TE OGH 1988/7/7 6Ob616/88

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Veröffentlicht am 07.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach dem am 22. Juli 1986 gestorbenen Bernhard H***, zuletzt Pensionist in Wien 13., Speisinger Straße 102/3/1/7, wegen Überlassung nachträglich hervorgekommener Verlassenschaftsaktiven nach § 73 Abs1 AußStrG, infolge Revisionsrekurses der Lebensgefährtin des Erblassers Herta S***, Krankenschwester, Wien 17., Hernalser Hauptstraße 210/17, vertreten durch Dr. Otto Köhler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 17. März 1988, GZ. 47 R 96/88-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 19. November 1987, GZ. 1 A 537/86-26, in Ansehung der revisionsverfangenen Punkte 6 und 7 durch deren ersatzlose Aufhebung abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die angefochtene Rekursentscheidung, die in ihrem bestätigenden Teil als unbekämpft unberührt bleibt, in ihrem abändernden Teil sowie der erstinstanzliche Beschluß in seinen Punkten 6 und 7 als nichtig aufgehoben.

Text

Begründung:

Der am 22.Juli 1986 im 59.Lebensjahr als Pensionist gestorbene Erblasser wurde nach den in die Todfallsaufnahme aufgenommenen Angaben seiner Lebensgefährtin von keinem Angehörigen, dem kraft Gesetzes ein Erbrecht zustünde, überlebt. Das Vorhandensein einer letztwilligen Verfügung ist nicht aktenkundig. Nach den Angaben in der Todfallsaufnahme bestand der Nachlaß aus abgetragenen und wertlosen Kleidungs- und Wäschestücken, praktisch wertlosen Wohnungseinrichtungsgegenständen, einer Armbanduhr im Wert von 100 S und dem Inhalt eines Bankschließfaches, auf den aber die Lebensgefährtin des Erblassers Ansprüche erhob. Aus der Bankverbindung über ein Pensionskonto bestanden Verbindlichkeiten des Erblassers. Die Bestattungskosten bezifferte die Lebensgefährtin des Erblassers mit rund 25.000 S.

Die Lebensgefährtin des Erblassers beantragte, ihr die Aktiven des überschuldeten und als unbedeutend anzusehenden Nachlasses zur teilweisen Tilgung der von ihr bezahlten Bestattungskosten an Zahlungs Statt zu überlassen. Nach fernmündlicher Auskunft der von der Lebensgefährtin des Erblassers angegebenen Bankfiliale habe der Erblasser bei ihr nur ein Sparbuchschließfach unterhalten, dieses sei aber nach einer ergänzenden fernmündlichen Auskunft der Bankfiliale bereits 12 Wochen vor dem Ableben des Erblassers von diesem zurückgelegt worden.

Nachdem der Vermieter der vom Erblasser benützten Wohnung Mietzinsforderungen und eine Handelsgesellschaft Warenkaufpreisforderungen angemeldet hatten, überließ das Abhandlungsgericht die in den Nachlaß gefallenen wertlosen Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände sowie die wertlosen Kleidungs- und Wäschestücke sowie die Armbanduhr im ausgewiesenen Gesamtwert von 100 S der Lebensgefährtin des Erblassers auf teilweisen Abschlag der von ihr bezahlten Begräbniskosten von 22.525,45 S an Zahlungs Statt.

In der Folge meldete die Kreditunternehmung, bei der der Erblasser sein Pensionskonto unterhalten hatte, aus der Überziehung dieses Kontos eine Forderung von 101.007,61 S zur Verlassenschaft an. In Ergänzung ihrer Forderungsanmeldung brachte diese Gläubigerin vor, sie sei im Besitz einer Verpfändungsurkunde, nach welcher der Erblasser ein auf Überbringer lautendes Sparbuch mit einem Einlagestand von 300.000 S einer anderen Kreditunternehmung zur Sicherstellung deren Forderungen aus einem dem Erblasser gewährten Kredit von 250.000 S verpfändet habe. Die Gläubigerin beantragte, ihr das Verfügungsrecht über das Sparkonto, zu dem das verpfändete Sparbuch ausgegeben worden war, ungeachtet allfälliger Sperre und Losungsworte zu übertragen.

