TE OGH 1988/7/7 6Ob612/88

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Veröffentlicht am 07.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marina N***, Gastwirtin, Ickingerstraße 20, D-8137 Berg 2 - Mörlbach, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Marco Formentini, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Johanna T***, Hausfrau, Am Sandhügel 21, 6370 Kitzbühel, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Herausgabe eines Sparbuches, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 4. Dezember 1987, GZ 4 R 222/87-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. Mai 1987, GZ 15 Cg 203/86-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.063,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 823,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Tochter des am 18. Juli 1983 verstorbenen, zuletzt in München wohnhaft gewesenen Fritz T***. Im Verlassenschaftsverfahren wurde ihr das inländische Vermögen des Verstorbenen vom Bezirksgericht Kitzbühel eingeantwortet. Die Beklagte war mit Fritz T*** verheiratet. Dieser verpflichtete sich anläßlich der im Jahre 1971 erfolgten Ehescheidung, der Beklagten einen jährlichen Unterhalt von 100.000 S wertgesichert zu leisten.

Trotz der Scheidung lebten Fritz T*** und die Beklagte den Großteil des Jahres miteinander, wobei Fritz T*** von der Beklagten versorgt wurde. Fritz T*** wollte der Beklagten als Abgeltung für die Versorgung während der jeweils gemeinsam in Kitzbühel verbrachten Wintermonate einen Betrag von 250.000 S schenken. Er wollte jedoch verhindern, daß die Beklagte das Geld sofort verbrauchen kann, da er der Meinung war, sie könne zu seinen Lebzeiten ohnehin von seinen Unterhaltszahlungen leben. Nach seinem Willen sollte die Beklagte also erst nach seinem Tode über den Kapitalbetrag verfügen können, während sie die jährlichen Zinsen schon zu seinen Lebzeiten abheben und verbrauchen können sollte, soferne sie ihn weiter versorgte. Andererseits wollte Fritz T*** auch verhindern, daß das Geld, sofern die Beklagte vor ihm versterben sollte, allenfalls an ihre Erben fallen könnte. Die Spareinlage sollte nach seinem Willen wieder an ihn zurückfallen, wenn die Beklagte vor ihm sterben sollte. Fritz T*** teilte der Beklagten seine Schenkungsabsicht sowie die von ihm vorgesehenen Bedingungen im Sinne der oben angeführten Absichten mit. Die Beklagte erklärte sich mit diesen Bedingungen einverstanden und nahm die Schenkung unter diesen Bedingungen an. Um die Einhaltung der vereinbarten Bedingungen sicherzustellen, begaben sich die Beklagte und Fritz T*** gemeinsam zum Innsbrucker Rechtsanwalt Dr. Bernhard H***. Sie beauftragten ihn gemeinsam, das von Fritz T*** der Beklagten geschenkte Sparbuch mit einer Einlage von 250.000 S zu verwahren und für die Einhaltung der zwischen Fritz T*** und der Beklagten vereinbarten Bedingungen zu sorgen. Zu diesem Zweck bestellten Fritz T*** und die Beklagte Dr. Bernhard H*** zu ihrem Treuhänder und erteilten ihm entsprechende Aufträge. Die Beklagte beauftragte Dr. Bernhard H*** als ihren Treuhänder, das Sparbuch, das ihr Fritz T*** schenkte, von Fritz T*** zu übernehmen und für sie zu verwahren, die jährlich anfallenden Zinsen aus dieser Spareinlage abzuheben und ihr jeweils auszuzahlen und ihr das Sparbuch nach dem Tode des Fritz T*** herauszugeben. Fritz T*** wiederum erteilte Dr. Bernhard H*** den Auftrag, durch Verwahrung des Sparbuches bis zu seinem Tode für die Einhaltung der Bedingung zu sorgen, daß die Beklagte bis zu seinem Tode über das Kapital nicht verfügen durfte und im Falle, daß die Beklagte vor ihm versterben sollte, das Sparbuch ihm wieder herauszugeben. Dr. Bernhard H*** übernahm das Sparbuch von Fritz T*** als gemeinsamer Treuhänder des Fritz T*** und der Beklagten im Sinne der genannten Aufträge und verfaßte darüber die "Treuhandvereinbarung" vom 23. Juni 1978, die folgenden Wortlaut hat:

