Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senaspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in den Rechtssachen der klagenden Partei Ö***
A***-Interessenvertretung der selbständigen Aoptheker, Wien 9., Spitalgasse 31, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und Dr. Michael Krüger, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Johanna F***, Friseurmeisterin, Filzmoos, Neuberg 162, vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt im Pongau, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 350.000,-) und Zahlung von S 50.487,- s.A. infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 1.Juni 1988, GZ Jv 3902-17.3/88-3, womit eine Befangenheitsanzeige von Richtern des Oberlandesgerichtes Linz als nicht gerechtfertigt erkannt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Oberlandesgericht Linz hat über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Februar 1988, 8 Cg 368/86-24, zu entscheiden; nach der Geschäftsverteilung fällt die Sache dem Senat 2 zu, dem der Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr. Wolfgang K*** als Vorsitzender und die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Josef K*** und Dr. Reinhold S*** als Mitglieder angehören. Ein weiteres Mitglied des Senates ist der Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Philipp B***, dessen Befangenheit in der vorliegenden Rechtssache schon anläßlich der Vorlage eines Rekurses der Beklagten mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 30.April 1987, 5 Nc 71/87, festgestellt worden war.
Da die Beklagte in der Berufung eine Feststellung als unrichtig bezeichnet, die auf die Aussage des als Zeugen vernommenen Richters Dr. Philipp B*** gegründet ist, zeigten die drei anderen Mitglieder des Senates 2 aus der Erwägung, sie hätten bei Behandlung der Beweisrüge die Glaubwürdigkeit ihres Kollegen Dr.B*** zu beurteilen, ihre Befangenheit an.
Mit dem angefochtenen Beschluß erkannte das Oberlandesgericht Linz die Befangenheitsanzeige des Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Wolfgang K*** sowie der Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Josef K*** und Dr. Reinhold S*** als nicht gerechtfertigt. Richtig sei zwar, daß Bedenken gegen die volle Unbefangenheit des zuständigen Berufungssenates bestünden, sollte er zur Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr. Philipp B*** Stellung nehmen müssen. Die Beklagte habe jedoch die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen mit keinem Wort in Zweifel gezogen; ihr gehe es nur darum, die als richtig vorausgesetzte Zeugenaussage unter Berücksichtigung aller Einzelheiten des geschäftlichen Kontaktes, wie sie Dr. Philipp B*** als Zeuge selbst geschildert habe, so zu deuten, daß sie in ihrer juristischen Unerfahrenheit von einer fixen Bestellung des Shampoos "Bonsoria" anläßlich des Telefonates vom Dezember 1986 habe ausgehen dürfen. Ein solches Auslegungsproblem erfordere keine subjektive Wertung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr. B***; es könne vielmehr durch logische Schlußfolgerungen gelöst werden, die zur Alltagsarbeit juristischer Argumentatin gehörten. Damit sei nicht zu befürchten, daß sich die mit juristischen Problemlösungen bestens vertrauten und auch ständig um Objektivität bemühten Mitglieder des zuständigen Berufungssenates bei der Entscheidung über das Rechtsmittel der Beklagten von anderen als rein sachlichen Erwägungen leiten lassen könnten. Die eigene Befangenheitsanzeige der genannten Richter ändere daran nichts, weil sie nur das besondere Verantwortungsbewußtsein dokumentiere, schon beim bloßen Anschein einer Befangenheit die Entscheidung des Ablehnungssenates herbeizuführen. Offensichtlich habe nicht einmal die Beklagte, die den Sachverhalt kenne, Bedenken gegen die Unbefangenheit der Richter des Oberlandesgerichtes Linz, obwohl sie doch alle in einem kollegialen Verhältnis zu Dr. Philipp B*** stünden.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs ist unzulässig.
Zur Einbringung des Rekurses gegen die Zurückweisung der Ablehnung (§ 24 Abs2 JN) ist nur legitimiert, wer selbst in erster Instanz abgelehnt hat; gegen die Entscheidung über einen vom Richter gestellten (Selbst-)Ablehnungsantrag (Befangenheitsanzeige) können daher die Prozeßparteien nicht Rekurs erheben (Fasching I 212). Die Parteien haben ihr Ablehnungsrecht zunächst in erster Instanz bei dem Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, geltend zu machen (§ 22 Abs1 JN).
Da die Beklagte im Zeitpunkt der Fassung des angefochtenen Beschlusses die mehrfach erwähnten Richter des Oberlandesgerichtes Linz nicht abgelehnt hatte, mußte ihr Rekurs als unzulässig zurückgewiesen werden.
Anmerkung
E15013European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00061.88.0712.000Dokumentnummer
JJT_19880712_OGH0002_0040OB00061_8800000_000