Ein Sozialversicherungsträger übersandte dem Abhandlungsgericht eine Behandlungskostenabrechnung für ihre dem Erblasser erbrachten Leistungen während eines stationären Aufenthaltes nach dem 10.Januar 1986.

Die Lebensgefährtin des Erblassers erklärte vor dem Gerichtskommissär in Gegenwart des Verlassenschaftskurators, daß sie Alleineigentümerin des verpfändeten Sparbuches sei und die Pfandgläubigerin auch ihr das Original der "Verpfändungsurkunde an Überbringer" übergeben habe. Der Erblasser habe die Verpfändungsurkunde ohne ihr Wissen und ohne ihren Willen der forderungsanmeldenden Kreditunternehmung übergeben. Der Verlassenschaftskurator erklärte, das durch die Angaben ihres Schwiegersohnes bestätigte Vorbringen der Lebensgefährtin des Erblassers erscheine ihm glaubhaft, das Sparguthaben fiele offenbar nicht in die Verlassenschaft.

Als weitere Gläubigerin meldete Gertrude N. eine Forderung von 50.000 S zur Verlassenschaft an.

Auf Anfragen des Abhandlungsgerichtes teilte die forderungsanmeldende Kreditunternehmung mit, sie habe zwei ihr verpfändete, näher bezeichnete Sparbücher einer anderen Kreditunternehmung realisiert und das Realisat per 16.September 1986 dem überzogenen Pensionskonto des Erblassers gutgebracht. Ferner habe sie 22 einfache und 36 vierfache Golddukaten, die sich in einem ihr zur Deckung der Kontoüberziehung verpfändeten Behältnis befunden hätten, im Sinne des Punktes 24 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (AGöKr) verwertet und das Realisat von 111.525 S per 17.September 1986 ebenfalls dem überzogenen Pensionskonto des Erblassers gutgebracht. Damit habe sich ihre Forderung gegen den Nachlaß auf den angemeldeten Betrag von 101.007,61 S vermindert.

In dem hierauf vom Gerichtskommissär aufgenommenen Inventar wurden als Verlassenschaftsaktiven ausgewiesen:

a) die inzwischen verwerteten Golddukaten

im Gesamtwert von                           95.450,-- S

b) die inzwischen behobenen Spargut-

haben im Gesamtbetrag von                    1.554,10 S

                                        97.004,10 S;

als Verlassenschaftspassiven wurden

im Inventar ausgewiesen:

1.) die von der Lebensgefährtin ange-

meldete, um den Wert der bereits über-

lassenen Nachlaßaktiven von 100 S ver-

minderte Ersatzforderung an Begräbnis-

kosten                                       47.555,45 S

2.) die vom Sozialversicherungsträger

angemeldete Forderung auf Bezahlung von

Behandlungskosten                            12.058,60 S

3.) die Bankforderung aus dem über-

zogenen Pensionskonto                       214.130,10 S

4.) die Kaufschillingforderung der

Handelsgesellschaft                          28.355,-- S

5.) die Forderung der Gertrude N.        50.000,-- S

                                        352.099,15 S.

Daraus ergab sich eine Nachlaßüber-

schuldung im Betrag von                     255.095,05 S.

Dazu wurde festgehalten, daß die Mietzinsforderung von der Lebensgefährtin des Erblassers beglichen worden sei. Der Nachlaßkurator anerkannte die angemeldeten Bestattungskosten als angemessen und ortsüblich.

Der Verlassenschaftskurator sprach eine Belohnung von 10.000 S an.

