TE OGH 1988/7/12 4Ob534/88

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Veröffentlicht am 12.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Renate M***, Angestellte, 2) Haim M***, Angestellter, beide Wien 9., Wasagasse 21/1/4, beide vertreten durch Dr. Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Johann F***, 2) Franz F*** und 3) Johannes F***,

Hauseigentümer, alle Wien 8., Piaristengasse 17, alle vertreten durch Dr. Armin Paulitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 180.000,-- s.A. (Streitwert im Revisionsverfahren S 130.000,-- s.A.) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28. Oktober 1987, GZ 48 R 413/87-20, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. April 1987, GZ 47 C 752/85-15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit S 28.141,14 (darin enthalten S 1.645,74 Umsatzsteuer und S 10.038,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger schlossen am 25. November 1982 mit den Beklagten einen Mietvertrag über die Wohnung top Nr. 24 im Haus Wien 6, Linke Wienzeile 108. Die Beklagten wurden bei diesem Vertragsabschluß durch den Gebäudeverwalter Franz Z*** vertreten. Der Hausverwalter verlangte von den Klägern eine - verbotene - Ablöse von S 180.000,--. Die Kläger zahlten die verlangte Ablöse an ihn; da der Hausverwalter keine Erklärungen abgegeben hatte, in wessen Namen er die Ablöse forderte, waren die Kläger der Meinung, daß die Ablöse den Hauseigentümern zugute kommen werde. Tatsächlich hatte der Vormieter Harald F*** - ein Sohn des Erstbeklagten - den Hausverwalter beauftragt, für ihn eine Ablöse von S 130.000,-- von den neuen Mietern zu kassieren. Auch die Beklagten hatten den Hausverwalter beauftragt, für sie von den neuen Mietern einen Ablösebetrag zu verlangen; sie hatten jedoch dabei keine bestimmte Ablösesumme genannt, sondern dem Hausverwalter erklärt, daß sie aus Anlaß der Neuvermietung vom neuen Mieter "auch etwas bekommen wollten". Der Hausverwalter überwies von der gezahlten Ablöse S 130.000,-- an den Vormieter Harald F***; S 50.000,-- schrieb er den Beklagten gut.

Die Kläger fordern mit der vorliegenden Klage von den Beklagten die geleistete Ablöse zurück. Für die Vereinbarung einer derartigen Ablöse habe keine gesetzliche Grundlage bestanden. Die Beklagten hafteten für die Rückzahlung zur ungeteilten Hand. Der Hausverwalter, der beim Abschluß des Mietvertrages als Vertreter der Hauseigentümer tätig gewesen sei, habe nicht offengelegt, "daß die beklagten Parteien als indirekte Stellvertreter eines Dritten aufgetreten wären".

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Die Kläger hätten an sie keine Ablöse in der Höhe von S 180.000,-- gezahlt; die Beklagten hätten nur S 50.000,-- erhalten und den Klägern dafür ein Weitergaberecht eingeräumt. Der weitere Betrag von S 130.000,-- sei dem Vormieter zugeflossen. Für diesen Teil des Anspruches seien die Beklagten daher passiv nicht legitimiert. Zur Vereinbarung der Ablöse in diesem Umfang sei der Hausverwalter nur vom Vormieter bevollmächtigt worden.

Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern S 50.000,-- samt 4 % Zinsen seit 26. November 1982 zu zahlen; das auf Zahlung weiterer S 130.000,-- samt Anhang gerichtete Mehrbegehren wies es hingegen ab. Die Einräumung eines Weitergaberechtes sei keine Gegenleistung im Sinne des § 27 MRG; daher seien die Beklagten verpflichtet, die an sie gelangte Ablösesumme von S 50.000,-- zurückzuzahlen. Der weitere Betrag von S 130.000,-- sei jedoch nicht an die Beklagten, sondern an den Vormieter gezahlt worden und nur diesem zugekommen. Daß der Hausverwalter den zwischen ihm und dem Vormieter bestehenden Bevollmächtigungsvertrag nicht offengelegt habe, spiele dabei keine Rolle. In diesem Umfang seien die Beklagten nicht bereichert. Das Berufungsgericht gab der lediglich von den Klägern erhobenen Berufung Folge und verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand, den Klägern insgesamt (einschließlich des unangefochten gebliebenen Zuspruches von S 50.000,-- s.A.) den Betrag von S 180.000,-- samt 4 % Zinsen seit 26. November 1982 zu zahlen; weiters sprach es aus, daß die Revision zulässig sei. Zusätzlich zu den Feststellungen des Erstgerichtes traf es die bereits eingangs wiedergegebene Feststellung über die Aufträge des Vormieters und der Beklagten an den Hausverwalter, jeweils für sie Ablösen zu kassieren; es wertete die von den Klägern bekämpfte Feststellung, Harald F*** sei Vormieter der gegenständlichen Wohnung gewesen, als für die rechtliche Beurteilung unbeachtlich und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Bei dem von den Klägern aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages geleisteten Betrag von S 180.000,-- handle es sich zur Gänze um eine verbotene Ablöse; die Kläger seien daher grundsätzlich zur - bereicherungsrechtlichen - Rückforderung berechtigt. Passiv legitimiert sei nur derjenige, dem die Ablöse nach dem Ablösevertrag zukommen sollte oder tatsächlich zugekommen ist. Der gesamte vom Machthaber als Ablöse für den Hauseigentümer in Empfang genommene Betrag sei dem Hauseigentümer rechtlich auch dann zugekommen, wenn er nicht zur Gänze an den Hauseigentümer abgeführt worden sei. Der Hausverwalter habe im vorliegenden Fall seine Vertretungsbefugnis für den Vormieter nicht offengelegt; daher sei davon auszugehen, daß er den gesamten Ablösebetrag namens der Hauseigentümer übernommen habe; zur Entgegennahme einer Ablöse sei er von den Beklagten grundsätzlich bevollmächtigt gewesen. Nehme ein (Schein-)Vertreter im fremden Namen die Leistung in Empfang und sei er wenigstens insofern "bevollmächtigt", so erfolge die Leistung an den Vertretenen, und dieser sei alleiniger Kondiktionsgegner. Das bedeute also, daß ein Machthaber, der für mehrere Machtgeber tätig sei, aber nur ein Vertretungsverhältnis (erkennbar) offenlege, denjenigen, in dessen Namen er auftrete, zur Gänze zur Rückzahlung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verpflichte, wenn dieser ihn nur grundsätzlich zur Durchführung des (verbotenen) Geschäfts bevollmächtigt habe. Für die Haftung der Beklagten sei somit nicht erforderlich, daß sie sich den gesamten Ablösebetrag angeeignet haben.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise stellen die Beklagten auch einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Daß im vorliegenden Fall eine verbotene Ablöse gefordert wurde, ist im Revisionsverfahren nicht strittig. Die Revisionswerber bekämpfen in erster Linie die Annahme des Berufungsgerichtes, daß ihnen der Ablösebetrag von S 130.000,-- rechtlich hätte zukommen sollen; da es vielmehr auf die wirtschaftliche Betrachtung ankomme, sei nur derjenige rückzahlungspflichtig, dem die Ablöse zugeflossen sei. Es gehe nicht an, sie für den gesondert erteilten Auftrag des Vormieters, den der Hausverwalter den neuen Mietern gegenüber nicht offengelegt habe, haften zu lassen. Dem muß im Ergebnis beigepflichtet werden:

Beim Rückforderungsanspruch nach § 27 Abs 3 MRG (früher § 17 Abs 2 MG) handelt es sich um einen im Gesetz geregelten Bereicherungsanspruch (EvBl 1986/29 uva); nur derjenige ist zur Rückzahlung verpflichtet, dem die Ablöse nach dem Ablösevertrag rechtlich zukommen sollte oder zugekommen ist (MietSlg 3900, 15.212/29 uva). Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, so kann die Feststellung vom Berechtigten und Verpflichteten zweifelhaft sein; sie ist auf Grund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbestimmung zu treffen. Es muß daher gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein sollte; die Rückabwicklung ist zwischen diesen Personen vorzunehemn (Koziol-Welser8 I 393). Der Hausverwalter ist auf Grund der ihm erteilten Hausverwaltungsvollmacht nicht zur Vereinbarung oder Empfangnahme verbotener Ablösen namens des Hauseigentümers befugt; er kann jedoch nach herrschender Auffassung zur Vornahme derartiger - ungültiger - Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen wirksam bevollmächtigt werden (MietSlg 15.212/29 uva). Die bereicherungsrechtliche Zurechnung erfolgt dann nach § 1017 ABGB (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 18 vor § 1431), unabhängig davon, ob die Ablöse dem Vertretenen auch zugekommen ist. Wurde die Ablöse jedoch an einen Vertreter gezahlt, der dazu vom Geschäftsherrn nicht autorisiert war, dann haftet der Geschäftsherr für die Rückzahlung nur, wenn ihm die Ablöse tatsächlich zugekommen ist (MietSlg 3900, 15.212/29 uva; vgl. auch Welser, Vertretung 244).

Im vorliegenden Fall kann nicht zweifelhaft sein, daß die Beklagten den Hausverwalter nur ermächtigt hatten, für sie jenen Ablösebetrag zu kassieren, der den vom Vormieter geforderten Ablösebetrag (S 130.000,--) übersteigt (siehe ihre Erklärung gegenüber dem Hausverwalter "auch etwas bekommen" zu wollen). Ob Harald F*** tatsächlich der frühere Mieter der gegenständlichen Wohnung war (das Berufungsgericht ist auf die diesbezügliche Tatsachenrüge in der Berufung der Kläger nicht eingegangen), ist dabei ohne Belang, weil unbekämpft feststeht, daß er den Hausverwalter beauftragt hatte, für ihn eine Ablöse zu kassieren, und den entsprechenden Ablösebetrag auch erhalten hat. Der Hausverwalter war nicht bevollmächtigt, für die Beklagten eine Ablöse in dieser Höhe zu fordern und in Empfang zu nehmen. Daß die Kläger mangels Offenlegung der bestehenden Vollmachten annahmen, der Hausverwalter sei bei der im Zusammenhang mit der Neuvermietung stehenden Ablösevereinbarung ausschließlich für die Vermieter tätig gewesen, ändert nichts daran, daß der Hausverwalter in dem bezeichneten Umfang von den Beklagten nicht bevollmächtigt war, in ihrem Namen eine Ablösevereinbarung zu treffen und die Ablöse zu kassieren. Die Beklagten könnten nach den aufgezeigten Grundsätzen für diesen Betrag bereicherungsrechtlich nur dann haften, wenn er ihnen tatsächlich zugekommen wäre; das ist aber nach den maßgeblichen Feststellungen nicht der Fall.

Der Revision war daher Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes (zur Gänze) wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15194

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00534.88.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19880712_OGH0002_0040OB00534_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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