TE OGH 1988/6/29 14Os67/88

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Veröffentlicht am 29.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Juni 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Eckhard Josef L*** und andere wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung

I. über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Eckhard Josef L***, Christian M*** und Friedrich K*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 17.März 1988, GZ 18 Vr 2.790/87-46/I, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, und der Verteidiger Dr. Gussenbauer, Dr. Gürtler und Dr. Gugg, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. über die Beschwerde des Angeklagten Eckhard Josef L*** gegen den Beschluß des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 17.März 1988, GZ 18 Vr 2.790/87-46/II, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurden die Angeklagten Eckhard Josef L***, Christian M*** und Friedrich K*** (zu Punkt 1) des Verbrechens des (minder schweren) Raubes nach § 142 Abs 2 StGB (nF), der Angeklagte Christian M*** überdies (zu Punkt 2) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben

1) Eckhard Josef L***, Christian M*** und Friedrich K*** am 3. November 1987 in Klagenfurt im einverständlichen Zusammenwirken als Mittäter dem Hermann Z*** mit Gewalt gegen seine Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich mindestens 80 S Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie ihn an den Händen erfaßten und zu Boden drückten, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat;

2) Christian M*** allein am 3.Oktober 1987 in der Halle des Hauptbahnhofes in Klagenfurt die Verglasung einer Schauvitrine eingeschlagen, somit eine fremde Sache vorsätzlich beschädigt und dadurch einen Schaden von 1.758 S herbeigeführt.

Die Geschwornen hatten die 1. Hauptfrage nach dem Verbrechen des Raubes (§ 142 Abs 1 StGB) mit der Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO), daß bei der Tatbegehung das Mittel der "gefährlichen Drohung" (mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben) nicht angewendet worden ist, ebenso stimmeneinhellig bejaht wie die daran geknüpfte Zusatzfrage (§ 316 StPO) nach dem Vorliegen der Voraussetzungen des minder schweren Raubes im Sinn des § 142 Abs 2 StGB. Desgleichen wurde die den Angeklagten Christian M*** allein betreffende 2. Hauptfrage nach dem Vergehen der Sachbeschädigung einstimmig bejaht. Weitere Fragen wurden den Geschwornen nicht gestellt.

Die gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Raubes (Punkt 1) gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Eckhard Josef L***, Christian M*** und Friedrich K*** sind nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Eckhard Josef L***:

Dieser Angeklagte macht die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 6 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO geltend.

Der in der Hauptverhandlung vom 26.Jänner 1988 gestellte Beweisantrag auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen, durch den nachgewiesen werden sollte, daß sich der Angeklagte zur Tatzeit in einem seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befunden habe (S 235) wurde in der wegen Zeitablaufes gemäß §§ 276 a, 302 Abs 1 StPO am 17.März 1988 neu durchgeführten Hauptverhandlung nicht wiederholt (S 343/344), sodaß dieser Teil der Verfahrensrüge (Z 5) schon aus formellen Gründen versagt. Hiezu wäre nur der Vollständigkeit halber zu vermerken, daß der Angeklagte ein uneingeschränktes Schuldgeständnis abgelegt (S 218 und 336) und eine volle Berauschung zur Tatzeit ausdrücklich verneint hat (S 220 und 337).

Auch durch die Ablehnung des Antrages (S 344) auf Abhaltung eines Ortsaugenscheines, mit dem die Darstellung des Beschwerdeführers (vgl S 228) glaubhaft gemacht werden sollte, daß dem Hermann Z*** nur aus Verärgerung der Angeklagten darüber, daß bei ihm kein weiterer Geldbetrag gefunden wurde, ein Stoß versetzt worden wäre, wodurch Z*** gegen die Sträucher gedrückt und allenfalls erst dadurch verletzt worden sei, sind Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt worden. Denn abgesehen davon, daß es nicht entscheidend ist, ob die Angeklagten auch noch nach der eingestandenermaßen gewaltsamen Sachwegnahme gegen das Tatopfer tätlich geworden sind und ihm leichte Verletzungen zugefügt haben, war die begehrte Beweisaufnahme von vornherein gar nicht geeignet, über das Motiv und über den zeitlichen Ablauf der Tätlichkeiten näheren Aufschluß zu geben. Mit Recht wurde schließlich auch von der Vernehmung des Arztes Dr. D*** Abstand genommen; denn welche Verletzungen das Tatopfer anläßlich seiner erstmaligen Behandlung in der Ambulanz des Unfallkrankenhauses Klagenfurt vorgewiesen und wie es deren Zustandekommen erklärt hat, ging ohnedies bereits aus der vom genannten Zeugen verfaßten Verletzungsanzeige (S 123, 241) hervor, die in der Hauptverhandlung verlesen worden ist (S 340, 344/345). Darüber hinaus wurde aber die Notwendigkeit einer ergänzenden Befragung des Ambulanzarztes im Beweisantrag nicht dargetan. Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) leitet der Beschwerdeführer einerseits daraus ab, daß seinem Antrag (S 346) auf Stellung einer Eventualfrage in Richtung eines nach § 128 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierten ("Bedrängnis-") Diebstahls nicht stattgegeben worden, und andererseits auch eine Eventualfrage nach Tatbegehung im Zustande voller Berauschung (§ 287 StGB) unterblieben ist.

