TE OGH 1988/6/29 3Ob514/88

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Veröffentlicht am 29.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Karl W***, Pensionist und 2) Lina W***, Hausfrau, beide Bad Gleichenberg, Haus "Styria" und vertreten durch Dr. Arne R. Schlossar, Rechtsanwalt in Feldbach, wider die beklagten Parteien

1) Franz G***, Kaufmann, und 2) Stefanie G***, Angestellte, beide Wiesenthal 125 und vertreten durch Dr. Hella Ranner, Rechtsanwalt in Graz, wegen restlicher S 17.850,-- s A, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 25. November 1987, GZ 3 R 304/87-47, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Feldbach vom 19. Juni 1987, GZ 2 C 1212/87 b-39, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung der Berufungsverhandlung und neuen Entscheidung über die Berufung der beklagten Parteien an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Die beiden Kläger hatten in einem Zweifamilienhaus der beiden Beklagten im Jahr 1982 eine Wohnung gemietet. Das Mietverhältnis wurde am 30. Oktober 1985 durch Kündigung seitens der Kläger beendet. Mit einer am 16. Dezember 1985 eingebrachten Klage begehren sie den Ersatz von Investitionen im jetzt noch strittigen Ausmaß von S 17.850,-- unter anderem mit der Begründung, die Beklagten seien in diesem Ausmaß offensichtlich bereichert.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, die Kläger hätten die Wohnung in Kenntnis vorhandener Mängel übernommen und auf Ersatz ihrer Aufwendungen verzichtet. Die Investitionen seien zum Großteil verlorene Aufwendungen, weil sie nur dem persönlichen Geschmack der Kläger entsprächen und es sich nicht um eine Werterhöhung des Hauses handle. In der Tagsatzung vom 7. Mai 1986 erklärten sie sich damit einverstanden, daß die Kläger alle Einrichtungsgegenstände, die Fernsehantenne, die Badewanne und die WC-Muschel entfernen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im jetzt noch strittigen Umfange statt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne einer Klagsabweisung ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Die beiden Vorinstanzen gingen kurz zusammengefaßt von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Als die Kläger die gemietete Wohnung übernahmen, befand sich in einigen Räumen noch kein Fußbodenbelag, sondern nur ein Estrich, die Wände waren teilweise nur verputzt, Bad und WC waren noch nicht eingerichtet und es gab auch sonst noch einige Mängel. Die Kläger ließen vor allem Bodenbeläge herstellen, Wände und Decken einfärbeln oder tapezieren und Bad und WC einrichten. Sie forderten mit Schreiben vom 31. Oktober 1985 den Ersatz von

S 31.115,--, machten dann aber mit der Klage nur

S 28.000,-- geltend. Wenn man hievon S 2.500,-- für einen wertlos gewordenen Zimmerboden und vom Restbetrag 30 % Abnützungsverlust abzieht, ergibt sich ein Betrag von S 17.850,-, in welchem Umfange eine Werterhöhung am Bestandobjekt entstand. Die Investitionen entsprachen einer heute üblichen Wohungsausstattung und waren für die ordnungsgemäße Verwendbarkeit der Räume zum Wohnen erforderlich. Eine Vereinbarung über den Ersatz dieser Aufwendungen haben die Streitteile nicht getroffen; es wurde weder vereinbart, daß die Kläger auf einen Ersatz verzichten, noch daß ihnen ein solcher Ersatz gebührt.

Die Kläger hatten ursprünglich die Absicht, in der gemieteten Wohnung auf ihre Lebzeiten zu bleiben, zogen aber dann wegen entstandener Spannungen mit den Beklagten, aber auch aus anderen Gründen in ein Seniorenwohnheim.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Kläger zwar nicht gemäß § 1097 ABGB Ersatz verlangen könnten, weil ihnen der unfertige Zustand des Mietobjektes bei Übernahme desselben bekannt gewesen sei; wohl aber stehe ihnen für die Bereicherung ein Ersatz gemäß § 1435 ABGB zu.

Das Berufungsgericht vertrat hingegen die Auffassung, daß dem Klagebegehren auch nicht nach § 1435 ABGB stattgegeben werden könne; denn es sei ohne Verschulden der beklagten Parteien zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses gekommen und dessen Dauer von drei Jahren sei nicht so ungewöhnlich kurz, daß eine Kondiktion wegen Wegfalls des Rechtsgrundes gegeben sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Mit Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch nach § 1435 ABGB verneint, weil die Voraussetzungen für einen Wegfall des bei Leistung der Investitionen gegebenen Rechtsgrundes oder einer Zweckverfehlung nicht gegeben sind.

Auch ein Anspruch gemäß § 1097 S 2 erster Fall ABGB steht nicht zu. Wie schon das Erstgericht richtig erkannt hat, handelt es sich nicht um einen den beklagten Parteien obliegenden Aufwand, weil die Kläger den Bestandgegenstand in Kenntnis der mangelnden Gebrauchsfähigkeit übernommen haben.

In einem solchen Fall verliert der Bestandnehmer nicht nur die Rechte des § 1096 ABGB (Zinsminderung, Versetzung in brauchbaren Zustand), sondern auch das Recht, sofort den Ersatz des Aufwandes iSd § 1036 ABGB zu begehren.

