Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Bauer und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefanie E***,
Filialleiterin, Wien 9., Meynertgasse 8/3, vertreten durch Dr. Hermann W. Heller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Rainer L***, Zollwachebeamter, und 2. Silvia L***, im Haushalt, beide wohnhaft in Markt Neuhodis, vertreten durch Dr. Peter Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 110.745 S samt Nebenforderungen (Revisionsgegenstand: 91.904,57 S) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Juni 1987, GZ 11 R 68/87-31, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. Dezember 1986, GZ 52 Cg 44/86-26, in Ansehung des Revisionsgegenstandes bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 4.668,18 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 424,38 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten hielten ab 1. Juli 1980 eine aus zwei Zimmern, Küche, Vorraum, Bad und WC bestehende Wohnung in Bestand; das Mietverhältnis wurde für die Zeit ab 1. Juni 1985 im Sinne des Mietvertrages vom 18. Juni 1985 abgeändert. Nach diesem abgeänderten Mietvertrag waren die Beklagten als Mieter berechtigt, "innerhalb eines Jahres einen Nachmieter namhaft zu machen, wobei sich die Hausinhabung verpflichtet, dessen Eintritt in den gegenständlichen Mietvertrag anzuerkennen, soferne gegen die Person des neuen Mieters keine berechtigten Einwände in persönlicher oder finanzieller Hinsicht bestehen".
Die Beklagten beauftragten eine Handelsgesellschaft mit der Vermittlung eines Interessenten für den Eintritt in ihr Mietverhältnis. Durch eine von der Vermittlerin eingeschaltete Zeitungsanzeige erfuhr die Klägerin von der Mietgelegenheit, wandte sich an die Vermittlerin und vereinbarte mit dieser eine Wohnungsbesichtigung. Bei dieser Besichtigung war außer den Streitteilen auch ein Mitarbeiter der Vermittlerin anwesend. Dieser erklärte der Klägerin, sie hätte als Ablöse der Einrichtungsgegenstände und für die von den Beklagten getätigten Investitionen einen Betrag von 179.000 S zu zahlen. Diesen Betrag hatte der Mitarbeiter der Vermittlerin dem Erstbeklagten zuvor im Hinblick auf dessen Aufwendungen als angemessen vorgeschlagen gehabt. Die Klägerin erklärte sich zur Leistung der von ihr geforderten Ablöse bereit und unterfertigte einen Alleinvermittlungsauftrag (in welchem eine Investitionsablöse von 165.000 S ausgewiesen war). Vor der mit dem Mitarbeiter der Vermittlerin getroffenen Absprache über die von ihr zu zahlende Ablösung hatte die Klägerin mit den Beklagten über die Höhe der Ablöse nicht gesprochen. Nachdem die Klägerin die besichtigte Wohnung verlassen hatte, fragte der Mitarbeiter der Vermittlerin den Erstbeklagten, ob er mit 165.000 S zufrieden wäre, und dieser bejahte.
In der Folge suchte die Klägerin vor ihrem Einzug in die Wohnung die Beklagten dort noch zweimal auf. Dabei erwähnten die Beklagten, daß sie das Geld für einen im Gange befindlichen Hausbau benötigen. Die Klägerin trat mit 1. Juli 1985 als Nachmieter der Beklagten in deren Mietvertrag über die besichtigte Wohnung ein. Im Zusammenhang damit hatte sie zuvor dem Mitarbeiter der Vermittlerin in deren Büroräumen außer einer Vermittlungsprovision von 9.360 S den Betrag von 179.000 S als vereinbarte Ablöse ausgefolgt. Der Übernehmer der Zahlung übergab davon unmittelbar darauf in einem Nebenraum den Beklagten einen Teilbetrag von 165.000 S. Der Wert der von der Klägerin übernommenen Einrichtungsgegenstände und Wohnungsinvestitionen betrug im Zeitpunkt der Wohnungsübernahme - abzüglich einer zur Behebung von Mängeln an den elektrischen Leitungen zu veranschlagenden Betrag von 3.500 S - nur 83.315 S. Diesen Wert erhöhte das Berufungsgericht aus rechtlichen Erwägungen um 3.780,43 S (auf 87.095,43 S). Mit der am 19. Dezember 1985 angebrachten Klage begehrte die Klägerin die Rückzahlung ihrer als Ablöse geleisteten Zahlung im Teilbetrag von 130.000 S, schränkte dieses Begehren auf Grund des schriftlichen Sachverständigengutachtens auf 95.685 S ein und dehnte es nach der mündlichen Ergänzung des Sachverständigengutachtens wieder auf 110.745 S aus. Die Abweisung eines Teilbegehrens auf Zahlung von 15.060 S durch das Prozeßgericht erster Instanz und die weitere Abweisung eines zusätzlichen Teilbetrages auf Zahlung von 3.780,43 S durch das Berufungsgericht ließ die Klägerin unangefochten. Revisionsverfangen ist daher lediglich das Begehren auf Rückzahlung der Differenz zwischen der geleisteten Ablöse von 179.000 S und dem festgestellten Wert der Wohnungsinvestitionen und der überlassenen Einrichtungsgegenstände im Gesamtbetrag von 87.095,43, also der in diesem Ausmaß übereinstimmende Zuspruch beider Vorinstanzen in der Höhe von 91.904,57 S.
