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L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;Norm
KanalG Stmk 1988 §6 idF 1998/082;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der B S in G, vertreten durch Hoffmann-Ostenhof, Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Seilergasse 16/V, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. September 2003, Zl. FA13A- 12.05 G 323-03/1, betreffend Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 27. November 2001 wurde die Beschwerdeführerin als Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft bzw. der darauf befindlichen Bauwerke gemäß §§ 6 und 7 Stmk. KanalG verpflichtet, diese mit einer Hauskanalanlage zu versehen und sie an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen. Diese Verpflichtung umfasste auch die Instandhaltung und regelmäßige Reinigung der Hauskanalanlage. Der Beschwerdeführerin wurde aufgetragen, bis längstens drei Monate ab Rechtskraft dieses Bescheides den Bauentwurf über die Errichtung der Hauskanalanlage und deren Anschluss an die öffentliche Kanalanlage zur Genehmigung einzubringen sowie bis längstens ein Jahr nach Genehmigung des Bauentwurfes die Hauskanalanlage laut genehmigtem Bauentwurf zu errichten und an den öffentlichen Kanal anzuschließen. Weiters wurde sie darauf hingewiesen, dass bei Verzug die Baubehörde berechtigt ist, auf Kosten und Gefahr der Verpflichteten den Bauentwurf auszuarbeiten und die Hauskanalanlage danach ausführen zu lassen.
Mit Schreiben des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 2002 wurde der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Nichterfüllung ihrer Verpflichtung, einen Bauentwurf mit Kanalplänen zur Genehmigung vorzulegen, eine Frist von zwei Monaten zur Erfüllung dieser Verpflichtung gesetzt; für den Fall der Nichtbeachtung dieser Nachfrist wurde ihr eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 150,-- angedroht.
In weiterer Folge wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 31. März 2003 eine Zwangsstrafe in der Höhe von EUR 150,-- verhängt.
In ihrer Berufung machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, die Behörde befinde sich über die Rechtsgrundlage ihres Bescheides und ihrer Möglichkeiten offenbar im Irrtum, weil sie auf Grund des Kanalgesetzes eine Anschlussverpflichtung und eine Errichtung durchsetzen könne. Die Behörde übersehe, dass der Kanalanschluss bereits hergestellt und vollendet sei. Der Zweck des Vollzuges des Anschlusses sei somit erreicht. Die Vorlage eines Planes sei nach dem Kanalgesetz nirgends vorgesehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 2003 wies die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet ab und führte in der Begründung aus, dem Akteninhalt und den Berufungsausführungen sei zweifelsohne zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin bisher keinen Bauentwurf im Sinne des § 6 Kanalgesetz bzw. der im Titelbescheid enthaltenen Vorschreibung vorgelegt habe. Die Vorlage eines Bauentwurfes habe auch dann zu erfolgen, wenn der Kanal tatsächlich bereits ausgeführt und die Hauskanalanlage an den öffentlichen Kanal angeschlossen worden sei. Da die Beschwerdeführerin zur Vorlage eines Bauentwurfes bescheidmäßig verpflichtet worden sei, sei es der Vollstreckungsbehörde auch verwehrt, diese Verpflichtung gegenüber dem bauausführenden Unternehmen durchzusetzen. Allfällige Schwierigkeiten mit diesem Unternehmen beträfen lediglich das Innenverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und diesem Unternehmen. Die Baubehörde sei gemäß § 6 Kanalgesetz berechtigt, auf Kosten und Gefahr der Verpflichteten den Bauentwurf ausarbeiten zu lassen und habe sich im Beschwerdefall zur Umsetzung der im Bescheid vom 27. November 2001 aufgetragenen Verpflichtung im Wege eines Zwangsvollstreckungsverfahrens entschieden. Die Verpflichtung aus dem Titelbescheid - im Beschwerdefall die Vorlage eines Bauentwurfes - könne nämlich in zweierlei Hinsicht durchgesetzt werden: Einerseits bestehe für die Behörde die Möglichkeit, gemäß § 6 Abs. 1 Kanalgesetz auf Kosten und Gefahr der Verpflichteten den Bauentwurf ausarbeiten und die Hauskanalanlage danach ausführen zu lassen. Andererseits könne diese Verpflichtung auch im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes durchgesetzt werden. Im Beschwerdefall sei die Durchsetzung im Wege des Zwangsvollstreckungsverfahrens gewählt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des § 6 (richtig:) Kanalgesetz verletzt und bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes (u.a.) vor, dass § 5 VVG nicht anzuwenden gewesen wäre. Werde kein Plan beigebracht und sei noch kein Kanal errichtet worden - dies sei der Sachverhalt, den die belangte Behörde annehme -, sehe § 6 Abs. 1 Kanalgesetz lediglich die Ersatzvornahme der Planverfassung auf Kosten des Grundeigentümers vor.
Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) wird die Verpflichtung zu einer Duldung, Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafe oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Die Vollstreckung hat gemäß § 5 Abs. 2 VVG mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen.
Gemäß § 6 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. 79 idF LGBl. 1998/82, ist über die Verpflichtung zur Errichtung und zum Anschluss einer Hauskanalanlage bei bestehenden Bauwerken in einem amtswegigen Verfahren zu entscheiden. In diesem Fall hat die Entscheidung auch den Auftrag zu enthalten, binnen angemessener Frist einen Bauentwurf über die Errichtung der Hauskanalanlage und deren Anschluss an die Kanalanlage zur Genehmigung einzubringen. Bei Verzug ist die Baubehörde berechtigt, auf Kosten und Gefahr des Verpflichteten den Bauentwurf auszuarbeiten und die Hauskanalanlage danach ausführen zu lassen.
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin durch den eingangs angeführten Titelbescheid (u.a.) zur Vorlage eines Bauentwurfes über die Errichtung der Hauskanalanlage und deren Anschluss an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet worden ist. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, diesem Auftrag vollständig und fristgerecht nachgekommen zu sein. Unbestritten ist auch, dass der Beschwerdeführerin vor der Erlassung der nunmehr bekämpften Vollstreckungsverfügung zunächst die Verhängung einer Zwangsstrafe unter Setzung einer Nachfrist angedroht wurde.
Die Beschwerdeführerin hält diese Vollstreckungsverfügung - wie dargestellt - deshalb für rechtswidrig, weil eine Zwangsstrafe nach § 5 VVG im Falle der Nichterfüllung einer Verpflichtung nach § 6 Kanalgesetz unzulässig sei.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.
Gemäß § 5 Abs. 1 VVG sind Zwangsstrafen nur zulässig, wenn sich die Handlung nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt. Aus § 6 Abs. 1 Kanalgesetz ergibt sich aber, dass diese Handlung (Bauentwurf) durch die Behörde erbracht werden kann. Es handelt sich somit um eine vertretbare Leistung. Die Verhängung einer Zwangsstrafe ist daher unzulässig.
Da die belangte Behörde diesbezüglich die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. September 2005
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003060188.X00Im RIS seit
24.10.2005