Der Gerichtskommissär verzeichnete seine Gebühren im Betrag von

7.586 S.

Hierauf faßte das Abhandlungsgericht einen in 9 Punkte gegliederten Beschluß, der lediglich zum letzten Punkt in einem Halbsatz eine Begründung enthält.

Das Erstgericht erklärte, das Inventar anzunehmen (Punkt 1), die Höhe der Ersatzforderung der Lebensgefährtin des Erblassers an Leichenkosten in dem - vom Verlassenschaftskurator als angemessen erkannten - Betrag von 47.555,45 S zur Kenntnis zu nehmen (Punkt 2); die Forderungen des Sozialversicherungsträgers, der Gertrude N. und der pensionskontoführenden Bank zur Kenntnis zu nehmen (Punkt 3). Das Gericht bestimmte die Gebühren des Gerichtskommissärs in der beanspruchten Höhe von 7.586 S (Punkt 4) und bestimmte die Entlohnung des Verlassenschaftskurators in der begehrten Höhe von 10.000 S; gleichzeitig enthob es den Verlassenschaftskurator seines Amtes (Punkt 5). Das Abhandlungsgericht nahm die Erklärung des Verlassenschaftskurators, die Bestattungskosten im oben genannten Betrag festzusetzen, genehmigend zur Kenntnis (Punkt 8). Es wies den Antrag der pensionskontoführenden Bank, sie zur Verfügung über das in der Verpfändungsurkunde bezeichnete Überbringersparbuch zu ermächtigen, mit der Begründung zurück, daß dieses Sparbuch nach der Aktenlage nicht zum Nachlaß gehöre (Punkt 9).

Die nachträglich hervorgekommenen Nachlaßstücke, und zwar die

Golddukaten im ausgewiesenen Wert von 95.450 S sowie die beiden

Sparguthaben im Gesamtbetrag von 1.554,10 S, also Nachlaßaktiven im

Wert von 97.004,10 S, überließ das Abhandlungsgericht nach Abzug der

Gebühren des Gerichtskommissärs und der Belohnung des

Verlassenschaftskurators im Gesamtbetrag von 17.586 S an Zahlungs

Statt: 1.) der Lebensgefährtin des Erblassers

a) auf Abschlag der noch nicht getilgten Bestattungskosten im

Restbetrag von           47.555,45 S             b) sowie auf

Abschlag der Forderung

auf Ersatz der Mietzinszahlungen im Be-

trag von                                      5.386,44 S

2.) dem Sozialversicherungsträger auf

Abschlag eines Teilbetrages von               1.048,35 S

der Behandlungskostenforderung von

12.058 S

3.) der pensionskontoführenden Kredit-

unternehmung auf Abschlag eines Teilbetrages

von                                          18.615,90 S

ihrer Forderung aus dem überzogenen Pen-

sionskonto von 214.130,10 S

4.) der Handelsgesellschaft auf Ab-

schlag eines Teilbetrages von                 2.465,10 S

ihrer Kaufpreisforderung von 28.355 S

5.) der Gläubigerin Gertrude N. auf

Abschlag eines Teilbetrages von               4.346,86 S

ihrer angemeldeten Forderung von 50.000 S

(Punkt 6).

Das Abhandlungsgericht ermächtigte und ersuchte die pensionskontoführende Kreditunternehmung, "aus den bei ihr erliegenden Realisaten aus Sparbüchern und Erlös aus Goldmünzenverkauf" einerseits den Betrag von 18.615,90 S einzubehalten und andererseits an den Gerichtskommissär die bestimmten Gebühren von 7.586 S und an den Verlassenschaftskurator die bestimmte Entlohnung von 10.000 S, an die Lebensgefährtin des Erblassers den Betrag von 47.555,45 S, an den Sozialversicherungsträger den Betrag von 1.048,35 S, an die Handelsgesellschaft den Betrag von 2.465,10 S und an die Gläubigerin Gertrude N. den Betrag von 4.346,86 S zu überweisen (Punkt 7). Zur Klarstellung der ohne jede Begründung gebliebenen Punkte 6 und 7 ist festzuhalten:

Das Abhandlungsgericht sah offensichtlich die Voraussetzungen für eine neuerliche Vorgangsweise nach § 73 Abs1 AußStrG als gegeben an, erachtete die Forderungen der Lebensgefährtin des Erblassers als bevorrechtet und berücksichtigte sie voll, während es die übrigen Forderungen nur mit einer Quote von rund 8,698 % als tilgungsfähig erkannte. Es wies nach dem Wortlaut seiner Entscheidung zu Punkt 6 die Gesamtheit der neu hervorgekommenen Nachlaßstücke dem Gerichtskommissär, dem Verlassenschaftskurator, der als bevorrechtet behandelten Gläubigerin und den übrigen Gläubigern in einem sich aus den als getilgt erklärten Forderungen und Forderungsteilen ergebenden Verhältnis zu. Aus dem Zusammenhang der Punkte 6 und 7 läßt sich aber der Entscheidungswille erkennen, keine Zuweisung der bereits verwerteten und als solche nicht mehr im Besitz der Verlassenschaft befindlichen Golddukaten und Sparguthaben vorzunehmen, sondern vielmehr die von der Kreditunternehmung ausschließlich im eigenen Interesse vorgenommene Verwertung als im Interesse des Nachlasses erfolgt zu betrachten oder einen Erstattungsanspruch der Verlassenschaft gegenüber der Kreditunternehmung in Ansehung des die errechnete Quote übersteigenden Ausmaßes als entschieden vorauszusetzen und einen solcherart der Verlassenschaft zur Verfügung stehenden Geldbetrag aufzuteilen. Daß dabei im Punkt 7 der kleinere der beiden im Punkt 6,3 ausgewiesenen Beträge (Mietzinszahlungen) keine Berücksichtigung gefunden hat, muß als unbeabsichtigtes Übersehen gewertet werden.

Die pensionskontoführende Kreditunternehmung erhob unter anderem gegen die beiden Punkte 6 und 7 des erstinstanzlichen Beschlusses Rekurs. Sie machte geltend, daß sie die Golddukaten, die ihr in einem Behältnis als Pfand übergeben worden seien, im Sinne des Punktes 24 der AGöKr verwertet und ebenso die Sparguthaben aus den ihr verpfändeten Sparbüchern eingezogen habe, so daß keine der kridamäßigen Aufteilung zugänglichen Realisate vorhanden seien. Die abhandlungsgerichtlichen Anordnungen seien unzulässige Eingriffe in ihre Rechte. Die Rekurswerberin beantragte daher die ersatzlose Aufhebung der zu den Punkten 6 und 7 des erstinstanzlichen Beschlusses getroffenen Entscheidungen.

In einer Stellungnahme zu den Rekursausführungen der Kreditunternehmung führte der Verlassenschaftskurator - der allerdings nach dem unbekämpft gebliebenen Punkt 5 des erstinstanzlichen Beschlusses bereits seines Amtes enthoben war - Zweifel gegen das Vorhandensein einer wirksamen Verpfändung der von der Kreditunternehmung verwerteten Golddukaten und Sparguthaben aus und bekräftigte die Auffassung, daß die neu hervorgekommenen Nachlaßvermögensgegenstände einer kridamäßigen Aufteilung unterworfen seien.

Das Rekursgericht vernahm durch eines seiner Senatsmitglieder zwei Angestellte der Rekurswerberin über die von dieser behaupteten Verpfändungen und Pfandverwertungen.

Das Rekursgericht bestätigte Punkt 9 des erstinstanzlichen Beschlusses, hob aber dessen Punkte 6 und 7 ersatzlos auf.

