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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des R A in W, vertreten durch Mag. Viktoria Steinschaden, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 25. April 2005, Zl. 258.174/0-XIV/16/05, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages wegen entschiedener Sache (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist mazedonischer Staatsangehöriger und reiste gemäß seinen Angaben am 4. oder 5. August 2003 in das Bundesgebiet ein. Seinen (ersten) Asylantrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 6. September 2004 gemäß § 7 AsylG ab; ferner erklärte es die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Mazedonien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, er hätte 2001 an der Seite der Albaner gegen die mazedonische Armee gekämpft und werde daher nunmehr von der Polizei gesucht, seien - so das Bundesasylamt in der Begründung seiner Entscheidung - nicht glaubwürdig.
Der genannte Bescheid vom 6. September 2004 wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist: 9. September 2004) zugestellt. Eine dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde - nachdem ein Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers erfolglos geblieben war - gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück.
Am 18. Dezember 2004 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt am 24. Jänner 2005 gab er hiezu an, er werde von der mazedonischen Polizei verfolgt, weil er "im Krieg" für die Albaner gekämpft habe. Im Fall einer Rückkehr nach Mazedonien befürchte er verhaftet zu werden, er sei nach seiner Ausreise zwei bis dreimal von der mazedonischen Polizei zu Hause gesucht worden. Die Frage, ob sich seine Ausreisegründe (gegenüber den im ersten Asylverfahren vorgebrachten Gründen) "also nicht geändert" hätten, bejahte der Beschwerdeführer. Ergänzend führte er an, er habe (gemeint: nach Abschluss des ersten Asylverfahrens) ausreisen wollen, habe aber zu Hause angerufen und dabei erfahren, dass er noch immer gesucht werde.
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 25. April 2005 wies die belangte Behörde den zweiten Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, dass sich seine Ausreisegründe gegenüber dem ersten Asylverfahren nicht geändert hätten. Was sein Vorbringen anlange, er habe heimreisen wollen, aber seine Angehörigen hätten ihm davon abgeraten, weil die Polizei ihn noch immer suche und auch zwei bis dreimal bei ihm zu Hause gewesen sei, so sei auszuführen, dass - im Folgenden die belangte Behörde wörtlich - "das Bundesasylamt bereits im Bescheid vom 06.09.2004 davon ausgegangen ist, dass den gesamten vom nunmehrigen (Beschwerdeführer) getätigten Angaben im damaligen Verfahren kein Glauben geschenkt werde. Da nun die diesbezüglichen Angaben des (Beschwerdeführers) im Rahmen des zweiten Asylantrages in ursächlichem Zusammenhang mit seinem Vorbringen im ersten Asylverfahren stehen und diese vom Bundesasylamt im Bescheid vom 06.09.2004 als absolut unglaubwürdig qualifiziert, sohin in einer der Rechtskraft fähigen Form abweislich beschieden wurden, liegt kein geänderter Sachverhalt vor, und war das diesbezügliche Sachverhaltsvorbringen auf Grund entschiedener Sache einer neuen Überprüfung nicht zugänglich."
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Für den vorliegenden Fall ist wesentlich, dass die vom Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe für nicht glaubhaft erachtet worden waren und dass er nunmehr behauptete, er habe heimreisen wollen (erkennbar gemeint: nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens), jedoch erfahren, dass ihn die Polizei noch immer suche; außerdem sei er nach seiner Ausreise zwei bis dreimal von der mazedonischen Polizei zu Hause gesucht worden. Unter der Annahme, die behaupteten Ermittlungsmaßnahmen durch die mazedonische Polizei hätten nach rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens stattgefunden - die belangte Behörde hat diesbezüglich keine Klärung veranlasst -, hätte die belangte Behörde im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 4. November 2004, Zl. 2002/20/0391, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, prüfen müssen, ob den entsprechenden Angaben des Beschwerdeführers ein "glaubhafter Kern" zukommt (vgl. insbesondere die Punkte 2.4. und 3.2. in den Entscheidungsgründen des vorgenannten Erkenntnisses). Das hat die belangte Behörde, die fälschlich auf den inhaltlichen Zusammenhang des nunmehrigen Vorbringens mit dem Vorbringen im ersten Asylverfahren abstellte, verkannt, weshalb der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 27. September 2005
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005010363.X00Im RIS seit
28.10.2005