Nach dem von den Vorinstanzen geteilten Prozeßstandpunkt der Klägerin handelte es sich im genannten Ausmaß um die Leistung einer gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG unzulässig vereinbarten Leistung, die der Rückforderung nach § 27 Abs 3 MRG unterliege.
Die Beklagten wendeten gegenüber dem Rückzahlungsbegehren der Klägerin ein, sie selbst hätten lediglich 165.000 S erhalten. In diesem Ausmaß stünden der Zahlung der Klägerin angemessene Gegenleistungen für Wohnungsverbesserungen und -ausstattung gegenüber. Im übrigen habe die Leistung der Klägerin auch in dem von ihr geltend gemachten Unterschiedsbetrag zu keiner vom Gesetz mißbilligten Vermögensvermehrung der Beklagten als den weichenden Mietern geführt, weil der gesamte Betrag für den Bau eines Eigenheimes als Ersatz für die aufgegebene Mietwohnung benötigt und auch tatsächlich verwendet worden sei.
Das Erstgericht folgerte in rechtlicher Beurteilung zum Begehren auf Rückzahlung des Teiles der Ablöse, dem keine Investitionen mit fortdauerndem Nutzwert und keine Überlassung von Einrichtungsgegenständen als angemessene Gegenleistung gegenübergestanden sei: Die Beklagten hätten sich die Leistung einer Ablöse im Betrag von 179.000 S ausschließlich als Gegenleistung für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen und für die den Gebrauchswert der Wohnung vermehrenden Investitionen versprechen lassen, aber nicht als Ausgleich für ihre Aufwendungen zur Beschaffung einer der aufgegebenen Mietwohnung entsprechenden anderen Wohnmöglichkeit. Daß die Streitteile - nach Abschluß der Ablösevereinbarung - über den Geldbedarf der Beklagten für einen im Zuge befindlichen Hausneubau gesprochen hätten, habe noch zu keiner Abänderung der Ablösevereinbarung in Ansehung des Zahlungszweckes geführt.
Das Berufungsgericht legte zu seinem bestätigenden Ausspruch seine von der herrschenden Rechtsprechung abweichende Rechtsansicht dar. Es hielt der auf die Ausführungen von Ohmeyer in JBl 1931, 493 ff gegründeten Ansicht, von der Ungültigkeitssanktion des § 17 Abs 1 a MG - der nunmehr jene nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG entspreche - sei nicht bloß der im Gesetz ausdrücklich erwähnte Ersatz der tatsächlichen Übersiedlungskosten des früheren Mieters ausgenommen, sondern auch der Ersatz von Aufwendungen des früheren Mieters für die Beschaffung einer entsprechenden Ersatzwohnung, weil auch in diesem Umfang keine Vermögensvermehrung des früheren Mieters in einer zu mißbilligenden Ausnützung der Verhältnisse auf dem Markt mit Raummieten zu Lasten des Mietwerbers zu erblicken wäre, die Auffassung entgegen, der unmißverständlich zum Ausdruck gebrachte Regelungszweck, Mietsuchende im Zusammenhang mit der Anmietung von Räumen vor der Verpflichtung zu Leistungen zu bewahren, denen keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstünde, gestatte es nicht, die in Ansehung des Ersatzes der tatsächlichen Übersiedlungskosten normierte Ausnahme in der von der Rechtsprechung gebilligten Weise bis zum Ersatz etwa auch verpönter Ablösen und Aufwendungen zur Beschaffung von Räumen im Eigentum ausdehnend auszulegen. Dem Gesetzgeber dürfe keine unbeabsichtigte Regelungslücke unterstellt werden, die mit den Mitteln der Analogie ausgefüllt werden könnte. Das Berufungsgericht hat in sein im wesentlichen bestätigendes Urteil den Ausspruch aufgenommen, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach dem § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliege.