"1.) Herr Fritz T*** hat auf ein Sparbuch der Tiroler Handels- und Gewerbebank Innsbruck einen Betrag von öS 250.000 einbezahlt. Dieses Sparbuch wurde Herrn Dr. Bernhard H***, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 3, zur treuhändigen Verwahrung übergeben mit folgendem unwiderruflichen Auftrag:

a) Das Sparbuch ist nach dem Ableben des Herrn Fritz T***, geboren 1911, seiner geschiedenen Frau Johanna T*** gegen Quittung auszuhändigen;

b) die ab Eröffnung des Sparbuches anfallenden (derzeit ca. 8 %) Zinsen können auch während der Lebzeit des Herrn Fritz T*** jährlich der Frau Johanna T*** gegen Quittung ausbezahlt oder überwiesen werden.

c) Wenn Frau Johanna T*** vor Herrn Fritz T***, geboren 1911, verstirbt, ist das Sparbuch Herrn Fritz T*** vom Treuhänder gegen Quittung auszuhändigen und steht die dann am Sparbuch zur Verfügung stehende Summe Herrn Fritz T*** wieder zur freien Verwendung zu.

d) Solange die derzeitige Lebensgemeinschaft Fritz und Johanna T*** aufrecht besteht, werden die Zinsen nicht auf den Unterhalt angerechnet.

2.) Fritz T***, geboren 1911, und Johanna T*** verzichten ausdrücklich auf einen Widerruf oder eine einseitige Abänderung dieser Treuhandvereinbarung.

Innsbruck, am 23.6.1978."

