TE OGH 1988/7/13 9ObA146/88

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Veröffentlicht am 13.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Othmar Roniger und Herbert Bruna als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann M***, Bundesbahnbeamter, Pasching, Stifterstraße 20, vertreten durch Dr. Alfred Thewanger und Dr. Helmut Lenz, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Ö*** B***, Wien 1., Elisabethstraße 9, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 17.796,60 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Februar 1988, GZ 12 Ra 8/88-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 2. Oktober 1987, GZ 13 Cga 1152/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.472 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist noch folgendes auszuführen:

Mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung wurde das durch die Disziplinarordnung den bei der Beklagten eingerichteten Disziplinarkammern übertragene einseitige Gestaltungsrecht (vgl. Spielbüchler, Grundlagen des betrieblichen Disziplinarstrafrechtes, Recht der Arbeit 1970, 9), dessen Ausübung durch die Strafverhängung oder den Ausspruch, daß davon abgesehen wird, ihren Abschluß findet (vgl. Recht der Wirtschaft 1987, 204 mwH), erschöpft. Erst nach Abschluß des Verfahrens durch Ausspruch einer Disziplinarstrafe unterliegt das Disziplinarverfahren einer umfassenden (vgl. SZ 53/119), nachträglichen Überprüfung durch die Gerichte, wobei das Gerichtsverfahren kein Rechtsmittelverfahren ist und nicht auf dem Disziplinarverfahren aufbaut (siehe Spielbüchler aaO 15). Wurde daher - wie im vorliegenden Fall - die verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung vom Gericht nachträglich durch Stattgebung einer auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses gerichteten Klage des entlassenen Arbeitnehmers als unwirksam beurteilt, dann lebt durch ein solches Feststellungsurteil, das eine rechtsgestaltende Wirkung schon seinem prozeßrechtlichen Wesen nach nicht entfaltet, nicht - wie im Fall einer aufhebenden Entscheidung im Instanzenzug - das durch die abschließende Entscheidung verbrauchte Gestaltungsrecht der Disziplinarkammer wieder auf. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, würde die Auffassung der beklagten Partei zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, daß eine Disziplinarkammer angefangen von der strengsten Strafe den gesamten Strafkatalog "durchprobieren" könnte, bis letztendlich eine Maßnahme vom Gericht gebilligt wird.

Abschließend sei aber bemerkt, daß auch die Disziplinarordnung der Beklagten keine Grundlage für die Ansicht der Revisionswerberin bietet, das mit rechtskräftigem Erkenntnis abgeschlossene Disziplinarverfahren sei nicht als beendet anzusehen, wenn das Disziplinarerkenntnis der Nachprüfung durch das Gericht nicht standhält. Nach § 39 Disziplinarordnung endet das Disziplinarverfahren durch Rechtskraft des Erkenntnisses, durch Einstellung, durch Entlassung des Bediensteten, durch Absehen von der Verfolgung und durch den Tod des Beschuldigten. Ein Disziplinarerkenntnis ist rechtskräftig, wenn die Berufungsfrist ungenützt verstrichen ist oder die Einbringung einer Berufung nicht zulässig ist. Die Disziplinarordnung stellt demnach beim Beendigungsgrund der Rechtskraft des Erkenntnisses ausschließlich auf die Rechtsmittelmöglichkeiten im Rahmen des Disziplinarverfahrens ab und nicht auf das Ergebnis einer Überprüfung durch die Gerichte, weil eine Ausnahme von der normierten Beendigungswirkung für diesen Fall nicht vorgesehen ist. Aus dem Unterbleiben einer ausdrücklichen Regelung für den Fall der Aufhebung einer rechtskräftig verhängten Disziplinarstrafe durch das Gericht kann daher entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht erschlossen werden, daß für diesen Fall entgegen der ausdrücklich getroffenen Regelung der Beendigungsgrund der Rechtskraft des Disziplinarerkenntnisses wegfällt. Mit der den Ausspruch der Entlassung durch die Disziplinarkammer bestätigenden Entscheidung der Disziplinaroberkammer vom 29. April 1985 war demnach das Disziplinarverfahren beendet. Die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens nach Stattgebung der auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gerichteten Klage war daher unzulässig und die Forderung des Klägers auf Rückerstattung der mit Erkenntnis der Disziplinaroberkammer vom 12. Februar 1987 verhängten Geldstrafe berechtigt. Auf die Bedeutung des zwischen dem zur Einleitung des Disziplinarverfahrens Anlaß gebenden Verhaltens des Klägers und der Verhängung der Geldstrafe liegenden Zeitraumes war daher nicht mehr einzugehen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15077

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00146.88.0713.000

Dokumentnummer

JJT_19880713_OGH0002_009OBA00146_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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