Die Beklagten fechten das Berufungsurteil in seinem bestätigenden Ausspruch aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 2 ZPO wegen qualifiziert unrichtiger Lösung einer für die Entscheidung wesentlichen Frage des materiellen Rechtes mit einem auf vollständige Abweisung des Klagebegehrens zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die Klägerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung der Rechtssache zwar nicht von der im Berufungsurteil dargelegten Auslegung des § 27 Abs 1 Z 1 MRG abhängt, wohl aber von grundsätzlichen Fragen des Vertragsrechtes, deren Beachtung im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Ablösen eine nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO qualifizierte Rechtsfrage darstellt.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Sämtliche Revisionsausführungen gehen an dem entscheidenden Umstand vorbei, daß die als Ablöse hingegebene und angenommene Zahlung der Klägerin von dieser nie, etwa auch nur teilweise oder hilfsweise, als Ersatz für die Aufwendungen der Beklagten zur Errichtung eines von ihnen anstelle der Mietwohnung zu benützenden Eigenheimes versprochen worden ist.
Als kausales Verpflichtungsgeschäft bedarf auch die aus Anlaß einer Raummiete geschlossene Vereinbarung über eine vom Mietwerber zu leistende Zahlung eines vom erklärten übereinstimmenden Willen der Vertragsteile getragenen Zweckes. Soweit es bereits an einer solchen Willensübereinstimmung gebricht, fehlt ein die zugesagte Leistung rechtfertigender Rechtsgrund. Einseitig im nachhinein kann der vereinbarte Rechtsgrund der Leistung vom Versprechensempfänger nicht geändert werden. Der Standpunkt der Revisionswerber setzt aber eine solche, aus allgemeinen schuldrechtlichen Erwägungen unzulässige nachträgliche einseitige Zweckumwidmung voraus. Denn soweit sich die Einwendung der Beklagten, die als Ablöse für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen und für nachhaltig nutzwerterhöhende Investitionen versprochene und gegebene Zahlung der Klägerin stelle eine angemessene Gegenleistung dar, als unzutreffend erwiesen hat, streben die Beklagten eine Beurteilung dieser Zahlung als Beitrag der Klägerin zu den Kosten der Errichtung eines Eigenheimes als Ersatzunterkunft der Beklagten an. Das Erstgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, daß die Lösung der Frage, ob und wie weit eine Vereinbarung eines weichenden mit einem neuen Mieter über einen von diesem zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Beschaffung einer neuen Raumnutzungsmöglichkeit anstelle des Mietgegenstandes von der Ungültigkeitssanktion des § 27 Abs 1 Z 1 MRG ausgenommen sei, in dem zur Entscheidung vorliegenden Rechtsfall bloß von theoretischer Bedeutung sein könnte, da eine Einigung der Streitteile über eine, auch nur teilweise oder hilfsweise, aus diesem Rechtsgrund zu leistende Ablöse auch nicht schlüssig zustande gekommen ist.
Diese im Ansatz bereits in der vom Erstgericht zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1958 (MietSlg 6.445) zum Ausdruck gebrachten Ansicht hat das Revisionsgericht erst jüngst in der bisher nicht veröffentlichten Entscheidung vom 11. November 1987, 3 Ob 575/87, unmißverständlich formuliert ("Zu einem Zuspruch von Übersiedlungskosten konnte es schon deshalb nicht kommen, weil der Ersatz derartiger Kosten nicht vereinbart war und Übersiedlungskosten auch nicht entstanden sind".).
Der Revision war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E14458European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00716.87.0630.000Dokumentnummer
JJT_19880630_OGH0002_0060OB00716_8700000_000