TE OGH 1988/7/14 7Ob617/88

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Veröffentlicht am 14.07.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernestine J***, Hauptschullehrerin i. R., Lilienfeld, Marktlerstraße 15, vertreten durch Dr. Hans Kaska, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei G*** B*** W***- UND S*** A*** registrierte

Genossenschaft mbH, Wien 1., Salztorgasse 8, vertreten durch Dr. Josef Schima, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 40.000) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 25. April 1988, GZ 15 R 69/88-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 15. Dezember 1987, GZ 1 Cg 524/87-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Mit der Behauptung, schon gegenüber dem bücherlichen Vormann der Beklagten das Eigentumsrecht an einem 2 m breiten Streifen des Grundstücks Nr. 169/2 KG Marktl ausgehend von der Mappengrenze zu dem der Klägerin gehörenden Grundstück Nr. 170/1 KG Marktl ersessen zu haben, begehrt die Klägerin gegenüber der Beklagten die Feststellung ihres Eigentumsrechtes an dem genannten Grundstücksstreifen. Aus Anlaß der Vermessung des Grundstücks im Zuge der Verkaufsverhandlungen zwischen der Beklagten und deren Rechtsvorgänger habe die Klägerin einem Vertreter der Beklagten gegenüber auch ihre Ansprüche dargelegt. Die Beklagte stelle die Ersitzung des Eigentumsrechtes durch die Klägerin jedoch in Abrede. Gleichzeitig beantragte die Klägerin, diese Klage im Grundbuch anzumerken.

Das Erstgericht bewilligte die Anmerkung der Klage gemäß § 70 GBG.

Das Rekursgericht wies den Antrag der Klägerin ab. Klagen nach § 1498 ABGB könnten nur gegen den bisherigen Berechtigten erhoben werden. Gegen Dritte stünde den Ersitzungsbesitzern nach Besitzverlust nur die - auf Leistung zu richtende - Eigentumsklage zu. Eine Feststellungsklage sei in einem solchen Fall nur zulässig, wenn der Anspruch gegen den besitzenden Eigentümer außergerichtlich erhoben werde. Die Klägerin, die zwar Ersitzung des Eigentumsrechtes geltend mache, hätte gegen den bücherlichen Nachmann des Ersitzungsgegners eine Leistungsklage erheben müssen. Der gleichzeitig mit einer Feststellungsklage gestellte Antrag auf Streitanmerkung sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs (Revisionsrekurs) der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Auf das Rechtsmittelverfahren bei einer gemäß § 70 GBG verfügten Streitanmerkung finden die Bestimmungen des GBG auch dann Anwendung, wenn der Antrag beim Prozeßgericht gestellt wurde (RZ 1979/43). Der Rekurs der Klägerin gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes ist daher gemäß § 126 Abs. 2 GBG ohne die Beschränkungen nach § 528 Abs. 2 ZPO zulässig. Er ist auch berechtigt.

Den Ausführungen im Revisionsrekurs, daß ein Anwendungsfall des § 70 GBG auch dann vorliege, wenn nicht der Ersitzungsgegner selbst, sondern dessen bücherlicher Nachmann auf Zuerkennung eines dinglichen Rechtes belangt wird, ist beizupflichten. Nach § 70 GBG kann die Anmerkung des Streites auch demjenigen bewilligt werden, der aus dem Grunde der Ersitzung (§ 1498 ABGB) die Zuerkennung eines dinglichen Rechtes begehrt. Gemäß § 1498 ABGB kann derjenige, der eine Sache oder ein Recht ersessen hat, gegen den bisherigen Eigentümer bei dem Gericht die Zuerkennung des Eigentumsrechtes ansuchen, und das zuerkannte Recht, soferne es einen Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen. Vom Wortlaut des § 1498 ABGB ist zwar nur die Klage auf Zuerkennung eines dinglichen Rechtes auf Grund der Ersitzung gegen den bisherigen Eigentümer, also denjenigen erfaßt, gegen den die Ersitzungszeit vollendet wurde. § 70 GBG ermöglicht jedoch die Anmerkung des Streites, sofern auf Grund der Ersitzung die Zuerkennung eines dinglichen Rechts begehrt wird. Das Klammerzitat (§ 1498 ABGB) im § 70 GBG schränkt den Anwendungsbereich dieser Streitanmerkung nicht auf Klagen ein, mit denen der bisherige grundbücherliche Eigentümer, gegen den die Ersitzungszeit vollendet wurde, belangt wird. Da eine auf Zuerkennung eines dinglichen Rechtes aus dem Grunde der Ersitzung gerichtete Klage auch dann vorliegt, wenn - wie hier - die Ersitzung des Eigentumsrechtes gegenüber dem bücherlichen Vormann und schlechtgläubiger Erwerb des beklagten bücherlichen Nachmannes behauptet wird, steht die Tatsache, daß nicht der Ersitzungsgegner, sondern dessen bücherlicher Nachmann belangt wird, der Anmerkung des Streites nach § 70 GBG nicht entgegen. Ob aber die Ersitzung des behaupteten Rechtes stattgefunden hat und dem bücherlichen Nachmann des Ersitzungsgegners auch entgegengehalten werden kann (§ 1500 ABGB), wird erst im Prozeß zu entscheiden sein (vgl. SZ 23/277). Gleiches gilt für die Frage, ob die Klägerin ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Feststellung des behaupteten Eigentumsrechtes hat. Daher war der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Eine Kostenentscheidung mußte schon deshalb entfallen, weil die Klägerin im Revisionsrekurs keine Kosten verzeichnet hat.

Anmerkung

E15231

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00617.88.0714.000

Dokumentnummer

JJT_19880714_OGH0002_0070OB00617_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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