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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des B in I, vertreten durch den Sachwalter Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. August 2005, Zl. P417449/16-PersC/2005, betreffend Entzug einer Naturalwohnung (§ 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer, welcher damals in einem Aktivdienstverhältnis zum Bund stand, wurde im Jahr 1992 eine Naturalwohnung zugewiesen.
Mit Ablauf des 30. November 2003 wurde der Beschwerdeführer in den Ruhestand versetzt. Er wurde daraufhin aufgefordert, im Hinblick auf die Beendigung des Aktivdienstverhältnisses seine Naturalwohnung zu verlassen. Seitens des Sachwalters des Beschwerdeführers wurde ein "Belassungsantrag" gestellt.
Mit Bescheid des Kommandos Landstreitkräfte vom 13. Juni 2005 wurde dem Beschwerdeführer die ihm zugewiesene Naturalwohnung entzogen und er aufgefordert, diese bis spätestens 30. September 2005 an das Militärkommando Tirol zu übergeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Sachwalter, Berufung und beantragte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihm die genannte Wohnung "belassen" werde. Hilfsweise wurde beantragt, die Räumungsfrist "um 1 Jahr" zu verlängern.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. August 2005 wurde diese Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Es wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer somit die genannte Naturalwohnung bis spätestens 30. September 2005 geräumt an das Militärkommando Tirol zu übergeben habe.
Die belangte Behörde stützte ihren Berufungsbescheid auf § 1 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, auf § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (AVG) sowie auf § 80 Abs. 5 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 7 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979).
In der Begründung dieses Bescheides vertrat die belangte Behörde unter Hinweis auf diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsauffassung, ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" in § 80 Abs. 5 BDG 1979 sei die Dienstbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen der Z. 1 der genannten Gesetzesbestimmung verpflichtet, dem Beamten die Dienst- oder Naturalwohnung zu entziehen. Eine Interessensabwägung habe daher nicht zu erfolgen. Auch habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, dass die von der erstinstanzlichen Behörde gesetzte Räumungsfrist nicht ortsüblich gewesen wäre. Ebenso wenig sei ihm die Glaubhaftmachung gelungen, dass es ihm trotz konkreter Bemühungen nicht möglich gewesen sei, innerhalb der Räumungsfrist eine andere Wohnmöglichkeit zu erlangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die "Beschwerdepunkte" werden wie folgt umschrieben:
"Der angefochtene Bescheid verletzt den Beschwerdeführer in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf ein den Verwaltungsverfahrensgesetzen entsprechendes Ermittlungsverfahren und in seinem Recht auf Gestattung der tatsächlichen Benützung der Naturalwohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979."
In der Begründung der Beschwerde wird die Rechtsauffassung vertreten, beim Entzug der Naturalwohnung handle es sich um eine Ermessensentscheidung. Es sei daher eine Güterabwägung erforderlich. Aus in der Beschwerde näher dargelegten Umständen stelle der Entzug der Naturalwohnung eine unangemessene Härte gegenüber dem Beschwerdeführer dar. Schließlich vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde ihm die tatsächliche Benutzung der Wohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 zu gestatten gehabt.
§ 80 Abs. 2, 3, 5 Z. 1, 7, 7a und 9 BDG 1979 (Abs. 5 Z. 1 und Abs. 7a in der Fassung der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123, die übrigen Bestimmungen in der Stammfassung BGBl. Nr. 333) lauten:
"Sachleistungen
§ 80. ...
(2) Dem Beamten kann im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden. Dienstwohnung ist eine Wohnung, die der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen muss, Naturalwohnung ist jede andere Wohnung. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen.
(3) Durch die Zuweisung einer Dienst- oder Naturalwohnung an den Beamten wird kein Bestandverhältnis begründet.
...
(5) Die Dienstbehörde kann die Dienst- oder Naturalwohnung entziehen, wenn
1. der Beamte an einen anderen Dienstort versetzt wird oder aus dem Dienststand ausscheidet, ohne dass das Dienstverhältnis aufgelöst wird,
...
