Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Fritz M***, Rechtsanwalt in Schruns, als Masseverwalter im Konkurs der Firma H***-B***-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, 6794 Partenen Nr. 66, wider die beklagte Partei Firma S*** S*** & B*** OHG, 6800 Feldkirch, Reichsstraße 49, vertreten durch Dr. Otmar Simma, Dr. Alfons Simma, Dr. Ekkehard Bechtold, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 294.000 S sA (Revisionsinteresse 176.400 S sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5. November 1987, GZ 1 R 249/87-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20. Mai 1987, GZ 10 Cg 138/86-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 6.793,05 S (darin keine Barauslagen und 617,55 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 7. April 1981 wurde über das Vermögen der Firma H***-B***-Gesellschaft m.b.H. & Co KG der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Das Konkursverfahren ist noch anhängig. Die Konkurseröffnung wurde am 9. April 1981 im Handelsregister des Landesgerichtes Feldkirch eingetragen und die konkursbedingte Auflösung der Gesellschaft festgestellt.
Über das Vermögen der Beklagten wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 8. März 1976 (Sa 1/76) das Ausgleichsverfahren eröffnet. Der Ausgleich wurde von den Gläubigern am 4. Oktober 1976 mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen. Die Ausgleichsquote betrug 40 %. Nach Bezahlung dieser Quote wurde der Ausgleich am 19. November 1976 aufgehoben.
Der Kläger behauptet, daß die Beklagte an der Firma H***-B***-Gesellschaft m.b.H. & Co KG als Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 300.000 S beteiligt sei. Auf diese Einlage habe sie 6.000 S geleistet, so daß restlich noch der Klagsbetrag von 294.000 S offen sei. Gemäß § 171 Abs 3 HGB habe der Kläger das Recht, anstelle der Gesellschaftsgläubiger die noch ausstehende Einlage zu fordern. Er beantragte daher die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 294.000 S sA.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß sie nur unter der Bedingung eine Kommanditeinlage übernommen habe, daß sie in der Lage sei, den entsprechenden Betrag in Sachleistungen zu erbringen. Dieser Bedingung sei nicht entsprochen worden, weshalb auch kein Gesellschaftsverhältnis begründet wurde. Hilfsweise wurde auch Verjährung eingewendet, die Verjährungsfrist sei spätestens mit 6. April 1986 abgelaufen. Die Klage sei erst sieben Monate nach dem Einlangen beim Erstgericht am 4. April 1986 an die Beklagte zugestellt worden.
Der Kläger bestritt die Behauptung der Beklagten, daß sie die Kommanditeinlage in Sachleistungen zu erbringen gehabt hätte, und machte geltend, daß aus der von ihr unterfertigten Zeichnungs- und Beitrittserklärung hervorgehe, daß sie innerhalb von zwei Wochen nach erfolgter Annahme des Anbotes den Betrag von 300.000 S auf ein Konto der nunmehrigen Gemeinschuldnerin zu zahlen habe. Davon abgesehen wäre eine nur im Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Kommanditisten getroffene Vereinbarung den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Die Beklagte habe auch keine entsprechenden Sachleistungen erbracht. Der Umstand, daß die Klage der Beklagten erst später zugestellt werden habe können, sei darauf zurückzuführen, daß die Beklagte ihren Sitz geändert habe, ohne dies auch im Handelsregister anzumelden.