Es stellte aufgrund seiner Erhebungen fest:

Der Erblasser hatte rund ein Jahr vor seinem Ableben der Bank, bei der er sein Pensionskonto unterhielt, eine versperrte Kassette, zu der er den Schlüssel zurückbehielt und in der sich die Golddukaten befanden, zur Aufbewahrung übergeben. Die Ausfolgung des im Kassentresor der Bank verwahrten Behältnisses war an die Vorlage des Depotscheines und an die Nennung eines Losungswortes geknüpft. Der Erblasser händigte etwa drei Monate vor seinem Ableben, als er sein Pensionskonto bereits erheblich überzogen hatte, den Depotschein dem Zweigstellenleiter der Bank aus und nannte ihm das vereinbarte Losungswort. Dazu erklärte der Erblasser, der Inhalt der Kassette diene als Sicherstellung für die Abdeckung des Sollstandes auf dem Pensionskonto. Gleichzeitig folgte der Erblasser dem Zweigstellenleiter der Bank auch die beiden auf Überbringer lautenden Sparbücher einer anderen Kreditunternehmung unter Nennung des Losungswortes als weitere Sicherstellung aus. Am Todestag des Erblassers betrug der Sollstand auf seinem Pensionskonto 214.130,10 S.

Rund acht Wochen nach dem Ableben des Erblassers öffnete der Zweigstellenleiter der Bank die Kassette und entnahm ihr 22 einfache und 36 vierfache Dukaten. Diese Münzen wurden zum Tageskurs veräußert. Der Erlös im Betrag von 111.525 S wurde dem überzogenen Pensionskonto gutgebracht. Gleichzeitig wurden auch die beiden Sparguthaben realisiert und der Betrag von 1.597,89 S dem Pensionskonto gutgebracht.

Das Rekursgericht ging weiters davon aus, daß zwischen dem Erblasser und der Kreditunternehmung, bei der er sein Pensionskonto unterhielt, die AGöKr als vereinbart galten, die der Kreditunternehmung im Sinne des Punktes 24 ein Selbstverwertungsrecht in Ansehung ihrer Sicherheiten einräumt. Das Rekursgericht folgerte in rechtlicher Beurteilung, daß das gesamte neu hervorgekommene Nachlaßvermögen, sowohl die Golddukaten, als auch die Sparguthaben, der pensionskontoführenden Kreditunternehmung wirksam verpfändet gewesen und von dieser zulässigerweise verwertet worden seien. Der Erlös habe die pfandrechtlich besicherten Forderungen nicht gedeckt, deshalb "hatte die Befriedigung der übrigen Gläubiger zu entfallen". Die Lebensgefährtin des Erblassers ficht die Rekursentscheidung in ihren abändernden Teilen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung der Punkte 6 und 7 des erstinstanzlichen Beschlusses zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an. Die Revisionsrekurswerberin rügt Feststellungsmängel zur unterstellten Gültigkeit der AGöKr und bestreitet eine wirksame Verpfändung der Golddukaten sowie die Zulässigkeit der vorgenommenen Pfandverwertung.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß dieses Rechtsmittels war von Amts wegen zu prüfen, ob die Vorinstanzen bei ihren Entscheidungen zur kridamäßigen Aufteilung die Grenzen ihrer Gerichtsbarkeit nicht überschritten haben (§ 2 Abs2 Z 1 AußStrG).

Das Abhandlungsgericht hat zwar im Rahmen der Errichtung des Inventars über den Besitz des Erblassers an den in Betracht kommenden Vermögensbestandteilen zu entscheiden, nicht jedoch über das Bestehen strittiger Rechte Dritter an Nachlaßgegenständen (EvBl. 1958/86). Das Abhandlungsgericht ist nicht einmal befugt, einem an der Verlassenschaftsabhandlung Beteiligten, der in die Verlassenschaft fallende Vermögensteile an sich gebracht hat und sich dafür eines von anderen Verfahrensbeteiligten nicht anerkannten Rechtes berühmt, mit Leistungsbefehl die Herausgabe der strittigen Vermögensgegenstände aufzutragen (SZ 19/287 u.a.), umsoweniger einem Dritten (vgl. SZ 23/246).