Dr. Bernhard H*** ließ diese Vereinbarung von Fritz T*** und der Beklagten unterfertigen und übergab sowohl Fritz T*** als auch der Beklagten ein Exemplar davon. Dr. Bernhard H*** faßte die Vereinbarungen zwischen Fritz T*** und der Beklagten als Schenkung mit tatsächlicher sofortiger Übergabe auf, die unter der Bedingung erfolgte, daß die Beklagte gehindert werden sollte, sofort über den ganzen Kapitalsbetrag zu verfügen. Die Übergabe des Sparbuches an ihn betrachtete er als Übergabsakt, nachdem Fritz T*** aufgrund der Vereinbarung ab diesem Zeitpunkt über das Sparbuch nicht mehr einseitig verfügen konnte. Dr. Bernhard H*** betrachtete sich als Treuhänder und Beauftragten sowohl des Fritz T*** als auch der Beklagten. Die Beklagte erklärte sich mit den angeführten Bedingungen einverstanden, nahm die Schenkung zu diesen Bedingungen an und unterfertigte die Treuhandvereinbarung. Das Sparbuch verblieb in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Bernhard H***, der auf Verlangen der Beklagten die Zinsen behob und der Beklagten überwies. Nach dem Tode des Fritz T*** folgte Dr. Bernhard H*** am 22. Jänner 1984 das Sparbuch der Beklagten aus.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Herausgabe des Sparbuches und führte aus, der Auftrag auf den Todesfall stelle keinen wirksamen Titel für den Erwerb durch die Beklagte dar. Die Formvorschriften einer Schenkung seien nicht eingehalten worden. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es führte in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus, die im Treuhandvertrag festgelegte Vereinbarung sei rechtlich als Schenkung auf den Todesfall zu beurteilen. Dieser nicht in Form eines Notariatsaktes errichtete Vertrag sei aber unwirksam. Eine Schenkung mit wirklicher Übergabe liege nicht vor, da Fritz T*** der Beklagten das Sparbuch bzw. die Spareinlage erst nach seinem Tode habe zukommen lassen wollen. Die Treuhandvereinbarung erfülle aber auch nicht die formalen Voraussetzungen der §§ 578 und 579 ABGB, so daß sie rechtlich nicht als Vermächtnis zu beurteilen sei. Die Beklagte könne aus der Verpflichtung des Dr. Bernhard H***, laut Treuhandvereinbarung ihr nach dem Ableben des Fritz T*** das Sparbuch auszuhändigen, auch kein "obligatorisches Recht" auf das Sparbuch geltend machen. Da die zwischen Fritz T*** und der Beklagten getroffene Vereinbarung mangels Einhaltung der gesetzlichen Formerfordernisse weder als Vermächtnis noch als Schenkung auf den Todesfall anzusehen sei, fehle der Beklagten jeder Anspruch auf das Sparbuch bzw. auf die Einlage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S nicht aber 300.000 S übersteige, und erklärte die Revision für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die Vereinbarung vom 23. Juni 1978 könne mangels Erfüllung der Formvorschriften nicht als Schenkung auf den Todesfall oder als Vermächtnis Rechtswirksamkeit haben. Eine Nichtbeachtung von Formvorschriften mache das Geschäft zwar nicht schlechthin nichtig, sondern erzeuge gemäß § 1432 ABGB eine Naturalobligation. Grundsätzlich heile daher die Erfüllung den Formmangel. Die neuere Rechtsprechung lehne die Anwendung dieser Bestimmung auf die Fälle der Übergabe auf den Todesfall unter Bedachtnahme auf den Formzweck der Vermächtnisanordnung ab. Ähnlich sei die Situation beim Auftrag auf den Todesfall, bei dem der Erblasser jemandem den - gemäß § 1020 ABGB jederzeit widerruflichen - Auftrag erteile, nach seinem Tode einem Dritten eine Sache auszufolgen. Hier vertrete die neuere Rechtsprechung die Auffassung, daß der Auftrag auf den Todesfall kein wirksamer Titel für den Erwerb des Dritten sei. Dem Dritten erwachse mangels Einhaltung der Formvorschrift des § 956 ABGB kein Recht gegenüber den Erben des Auftraggebers. Auch die Herausgabe der Sache an den Dritten saniere den unwirksamen Titel nicht. Der Dritte sei daher dem Erben des Auftraggebers gegnüber zur Herausgabe der Sache verpflichtet (SZ 53/135). Auf diese Rechtsprechung stütze offensichtlich auch die Klägerin ihren Herausgabeanspruch. Im vorliegenden Fall sei der Sachverhalt jedoch ganz anders gelagert. Es liege hier weder ein Schenkungsvertrag auf den Todesfall noch eine Übergabe auf den Todesfall noch ein Auftrag auf den Todesfall vor. Betrachte man den von Fritz T*** dem Rechtsanwalt Dr. Bernhard H*** erteilten Auftrag, das Sparbuch nach seinem Tode auszufolgen, für sich allein, so würde es sich dabei allerdings um einen Auftrag auf den Todesfall handeln, dies mit der Besonderheit, daß Fritz T*** ausdrücklich auf einen Widerruf oder eine einseitige Abänderung dieses Auftrages verzichtet habe. Verzichtet der Auftraggeber aber zu Lebzeiten auf den Widerruf, so reiche die Übergabe der zu leistenden Sache an den Beauftragten aus, weil darin eine wirkliche Übergabe unter Lebenden gelegen sei (Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 956). Der von Fritz T*** dem Treuhänder erteilte Auftrag könne aber nicht für sich allein gesehen werden, sondern müsse im Zusammenhang mit der gesamten zwischen Fritz T***, der Beklagten und Dr. Bernhard H*** getroffenen vertraglichen Vereinbarung betrachtet werden. Dabei komme aber abgesehen vom Widerrufsverzicht vor allem dem Umstand besondere Bedeutung zu, daß die Beklagte als begünstigte Dritte der Vereinbarung beigezogen worden und Auftraggeber des Dr. Bernhard H*** nicht nur Fritz T*** gewesen sei, sondern auch die Beklagte. Dr. Bernhard H*** sei nicht nur Treuhänder des Fritz T*** sondern auch der Beklagten gewesen. Er sei gegenüber der Beklagten nicht lediglich als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig gewesen, sondern habe mit der Verwahrung und der Herausgabe des Sparbuches auch den ihm von der Beklagten erteilten Aufträgen entsprochen. Die geschlossene Vereinbarung beschränke sich nicht darauf, daß sowohl Fritz T*** als auch die Beklagte dem Treuhänder Aufträge erteilt hätten, sondern es sei außerdem zwischen Fritz T*** und der Beklagten ein Schenkungsvertrag abgeschlossen worden, welcher den dem Treuhänder erteilten Aufträgen als Rechtsgrund zugrundeliege. Der Wille des Fritz T*** und der Beklagten sei übereinstimmend darauf gerichtet gewesen, daß Fritz T*** der Beklagten in Anerkennung ihrer freiwilligen Versorgungsleistungen einen Betrag von 250.000 S geschenkt habe, wobei die wirkliche Übergabe des geschenkten Betrages zugleich mit dem Abschluß der Treuhandvereinbarung, also unter Lebenden und nicht erst nach dem Tode des Fritz T***, hätte erfolgen sollen. Allerdings habe Fritz T*** zur Bedingung gesetzt, daß die Beklagte zu seinen Lebzeiten den geschenkten Kapitalsbetrag nicht ausgeben, sondern lediglich über die anfallenden Zinsen verfügen dürfe und der geschenkte Kapitalbetrag im Falle, daß die Beklagte vor ihm sterbe, wieder an ihn zurückgegeben werden müßte. Um die Einhaltung dieser Bedingungen zu sichern, hätten Fritz T*** und die Beklagte den Rechtsanwalt Dr. Bernhard H*** zum beiderseitigen Treuhänder bestellt und ihm Aufträge erteilt. Dr. Bernhard H*** habe somit für die Beklagte als deren Treuhänder das geschenkte Sparbuch von Fritz T*** übernommen, womit die wirkliche Übergabe an die Beklagte bewirkt worden sei. Die Übernahme durch Besitzdiener oder Besitzmittler reiche nämlich für die körperliche Übergabe aus. Da das Sparbuch nicht nur dem dafür von der Beklagten beauftragten Treuhänder übergeben, sondern der Beklagten auch das Losungswort mitgeteilt worden sei, seien auch die Erfordernisse für die wirkliche Übergabe eines mit einem Losungswort versehenen Sparbuches erfüllt. Selbst wenn man davon ausgehe, daß Dr. Bernhard H*** das Sparbuch als Treuhänder nicht nur für die Beklagte, sondern auch für Fritz T*** verwahrt habe, ändere dies an der wirklichen Übergabe an die Beklagte nichts. In diesem Falle habe zwar am Sparbuch gemeinsame Gewahrsame des Fritz T*** und der Beklagten bestanden. Dabei genüge es aber für die wirkliche Übergabe, wenn der Beschenkte die tatsächliche Herrschaft über die Sache ausüben könne. Dies treffe jedoch für die Beklagte zu, weil sie aufgrund des ihr und dem Treuhänder gegenüber von von Fritz T*** erklärten Widerrufsverzichtes vom Treuhänder habe verlangen können, daß dieser das Sparbuch weiterhin für sie verwahre, ihr die anfallenden Zinsen jährlich ausbezahle und nach dem Tode des Fritz T*** das Sparbuch ihr übergebe. Gehe man somit davon aus, daß das Sparbuch der Beklagten unter Bekanntgabe des Losungswortes zugleich mit dem Abschluß der Treuhandvereinbarung vom 23. Juni 1978 im Sinne des § 943 ABGB wirklich schenkungsweise übergeben worden sei, so stehe der Klägerin als Alleinerbin des Fritz T*** ein Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe dieses Sparbuches nicht zu. Daran könne auch die im Verlassenschaftsverfahren ergangene Entscheidung, wonach das Sparbuch als Aktivum in das Inventar aufzunehmen sei, nichts ändern, weil in dieser Entscheidung außerdem auch die Aufnahme des von der Beklagten auf dieses Sparbuch erhobenen Anspruches in Höhe von 250.000 S unter die Passiven des Inventars angeordnet sei und überdies die Entscheidung des Abhandlungsgerichtes über die Aufnahme eines Gegenstandes in das Inventar Wirkungen nur für das Verlassenschaftsverfahren, nicht aber darüber hinaus habe, und es den Parteien daher unbenommen bleibe, ihr besseres Recht im Rechtsweg geltend zu machen.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision und beantragt, im Sinne einer Klagsstattgebung zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt die Ansicht, eine wirkliche Übergabe sei nicht erfolgt, es handle sich um eine Schenkung auf den Todesfall, die nicht gültig sei, weil die Formbestimmungen nicht eingehalten worden seien.