Die Beklagte brachte weiter vor, daß mit Rücksicht auf das Ausgleichsverfahren die Gemeinschuldnerin nur noch Anspruch auf Zahlung von 40 % des Einlagenrestes hätte. Es gelte daher die Kommanditeinlage zu 40 % aus 294.000 S und zu 6.000 S als einbezahlt. Das Erstgericht gab der Klage statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:
Mit Zeichnungs- und Beitrittserklärung vom 4. Juni 1974 verpflichtete sich die Beklagte, der Firma H***-B***-Gesellschaft m.b.H. & Co KG als Kommanditist beizutreten und eine Kommanditeinlage in Höhe von 300.000 S zu übernehmen. Auf die übernommene Kommanditeinlage zahlte die Beklagte 6.000 S. Dieser Zeichnungs- und Beitrittserklärung gingen Verhandlungen des Gesellschafters der Beklagten, Egon S***, mit dem ausgewiesenen Vertreter der Gemeinschuldnerin voraus. Der Beklagten wurde für den Fall des Beitrittes als Kommanditist in Aussicht gestellt, daß sie für die von der H***-B***-Gesellschaft m.b.H. & Co KG zu erstellenden Objekte (Hotels und Hallenbäder) Einrichtungsgegenstände, nämlich Trennwände und Schwimmbadzubehör, im Gesamtumfang von ca. 6 Millionen S liefern könne. Es bestand eine mündliche Vereinbarung, daß entsprechend den Lieferungen 5 % der Rechnungssumme auf die Kommanditeinlage angerechnet wird. Das von der Firma H***-B***-Gesellschaft m. b.H. & Co KG ins Auge gefaßte Projekt wurde nicht realisiert. Dementsprechend erfolgten an die Beklagte keine Aufträge. Die Beklagte hörte von der Firma H***-B***-Gesellschaft m.b.H. & Co KG bis zur Zustellung der gegenständlichen Klage nichts mehr. Die am 4. April 1986 bei Gericht eingelangte Klage konnte der Beklagten zunächst nicht zugestellt werden. Die Zustellung erfolgte erst am 27. Oktober 1986 durch Hinterlegung, nachdem der Kläger die zustellungsfähige Adresse der Beklagten bekanntgegeben hatte. Im Konkurs der vom Kläger vertretenen Gemeinschuldnerin wurden in der zweiten Klasse Forderungen in der unbestrittenen Höhe von 131.300,52 S und in der dritten Klasse Forderungen in der unbestrittenen Höhe von 1,970.551,47 S angemeldet.
In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes führte das Erstgericht aus, daß gemäß § 171 Abs 1 HGB Kommanditisten von den Gläubigern wie persönlich haftende Gesellschafter, jedoch beschränkt auf die Höhe ihrer Kommanditeinlagen, in Anspruch genommen werden könnten, wobei die Haftung nur insoweit ausgeschlossen sei, als Einlagen bis zur Höhe der Kommanditeinlagen geleistet worden sind. Der Kläger habe seine Ansprüche auf § 171 Abs 3 (richtig: Abs 2) HGB gestützt, er mache also Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger geltend. Für die Verjährung derartiger Ansprüche gelte § 159 Abs 1 HGB, wonach unbeschadet einer kürzeren Verjährungsfrist, eine Höchstgrenze von fünf Jahren festgesetzt sei. Die in der zweiten und dritten Klasse aufgrund eines Versäumungsurteiles und eines Anerkenntnisurteiles angemeldeten Forderungen unterlägen einer Verjährungsfrist von fünf Jahren. Diese zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung auch hinsichtlich der Beklagten noch nicht verjährten Forderungen von Gläubigern reichten hin, um den Masseverwalter aktiv zu legitimieren, die noch offene Kommanditeinlage in Höhe von 294.000 S von der Beklagten zu fordern. Da die Ansprüche der Gläubiger, welche der Kläger im Sinne des § 171 Abs 2 HGB geltend macht, auf jeden Fall nach dem Ausgleich über das Vermögen der Beklagten entstanden seien, könne für diese Ansprüche die Ausgleichsquote von 40 % nicht zum Tragen kommen. Die Wirkung des Ausgleichs könne sich nämlich nicht auf Ansprüche erstrecken, die erst nach Abschluß des Ausgleichsverfahrens entstanden seien. Die Vereinbarung der Beklagten mit der Gemeinschuldnerin, daß entsprechend den Lieferungen der Beklagten 5 % der Rechnungssumme auf die Kommanditeinlage angerechnet würde, sei in Ansehung der Gesellschaftsgläubiger unwirksam. Da die vorliegende Klage am 4. April 1986, somit innerhalb der 5-jährigen Verjährungsfrist bei Gericht eingelangt sei, hätten sich sämtliche von der Beklagten gegen die Klagsforderung erhobenen Einwände als nicht stichhältig erwiesen, weshalb dem Klagebegehren stattzugeben gewesen sei. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erklärte die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig; ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes billigte das Berufungsgericht auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Zuspruch von lediglich 117.600 S sA an den Kläger und Abweisung des Mehrbegehrens.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), sie ist jedoch nicht berechtigt.