Die Überlassung an Zahlungs Statt im Sinne des § 73 Abs1 AußStrG bewirkt - zum Unterschied von der bloßen Besitzeinweisung der Einantwortung nach § 174 AußStrG - eine endgültige Rechtszuweisung, § 823 ABGB wäre unanwendbar. Auf Abschlag von Forderungen gegen die Verlassenschaft können den Gläubigern nur solche Vermögensteile an Zahlungs Statt überlassen werden, über die die Verlassenschaft eine rechtlich gedeckte Verfügungsmacht ausübt. Der Gegenstand eines Herausgabeanspruches oder der Betrag des Geldinteresses unterliegt einer Zuweisung nach § 73 Abs1 AußStrG nur im Falle nachgewiesener Leistungsbereitschaft des Schuldners. Gegebenenfalls könnte der Herausgabeanspruch oder der Anspruch auf das Geldinteresse einem Gläubiger auf Abschlag seiner Forderung an Zahlungs Statt überlassen werden, sonst aber müßte der strittige Anspruch gegen den Schuldner zuvor von der (durch einen Verlassenschaftskurator vertretenen) Verlassenschaft in dem zur Verfolgung des strittigen Anspruches offen stehenden Verfahren geltend gemacht und durchgesetzt werden. Das Abhandlungsgericht erster Instanz hat nach dem Zusammenhang der Punkte 6 und 7 seines Beschlusses vom 19.November 1987, ON 26, die Gläubigerbank, die Nachlaßgegenstände veräußert, Nachlaßforderungen eingezogen und sich dabei auf einen vertraglich vereinbarten Pfandverkauf berufen hat, unmittelbar verpflichtet, den Pfanderlös mit anderen Verlassenschaftsgläubigern zu teilen. Damit wurde unter Berufung auf die abhandlungsgerichtliche Zuständigkeit nach § 73 Abs1 AußStrG über die Rechte an Vermögensbestandteilen entschieden, die sich in der Verfügungsgewalt eines nicht herausgabebereiten Dritten befanden, und in dessen Rechtsstellung in Überschreitung der dem Abhandlungsgericht zugewiesenen Kompetenz eingegriffen.

Das Rekursgericht hat diese Anordnungen zwar ersatzlos aufgehoben, aber nicht, weil das Erstgericht die Grenzen der ihm zustehenden Gerichtsbarkeit überschritten hätte, sondern weil das Gericht zweiter Instanz die der erstinstanzlichen Erledigung zu unterstellende Sachbeurteilung über die Verpfändung und den Pfandverkauf als unrichtig erkannte. Der Rekursentscheidung ist nach ihrer Begründung der Entscheidungswille zu entnehmen, über die Ansprüche der Verlassenschaft gegen die pfandverwertende Bank auf Ausfolgung des für die Pfandsachen erzielten Gelderlöses eine abschließende Entscheidung - und nicht etwa bloß eine Lösung von Vorfragen über die Voraussetzungen einer Rechtszuweisung nach § 73 Abs1 AußStrG - zu treffen. Eine derartige Sachentscheidung der zweiten Instanz verletzte aber ebenso wie die angefochtene Entscheidung des Abhandlungsgerichtes erster Instanz die Grenzen der außerstreitigen Gerichtsbarkeit.

Aus Anlaß des Revisionsrekurses war daher die vom Rekursgericht als solche nicht wahrgenommene Überschreitung der dem Abhandlungsgericht zufallenden Kompetenz aufzugreifen, so daß sowohl die Rekursentscheidung im Umfang ihrer Anfechtung als auch der erstinstanzliche Beschluß in seinen Punkten 6 und 7 als nichtig aufzuheben waren.

Anmerkung

E14681

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00616.88.0707.000

Dokumentnummer

JJT_19880707_OGH0002_0060OB00616_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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