Es braucht jedoch nicht erörtert zu werden, ob der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes beigetreten werden kann, wenn man bedenkt, daß mangels Erfüllung der Formerfordernisse des § 956 ABGB keine wirksame Schenkung auf den Todesfall vorliegt, nach neuerster Rechtsprechung diese Formerfordernisse auch beim Auftrag auf den Todesfall erfüllt sein müssen (SZ 53/135) und in der Entscheidung JBl 1984, 609 ausgesprochen wurde, daß die Übergabe eines Sparbuches unter Lebenden dann, wenn einem Dritten der Auftrag erteilt wurde, das Losungswort nach dem Tode des Kontoinhabers bekanntzugeben, keine wirkliche Übergabe darstelle. Im vorliegenden Fall ist nämlich folgendes zu beachten:

Fritz T*** war, wie sich aus dem Verlassenschaftsakt ergibt, Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland. Es ist daher von Amts wegen zu prüfen, ob nicht allenfalls deutsches Recht zur Anwendung kommt. Der Treuhandvertrag wurde am 23. Juni 1978 geschlossen, also vor Inkrafttreten des IPR-Gesetzes. Dieses Gesetz ist daher auf den Vertrag nicht anzuwenden (vgl. Schwimann in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 50 IPR-Gesetz mwN), vielmehr ist der Sachverhalt noch nach den Vorschriften der §§ 33 ff ABGB zu beurteilen. Nach der zur Zeit des Vertragsabschlusses in Geltung gestandenen Vorschrift des § 35 ABGB war ein von einem Ausländer in Österreich unternommenes Geschäft, wodurch er andern Rechte gewährt, ohne dieselben gegenseitig zu verpflichten, entweder nach dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch oder aber nach dem Gesetz, dem der Fremde als Untertan unterliegt, zu beurteilen; je nachdem das eine oder andere Gesetz die Gültigkeit des Geschäftes am meisten begünstigt. Da die Beklagte im Treuhandvertrag keine Pflichten übernommen hat, handelte es sich bei der Vereinbarung, auch wenn sie in Form eines Treuhandvertrages gekleidet ist, um eine solche im Sinne des § 35 ABGB. Sie ist daher gültig, wenn dies nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist.

Eine ausdrücklidhe gesetzliche Regelung über die Wirksamkeit eines Vertrages, wie ihn Fritz T*** und die Beklagte schlossen, fehlt auch im deutschen Recht. Deutsche Rechtsprechung und Lehre haben sich jedoch mit ähnlichen Sachverhalten wiederholt beschäftigt. Darauf ist jedenfalls im vorliegenden Fall, in welchem keine klare Gesetzeslage gegeben ist (vgl. EFSlg 39.033), nach § 3 IPR-Gesetz Bedacht zu nehmen (Schwimann aaO, Rdz 3 zu § 3 IPR-Gesetz). Diese Vorschrift ist, obwohl der Vertrag vor dem 1. Jänner 1979 geschlossen wurde, anzuwenden (Schwimann aaO, Rdz 1 zu § 50 IPR-Gesetz mwN), entspricht doch die Regelung des § 3 IPR-Gesetz der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes herrschenden Lehre und Rechtsprechung (Duchek-Schwind, IPR-Gesetz, Anm. 3 zu § 3). Nach der in der Bundesrepublik Deutschland herrschenden Rechtsprechung und Lehre sind Vereinbarungen, mit welchen jemand einem anderen den Auftrag erteilt, nach dem Tode des Auftraggebers eine Leistung an einen Dritten zu erbringen, als Verträge zugunsten Dritter anzusehen (diese Ansicht wurde auch für das österreichische Recht von Gschnitzer in Klang2 IV/1, 233 und neuerdings von Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 956 vertreten). Eine derartige Zuwendung kann durch Vertrag zugunsten Dritter ohne Einhaltung der für Schenkungen von Todeswegen geltenden Formvorschriften erfolgen. Dem Dritten kann ein derartiger Anspruch gegen den Auftragnehmer auch dann zugewendet werden, wenn es sich im Verhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten um eine unentgeltliche schenkungsweise Zuwendung handelt und der Anspruchserwerb des Dritten erst mit dem Tode des Versprechensempfängers eintreten soll. Der Dritte erwirbt den Anspruch gegen den Versprechenden (Dr. Bernhard H***) mit dem Tode des Versprechensempfängers von selbst. Ein etwa vorhandener Mangel in der Form des § 518 BGB wird durch die Erfüllung geheilt (BGH in NJW 1975, 382; vgl. auch BGH in NJW 1967, 101; Wolf in Soergel-Siebert BGB11 VII, Rdz 12 bis 14 zu § 2301; Kollhosser im Münchener Kommentar III, Rdz 6 zu § 518; Musielak im Münchener Kommentar VI, Rdz 31 ff zu § 2301; Pallandt, BGB47, Anm. 4 zu § 2301). Auch der Umstand, daß im Falle des Vorversterbens der Beklagten das Sparbuch an Fritz T*** zurückzustellen gewesen wäre, vermag daran nichts zu ändern (Kollhosser aaO, Rdz 7 mwN). Die in der deutschen Literatur erörterten Fragen, ob der Erbe den Auftrag widerrufen kann, wenn dies dem Auftraggeber möglich gewesen wäre und ob der Dritte die Schenkung noch nach dem Tode des Erblassers annehmen kann, sind hier nicht von Bedeutung, da Fritz T*** im Treuhandvertrag auf einen Widerruf verzichtet hat und die Beklagte die Schenkung noch zu Lebzeiten des Fritz T*** angenommen hat.

Nach dem deutschen Recht hatte die Beklagte daher einen Anspruch auf das Sparbuch, weshalb die Klägerin die Herausgabe nicht begehren kann.

Aus diesen Gründen war der Revision ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15047

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00612.88.0707.000

Dokumentnummer

JJT_19880707_OGH0002_0060OB00612_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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