Die Beklagte führt in ihrem Rechtsmittel aus, in der Lehre werde teilweise die Meinung vertreten, daß bei der Beurteilung der Frage, was als Leistung im Sinne des § 171 Abs 1 HGB anzusehen ist, ein objektiver Maßstab anzulegen wäre. Danach würden beispielsweise Sachleistungen lediglich im Ausmaß ihres wahren Wertes zum Zeitpunkt der Leistung berücksichtigt. Demgegenüber sei die Meinung zu vertreten, daß für die Frage, was alles die Zahlungspflicht des Kommanditisten herabmindere, nicht nur tatsächliche Wertzuführungen zum Vermögen der Gesellschaft zu zählen seien, sondern auch Sachverhalte wirksam werden, die außerhalb der Einflußsphäre der Gesellschaft einerseits und des Kommanditisten andererseits liegen, die aber aufgrund der Gesetze Tatbestandswirkung im Sinne einer Verringerung der Schuld des Gesellschafters hätten. Als solcher Sachverhalt sei das Zustandekommen eines gerichtlichen Ausgleiches über das Vermögen eines Kommanditisten jedenfalls anzusehen, wobei in diesem Fall die Frage Bedeutung gewinnen könnte, ob die Gesellschaft dem Ausgleichsvorschlag zugestimmt habe oder nicht. Insbesondere dann nämlich, wenn eine solche Zustimmung nicht erteilt wurde, könne nicht von einer Vereinbarung zwischen Gesellschafter und Kommanditist die Rede sein, welcher schon wegen der Gefahr mißbräuchlicher Verwendung eine Relevanz abgesprochen werde. Der Ausgleich des Gesellschafters stelle für die Gesellschaft ein außerhalb ihrer Einflußsphäre liegendes und zu einer Verminderung ihrer Ansprüche gegenüber dem Gesellschafter führendes Ereignis dar. Es wäre nicht einzusehen, wieso die Gesellschaft durch einen Sachverhalt, dessen Verlauf sie - insbeosndere dann, wenn zum Ausgleich keine Zustimmung gegeben werde - keinen Einfluß habe, schlechter gestellt werden solle, als die Gläubiger der Gesellschaft. Die von Gesetzes wegen vorgesehenen Folgen eines gerichtlichen Ausgleiches seien vor allem, daß durch Leistung eines Teiles der früheren Verbindlichkeit diese insgesamt getilgt werde. Eine von Gesetzes wegen vorgenommene Umbewertung einer Leistung des Ausgleichsschuldners müsse auch im Hinblick auf § 171 Abs 1 HGB die Wirkung einer Zahlung der Gesamtforderung zugemessen werden; die Wirkungen eines Ausgleiches seien als solche Umbewertung einer Leistung des Schuldners gleichzusetzen, da schon durch Leistung eines Teiles der ursprünglichen Gesamtverbindlichkeit diese Gesamtverbindlichkeit zum Erlöschen gebracht werde. Die in der Lehre vorgetragenen Bedenken, aufgrund derer lediglich tatsächliche Leistung des Kommanditisten seine Verpflichtung mindern sollten, seien im vorliegenden Falle nicht maßgebend, da ja keine Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Kommanditist vorliege, sondern aufgrund der Gesetze infolge des Ausgleiches über das Vermögen der Beklagten eine Verminderung ihrer Verpflichtung eingetreten sei. Aus den angeführten Überlegungen wäre davon auszugehen gewesen, daß durch einen der Leistung gleichwertigen Sachverhalt die Forderung gegenüber der Beklagten auf Leistung ihrer Einlage in einem Ausmaß erloschen sei, welches dem im Berufungs- und Revisionsverfahren noch strittigen Betrag entspreche, so daß insoweit auch der Masseverwalter als nun im Sinne des § 171 Abs 2 HGB legitimierte Person die nun noch strittigen Beträge nicht mehr fordern könne.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Nach § 171 Abs 1 HGB haftet der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar. Die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Wurde die Einlage an den Kommanditisten zurückgezahlt, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet (§ 172 Abs 4 HGB). Ist über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs 1 HGB zustehende Recht durch den Masseverwalter ausgeübt (§ 171 Abs 2 HGB). Während des Konkurses können demnach Gesellschaftsgläubiger die unmittelbare Haftung der Kommanditisten nicht in Anspruch nehmen, sondern nur aus der Konkursmasse bzw. aus der aus den Einlagen der Kommanditisten gebildeten Sondermasse Befriedigung erlangen. Der Masseverwalter ist durch das Gesetz zum Vertreter der gemeinsamen Gläubigerrechte bestimmt. Er handelt insoweit nicht in Vertretung des Gemeinschuldners, also der Gesellschaft, er übt vielmehr, berufen durch das Gesetz, ein selbständiges Recht aus. § 171 Abs 2 HGB begründet somit keinen gesetzlichen Forderungsübergang; dem Masseverwalter wird vielmehr die Alleinbefugnis übertragen, im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, die Interessen jener Gläubiger zu wahren, denen außerhalb eines Konkurses ein direkter Anspruch gegen die Kommanditisten nach § 171 Abs 1 HGB zustünde. Der Inhalt des dem Masseverwalter übertragenen Rechtes bestimmt sich nach dem sachlichen Inhalt der Gläubigerrechte. Der einzelne Gläubiger hat seine Ansprüche im Konkursverfahren anzumelden, von den Kommanditisten kann er unmittelbar Befriedigung nicht mehr fordern (SZ 55/97, Schilling in Großkommentar HGB3 II/2 Anm. 36 zu § 171 HGB;
Düringer-Hachenburg-Flechtheim, HGB3 II/2, 1132 f;
Schlegelberger-Geßler4 II 1385; Lehmann-Dietz, Gesellschaftsrecht3
206 f).