(7) Ist eine Dienst- oder Naturalwohnung entzogen worden, so hat sie der Beamte innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen. Die Räumungsfrist kann, wenn es das dienstliche Interesse erfordert, bis auf einen Monat herabgesetzt werden. Eine Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt ein Jahr ist zulässig, wenn der Beamte glaubhaft macht, dass es ihm nicht gelungen ist, innerhalb der Räumungsfrist eine andere Wohnmöglichkeit zu erhalten.
(7a) Wird die Dienst- oder Naturalwohnung innerhalb der Räumungsfrist nicht geräumt, so ist der Vollziehungsbescheid nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53, zu vollstrecken.
...
(9) Die Dienstbehörde kann dem Beamten, der an einen anderen Dienstort versetzt wurde, dem Beamten des Ruhestandes oder den Hinterbliebenen des Beamten, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so lange die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung gestatten, als diese nicht für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt wird. Die Abs. 3 bis 8 gelten sinngemäß."
Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Berechtigung zu ihrer Erhebung ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Verletzung des Beschwerdeführers in dem als Beschwerdepunkt gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG bestimmt bezeichneten Recht durch den angefochtenen Bescheid überhaupt möglich ist. Vorliegendenfalls erachtet sich der Beschwerdeführer zunächst in seinem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf ein den Verwaltungsverfahrensgesetzen entsprechendes Ermittlungsverfahren" verletzt. Mit dieser Behauptung macht der Beschwerdeführer jedoch lediglich einen Beschwerdegrund, nicht aber einen Beschwerdepunkt geltend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2003, Zl. 2002/12/0331). Ausdrücklich als Beschwerdepunkt umschrieben wird allerdings das Recht auf Gestattung der tatsächlichen Benützung der Naturalwohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979. Im Hinblick auf seine ausdrückliche Bezeichnung ist dieser Beschwerdepunkt einer Auslegung aus dem Zusammenhang der Beschwerdeausführungen nicht zugänglich (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. März 2001, Zl. 99/16/0136). Zu prüfen war daher, ob die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt wurde, die ihm aus § 80 Abs. 9 BDG 1979 allenfalls erwachsen.
Gegenstand des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides ist die auf § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 gestützte Entziehung der Naturalwohnung sowie die Festlegung der Räumungsfrist gemäß § 80 Abs. 7 leg.cit. Demgegenüber enthält der angefochtene Bescheid weder einen positiven noch einen negativen Abspruch über die Frage der tatsächlichen Gestattung der Benützung der Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979.
Zum Verhältnis der Entziehung einer Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 5 BDG 1979 bzw. der Festlegung der Räumungsfrist gemäß Abs. 7 leg.cit. zur Gestattung der tatsächlichen Benützung gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 27. November 1996, Zl. 96/12/0080 sowie vom 4. Juli 2001, Zl. 2000/12/0312, Folgendes ausgeführt:
"Die Gestattung der Benützung einer Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 setzt voraus, dass dem in dieser Bestimmung genannten Personenkreis kein subjektives Recht auf Benützung der Naturalwohnung (mehr) zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1988, Zl. 87/12/0007, VwSlg. Nr 12669A/1988). Durch die Gestattung soll vielmehr ein eigener öffentlich-rechtlicher - wenn auch zeitlich begrenzter - Titel für die weitere Benützung der Naturalwohnung geschaffen werden. Insofern besteht zwischen § 80 Abs. 9 und Abs. 7 BDG 1979 eine inhaltliche Ähnlichkeit: Beide Bestimmungen regeln nämlich Fälle, in denen eine Naturalwohnung nach Entziehung (allenfalls Erlöschen) des subjektiv öffentlichrechtlichen Benützungsrechtes rechtlich zulässig zeitlich begrenzt tatsächlich weiter benützt werden darf.
Schließlich vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Gestattung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 bescheidförmig zu erfolgen hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 2000/12/0238 m.w.H.)."
