Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Juni 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred S*** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2, § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19.April 1988, GZ 3 b Vr 8.180/87-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred S*** im
zweiten Rechtsgang, und zwar ohne Miteinbeziehung der im ersten Rechtsgang bereits rechtskräftig erledigten beiden Einbruchsdiebstahlsfakten laut Punkt I des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28.Oktober 1987, ON 20, in die rechtliche Beurteilung, des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 StGB schuldig erkannt und (richtig) nach dem § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 24.Juli 1987 in Wien dem Peter F*** mit Bereicherungsvorsatz eine weißgoldene Uhr in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert weggenommen hatte. Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend macht Manfred S*** formelle Begründungsmängel des Ausspruches über entscheidende Tatsachen geltend:
Bereits im ersten Rechtsgang hatten sich die vom Schöffengericht für die Annahme der Täterschaft des Angeklagten angeführten Gründe ua deswegen als offenbar unzureichend erwiesen, weil mangels Feststellung der Tatzeit nicht ausgeschlossen werden konnte, daß der Diebstahl der Uhr erst zu einem Zeitpunkt begangen wurde, zu dem der Angeklagte das Anton-Proksch-Heim am 24.Juli 1987 bereits verlassen hatte und daher unter Umständen schon aus diesem Grund als Dieb nicht in Betracht kam.
Im neu durchgeführten Verfahren gab nun Peter F*** an, die ihm später gestohlene Uhr am Tag der Tat das letzte Mal zwischen 16.30 Uhr und 17 Uhr in dem von ihm, Manfred S*** und einem nicht mehr näher eruierbaren "Burgenländer" bewohnten Zimmer des genannten Heimes gesehen zu haben.
Da das Erstgericht, abgesehen davon, daß es die letzte Wahrnehmung der Uhr durch Peter F*** aktenwidrig bereits mit
16.30 Uhr (statt mit 17 Uhr) annahm, unerörtert ließ, daß sich der Angeklagte - zumindest - nach der Polizeianzeige (S 77) bereits "seit 17 Uhr" nicht mehr im Heim aufhielt, bleibt auch nach der nunmehrigen Aktenlage mangels entsprechender Konstatierungen offen bzw. zumindest zweifelhaft, ob sich der nicht im alleinigen Gelegenheitsverhältnis stehende Angeklagte, den der Bestohlene am Tag der Tat nach dem Mittagessen nicht mehr gesehen hatte (S 171), zu dem Zeitpunkt, als die Uhr das letzte Mal bemerkt wurde, noch im Bereich des Tatortes bzw. überhaupt im Heim aufhielt. Da bei der verfahrensgegenständlichen Beweislage - trotz der bestehenden Verdachtsmomente - nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß das Schöffengericht bei genauerer Befassung mit den sich - nach den Ergebnissen des zweiten Rechtsganges - am Tag der Tat etwa in der Zeit zwischen 16.30 Uhr und 17 Uhr zusammendrängenden Ereignissen (vgl. in diesem Zusammenhang allerdings auch die Angaben des Angeklagten im ersten Rechtsgang, S 102, im Gegensatz zu seiner nunmehrigen Darstellung, S 151, 152) zu anderen Feststellungen in der Tatfrage gelangt wäre, erweist sich der erstgerichtliche Ausspruch über entscheidende Tatsachen (neuerlich) als unvollständig begründet.
Es zeigt sich sohin, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat.
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben (§ 285 e StPO) und spruchgemäß zu erkennen. Dabei war zu beachten, daß die dem Angeklagten zur Last gelegten strafbaren Handlungen gemäß dem Art. XX Abs 4, letzter Satz, StRÄG 1987 infolge Aufhebung des Schuldspruches nunmehr jedenfalls in die funktionelle Zuständigkeit des Einzelrichters fallen (§ 13 Abs 2 StPO idF des Art. II Z 4 StRÄG 1987).
Mit seiner durch die Aufhebung des Urteils gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E14527European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00089.88.0628.000Dokumentnummer
JJT_19880628_OGH0002_0110OS00089_8800000_000