Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Helmut Mojescick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Irmgard H***, Näherin, Nassereith, Dormitz 324, vertreten durch Dr. Lienhard Grabmayr und Dr. Herbert Kofler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Hedy G***, Heimtextilienvertrieb, Wolfurt, Fattweg 7, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 11.449,05 S brutto sA und 20.000,- S, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. März 1988, GZ 5 Ra 33/88-41, womit das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 23. Oktober 1987, GZ 45 Cga 93/87-29, teilweise aufgehoben und der Antrag der klagenden Partei, die beklagte Partei zu einem Entschädigungsbetrag von 20.000,- S gemäß § 408 ZPO zu verurteilen, abgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird, soweit er sich gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses richtet, womit das Ersturteil in seinem dem Klagebegehren bezüglich eines Betrages von 11.449,05 S brutto samt 4 % Zinsen seit 17. Februar 1986 stattgebenden Teil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde, zurückgewiesen. Hingegen wird dem Rekurs gegen Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses, womit der Antrag der klagenden Partei, die beklagte Partei zu einem Entschädigungsbetrag von 20.000,- S gemäß § 408 ZPO zu verurteilen, abgewiesen wurde, nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe bestätigt, daß der Antrag der klagenden Partei zurückgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.829,75 S bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 257,25 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 14. Juni 1983 bis 9. Dezember 1985 als Näherin und Verkäuferin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Entlassung.
Die Klägerin begehrt insgesamt 44.234,56 S netto sA; die Entlassung sei unberechtigt erfolgt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe größere Waren- und Kassenfehlbestände zu verantworten, woraus der Beklagten ein die Klagsforderung übersteigender Schaden entstanden sei, der compensando eingewendet werde.
Das Erstgericht sprach mit Teilurteil lediglich über die Klagsforderung ab und erkannte der Klägerin einen Betrag von 26.231,94 S netto sowie von 20.453,90 S brutto je sA zu. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil bezüglich eines Zuspruches von 26.231,94 S netto und 9.004,85 S brutto je sA. Mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß hob es das Ersturteil, soweit damit der Klägerin ein Betrag von 11.499,05 S brutto sA zuerkannt wurde, auf und verwies die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung ohne Rechtskraftvorbehalt zurück (Punkt 1); ferner wies es den Antrag der klagenden Partei, die beklagte Partei zu einem Entschädigungsbetrag von 20.000,- S gemäß § 408 ZPO zu verurteilen, ab (Punkt 2). Gegen beide Punkte dieses Beschlusses richtet sich der unrichtig als Revision bezeichnete Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, ihn - im Punkt 1 - dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde und - im Punkt 2 - dahin, daß die beklagte Partei zum Ersatz einer Entschädigungszahlung von 20.000,- S gemäß § 408 ZPO verurteilt werde.
Die beklagte Partei beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses ist unzulässig.
Da vom Berufungsgericht ein Rechtskraftvorbehalt im Sinne des § 519 Abs 1 Z 3 ZPO nicht gesetzt wurde, ist Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses nach dem gemäß § 47 ASGG auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen anzuwendenden § 519 Abs 1 ZPO unanfechtbar (vgl. Kuderna Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz Anm. 12 zu § 45).
Der Rekurs gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses war daher zurückzuweisen.
Der Rekurs gegen Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses ist hingegen nicht berechtigt.
Die Klägerin hat den Antrag, der Beklagten wegen mutwilliger Prozeßverschleppung einen Entschädigungsbetrag von 20.000,- S gemäß § 408 ZPO aufzuerlegen, erst in der Berufungsbeantwortung gestellt. Der Anspruch auf Entschädigung kann im Laufe des Rechtsstreites ohne Beschränkung durch die Vorschrift des § 235 ZPO, spätestens aber bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt werden;
ein erst nach diesem Zeitpunkt gestellter Antrag ist zurückzuweisen (siehe Fasching Komm. ZPO III 670 f sowie Fasching ZPR Rz 1481 mwH;
JBl 1957, 566; JBl 1968,208). Da die Klägerin bereits im Verfahren erster Instanz durch einen Anwalt und damit durch eine qualifizierte Person im Sinne des § 40 Abs 1 ASGG vertreten war, sind gemäß § 63 Abs 1 ASGG die Bestimmungen über das Neuerungsverbot anzuwenden, so daß die Antragstellung erst in der Berufungsbeantwortung verspätet war.
Dem Rekurs der Klägerin war daher keine Folge zu geben und der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Antrag der Klägerin zurückgewiesen wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, wobei darauf Bedacht genommen wurde, daß die beklagte Partei in der Revisions-(richtig Rekurs-)beantwortung sowohl auf die Unzulässigkeit des Rekurses gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses als auch auf die Unzulässigkeit einer Antragstellung nach § 408 ZPO erst im Berufungsverfahren hingewiesen hat.
Anmerkung
E14938European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00137.88.0629.000Dokumentnummer
JJT_19880629_OGH0002_009OBA00137_8800000_000