Aus dem Verlust des Rechtes auf Herstellung des brauchbaren Zustandes oder auf Zinsminderung folgt aber nicht notwendigerweise ein Verlust auch des Rechtes, nach dem Ende des Bestandverhältnisses den Ersatz des Restwertes nützlicher Aufwendungen

iSd § 1097 S 2 zweiter Fall ABGB zu begehren. Die Meinung, aus dem Verlust der Rechte des § 1096 ABGB folge immer auch ein Verlust des Ersatzanspruches nach § 1097 ABGB, wurde in der Rechtsprechung damit begründet, daß es wider Treu und Glauben wäre, wenn der Bestandnehmer den Bestandvertrag in Kenntnis der vorhandenen Mängel geschlossen und das mangelhafte Bestandstück übernommen habe und dann nachträglich solche Ansprüche erhebe (MietSlg 20.131, 31.189). Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1096 meint, in einem solchen Fall sei besser nicht von einem stillschweigenden Verzicht, sondern von der Genehmigung einer Vertragsänderung in dem Sinne auszugehen, daß der Bestandgeber das Bestandobjekt nicht in einem in jeder Hinsicht brauchbaren Zustand übergeben und erhalten müsse, wie dies § 1096 ABGB als nur nachgiebiges Recht vorsehe.

Beide Argumente schlagen aber nicht durch, um den genannten Ersatzanspruch auch noch nach dem Ende der Bestandzeit zu verneinen. Wenn der Bestandnehmer den Ersatzanspruch nicht geltend machen will, steht ihm das Wegnahmerecht zu (Klang in Klang2 V 49). Beläßt er aber die Investitionen im Bestandobjekt und übernimmt der Bestandgeber sie zu seinem klaren, überwiegenden Vorteile, so kann von einer Sittenwidrigkeit des Ersatzbegehrens oder einer Fortwirkung der genannten Vertragsänderung nicht die Rede sein. Die bisher ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes stehen dem kaum entgegen. Teilweise lag eine besondere vertragliche Gestaltung zugrunde (MietSlg 4.971 = RZ 1956, 94; MietSlg 24.143;

1 Ob 718/78), teilweise wurde während der Bestanddauer die Behebung von Mängeln begehrt (MietSlg 7.893/15 = EvBl 1960/255;

MietSlg 20.131) oder gegen eine Zinsklage aufrechnungsweise ein Schadenersatzanspruch wegen mangelhafter Beschaffenheit des Bestandgegenstandes geltend gemacht (ZBl 1916/160), teilweise wurde ohne Eingehen auf eine nützliche Geschäftsführung nach § 1037 ABGB nur zum Ausdruck gebracht, daß die österreichische Rechtsordnung keinen allgemeinen Bereicherungsanspruch kenne (MietSlg 31.189). Den Klägern gebührt demnach der Ersatz ihrer Aufwendungen, soweit diese bei Beendigung des Bestandverhältnisses zum klaren, überwiegenden Vorteil der beklagten Parteien dienten (Würth aaO Rz 4 zu § 1097; SZ 47/98).

Ob ein solcher klarer, überwiegender Vorteil vorliegt, kann nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

Die festgestellte Erhöhung des objektiven Wertes der Liegenschaft um den Betrag von S 17.850,-- reicht für sich allein nicht aus, um einen Anspruch nach § 1037 ABGB zu begründen, sondern es muß darüber hinaus auch der Vorteil des Geschäftsherrn außer Zweifel stehen (SZ 57/71, SZ 57/167). Bei der Beurteilung, ob der Aufwand des Geschäftsführers dem Geschäftsherrn zum klaren, überwiegenden Vorteil gereicht, ist von einer an der Verkehrsauffassung orientierten objektiven Bewertung auszugehen, die auf alle Interessen des Geschäftsherrn Bedacht nimmt (SZ 57/71, SZ 57/167, VersRdsch 1988/96).

Es muß also untersucht werden, ob und in welchem Umfange die Beklagte trotz ihres Anbotes, die Kläger könnten Einrichtungsgegenstände entfernen, werterhöhende Investitionen der Kläger endgültig übernommen haben oder solche mangels konkreter Ablehungsgründe nach vernünftiger Verkehrsauffassung behalten müssen, weil eine Entfernung untunlich ist. Wenn die Beklagten etwa die Wohnung inzwischen weitervermietet hätten oder dies im derzeitigen zustand beabsichtigen, so hätten sie sich wohl den Betrag von S 17.850,-- erspart (wie dies der Erstbeklagte auch in seiner Parteienaussage in der Tagsatzung vom 21. Mai 1987 anklingen läßt) und es läge dann auch der Vorteil auf der Hand. Wenn hingegen die Räumlichkeiten in vernünftiger Weise umgestaltet werden sollen, wenn ein Verkauf des Hauses geplant ist und die Investitionen der Kläger keinen Einfluß auf den Kaufpreis haben werden, oder ähnliche Umstände gegeben sind, diente der Aufwand der Kläger nicht mehr dem klaren, überwiegenden Vorteil der Beklagten. Bei vorher nicht vorhandenen Fußbodenbelägen läge der Vorteil nahe, bei einer schon gebrauchten Badewanne oder WC-Muschel weniger, und noch weniger bei eventuell im festgestellten Betrag enthaltenen Aufwendungen für Färbelung oder Tapezierung.

Diese bisher nicht geprüften Fragen sind also mit den Parteien zu erörtern. Da sie voraussichtlich durch eine ergänzende Parteienvernehmung und allenfalls eine ergänzende Vernehmung des Sachverständigen klärbar sind, war die Rechtssache iSd § 496 Abs 3 ZPO nicht an das Erstgericht, sondern an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E14626

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00514.88.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19880629_OGH0002_0030OB00514_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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