Eine Volltrunkenheit zur Tatzeit hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung ausdrücklich verneint (S 220 und 337). Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, daß er sich zur Tatzeit in einem seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befunden hätte. Vielmehr sprechen die gezielte und verabredete Vorgangsweise gegen das Tatopfer und das intakte Erinnerungsvermögen des Beschwerdeführers ganz eindeutig gegen den nunmehr behaupteten Vollrausch.

Auf Grund des Tatsachenvorbringens in der Hauptverhandlung war aber auch eine Fragestellung in Richtung Bedrängnisdiebstahls (§§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB) nicht indiziert. Denn nach der übereinstimmenden Darstellung der drei Angeklagten wurde in Ausführung ihres schon vorher gemeinsam gefaßten Entschlusses (S 336, 338, 339), dem Hermann Z*** Geld wegzunehmen, gegen diesen auch tatsächlich Gewalt angewendet, indem zunächst der Angeklagte L*** ihn an der Brust erfaßte, sodaß dessen Hemd zerriß. In der Folge hielten ihn die beiden Mitangeklagten M*** und K*** fest, während der Angeklagte L*** seine Taschen nach Bargeld durchsuchte und zumindest 80 S an sich nahm (S 219, 221, 224, 225, 227, 337, 338 und 339). Diese Verantwortung der Angeklagten stand aber einer Eventualbeurteilung als Diebstahl entgegen, und zwar auch unter dem Aspekt, daß - wie die Angeklagten behaupten (S 219, 221, 224, 226, 227, 338 und 339) und auch die Zeugin F*** angibt (S 342) - das Tatopfer zufolge seiner Alkoholisierung nicht mehr fähig war, der gegen seine Person gerichteten Gewalt effektiv Widerstand entgegenzusetzen, weil auch in einem solchen Fall der Tatbestand des Raubes erfüllt ist (ÖJZ-LSK 1976/29 zu § 142 StGB). Der Tatsachenrüge (Z 10 a) des Beschwerdeführers zuwider ergeben sich aus den Akten schon angesichts seiner auch in bezug auf eine Gewaltanwendung gegen das Tatopfer geständigen Verantwortung gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsache keine (erheblichen) Bedenken.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Christian M***:

Die von diesem Angeklagten allein erhobene Rechtsrüge (Z 11 lit a), in welcher er eine ins Gewicht fallende Gewaltanwendung gegen das Tatopfer verneint, entbehrt einer gesetzmäßigen Darstellung, weil sich der Beschwerdeführer hiebei über die im Wahrspruch der Geschwornen festgestellte Tatsache hinwegsetzt, daß Hermann Z*** von den einverständlich zusammenwirkenden Angeklagten zum Zwecke der Geldwegnahme an den Händen erfaßt und zu Boden gedrückt wurde. Damit haben die Geschwornen die Anwendung einer zur Brechung des (von den Tätern zumindest erwarteten) Widerstands des Tatopfers geeigneten, auf die Sachwegnahme abzielenden physischen Kraft bejaht, wobei es - wie bereits erwähnt - nicht entscheidend ist, ob sich Hermann Z*** wirklich zur Wehr gesetzt hat oder nicht. Im geschwornengerichtlichen Verfahren kann aber die Richtigkeit der Gesetzesanwendung ausschließlich auf Grund der im Wahrspruch getroffenen Sachverhaltsfeststellungen geprüft werden und jede Abweichung des Beschwerdevorbringens von dem im Verdikt enthaltenen Tatsachensubstrat muß unbeachtet bleiben (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 E 1 und 2 zu § 345 Abs 1 Z 11 lit a; E 8 zu Z 12). Dem weiteren, gegen die Annahme einer Bedrohung des Tatopfers mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gerichteten Einwand genügt es zu erwidern, daß eine Tatbegehung unter Anwendung eines solchen Mittels von den Geschwornen ausdrücklich durch eine entsprechende Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) bei der Beantwortung der 1. Hauptfrage ausgeklammert wurde, sodaß das Beschwerdevorbringen insoweit ins Leere geht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Friedrich K***:

