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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des GA in W, vertreten durch Dr. Klaus Schimik, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schellinggasse 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. April 2005, Zl. 242.657/0-V/13/03, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Berufung gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides (Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ghana gemäß § 8 AsylG) abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, reiste am 2. September 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte in der Folge die Gewährung von Asyl. Diesen Antrag begründete er im Wesentlichen damit, dass er als "Subchief" seines Heimatbezirkes einen Angriff von ca. 200 Personen auf zwei Dörfer des Nachbarbezirks mitorganisiert habe, um "gestohlenes Land" zurückzuerobern. Bei der Auseinandersetzung habe es auf beiden Seiten Tote gegeben. Der örtliche "Regionalsekretär" habe daraufhin die Verhaftung (ua.) des Beschwerdeführers angeordnet, woraufhin er (Beschwerdeführer) die Flucht ergriffen habe.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 22. September 2003 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ghana gemäß § 8 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Es ging davon aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - gemäß §§ 7 und 8 AsylG ab. Anders als das Bundesasylamt erachtete die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers als glaubwürdig. Sämtliche Probleme des Beschwerdeführers resultierten jedoch - so die belangte Behörde rechtlich - aus der Organisation bzw. Teilnahme an einem bewaffneten Überfall auf zwei im Nachbarbezirk gelegene Dörfer, bei welchem mehrere Tote zu beklagen gewesen seien. Den Ausführungen des Beschwerdeführers sei nicht zu entnehmen gewesen, dass die befürchtete Verfolgung durch staatliche Behörden aus politischen Gründen erfolge. Seinem Vorbringen "zu der von ihm insinuierten Verfolgungssituation" sei "rein ein kriminelles Moment entnehmbar" gewesen. Der Beschwerdeführer befinde sich sohin nicht in wohlbegründeter Furcht vor asylrechtlich relevanter Verfolgung.
Zur Entscheidung nach § 8 AsylG führte die belangte Behörde nach Wiedergabe dieser Bestimmung und des § 57 FrG sowie von Rechtssätzen aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 des Fremdengesetzes aus 1992 aus, dass in Ghana derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe bzw. Hungersnot) bestehe, wodurch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung vor der belangten Behörde auf die Frage, womit er im Fall seiner Rückkehr nach Ghana rechne, angegeben, sein Leben wäre in Gefahr, er sei schließlich daran beteiligt gewesen, dass unschuldige Menschen durch einen Überfall ihr Leben verloren hätten. Zwar hat der Beschwerdeführer auch vorgebracht, die von ihm mitinitiierten gewalttätigen Übergriffe hätten "bloß" die Reaktion auf einen unter Ausnützung politischer Verhältnisse erfolgten "Landraub" dargestellt, insgesamt ließ das Vorbringen des Beschwerdeführers jedoch nicht erkennen, dass die von ihm nunmehr befürchtete Bestrafung nicht bloß wegen der gesetzten Gewalttaten, sondern auch aus politischen Motiven erfolge. Die bloß allgemein gehaltenen Beschwerdeausführungen über dem Beschwerdeführer drohende politische Verfolgung vermögen an dieser Sichtweise nichts zu ändern, weshalb sich die Beurteilung der belangten Behörde, es fehle im vorliegenden Fall an einem Konventionsgrund und es sei daher der Asylantrag abzuweisen, als zutreffend erweist.
Anderes gilt für die Entscheidung nach § 8 AsylG. Diesbezüglich hat sich die belangte Behörde, wie oben dargestellt, auf eine Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften sowie von schon zur Vorgängerbestimmung des § 57 FrG entwickelten abstrakten Rechtssätzen beschränkt und lediglich - gleichfalls allgemein - ausgeführt, dass in Ghana keine Situation bestehe, die eine Gefährdung im Sinn der Art. 2 und 3 EMRK indiziere. Inwieweit die im bekämpften Bescheid angeführten Rechtssätze zur Lösung des konkreten Falles beitragen sollen, warum also in Anwendung dieser Rechtssätze die erstinstanzliche, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ghana feststellende Entscheidung zu bestätigen gewesen sei, wird dagegen nicht einmal ansatzweise dargestellt. Insoweit fehlt es daher an einer nachvollziehbaren Begründung, was die Beschwerde mit dem Hinweis, dass Ghana die Todesstrafe nicht abgeschafft habe, vor dem Hintergrund der für wahr erachteten Behauptungen des Beschwerdeführers zu den fluchtauslösenden Vorgängen im Ergebnis zutreffend aufzeigt. Insoweit der bekämpfte Bescheid die Berufung gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides abweist, war er daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 27. September 2005
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005010281.X00Im RIS seit
28.10.2005