Ungeachtet der im Ergebnis ähnlichen Konsequenzen (weitere rechtliche Zulässigkeit der tatsächlichen Benützung der Naturalwohnung ungeachtet der erfolgten Entziehung, wobei die in der zitierten Vorjudikatur hervorgehobene zeitliche Befristung der Gestattung gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 lediglich daraus folgt, dass das Gestattungsverhältnis seinerseits durch Entziehungsbescheid beendet werden kann, sobald die Naturalwohnung für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt wird) handelt es sich bei der Festlegung der Räumungsfrist gemäß § 80 Abs. 7 BDG 1979 und bei der Gestattung der tatsächlichen Benützung der Naturalwohnung gemäß Abs. 9 leg.cit. (für deren Beendigung sodann die Räumungsfristen des Abs. 7 ihrerseits gelten) um unterschiedliche Rechtsakte, die an unterschiedliche inhaltliche Voraussetzungen anknüpfen und daher verschiedene "Verwaltungssachen" bilden, weshalb sie in gesonderten Verfahren abzuhandeln und in gesonderten Bescheiden bzw. Spruchpunkten zu entscheiden sind. Gleiches gilt auch für das Verhältnis zwischen der Entziehung der Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 5 BDG 1979 und der Gestattung der tatsächlichen Benützung nach Abs. 9 leg.cit., wobei hier das Ergehen eines Entziehungsbescheides sogar Voraussetzung für eine spätere Gestattung nach der letztgenannten Gesetzesbestimmung ist.
Wie bereits oben dargelegt, enthält der angefochtene Bescheid aber weder einen positiven noch einen negativen Abspruch über die Frage, ob die Benützung der Naturalwohnung dem Beschwerdeführer gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 gestattet wird oder nicht. In diesem Zusammenhang wird nicht verkannt, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem oben zitierten Erkenntnis vom 14. März 1988 aus der - im dortigen Zusammenhang eine Unklarheit des Bescheidspruches erzeugenden -Zitierung auch des § 80 Abs. 9 BDG 1979 als Rechtsgrundlage eines die Naturalwohnung entziehenden und eine Räumungsfrist festsetzenden Bescheides den Schluss gezogen hat, dieser spreche (offenbar als eigener durch Auslegung des Bescheides zu gewinnender Spruchpunkt) auch - negativ - über die Frage einer Gestattung nach der zuletzt zitierten Gesetzesbestimmung ab. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch schon mangels Zitierung dieser Bestimmung im Bescheidspruch nicht vor (auch die Begründung des angefochtenen Bescheides nimmt keinen Bezug auf § 80 Abs. 9 BDG 1979).
Insoweit der in der Beschwerde erwähnte Antrag des Beschwerdeführers auf "Belassung" der Naturalwohnung auch in Richtung der Begründung eines Gestattungsverhältnisses nach der zuletzt genannten Bestimmung zu deuten war, wäre er (nach Maßgabe des Beschwerdevorbringens) noch unerledigt. Eine in Stattgebung eines solchen Antrages rechtsgestaltende Begründung eines derartigen Gestattungsverhältnisses hätte sodann die Verdrängung des mit dem angefochtenen Bescheid geschaffenen Räumungstitels durch Schaffung eines neuerlichen Benützungstitels zur Folge. Über einen allenfalls gestellten, auf eine Gestattung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 abzielenden Antrag wurde jedoch - wie oben bereits ausgeführt - mit dem angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen. Die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten, die dem Beschwerdeführer aus § 80 Abs. 9 BDG 1979 allenfalls zustehen könnten, durch den angefochtenen Bescheid ist daher nicht gegeben. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass - anders als der Beschwerdeführer meint - die Entscheidung über den Entzug der Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 5 Z. 1 VwGG ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" im Wortlaut der Gesetzesbestimmung keine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. hiezu etwa zuletzt das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2004, Zl. 2004/12/0063, mit weiteren Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Wien, am 27. September 2005
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchErmessen besondere RechtsgebieteErmessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005120199.X00Im RIS seit
15.11.2005Zuletzt aktualisiert am
09.10.2013