Die in der (unsystematisch auf die Gründe der Z 4, 5, 6, "11" und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten) Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten zunächst bezweifelte Zulässigkeit der bloß teilweisen Bejahung einer Frage (hier: der 1. Hauptfrage) durch die Geschwornen ist in § 330 Abs 2 StPO ausdrücklich normiert, weshalb von einer in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nichtigkeit (Z 6) keine Rede sein kann.

Die durchwegs auf eine Erschütterung der Verläßlichkeit der belastenden Aussage des Zeugen Hermann Z*** abzielenden Beweisanträge wurden - der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider - ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen:

Von dem beantragten Lokalaugenschein (S 236 iVm S 344) waren keine weiteren Aufschlüsse über die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erwarten, weil aus dem Nichtvorhandensein von Knickspuren an einer am Tatort befindlichen Hecke rund drei Monate nach der Tat keinesfalls darauf geschlossen werden könnte, daß die Darstellung des Tatopfers, über diesen "lebenden Zaun" gestoßen worden zu sein (S 230, 232), unrichtig sein muß.

Auch die Beiziehung eines gerichtsärztlichen Sachverständigen (S 236 iVm S 344) war nicht geboten, denn zur Darlegung der Möglichkeit, daß die vom Polizeiamtsarzt festgestellten Verletzungen des Hermann Z*** (Rötung und Schwellung im Bereich des rechten Handgelenks, Hautabschürfung im Bereich des Haaransatzes über der rechten Schläfe - S 121) auch auf andere Weise als durch das den Angeklagten angelastete tätliche Vorgehen gegen ihn entstanden sein könnten, bedarf es keines Sachverständigenbeweises, vielmehr kann eine andere Entstehungsursache schon nach den gewÄhnlichen Lebenserfahrungen nicht ausgeschlossen werden.

Eine Klärung des im Beweisantrag (S 236) ferner angeführten Umstandes, ob die vom Polizeiarzt wahrgenommenen Verletzungen des Hermann Z*** nicht "frisch", sondern schon älteren Datums waren, war infolge des inzwischen verstrichenen Zeitraumes durch den beantragten gerichtsärztlichen Sachverständigen gleichfalls nicht zu erwarten.

Soweit sich der Beschwerdeführer auch durch die Abweisung des Antrages auf Vernehmung des Zeugen Dr. D*** in seinen Verteidigungsrechten beschränkt erachtet, ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erledigung des gleichlautenden Einwandes des Mitangeklagten L*** zu verweisen.

Dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung vom 17. März 1988 läßt sich ein vom Beschwerdeführer gestellter Antrag auf Überprüfung der Unversehrtheit des sichergestellten und in der Hauptverhandlung als Beweismittel vorgezeigten Rockes des Tatopfers (S 345) nicht entnehmen, sodaß die darauf bezogene Verfahrensrüge einer formellen Grundlage entbehrt und schon deshalb verfehlt ist. Die Einvernahme des "diensthabenden Beamten" der Bundepolizeidirektion Klagenfurt darüber, daß Hermann Z*** den Vorfall nicht schon vor der "eigentlichen" Anzeigeerstattung am 4. November 1987 gegen 6,30 Uhr (S 117) beim Kriminaldauerdienst oder beim Dauerdienst der Polizeiwache gemeldet hat, erübrigte sich, weil der Zeuge Z*** die (unbestrittenermaßen) erst rund sieben Stunden nach der Tat erfolgte Anzeigeerstattung damit erklärte, daß zwei Versuche um Erwirkung einer polizeilichen Intervention an seiner damaligen Alkoholisierung gescheitert seien (S 231, 340). Diese Begründung wurde aber vom Polizeibeamten Johann T*** als Zeuge bestätigt (S 343), sodaß vom Schwurgerichtshof von weiteren Beweisaufnahmen zu diesem Thema zu Recht Abstand genommen wurde. Die vom Angeklagten reklamierte (Z 6) Eventualfrage (zur 1. Hauptfrage) nach dem Vergehen des Bedrängnisdiebstahls (§ 128 Abs 1 Z 1 StGB) war nach dem Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung nicht indiziert. Auch hiezu genügt ein Hinweis auf die Ausführungen zur entsprechenden Rüge des Angeklagten L***. Die Rechtsrügen (Z "11" und 12) des Angeklagten entbehren mangels jeglicher Substantiierung einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung und lassen in keiner Weise erkennen, worin eine rechtsirrige Beurteilung des durch den Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Sachverhalts gelegen sein soll. Sie sind daher einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.

Dies gilt auch für das weitere Beschwerdevorbringen, wonach "es der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof vorbehalten bleibt, inwieweit die Verlesung oder Nichtverlesung von Aussagen anläßlich der letzten Hauptverhandlung einen Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 4" StPO darstellt. Auch hier wird vom Beschwerdeführer nicht konkretisiert, durch welchen Vorgang er sich für beschwert erachtet, sodaß die von ihm angestrebte Überprüfung nicht vorgenommen werden kann.

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden aller drei Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen sowie zur Beschwerde (§ 494a Abs 4 StPO)

des Angeklagten Eckhard Josef L***:

Das Geschwornengericht verhängte nach § 142 Abs 2 StGB über den Angeklagten Eckhard Josef L*** 3 Jahre Freiheitsstrafe, über den Angeklagten Christian M*** (unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB) 2 1/2 Jahre Freiheitsstrafe und über den Angeklagten Friedrich K*** (gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Urteile des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 9.November 1987, GZ 18 U 251/87-10, und vom 30.November 1987, GZ 18 U 680/87-4) 2 Jahre Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe. Dabei wertete es bei allen drei Angeklagten als erschwerend, daß sie schon wegen mehrerer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden sind, wobei es das unterschiedliche Gewicht dieser Vorbelastung entsprechend berücksichtigte. Beim Angeklagten M*** fiel auch das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen ins Gewicht. Als mildernd nahm das Erstgericht bei den Angeklagten L*** und M*** deren Geständnis an, beim Angeklagten K*** hingegen keinen Umstand.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich die Berufungen der Angeklagten mit dem Antrag auf Herabsetzung der Freiheitsstrafen. Friedrich K*** strebt überdies die bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe an (§ 43 a Abs 3 StPO nF).

Keiner der Berufungswerber vermag jedoch zusätzliche Milderungsgründe ins Treffen zu führen, die das Berufungsbegehren rechtfertigen könnten.

Zweifellos entstammt der Angeklagte L*** ungünstigen sozialen Verhältnissen und ist verstandesmäßig minderbegabt. Immerhin gelang ihm aber der Abschluß einer Tischlerlehre, sodaß von einer sehr vernachlässigten Erziehung des nunmehr 23-jährigen oder einer Verstandesschwäche im Sinn eines Milderungsgrundes nach § 34 Z 1 StGB nicht gesprochen werden kann. Die eigentliche Ursache des sozialen Abstiegs liegt in der Trunksucht des haltschwachen Berufungswerbers, die ihn auch im vorliegenden Fall wieder straffällig werden ließ. Angesichts der zahlreichen stationären Behandlungsversuche (ON 38) vermag freilich die tataktuelle Alkoholisierung bei der nach § 35 StGB vorzunehmenden Vorwurfsabwägung nicht zu seinem Vorteil auszuschlagen. Die bloße Bereitschaft des Angeklagten L*** zur Schadensgutmachung ist gleichfalls kein Milderungsgrund.

