernd berufsunfähig geworden sei, sei nicht erfüllt. Weitere Ermittlungen, insbesondere zur Frage, ob eine dauernde Berufsunfähigkeit vorliege, und wann diese eingetreten sei, seien daher nicht mehr erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 14 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen, WE 2000, der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, beschlossen vom Kammertag am 15. Juni 2000, kundgemacht im amtlichen Teil der Zeitschrift "Konstruktiv" Nr. 220a, Juni 2000, 2 ff, erlassen als Verordnung auf Grund des § 31 Abs. 1 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993, BGBl. Nr. 157/1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2000, lautet:
"§ 14 Leistung aus dem Grunde der
dauernden Berufsunfähigkeit
1) Leistungen aus dem Grunde der dauernden
Berufsunfähigkeit werden einem Ziviltechniker gewährt, wenn:
a) er während tatsächlich ausgeübter Befugnis dauernd
berufsunfähig wird und der Antrag auf Leistung unmittelbar danach
gestellt wird und
b) er keine der im ZTG erwähnten Tätigkeiten ausübt
und auch nicht als Sachverständiger oder in der Lehre (zB. HTL,
FH, UNI) tätig ist und
...
2) Dauernde Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der
Ziviltechniker infolge eines Leidens oder einer Krankheit außer Stande ist, seinen Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben und mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist das Berufsbild und das ärztliche Gutachten maßgebend.
3) Die Mindestbeitragszeit beträgt, wenn die Berufsunfähigkeit vor dem vollendeten 50. Lebensjahr eintritt, 60 bezahlte Beitragsmonate, nach dem 50. Lebensjahr, 96 bezahlte Beitragsmonate. Ist die Berufsunfähigkeit die Folge eines Unfalles, ist die Erfüllung einer Mindestbeitragszeit nicht erforderlich.
4) Eine Leistung wegen dauernder Berufsunfähigkeit wird nicht gewährt, wenn das Mitglied an der Krankheit, die dann Ursache für eine Berufsunfähigkeit innerhalb von 10 Jahren aktiver Teilnahme am Pensionsfonds ist, schon vor dem Zeitpunkt der Vereidigung gelitten hat.
...
6) Erlangt ein Ziviltechniker seine Berufsfähigkeit wieder, so ist die Berufsunfähigkeitsleistung einzustellen, soferne er das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Vom gleichen Zeitpunkt an ist er wieder zur weiteren Beitragszahlung wie vor Bezug der Leistung verpflichtet. Die Zeit der Berufsunfähigkeitsleistung zählt in diesem Falle als Beitragszeit in der Stufe, in der er vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bezahlt hat."
Diese Vorschriften waren im Beschwerdefall ungeachtet ihrer Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2003, G 8/03, V 7/03, Slg. 16.900, im Hinblick auf das Inkrafttreten dieser Aufhebung mit 30. Juni 2004 anzuwenden.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil § 14 Abs. 1 lit. a des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 nach seiner Auffassung nicht ausschließe, dass die im Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit bestehende Befugnis ruhe. Der Zweck der Norm liege nämlich darin, die in Rede stehende soziale Absicherung dem typischerweise freiberuflich tätigen Ziviltechniker vorzubehalten. Wenn jemand seine Berufsberechtigung aus seine Berufsfähigkeit einschränkenden Gründen ruhend melde, sei damit noch nicht gesagt, dass dem eine endgültige Berufsunfähigkeit zu Grunde liege. Im Beschwerdefall sei die Endgültigkeit der Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Ruhendstellung seiner Ziviltechnikerbefugnis noch nicht erkennbar gewesen, weil sich sein zur Berufsunfähigkeit führendes Krankheitsbild nicht plötzlich nach Art eines Unfalles, sondern allmählich im Zuge einer progressiven Drüsenerkrankung entwickelt habe.
Mit diesen Argumenten zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach dem Wortlaut des hier anzuwendenden § 14 Abs. 1 lit. a des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 werden Leistungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit nur dann gewährt, wenn ein Ziviltechniker "während tatsächlich ausgeübter Befugnis dauernd berufsunfähig wird und der Antrag auf Leistung unmittelbar danach gestellt wird". Im Beschwerdefall ist jedoch unbestritten zwischen dem Zeitpunkt der Ruhendstellung der Befugnis als Ziviltechniker durch den Beschwerdeführer und seinem Antrag ein Zeitraum vom elf Monaten vergangen. Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer während seiner tatsächlich ausgeübten Befugnis als Ziviltechniker berufsunfähig geworden wäre und er den Antrag gemäß § 14 Abs. 1 lit. a Statut der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 unmittelbar danach gestellt hätte.
Wenn der Beschwerdeführer meint, der Zweck des § 14 Abs. 1 lit. a des Statuts bestehe darin, die in Rede stehende soziale Absicherung dem typischerweise freiberuflich tätigen Ziviltechniker vorzubehalten, welche Voraussetzung auch in seinem Fall erfüllt sei, so führt dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde den Wortlaut dieser Bestimmung richtig angewendet und erkannt hat, dass die im § 14 Abs. 1 lit. a des angeführten Statuts enthaltenen Voraussetzungen kumulativ anzuwenden sind.
Auch wenn man die Auffassung vertritt, die angewendete Bestimmung wäre - ähnlich wie etwa die mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1991, G 18/90, VfSlg. 12.831, aufgehobene Stichtagsregelung, oder im Hinblick darauf, dass kein sachlicher Grund ersichtlich wäre, Ziviltechnikern allein wegen einer verspäteten Antragstellung eine Berufsunfähigkeitspension vorzuenthalten, auch wenn sie dafür die übrigen Voraussetzungen erfüllen - infolge Gleichheitswidrigkeit gesetzwidrig, so ist es dem Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall wegen der schon erfolgten Aufhebung des gesamten Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2000 verwehrt, diese Bestimmung neuerlich beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Eine vom Verfassungsgerichtshof bereits als rechtswidrig erkannte und aufgehobene Norm kann nämlich nicht neuerlich Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. April 1998, Zl. 96/08/0295, sowie vom 7. Juni 2000, Zl. 99/03/0350).
Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt sohin nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. September 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004060032.X00Im RIS seit
04.11.2005