Der Masseverwalter kann nach der Konkurseröffnung den Kommanditisten unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten in Anspruch nehmen: Er kann 1.) das fordern, was der Kommanditist im internen Verhältnis noch auf die Einlage schuldig ist, er kann 2.) das in Anspruch nehmen, was er im äußeren Verhältnis aufgrund der eingetragenen Haftsumme zu leisten hat (SZ 28/48 u.a.). Nach § 172 Abs 1 HGB wird im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist nach § 172 Abs 3 HGB den Gläubigern gegenüber unwirksam. Auch eine Herabsetzung der Einlage eines Kommanditisten ist gemäß § 174 HGB den Gläubigern gegenüber unwirksam, solange sie nicht in das Handelsregister eingetragen ist. Die Bestimmungen über die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beziehen sich auf die in das Handelsregister eingetragene Hafteinlage, die von der im Innenverhältnis vereinbarten Pflichteinlage zu unterscheiden ist und mit ihr nicht übereinstimmen muß (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht II3, 160, 171; RGRHGB3 II/2, 127, 198; Schlegelberger, HGB4 II, 1333 ff, 1376, 1378, HS 1435). Bis zum Betrag der Hafteinlage hat der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern gegenüber zu haften versprochen und insoweit ist nach § 172 Abs 3 HGB jede gegenteilige Vereinbarung den Gläubigern gegenüber unwirksam. Es ist dann aber gleichgültig, ob und welche Vereinbarungen es dem Beklagten im Innenverhältnis der Gesellschaft erlauben, diese Hafteinlage oder auch die (mit ihr übereinstimmende oder nicht übereinstimmende) Pflichteinlage, zu deren Einbringung in das Gesellschaftsvermögen er sich mit Gesellschaftsvertrag verpflichtet hat, vorläufig nicht zu leisten. Die Haftung des Kommanditisten bis zur Höhe der im Handelsregister eingetragenen Hafteinlage nach den §§ 171 Abs 1 und 172 Abs 3 HGB wird nur durch die tatsächliche Leistung der Einlage ausgeschlossen, diese Haftung ist im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft zwingendes Recht (Hämmerle-Wünsch, 171). Die Befreiung von der Haftung tritt deshalb auch dann nicht ein, wenn der Kommanditist im Innenverhältnis von der Leistungspflicht befreit ist. Er kann sich insbesondere auch nicht drauf berufen, daß Leistungen an die Gesellschaft noch nicht fällig seien (Schlegelberger, 1381; vgl. SZ 51/130 u.a.).
§ 171 Abs 1 Halbsatz 2 zieht die Konsequenz aus dem Grundsatz, daß der Kommanditist nur im Umfang des mit der Haftsumme ausgedrückten Betrages haftet: Die Möglichkeit, ihn in Anspruch zu nehmen, entfällt, soweit die Einlage geleistet ist, d.h. das Gesellschaftsvermögen vermehrt hat (vgl. Schilling in GroßK3, § 171 Anm. 12). Eine vollständige Haftungsbefreiung tritt ein, wenn Leistungen erbracht wurden, deren Wert der Haftsumme entspricht. Ob dies zutrifft, kann dann zu Zweifeln führen, wenn die Einlageleistung nicht durch die Hingabe von Geld bewirkt wird. Dann kommt es darauf an, ob der objektive Wert der Einlage, bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Erbringung, dem Betrag der Haftsumme entspricht (Wünsch, GesRZ 1978, 54 f; Schilling in GroßK3, § 171 Anm. 2A). Bewertungsvereinbarungen im Innenverhältnis sind irrelevant, weil es aus der Sicht der Gesellschaftsgläubiger allein darum geht, ob der ihnen zur Verfügung stehende Haftungsfonds im Ausmaß des durch die Haftsumme ausgedrückten Betrages vermehrt worden ist. Dafür, daß dies objektiv der Fall war, trägt der Kommanditist die Beweislast (Schilling, in GroßK3, § 171 Anm. 33, vgl. Koppensteiner in Straube, HGB Komm, 611). Gegenstand haftungsbefreiender Einlageleistung kann alles sein, was Vermögenswert hat, was also geeignet ist, das Gesellschaftsvermögen zu vergrößern. Neben Sachen kommen auch die Zuführung immaterieller Wirtschaftsgüter einschließlich von Know-how, oder die Leistung von Diensten in Betracht. Da die Vermögensvermehrung der Gesellschaft ausschlaggebend ist, kann die Einlageleistung auch dadurch erbracht werden, daß der Kommanditist Gewinne stehen läßt, deren Auszahlung er verlangen könnte (SZ 55/103), oder aber mit einer Forderung gegen die Gesellschaft aufrechnet (SZ 54/42, Straube a.a.O.).
Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, ist davon auszugehen, daß nach den Feststellungen laut Handelsregisterauszug des Landesgerichtes Feldkirch, A-Nr 1981, vom 14. August 1981 (Blg A) die Beklagte laut Eintragung vom 6. Juni 1975 als Kommanditist in die Gesellschaft der Gemeinschuldnerin mit der Hafteinlage von 300.000 S eingetreten ist. Eine Herabsetzung dieser Einlage ist nicht erfolgt, auch nicht auf einen etwa der Ausgleichsquote entsprechenden Betrag, das wären ca. 120.000 S. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß zwar, da die Gemeinschuldnerin zur Zeit der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Beklagten eine (klagbare) Forderung auf Leistung der Pflichteinlage in Höhe von 300.000 S (oder, falls der Betrag von 6.000 S bereits eingezahlt gewesen sein sollte) von restlich 294.000 S hatte, allenfalls diese Forderung durch den Ausgleich auf 120.000 S bzw. 117.600 S ermäßigt wurde.
Keine Änderung erfuhr jedoch die auf 300.000 S lautende Hafteinlage durch den Ausgleich, da sie gemäß der Eintragung im Handelsregister nie herabgesetzt wurde. Eine nur im Innenverhältnis wirkende Herabsetzung der Einlage ist aber, solange sie nicht in das Handelsregister eingetragen ist, den Gläubigern gegenüber unwirksam (§ 174 HGB). Wenngleich also die Verpflichtung zur Leistung der Pflichteinlage, welche der Höhe nach im vorliegenden Fall mit der Hafteinlage identisch ist, allenfalls infolge des Ausgleiches vermindert wurde, wirkte sich dies nur im internen Verhältnis der Beklagten zur Gemeinschuldnerin aus, nicht aber im Außenverhältnis zu den Gläubigern, denen gegenüber die Haftung der Beklagten nach wie vor bis zum Betrag von 300.000 S besteht. Nach den oben dargelegten Grundsätzen kann aber entgegen der Auffassung der Revision selbst eine durch den Ausgleich bewirkte Verminderung der Höhe der Pflichteinlage der Beklagten nicht als eine die Verminderung der Hafteinlage bewirkende Leistung einer Einlage im Sinn des § 171 Abs 1 gewertet werden. Infolge des Ausgleichs ist zwar allenfalls eine Verringerung der Verbindlichkeit des beklagten Kommanditisten auf Einzahlung seiner Einlage im internen Verhältnis gegenüber der Gemeinschuldnerin eingetreten, keinesfalls aber eine Vermehrung des den Gesellschaftsgläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsfonds im Ausmaß des durch die im Handelsregister eingetragene Haftsumme ausgedrückten Betrages. Der Ansicht der Revision, durch den Ausgleich der Beklagten, "einen der Leistung gleichwertigen Sachverhalt", sei die Forderung der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten auch mit Wirkung für die Gesellschaftsgläubiger auf das Ausmaß der Ausgleichsquote vermindert worden, kann somit nach den dargelegten Grundsätzen nicht gefolgt werden. Daß aber die Beklagte einen höheren Betrag als 6.000 S auf ihre Einlage geleistet hätte, wurde von der Beklagten gar nicht behauptet und es ergeben sich diesbezüglich aus der Aktenlage auch keinerlei Anhaltspunkte. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht mit Rücksicht darauf, daß die Gesamtsumme der gemeinschuldnerischen angemeldeten Forderungen der Gesellschaftsgläubiger höher als die Haftsumme der Beklagten ist, die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung der gesamten restlichen Haftsumme von 294.000 S sA bejaht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E14976European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00517.88.0628.000Dokumentnummer
JJT_19880628_OGH0002_0020OB00517_8800000_000