Auch der Angeklagte M*** neigt - wie sich aus den Vorakten ergibt - im alkoholisierten Zustand zu strafbaren Handlungen und wurde wegen Alkoholmißbrauchs gleichfalls bereits einmal stationär behandelt, weshalb ihm der Umstand, daß er zur Tatzeit unter Alkoholeinfluß stand, jedenfalls nicht als mildernd zugutegehalten werden kann. Für eine bestimmende Einwirkung seiner Mittäter (§ 34 Z 4 StGB) finden sich in den Akten keine Anhaltspunkte (S 223). Von einer untergeordneten Tatbeteiligung kann angesichts der vom Angeklagten M*** eingestandenen Mitplanung und der Art seiner Mitwirkung an der eigentlichen Tatausführung (S 223, 224) ebensowenig die Rede sein, wie von einer besonders verlockenden Gelegenheit im Sinne der Z 9 des § 34 StGB, da ein ansonsten rechtstreuer Mensch unter den gegebenen Umständen der Versuchung, einen Raubüberfall zu begehen, keinesfalls unterliegen würde. In einer Notlage befand sich der Berufungswerber schon deshalb nicht, weil die Raubbeute nur das Weiterzechen ermöglichen sollte. Da beim Tatopfer eben nicht mehr Geld gefunden wurde, kann auch nicht als mildernd gewertet werden, daß sich der Angeklagte der Zufügung eines größeren Schadens enthalten hätte.

Der Art der Verantwortung des Angeklagten K*** hinwieder kommt die Qualität eines reumütigen Geständnisses deshalb nicht zu, weil er gerade die Gewaltanwendung als wesentliches Tatbestandselement in Abrede gestellt hat. Seine bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung genügt zur Annahme des Milderungsgrundes nach § 34 Z 15 StGB nicht. Daß ein minderschwerer Raub "milieubedingt" nicht so schwer empfunden werde, vermag gleichfalls keinen Milderungsgrund herzustellen, ist doch der Unrechtsgehalt einer Straftat nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Die Geringfügigkeit des Schadens ist Tatbestandsvoraussetzung. Der minderen Vorstrafenbelastung dieses Berufungswerbers hat das Geschwornengericht durch Verhängung der verhältnismäßig niedrigsten Freiheitsstrafe ohnedies Rechnung getragen.

Berücksichtigt man schließlich, daß das Erstgericht bei allen drei Angeklagten zwei wesentliche Erschwerungsgründe, nämlich die Tatbegehung in Gesellschaft und die (leichte) Verletzung des Tatopfers übersehen hat, so erscheinen die verhängten Freiheitsstrafen weder absolut überhöht noch in ihrer Relation zueinander unangemessen. Die vom Angeklagten K*** angestrebte bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe (§ 43a Abs 3 StGB nF) kam selbst unter Bedachtnahme darauf, daß über diesen Angeklagten bisher noch keine Freiheitsstrafen verhängt worden sind, wegen der Art der Tat und der Täterpersönlichkeit aus spezial- aber auch aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht, womit freilich die seinerzeitige Entscheidung über eine bedingte Entlassung keinesfalls präjudiziert werden soll.

Das Geschwornengericht hat zugleich (§ 494a Abs 1 StPO nF) mit der Verurteilung des Angeklagten Eckhard Josef L*** den Widerruf der bedingten Nachsicht der über diesen Angeklagten mit den Urteilen des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4.Juli 1983, GZ 9 Vr 932/83-9, wegen Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB verhängten Freiheitsstrafe von 18 Monaten, sowie vom 21. September 1983, GZ 9 E Vr 1.947/83-10, wegen Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB verhängten zusätzlichen (§§ 31, 40 StGB) Freiheitsstrafe von 3 Monaten widerrufen (§ 53 Abs 1 StGB nF). Der dagegen vom Angeklagten L*** erhobenen Beschwerde (§ 494a Abs 4 StPO nF) kommt keine Berechtigung zu, weil angesichts der Wirkungslosigkeit der bloßen Verlängerung der Probezeiten (§ 53 Abs 2 StGB) sowie der kriminellen Steigerung es nunmehr geboten erscheint, zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung auch die im Verhältnis dazu keineswegs zu vernachlässigenden früheren Strafen zu vollziehen, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen wirkungsvoll abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB nF), wobei im Rahmen dieses längeren Strafvollzuges auch die Möglichkeiten einer Entwöhnungsbehandlung wahrzunehmen sein werden (§ 68a StVG).

Anmerkung

E14560

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00067.88.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19880629_OGH0002_0140OS00067_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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